Beiträge von Arkham Insider Axel

    Ich war so frei, mich auf den Link von Shadowman hin nach dem Buch umzusehen (vielen Dank) … und habe es auch vor einigen Wochen erworben. Die Beschreibung von Katla las sich ja sehr vielversprechend.


    Ich lese recht selten Bücher in englischer Sprache. Es geht schon, ich brauche aber immer meine Zeit, mich hineinzufinden, dann läuft es meist. Aber bei "The Broken Lands" dachte ich bereits auf der 1. Seite, ich sei überfordert. Da habe ich erst einmal gar nicht verstanden, was sich gerade abspielt. So wanderte das gute Stück ungelesen ins Regal.


    Nun, jetzt nahm ich es wieder zur Hand mit dem Vorsatz, meine Bequemlichkeit zu überwinden … und siehe da, nach den ersten 2 Seiten war ich "drin". Ich bin aktuell auf Seite 35, das Expeditionsteam ist mit den Schiffen Erebus und Terror, nach einer interessanten Anfangsepisode auf Grönland, in See gestochen …


    Mir gefällt die unaufgeregte Art des Autors, die ruhige, bedächtige Erzählweise, wie es ja schon beschrieben wurde.


    Wie in all seinen Büchern erzählt Edric in einem wirklich extrem langsamen, melancholischen Tempo, das aber hier perfekt zu dem Setting passt; und jede Bewegung, jede Aktion der Männer oder Veränderung der Natur dramatisch und spannend macht. Die Erzählung wird immer albtraumhafter und düsterer, und endet in einer kurzen surrealistischen Sequenz.


    Franklin selbst nimmt bis jetzt erst eine eher passive Rolle ein, — was mir schon einmal gefällt! Mal sehen, wie sich die Story noch so entwickelt …

    Die dunkle Seite der Wirklichkeit. Aufsätze zur Phantastik

    Hrsg.: Franz Rottensteiner

    Suhrkamp TB 1444, Phantastische Bibliothek Band 199

    Suhrkamp, Frankfurt a. Main 1987


    Vorbemerkung

    Ich möchte den Band nicht allgemein vorstellen, sondern in erster Linie aus einem Lovecraft-Kontext heraus. Dennoch habe ich natürlich den vollständigen Inhalt gelistet (s. Ende des Beitrags)


    Frühe Lovecraft-Forschungen von Kennteh W. Faig, Jr.

    Im Band 199 der Phantastische Bibliothek des Suhrkamp Verlags Die dunkle Seite der Wirklichkeit. Aufsätze zur Phantastik (1987) findet sich ein Aufsatz, der sich auch gut im Einsiedler von Providence. Lovecrafts ungewöhnliches Leben (Phantastische Bibliothek Band 290, 1992) gemacht hätte, einem der wichtigsten deutschsprachigen Werke zur Biografie Lovecrafts. Es handelt sich um den Text „Howard Phillips Lovecrafts frühe Jahre 1890 – 1914“ von Kenneth W. Faig, Jr. Erschienen ist er erstmals – laut Quellenangabe des Suhrkamp-Buchs – in der Zeitschrift Nyctalops 8/1973 und 9/1974, Originaltitel: „Howard Phillips Lovecraft: The Early Years 1890 – 1914“ (eine etwas differenzierte Quellenangabe macht Joshi in seiner Lovecraft-Biografie).


    Die veröffentlichte deutsche Übersetzung (von Franz Rottensteiner) ist, so verrät und der Editions-Hinweis, gekürzt. Wie auch immer: es handelt sich jedenfalls um eine sehr wichtige biografische Arbeit, die noch einige Jahre vor der Biografie von Sprague de Camp erschienen ist. Ihre Entstehung kann dank eines umfangreichen Fußnotenapparates und der Quellenangaben des Autors gut nachverfolgt werden.


    Nicht nur Lovecraft

    Dass dieser frühe Text von Faig nicht im Einsiedler berücksichtigt werden konnte, liegt gewiss daran, dass er zu dem Zeitpunkt bereits veröffentlicht worden war. Inhaltlich ergeben sich außerdem Überschneidungen mit einem anderen Einsiedler-Beitrag von Faig „Die Eltern Howard Phillips Lovecrafts“. Diese Überschneidungen sind jedoch geringfügig und schmälern nicht den Reiz der Arbeit, die sich – man muss es ja so sagen – etwas „stickum“ in einem Band mit allgemein gehaltenen Beiträgen zur Phantastik verbirgt. Aber was heißt schon „allgemein“ in diesem Zusammenhang? Mit je einem Beitrag zu Algernon Blackwood und M. R. James von Michael Koseler ist das Buch (im Prinzip ein verkappter Phaïcon oder Quarber Merkur) auch für diejenigen interessant, die sich für den weiter gefassten Lovecraft-Kreis interessieren.


