Beiträge von Arkham Insider Axel

    Zu Poritzky sei verwiesen auf den Eintrag im Lexikon d. phantastischen Literatur (Zondergeld, Wiedenstried), als Essayist dürfte er heute noch unbekannter sein als Verfasser dekadenter oder phantastischer Geschichten. So wenigstens mein Eindruck.


    Mich würde der Inhalt des Buchs interessieren; es wird ebenfalls in dem genannten Lexikon erwähnt. Gab es schon Gelegenheit zur Lektüre?

    Ein großes Dankeschön unserer Reporterin Katla für diese erhellenden Festival-Einblicke, die insgesamt zu einer Diskussion beitragen, die ja auch hier im Forum geführt wurde und wird (zuletzt in: Was ist Folk Horror).


    Angesichts der Versuche, Folk Horror zu definieren, tun sich immer mehr Sackgassen auf – oder doch Wege, die eigentlich ganz woanders hinführen, bis hin zu dieser zweifelhaften Erkenntnis:


    im Grunde zu allem, was irgendwie mit klassischen Geistern und Spuk und "Aberglauben" zu tun hat. Und kommt - wenig erstaunlich - implizit zu dem Schluss, dass alles, was paranormaler Horror ist, auch Folk Horror sein könnte ... Quark.

    Sehr wichtig finde ich auch diesen Aspekt:


    Ganz richtig entlarven die Interviewten alle 'Voodoo'-Themen und Lateinamerikanischen Settings sowie vor allem die Darstellung der First Nation in Western oder Spukhausfilmen um Indian burial grounds' (Pet Semetary, Amytiville Horror etc.) als grundlegend rassistisch. Es wird sehr gut aufgezeigt, dass die eroberten, unterdrückten und beinahe ausgelöschten Kulturen im Folk Horror Film vollkommen missinterpretiert werden, dass der Blickwinkel der Kolonialisierung jede authentische Sicht unmöglich macht.

    So kritikabel dieser Aspekt ist: genau das macht den Reiz dieser Filme aus, die auf ein möglichst umfassendes, christlich geprägtes Publikum der First Nation abzielten. Da nehme ich mich nicht aus. Je größer die Fremdartigkeit, je mehr das Unheimliche von meiner gewohnten Sozialisation und Sichtweise abweicht, desto größer ist seine Wirkung. Nun, so wie ich aufwuchs, verfings das Ganze bei mir. Dass das Genre mittlerweile nicht mehr kulturelle Stereotypen der 1970er und 80er Jahre pflegen sollte, ist allerdings ebenso klar (allerdings auch ein frommer Wunsch, ich weiß …)


    Und dann:


    Ach ja: die Nazis mit ihrem "Volk" bekommen auch ganze drei Minuten angerissene Erwähnung.

    Ich vertrete die These, dass es einen spezifischen "Folk Horror" (lieber erst einmal in Anführungszeichen) in der deutschsprachigen Phantastik der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts gab. Die Literatur, die mir vorschwebt, umfasst dabei ebenso die Zeit vor wie nach dem 3. Reich und bewegt sich eng an dem, was als Blut-und-Boden-Literatur gilt.


    Der völkische Okkultismus, wie ihm u. a. der genannte Otto Rahn anhing – der steht für mich schon wieder auf einem anderen Blatt. Vorrangig sehe ich das als kulturwissenschaftliche Erscheinung mit Disziplinen wie Archäologie, Volkskunde, Religionswissenschaft usw.

    Da Klein hier gerade vermehrt diskutiert wird, möchte ich noch auf einen schönen Band mit Artikeln, Kritiken und Aufsätzen aus seiner Feder hinweisen.

    Dieser Band würde mich ebenso interessieren wie Kleins Erzählungen. Und dann der Titel "Providence after Dark" — das ließe sich doch auch hier im Zuge der Lovecraft-Rezeption vermarkten, sollte man meinen.

    Hello Katla — herzlichen Dank für diese österliche Präsentation. Ich war schon sehr begeistert, als ich den Film vor gut 10 Jahren entdeckte, wobei ich davon ausgehe, dass es sich um eine geschnittene Fassung handelte (Leihexemplar aus der Stadtbibliothek …). Richtig: die christlichen Perversionen (oder auch Pervertierungen) sind unübersehbar, bei mir allerdings im Lauf der Zeit etwas in den Hintergrund gerückt angesichts – darf ich es sagen – der Schwärmerei für Lady Sylvia/Amanda Donohoe. Catherine Oxenberg, von deren Schicksal ich nichts wusste, war jedenfalls in dem Zusammenhang eine sehr gute Wahl: sie stellt ja einen geradezu völlig anders gearteten Typ dar.


