Er hält sich zwar nicht ganz an die Fakten, aber ich habe ihn sehr gemocht.
Nachdem der Cheddar Goblin (leider schon wieder länger absent *schnüff* ) den Film damals empfohlen hatte, habe ich ihn mir direkt besorgt - und jetzt dann ein knappes Jahr später auch endlich mal angesehen.
Ich kann Shirley inhaltlich gar nicht über den Film hinaus bewerten, da ich bislang über die Person Shirley Jackson überhaupt nichts wusste. Es scheint einige Auslassungen und Inkonsistenzen zu geben (wie Cheddar Goblin auch schon anmerkte) und kontroverse Äußerungen gab es wohl seitens der noch lebenden Familie der Schriftstellerin.
Wie dem auch sei: An sich handelt es sich um einen spannenden und intensiven biographischen Film, der eine bestimmte Phase von Jacksons Leben ausstellt. Angesiedelt ist die Handlung zum Ende der 40er bzw. Anfang der 50er Jahre; zu Beginn schreibt Jackson gerade an dem unheimlichen Roman Hangsaman, der 1951 erschienen ist, insofern müsste es mit der zeitlichen Fixierung ungefähr hinhauen. Jackson lebt mit ihrem Ehemann, dem Hochschuldozenten Edgar Hyman, in Vermont. Da Jackson fast nie das Haus verlässt, kann man beinahe von einem Kammerspiel sprechen. Maßgeblich getragen wird der Film von Elisabeth Moss, die mit Bravour eine psychisch derangierte, sozialphobische, trinkende Schriftstellerin darstellt, die sich unter seelischen Qualen meist einzig und allein auf ihre Literatur konzentriert. Ob Shirley Jackson wirklich so gewesen ist, weiß ich nicht, aber im Film funktioniert es perfekt und korrespondiert auf unheimliche Weise mit dem Werk und dem anthropoligischen Interesse der Autorin. Düsteres, tief wühlendes Triebleben spielt zwischenmenschlich und in punkto Sozialnormen eine Rolle - ein Aspekt, der wohl bei den Nachkommen besondere Ablehnung erfahren hat. Der unterhaltsamen Dynamik des Films tut dies aus meiner Sicht keinen Abbruch.
Man kann Shirley allerdings nicht vorwerfen, ein Avantgarde-Projekt zu sein. Nein, in vielerlei Hinsicht sieht man ein recht konventionelles Biopic vor sich, das mit erwartbaren Mitteln suggestive Sogkraft entfaltet. Macht aber nichts: Die Mixtur gelingt, wird dem Anspruch des Films offenbar gerecht, sodass man einen atmosphärisch hervorragenden Einblick in die damalige Zeit erhält (tolle Sets und zeitgenössische Musik --> The Bell Sisters) und einmal mehr vorgeführt bekommt, dass Literatur als Filmthema ungemein tauglich sein kann. Ich wurde in jedem Fall dazu angeregt, endlich mal systematisch Shirley Jackson zu lesen.