    Hier das gesamte Inhaltsverzeichnis:


    • Franz Rottensteiner: Vorwort. Zweifel und Gewissheit. Zu Traditionen, Definitionen und einigen notwendigen Abgrenzungen in der phantastischen Literatur
    • Andrzey Zgorzelski: Zur Einteilung der Phantastik. Einige supragenealogische Unterscheidungen in der Literatur
    • Peter Cersowsky: „Ja, mein Lieber, wir sind konservativ.“ Politische Aspekte bei deutschsprachigen Phantastik-Autoren des 20. Jahrhunderts bis zum Nationalsozialismus
    • Reinhard Lüth: Im Dämmerlicht der Zeiten. Ein Porträt des phantastischen Erzählers Leo Perutz
    • Peter Cersowsky: Räuber über Räuber. Zu einer Erzählung von E. T. A. Hoffmann und anderer Phantastik als „Bibliotheksphänomen“
    • Michael Koseler: Algernon Blackwood
    • Michael Koseler: Ein Klassiker der englischen Phantastik: M. R. James
    • Helga Abret: Das Tier im Menschen. Bemerkungen zu den phantastischen Erzählungen Erckmann-Chatrians
    • Ursula Sieg: Das Haus als wichtiges Raumelement in den phantastischen Erzählungen Thomas Owens
    • Seweryn Pollak: Reise nach Grinland
    • Kenneth W. Faig, Jr.: Howard Phillips Lovecrafts frühe Jahre 1890 – 1914

    Colerdige kam auch auch in den Sinn. Es stimmt, bei ihm handelt es sich um einen Albatross. Aber Wake sagt tatsächlich in dem Film, es bringe Unglück, einen Seevogel zu töten. Hiebei handelt es sich offenbar um einen seemännischen Aberglauben, der auch in anderer Form nachweisbar ist. Bei dem Milton-Experten Harold Visiak können wir zum Beispiel lesen, dass es Unglück bringt, einen Delphin zu töten ("Medusa").


    E. A. Poe

    Der Hinweis auf das "Lighthouse" betitelte Poe-Fragment schwebt ja über allem. Auch wenn sich in der Beziehung vielleicht am wenigsten herausholen lässt (ich kenne das Fragment aber nicht).


    Zumindest 1 Szene verstehe ich klar als Hommage ans Poe: Als nämlich Winslow sich Wake nähert, während dieser schläft, um ihm mit einem Messer … zumindest nichts Gutes zu tun. Großaufnahme von Wakes Gesicht und dem Messer, dann reißt der Schläfer das Auge auf, erwacht – der Angreifer schreckt zurück und kann sein Vorhaben nicht ausführen.


    Selbst wenn diese Episode nicht als Referenz an "The Tell-Tale Heart" gedacht ist, so sind die Überschneidungen zu frappierend, um sie nicht wenigstens einmal erwähnt zu haben. Die Grundkonstellation (jüngerer Mann, älterer Mann, Wohngemeinschaft) ist ja ohnehin gegeben.


    Etwas weiter hergeholt scheint mir die Erwähnung auf "The Premature Burial". Immerhin wird das Thema des Begräbnisses eines Lebenden im Film thematisiert.


    "Arthur Gordon Pym" – warum nicht? Wir haben bei Poe die Szene, während der die Überlebenden der Grampus auf das holländisch anmutende Totenschiff stoßen. Dort steht ein Kadaver an der Reling, der durch das Hacken einer Möwe auf makabre Art bewegt wird und auf den Erzähler den Eindruck macht, noch am Leben zu sein. Ich sehe durchaus eine Parallele zu der Endsequenz des Films (Winslow zerstört daliegend, Möwen fressen an ihm, irgendeine Zuckung durchläuft noch den Körper).