    Der Film verarbeitet eine reale Legende - den Lambton Worm, Grafschaft Durham - und hat nicht nur darüber Anklänge ans Folk Horror-Genre, ich sehe vor allem Ähnlichkeiten zu Wickerman. Russell positioniert sich dagegen aber auf Seite der alten Religion bzw. übt sarkastische Kritik am Christentum: spießig, repressiv und - auch pschychologisch gesehen - schädlich.

    Das wiederum habe ich mir bisher noch nicht bewusst gemacht, nun, wo ich es lese, finde ich diese Zuordnung sehr einleuchtend. Gewiss ein Umstand mehr, der mir den Streifen so lieb macht. Zweifelsohne hat er Qualitäten, die an Wickerman erinnern: ein irgendwie irritierender Humor, jedenfalls very british, gehört dazu.


    Nerdige Randnotiz II:

    Nils gegenüber habe ich letztens "behauptet", die hier zugrunde liegende Stoker-Story stamme von Arthur Conan Doyle, autsch! Er hat die Sache natürlich gleich gerade gerückt. Aber A. Conan Doyle, Bram Stoker und H. G. Wells schmeiße ich immer wieder durcheinander …

    Mit dem zweiten Band ("Das Begräbnis der Ratte") bin ich zwar erst zur Hälfte durch, wirklich gefallen hat mir bisher aber nur "Das Geheimnis des sprießenden Goldes" (nette und atmosphärische Rachegeist-Geschichte). Der Rest war dann doch eher belanglos oder ärgerlich ("Die Squaw"). Auf die Titelgeschichte und "Draculas Gast" (welche, wenn ich das richtig verstanden habe, ein paar Bezüge zu Le Fanus großartigen Vampirnovelle "Carmilla" enthalten soll) bin ich trotzdem gespannt.

    Vielen Dank für die umfangreichen Eindrücke! Ich versprach mir bisher immer viel von "Das Schloss der Schlange", weil ich ein Fan der Verfilmung von Ken Russell bin. Diese scheint wohl interessanter zu sein als die literarische Vorlage … Jedenfalls bin ich gespannt, was du zu "Draculas Gast" zu sagen hast – ich oute mich als Fan dieser Story.


    "Das Begräbnis der Ratten" lernte ich als Jugendlicher kennen und zwar unter dem Titel "Flucht aus der Müllstadt" in der Anthologie Das verschluckte Gespenst (Hrsg. Klaus Seehafer). Diese Geschichte fand ich damals sehr beunruhigend – und das ist wohl auch ihre Intention. Mittlerweile würde ich die daraus abgeleitete Message wohl kritischer betrachten; aber immerhin war es eine frühe Leseerfahrung mit einer unheimlichen Story, die frei ist von phantastischen Elementen.


    "Das Geheimnis des sprießenden Goldes" las ich vor nicht allzu langer Zeit und habe in diesem Thread meine Gedanken dazu festgehalten: Gänsehaut garantiert


    Ich bin so frei und wiederhole mich an dieser Stelle:

    Bram Stoker: Das Geheimnis des wachsenden Goldes (The Secret of Growing Gold)

    Zwei alteingesessene Familien drohen auszusterben. Da tut sich die Frau der einen Familie mit dem Mann der anderen zusammen. Sie leben in einem eheähnlichen Zustand, allerdings nicht besonders friedlich. Schließlich verschwindet die Frau unter mysteriösen Umständen, der Mann heiratet kurz darauf eine Andere. Der Bruder der Verschwundenen sinnt auf Rache. Doch hat er die Rechnung ohne seine Schwester gemacht … Die Schauermär aus der Feder des Dracula-Autoren verzichtet weitgehend auf Dialoge und wirkt dadurch recht statisch. Das hier zugrunde liegende Rache-Thema mag nicht weltbewegend neu sein; was es aber mit dem „wachsenden Gold“ auf sich hat, ist allemal der Lektüre wert.

