Beiträge von Arkham Insider Axel

    Zu der Rezension von Andreas Giesbert: Mit seinen beiden schärfsten Kritikpunkten stimme ich nicht überein. Die Originalität des Bandes sehe ich gerade in dem Vor- und dem Nachwort, welche ihn von den üblichen Geschichtensammlungen abhebt. Wobei es verwunderlich ist, dass Andreas auf letzteres eingeht wie auf sonst keinen der übrigen Beiträge, ja sich scheinbar etwas daran abarbeitet. Was den angekreideten "unnötig komplizierten Stil" angeht: Nun, der scheint auf den Rezensenten selbst abgefärbt zu haben; wie sonst wäre z. Bsp. ein rätselhafter Satz zu erklären wie:


    Zitat

    So kulminiert der Text etwa in einer äußerst kondensierten Verdringlichungskritik die identitätsphilosophisch aufgelöst wird.

    Wenn Andreas zum Vorwort schreibt, dass es "durchaus gelungen" einstimme – so ist doch das Ziel erreicht. Ob Katla damit zur "Erhellung" des Bandes beitragen wollte, ist erst einmal eine unbestätigte Annahme.

    "Der Dämon in der Stadt" ist aber auch in der Anthologie "17 Dämonen Stories" (Herausgeber: Manfred Kluge) erschienen. Siehe hier. Deine Storysammlung scheint (was die beteiligten Autoren betrifft) jedoch die interessantere Wahl zu sein.

    Gut zu wissen … ich habe mich immer mal wieder gefragt, ob es in dieser Reihe zu Überschneidungen gekommen sei. Allerdings sehe ich mich außerstande zu sagen, welcher von den beiden erwähnten Bänden der bessere sein könnte. Auch die 17 Dämonen Stories warten ja mit einigen sehr interessanten Sachen auf … Ich habe übrigens immer Interesse meine Sammlung zu komplettieren und werde mir auf kurz oder lang wohl auch diesen Band zulegen.


    Da ich gerade dabei bin mir ein paar Werke von Robert Bloch zu besorgen - Welche Erzählung von ihm ist denn in "11 Grusel Stories" enthalten?

    In den 21 Grusel Stories ist von Bloch enthalten: Der Schädel des Marquis (The Skull of the Marquis de Sade). Es gibt übrigens noch die Bände 12 Grusel Stories, 15 Grusel Stories und 16 Grusel Stories.



    Also hier: Fritz Leiber: The Hound, erstmals November 1942 in Weird Tales erschienen. Unter dem Namen Der Dämon in der Stadt wurde die Story aufgenommen in: 21 Grusel Stories, zusammengestellt von H. W. Mommers u. A. D. Krauss, erschienen bei Heyne 1966.


    Inhalt

    David Lashley ist ein junger, immerhin erwachsener Mann, der sich mit seinen Eltern eine Wohnung teilt. Die Mutter wird als ältlich beschrieben, schwach auf den Beinen und für die Pflege ihres Mannes zuständig. David arbeitet als Verkäufer in der Bekleidungsabteilung eines Kaufhauses, wohin ihn allmorgendlich die Straßenbahn bringt. Er hat offenbar nur wenig soziale Kontakte, von Freizeitaktivitäten ganz zu schweigen. Es gab lose Treffen mit Mädchen – Kolleginnen – aus denen jedoch nie etwas ernsteres erwuchs.

    Wirken diese äußeren Umstände schon wenig rosig, so ist es Davids seelische Verfassung erst recht nicht. Er wird heimgesucht von unangenehmen Gerüchen, schnüffelnden Geräuschen und seine Umwelt sieht ihn häufig im Beisein eines furchteinflößenden Hundes. David macht sich sich Gedanken über diese Phänomene und ein Freund bringt ihn auf die Idee, dass ihm ein Werwolf auf der Spur sei – freilich nicht im klassischen Sinn. Vielmehr nimmt er die Großstadt als ständige Bedrohung wahr, die statt des sagenhaften Werwolfs einen struppigen Straßenköter hervorbringt …was die Gefahr nicht unbedingt geringer macht.


    Meinung

    Hier haben wir wieder typischen Leiber-Protagonisten: ein vereinzelter, junger Mensch, eher am Rande der Gesellschaft denn mittendrin. Ein sensibler Beobachter, dessen Wahrnehmung zielsicher in Richtung Paranoia geht, so dass sich permanent ein Gefühl von Unwohlsein und Furcht einstellt. Leiber bleibt aber nicht auf dieser rein psychologischen Ebene, sondern spielt durchaus handfest mit Gespenstern. Wie schon festgestellt, ist er bemüht, sie von ihrem althergebrachten Mottenkugelgeruch zu befreien. Und so erweist sich The Hound als Versuch, den Werwolfmythos im neuzeitlichen, urbanen Gewand (der 1940er Jahre) wiederzubeleben.