    Ich kann leider erst einmal nichts anderes sagen als „Bitte genau hinschauen.“


    Zitate wie


    Zitat

    Spezifisch wird es dadurch, dass es um zwei hierarchisch ungleich geordnete Lohnarbeiter auf engstem Raum geht.


    und


    Zitat

    Ich sehe hier eine krasse Machtasymmetrie


    zeigen gerade einmal die Vorbedingung auf, werden aber der wesentlich komplexeren Handlung des Films nicht gerecht. Nämlich, dass die angebliche Hierarchie auf den Kopf gestellt und die Machtasymmetrie umgekehrt wird. Wir erinnern uns: derjenige, der „vom Arbeitgeber mit Weisungsbefugnis ausgestattet ist“, wird am Ende an einer Hundeleine über den Felsen geführt …


    Aber zu den anderen Punkten:


    Zitat

    Natürlich zeigt der Film das Verhältnis zweier als "männlich" (im Sinne der Biologie) erkennbarer Menschen.


    Diese biologistische Sicht – bei gleichzeitiger Ablehnung meiner Argumente – zeigt sehr deutlich, dass dem Film offenbar ein sozialwissenschaftlicher Blick auf das Phänomen Männlichkeit nicht zugebilligt wird. Passend dazu wird von der Biologie auch sofort zur Ökonomie übergeleitet – als seien diese beiden die einzigen Eckpfeiler, zwischen denen sich das Geschehen abspielt. Nun gut: Man kann Kulturen, Gesellschaften, Konventionen und damit zusammenhängend geschlechtsspezifische Verhaltensweisen ignorieren und sagen, dies spiele hier keine oder fast keine Rolle. Dann aber ist es schon fast scheinheilig, von mir weiterhin eine Auseinandersetzung dieser Dinge zu wünschen, die ja scheinbar in der persönlichen Sichtweise des Filmes unerwünscht sind.


    Zitat

    Was ich hier nicht sehe, sind zwei "Männer" die "typisch männlich" um Macht balgen oder dergleichen.


    Die von mir genannten Dinge sind nicht hinein interpretiert, sondern abgedrehte Szenen. Oben wird immerhin noch die „Machtasymmetrie“ erkannt, in diesem Zitat aber wird einfach geleugnet, dass sich die beiden Protagonisten „typisch männlich“ um Macht balgen – oder wie darf man das Bekenntnis des Nicht-Sehens verstehen? Überhaupt, wie sollen sie sich denn auch sonst balgen? Typisch fraulich etwa?


    Angesicht der Wortwahl „balgen“ wundere ich mich zudem einmal mehr, dass das Dargestellte offenbar so verschiedentlich betrachtet wird. Wer will mir widersprechen, wenn ich sage, Winslow und Wake „balgen“ sich nicht, sondern richten sich bis aufs Blut zugrunde?


    Um zum Schluss zu kommen. Der allgemeinen Bewertung (siehe Beitrag #7) stimme ich nach wie vor zu, wie ich es auch interessant finde, den ökonomischen Aspekt ins Spiel zu bringen. Ansonsten bleibe ich dabei: Die wie in einem Brennglas konzentriert dargestellte und auf die Spitze getriebene Darstellung von Männlichkeitsritualen und Verhaltensweisen bereitete mir beim Vergnügen. Ich könnte mir denken, dass der Regisseur eben das erreichen wollte (kein „Wohlfühlkino“). Wer natürlich diese geschlechtliche Komponente vernachlässigt oder sie generell in Frage stellt, dessen Unbehagen fällt in diesem Punkt verständlicherweise geringer aus.

    Dir ist vielleicht die Sicht auf den Männlichkeitskult verstellt, aber dass der Film ein spezifisches Männerverhältnis abbildet: bestreitest du das auch? Die Art der Verhandlung von Machtansprüchen (verbal und körperlich), das zerstörerische Trinkverhalten, die sagenhafte Vorstellung von Frauen – schwankend zwischen Verlangen und Furcht (s. den Traum der angespülten Meerjungfrau) – sowie ihre aufs Körperliche beschränkte Darstellung als Vorlage zur Onanie, schließlich: die Vernichtung derselben (alles von dir harmlos als „sexuelles Begehren“ bezeichnet): Dies lese ich ja nicht irgendwo zwischen den Zeilen: sondern es wird visualisiert, ist im Bild dargestellt.


    Wenn das kein Männerkult ist, – dann bin ich selbst kein Mann oder habe mich noch nie in Männerzirkeln bewegt, in denen diese Dinge in verschiedenen Stufen der Ausprägung kultiviert werden. Und wahrhaftig, das ist keine Frage von Gesellschaftsschichten oder Lohnsektoren.