    Ich muss offen gestehen, dass mir der Kriminologe Professor van Dusen bisher völlig unbekannt war. So lange, bis ich vor zwei Tagen im Deutschlandfunk zufällig auf eins seiner Abenteuer stieß:


    Das Gefängnis des Grafen Dracula

    Wir schreiben das Jahr 1904. Professor van Dusen ist auf dem Weg nach Bukarest, um einen Freund, den bekannten Volkskundler van Helsing, zu besuchen. Doch der Prof wird abgefangen und nach dem Schlosse des Grafen Dracula gebracht. Dracula aber sperrt seinen unfreiwilligen Gast in eine improvisierte Gefängniszelle, in der eine Bombe an einem Zeitzünder tickt. Van Dusen bleiben nur wenige Tage, um a) die Bombe zu entschärfen und b) einen Weg aus seinem Gefängnis zu ertüfteln, das von zwei reinrassigen wallachischen Hirtenhunden bewacht wird …


    Mein Eindruck

    Ich hätte diese Episode als Produkt der jüngsten Zeit eingestuft: entstanden im Zuge der Escape-Room-Bewegung. Dazu dieses aufdringliche Crossover zwischen einem kriminalistischen Superhin à la Sherlock Holmes und dem Grafen Dracula. Tatsächlich aber haben wir es mit einer Produktion des RIAS Berlin von 1980 zu tun. Die Geschichte ist solide gemacht, bietet an und für sich jedoch wenig Überraschung. Dass van Dusen schließlich Herr der Lage bleibt, versteht sich von selbst. So erstreckt sich der Spannungsbogen ganz allein auf die Frage, wie ihm das wohl gelingen mag … Ab und zu werde ich mir vielleicht noch eine Folge gönnen — aber zum ganz großen Fan des Professor van Dusen bin ich wohl nicht geboren.


    Link
    Deutschlandfunkt Hörspiel und Feature: Das Gefängnis des Grafen Dracula. Von Michael Koser

    Büchernarrenschiffe

    Zu dieser Sendung kam mir erst gestern eine Textstelle unter. Sie stammt von Heinrich Seidel (1842 – 1906), aus seiner Autobiografie Von Perlin nach Berlin.


    Zitat

    Obwohl ich mich nun längere Zeit mit Eifer den Schmetterlingen widmete, so habe ich es doch zu keiner nennenswerten Sammlung gebracht, wie ich denn überhaupt zum Sammler nicht geboren bin. Noch heute, wo ich seit längerer Zeit meine Neigung dem Aufspeichern von Büchern zugewendet habe, allerdings auch wieder, ohne darin etwas Besonderes zu leisten, bringe ich es über mich, eine oder die andere besondere Seltenheit, die mir durch Zufall in die Hände fällt, zu verschenken, und freue mich dann, daß ich das kann, und daß mich der Sammelteufel noch nicht in seinen Klauen hat.

    Noch kurz um Autor, den man vielleicht etwas voreilig als liebevollen Humoristen bezeichnen könnte; der großer Wurf gelang ihm mit einem ein Kranz von Geschichten um eine Figur namens Leberecht Hühnchen. Als studierter Ingenieur war Seidel u. a. verantwortlich für die Konstruktion der Riesenhalle des Anhalter Bahnhofs. Das Motto „Dem Ingenieur ist nichts zu schwer“ geht auf sein Konto (dann von Erika Fuchs zugunsten Daniel Düsentriebs umgestaltet: „Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“).


    Nicht verschweigen möchte ich, dass wir Seidel auch einige stimmungsvolle gespenstische Geschichten verdanken, – darunter Die Nebeldroschke, welcher der gleichnamigen Anthologie (Ost-Berlin 1982) zu ihrem Titel verhalf.

    Besten Dank für diese umfangreiche Vorstellung. Zu den Bildern: Das Ganze zündet wohl erst, wenn man sich richtig darauf einlässt und die Mixtur aus Bild und Wort zu gären beginnt … wenn ich mir die Arbeiten auf der Webseite von Sami Makkonen anschaue, fühle ich mich u. a. an Sachen des Illustrators Jens Maria Weber erinnert, der sich in ähnlichen Gefilden tummelt (er hat z. Bsp. einige Moods für die Serie "Hausen" beigesteuert). — Aber noch weiter dahinter sehe ich Dave McKean, der in den 1990ern das Medium Comic durch diese Art Stil sehr geprägt und erweitert hat. Weg vom Plakativen, hin zu sehr zwielichtigen und suggestiven Entwürfen und einer erdig gehaltenen Palette.