    Leibers progressive Herangehensweise ist löblich und immer dann besonders authentisch, wenn er nicht allzu sehr ins Phantastische abdriftet. Ich sehe in The Hound Parallelen zu Robert Aickmans Derselbe Hund (The Same Dog), zu welcher Story Nils schrieb: „eine sensible Parabel über Vergänglichkeit und kindliche Verlusterfahrung“. Auch bei Leiber erscheint die Heimsuchung durch den mysteriösen Hund als Ausdruck einer generellen Existenzangst, die namentlich Davids Sorge um seine alten und kranken Eltern thematisiert.

    Nur zur Info: wir lesen noch mit, lieber Cheddar Goblin — also bitte go on. Gerade diese verstreuten Antho-Beiträge hören sich ja sehr spannend an.


    In der heimatlichen Bibliothek bin ich über einen weiteren Titel gestolpert: The Hound, erstmals November 1942 in Weird Tales erschienen. Unter dem Namen Der Dämon in der Stadt wurde die Story aufgenommen in: 21 Grusel Stories, zusammengestellt von H. W. Mommers u. A. D. Krauss, erschienen bei Heyne 1966. Werde ich mir heute mal vornehmen …

    Ich vermute, dass Inhalte aus den hier vorgestellten Nachschlagewerken auch in seine klassische, bis heute nachgedruckte Reihe eingegangen sein dürften.

    Bestimmt. Hier wurden offensichtlich die ersten Weichen gestellt; auch der Begriff der "populären Mythologie" fiel schon in diesem Frühwerk und hat sich für Seeßlen, wie die hier abgebildete Film-Reihe zeigt, wohl als brauchbar erwiesen.

    Auf der Suche nach Meinung zu diesem Roman

    Sei ehrlich – du warst zu bequem, dein Bücherregal zu konsultieren X/ … daselbst wärest du nämlich ebenfalls fündig geworden.


    „Die Dame in Gelb“ wird wiederholt erwähnt. Zuletzt im Privatdruck Die klassische englische Geistergeschichte. M. R. James und seine Schüler, wo Bloch der Geschichte eine Nähe zur englischen Ghost Story attestiert, wie sie jedenfalls damals in Deutschland gänzlich unüblich gewesen sei. Im Lexikon der phantastischen Literatur (Zondergeld, Wiedenstried) wiederum wird Wilkie Collins als Referenz genannt. Auch Gero Wilpert bringt in dem Zusammenhang den „englischen Gespensterroman“ ins Spiel (Die deutsche Gespenstergeschichte), wenngleich er für diese Art der Unterhaltungsliteratur und für Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem offensichtlich wenig übrig hat.


    Georg Seeßlen, Bernt Kling: Romantik & Gewalt. Ein Lexikon der Unterhaltungsindustrie

    Manz Verlag. München 1973. 2 Bände


    Ein halbes Jahrhundert – so alt ist dieses „Lexikon der Unterhaltungsindustrie“, das sich entlang des knackigen Titels Romantik & Gewalt bewegt. Hier wurde der Versuch einer objektiven Betrachtung unternommen, der in eine „stichhaltige und praktikable Medienkritik“ münden sollte. Bemerkenswert ist der intermediale und genreübergreifende Ansatz. Dieser Ansatz macht einerseits vielfältige Überschneidungen sichtbar, sorgt andererseits jedoch auch für mangelnde Trennschärfe. Der Problematik eines ersten Versuchs waren sich die Autoren bewusst und bauten auf Kritik und Mitarbeit der LeserInnen für kommende Neuauflagen. Eine solche ist denn auch 1977 erschienen. Unter dem Titel Unterhaltung. Lexikon zur populären Kultur brachte der Rowohlt Verlag eine zweibändige Ausgabe heraus, die auf der hier vorliegenden basiert.


    Inhalt

    Das Lexikon besteht aus 2 Bänden, wobei den 2. Band Georg Seeßlen allein verantwortet. Band 1 behandelt folgende Genres: Der Western (Seeßlen), Science-Fiction (Kling), Horror und Fantasy (Kling), Das Kriminalgenre (Seeßlen). Band 2 bringt diese Inhalte: Abenteuer und Geschichte, Komödie, Groteske und „funnies“, Romanze. Ein 3. Band mit den Themen: Heimat, Familie, Natur, Sex u. Erotik, Sport, Spiel u. Quiz, Musik sowie einem abschließenden Essay „Populäre Mythologie“ war geplant, erschien jedoch nicht mehr. Das ist namentlich wegen des Registers und sämtlicher Literaturangaben bedauerlich, die dieser Band enthalten sollte. Dass die Literaturangaben unvollständig sind, wird im Vorwort des 2. Bandes (nach Erhalt von Rückmeldungen) auch eingeräumt und fand ich zum Beispiel im Artikel über H. P. Lovecraft bestätigt.