    Eine Beobachtung wie:


    Zitat

    Ich sehe da zwei Männer aus einer nur marginal gebildeten Gesellschaftsschicht, zwei Lohnarbeiter, die eben in ihren Ausdrucksweisen und Sitten weniger feinfühlig ausgebildet sind.


    ist amüsant zu lesen und schon fast ein schelmische Meisterstück der Observation. Das hört sich ja gerade so an, als sei das Treiben der beiden die normalste Sache der Welt. Ein Job wie jeder andere …


    Zitat

    Auch die im Film genutzten sexuellen Komponenten sehe ich in einem solchen Feld eher nicht.


    Das mag ja sein. Nur ist es müßig, selbst wenn du bei all den Szenen, die ich oben genannt habe, im Kino weggeschaut haben solltest, über diesen Punkt zu diskutieren, da ihn der Regisseur selbst betont hat. Ich mich also nicht interpretatorisch aus dem Fenster lehne, sondern lediglich seiner Sicht folge: „Yeah, this is the phallic answer to The Witch“.


    Quelle: https://www.denofgeek.com/us/m…-eggers-phallic-the-witch

    Oder um mal Regisseur Robert Eggers zu zitieren: "Nothing good happens when two men are left alone in a giant phallus".

    Absolut. Ich glaube auch, der Bursche hat es faustdick hinter den Ohren. Daher bin ich sehr dagegen, den Film in so pathosgeschwängerten Beschreibungen zu loben. Man kann ihn loben, meinetwegen (ich tue tue es bedingt). Aber die Frage ist: wofür? Ich wiederhole mich: stellenweise einfach ein recht alberner Streifen.

    Wenn hier noch Raum für eine Stimme ist, die etwas zurück rudert:


    Der extreme Männerkult, der von den beiden Protagonisten gepflegt wird, hat mich abgeturnt. Es geht viel um Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten und das ewig männliche Thema der Gewalt: Gewalt gegen andere und schließlich gegen sich selbst (oder anders herum). Diese Dinge werden wie eine Art Ritus inszeniert. Wie ich woanders schrieb: kein Wohlfühlkino, — gegen welchen Ansatz ja nichts einzuwenden ist. Die Ekelgrenzen werden zwar nicht endlos gedehnt, aber hier haben wir, meine ich, doch einen Hemmschuh hinsichtlich so begeistert klingender Beschreibungen wie "bildgewaltig", "stark" oder "intensiv".


    Kein Spoiler: Dass die Chose nicht gut enden wird, versteht sich von selbst. Auch hier hätte es mich gefreut – freudig überrascht! – wenn der Film an irgend einer Stelle noch eine Wendung hinbekommen hätte. So schaut man den beiden Typen zu, wie sie sich von Anfang an zerstören. War ja klar.


    Teilweise ist der Streifen auch nur albern. Was mir wiederum zusagt – weil es bietet einem die Möglichkeit des Schlupflochs aus einer allzu desolaten Betrachtungsweise.

    Ich möchte noch einige Erlebnisse/Erfahrungen dieser Tour mitteilen, die wohl auch generell gelten.


    In die Ecken kriechen

    Man versteife sich bloß nicht auf das, was als Phantastik angeboten wird! So fand ich den Meyrink eben nicht im ensprechenden Regal, sondern als unterstes Exemplar eines Stapels von (sonst für mich uninteressanten) Reclams-Universalbibliothek-Heften in einer staubigen und unzugänglichen Ecke (wie diese Reihe überhaupt in puncto phantastischer Literatur von Belang ist, aber: anderes Thema).


    meyrink-reclam11.jpg


    Wer fragt, dem kann geholfen werden. Aber nicht immer

    Ebenso können persönliche Ratschläge nicht die eigene Spürnase ersetzen. So fragten wir in einem anderen Antiquariat explizit nach phantastischer Literatur, bekamen aber nur eine wenig Erfolg versprechende Aussage. Daselbst tauchte dann aber "Die Masken des Todes" von Thea von Harbou auf, ein Titel, den LiebhaberInnen deutscher Phantastik der 1920er-Jahre durchaus auf dem Schirm haben.


    Fazit

    Zeit mitbringen und den ganzen Laden ruhig einmal auf den Kopf stellen … X/

    Ich bin natürlich begeistert, das liest sich ja noch schöner, als es gewesen ist! Vor allem, dass die Route so genau erinnert wurde … man hätte mich sehen müssen, wie ich so manches Mal planlos hinter Nils hergetapert bin – ganz schlechter Orientierungssinn, ganz, ganz schlechter …


    Das Canetti-Zitat ist mir auf den Leib geschneidert.


    Und natürlich hoffen wir, dass das Beispiel Schule macht!