    Soweit aber hätte ich mir gewünscht, es wären nicht zum Tausendsten Mal die typischen Wandergruppen von Freunden, die in der Wildnis auf durchgeknallte, mordende Kultistenfamilien stiessen; Jungfamilien, deren persönliches Drama im Spukhaus / haunted cellar gespiegelt wird und das übliche Pentagramm/Runenmagie-Gedöns, das dann irgendwelche schlafenden Gottheiten weckt.

    Hier sprichst du bereits ein Urteil, wie es die Nachwelt dereinst über die Zeit und ihre Sujets fällen wird … auch die Bemerkung, dass es Überschneidungen zu einschlägigen Serien gibt, unterstreicht dieses Verdikt. Das ist ja einer der Gründe, warum ich mich so schwer damit tue, gegenwärtige Literatur zu lesen: mich interessiert eben die Familie von heute nicht, Backpacking usw.; und, na ja, ehrlich gesagt haben sich Hirschgeweihe und Tierschädel auch langsam totgelaufen (wenngleich ich mich davon selbst nicht freimachen kann – da bin ich dann eben doch wieder ganz Kind meiner Zeit).

    Ein älterer Thread, aber was ewig liegt, muss ja nicht gleich tot sein.

    Oha, dann sollte ich langsam mal nachziehen: Ich habe das Buch nämlich auch schon eine ganze Weile hier liegen. Eine weitere positive Besprechung sollte Grund genug für die Lektüre sein (und ich bin selbst auch neugierig, die Story hört sich interessant an).


    Ausflug in die Natur mit dem Schwarzen Stern (Neuer Stern, Nr. 78), vielen Dank für die rasche Zusendung.


    Die Ausgabe wird zum größten Teil von Peter Schünemann bestritten, ein Autor, der mir bisher unbekannt war. Im Mittelpunkt seines Schaffens stehen 3 Stories, die das Prädikat „kurz und knackig“ verdienen. Gemäß der Ausrichtung des Hefts – eine Hommage an die Weird Tales und Lovecraft – fallen die Geschichten recht pulpig aus. Alle 3 Geschichten lassen sich dem Cthulhu Mythos zuordnen. Die sehr kurze Form beherrscht nicht jeder, Schünemann handhabt sie souverän. „Antrag um Mitternacht“ und „Mehr Gold als genug“ sind Mischlinge aus unheimlicher Phantastik und Kriminalstory – na ja, sagen wir: Verbrechen und dunkle Geschäfte spielen eine Rolle. „Delirium“ hingegen pickt sich eine fiktive Episode aus dem Leben H. P. Lovecrafts heraus und verrät uns dergestalt erstaunliche Zusammenhänge.


    Der autobiografische Text „Warum Weird Fiction? Eine Selbstbefragung“ beginnt vielversprechend: Davon möchte man gerne mehr lesen. Allerdings gleitet er dann im 2. Part für meinen Geschmack zu sehr ab in Richtung allgemeiner Lovecraft-Betrachtung.


    Die diversen Rezensionen habe ich interessiert verfolgt. Auch hier geht’s betont um cthuloide Werke, wobei Donald Wandreis Tote Titanen, erwacht! (Dead Titants, waken!) schon Thema im Forum war. Spannend zu lesen, dass Schünemann Fritz Leibers Herrin der Dunkelheit (Our Lady of Darkness) enthusiastisch bewertet, ein Buch, an dem sich bekanntlich die Geister scheiden. Herausgeber Thomas Hofmann spricht sein Urteil zum Totenschein Fanzine, womit er das Meinungsspektrum, wie es sich auch hier im Forum abbildet, um eine weitere Stimme bereichert.


    Die Bebilderung ist vom Feinsten und die Redaktion hat mit Sinn für Geschmack herrliche alte Illustrationen herausgesucht, die zu jeder Zeit eine stilvolle Begleitung der Textbeiträge darstellen.


    Das Fazit fällt positiv aus: Schwarzer Stern schenkt uns eine gute Stunde kurzweiliger Unterhaltung, ohne sich zu gedankenschwer in der Materie zu verlieren. Dieser – im besten Sinn – oberflächlicher Anspruch ist, so mein Eindruck, gewollt. Und wenn dem so ist, dann auch völlig zufriedenstellend erzielt.