    Struktur

    Das Werk beginnt mit einer „Einführung in die Medien“: Unterhaltungspresse, Kioskliteratur und Comics, Kino, Rundfunk und Fernsehen, jeweils untersucht hinsichtlich 1) Organisation, 2) Produktion und 3) Rezeption. Schon bei den Überschriften fallen die Begriffe „Unterhaltungspresse“ und „Kioskliteratur“ auf, mithin zwei Bereiche, denen sich ja auch dieses Forum zu nicht geringen Teilen widmet. In der Einführung interessieren weniger künstlerische und ästhetische Fragestellungen, sondern schlicht und einfach die Marktbedingungen. Dabei leiden die Ausführungen weder unter soziologischer Komplexität noch unter betriebswirtschaftlicher Langweile. Die Intention ist es einfach aufzuzeigen, wie dieses oder jenes Buch in unsere Hände oder die neueste Komödie in die Kinosäle gelangt und welche Branchen und Techniken daran beteiligt sind.


    Beispiel „Horror und Fantasy“

    Eingeleitet wird jedes Kapitel durch einen Essay, der die historische Entwicklung des jeweiligen Genres abbildet. Sodann folgt der lexikalische Teil von A bis Z. Das Vorgehen, das Lexikon bunt gemischt nach Personen, Publikationsformen und Phänomenen zu gliedern, folgt dem Faust-Motto „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“. Für das überschaubare Kapitel „Horror und Fantasy“ von Bernt Kling sieht das so aus: Einleitender Essay, Roger Corman, Dracula, Famous Monsters of Filmland, Fantasy-Literatur, Frankenstein, Frankenstein-Filme, Horror-Comics, Horrorliteratur in Deutschland, Boris Karloff, Peter Lorre, Howard P. Lovecraft; Bela Lugosi, Monster, Edgar Allan Poe, Sword & Sorcery, Vampirfilme, Literatur. Natürlich eine höchst subjektive und grob gestrickte Auswahl. Bemerkenswert immerhin: die beginnende Lovecraft-Rezeption und die Etablierung des Begriffs „Sword & Sorcery“ im deutschsprachigen Raum. Unter dem Stichwort „Horrorliteratur in Deutschland“ fallen kaum hörbar die Namen Ewers, Meyrink, Hoffmann; gemäß der Ausrichtung liegt auch hier die Konzentration auf den Romanheften und Taschenbüchern der 1970er Jahre.


    Kritik

    Wer dieses Forum aufmerksam verfolgt, wird in Romantik & Gewalt immer wieder auf Vertrautes stoßen. So enthält das Western-Kapitel einen langen Eintrag zum Vielschreiber Frank Gruber, dessen Buch The Pulp Jungle uns Nils schon einmal ausführlich vorstellte. Dieses Kapitel beinhaltet weiter den Eintrag „Dime Novels“, quasi das Vorgängerformat der Pulps, das freilich auch für die Abenteuerliteratur eine wichtige Rolle spielt. Aufgrund des erwähnten fehlenden Bandes und Registers lassen sich solche Einträge nur durch das Inhaltsverzeichnis identifizieren. Der Frank Gruber-Eintrag hätte sich ebenso im Krimi-Kapitel unterbringen lassen; der Regisseur Fritz Lang wiederum ist eben dort zu finden, weil hier in erster Linie seine Thriller zählen. Die Comicfigur Batman taucht in „Abenteuer und Geschichte“ auf, da Seeßlen hier den klassischen Heldencharakter hervorhebt. Diese nicht sortenreine Aufteilung ist diskutabel – wegen der vielen Wechselwirkungen in den diversen Genres und Medien aber auch unvermeidbar.


    Fazit

    Ein ambitioniertes Projekt, das sich in der vorliegenden Form zwar als lesenswert aber nur bedingt brauchbar erweist. Immerhin bleibt ein interessantes zeitgenössisches Dokument mit Ecken und Kanten, das der jeweiligen Liebhaberei noch die eine oder andere (historische) Erkenntnis bringen kann. Dies dürfte auch für die erwähnte Neuauflage von 1977 gelten, die wie die hier vorgestellte Fassung antiquarisch günstig zu haben ist. Dass insbesondere Georg Seeßlen (der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 25 Jahre jung war) seitdem viel zum Thema Populärkultur beigetragen hat, ist wahrscheinlich bekannt.

    Was aber an genereller Verfügbarkeit und/oder Lizenzfragen liegt, soweit ich weiß. Weniger am Unwillen der Herausgebenden. Du meintest es wahrscheinlich auch nicht so.

    Ich habe da ehrlich gesagt keine genaue Kenntnis. Aber richtig, Unwillen unterstelle ich erst einmal nicht. In Vorbereitung der Selected Letters (SL) bei Arkham House wurden ja diverse Korrespondenzler von August Derleth kontaktiert und um Lovecrafts Briefe gebeten. War er nur an diesen Briefen interessiert oder bat er auch um die entsprechenden Gegenstücke? – Ich weiß es nicht.


    Derleth selbst erlebte ja nur das Erscheinen des 1. Bandes der SL. Basieren die nachfolgenden Bände noch auf seiner Arbeit oder hatte die Akquise zwischenzeitlich wer anders übernommen?


    Und um wieder zurück zu Leiber zu kommen: Dessen Stellung ist eigentlich wichtig genug, um sich über einen verwalteten Nachlass Gedanken zu machen. Wo liegt ein solcher und woraus besteht er?


    Also: eine weitere Richtung, in die dieser Thread vorstoßen könnte …