Beiträge von Vincent Voss

    Ich persönlich halte darüber hinaus von den strengen Kategorien nicht viel, denn es gibt genug Texte, die mehreren Kategorien angehören können.

    Ohne den Roman zu kennen: Ich finde eine gewisse Trennschärfe schon sehr wichtig. Horror ist leider nach wie vor ein Nischengenre und ich fände eine "Verwässerung" von werken, die eigentlich in anderen Genres beheimatet sind, nicht gut. Auch gerade, was die Förderung der Schaffenden anbelangt.

    Und nun:

    Michael Siefener, Ellen Norten & Andreas Fieberg: DAEDALOS Nr. 14 Der Storyreader für Phantastik (p.machinery 2023)

    Michael Siefener, Ellen Norten & Andreas Fieberg (Hrsg.), DAEDALOS 14 – p.machinery –



    Ist schon unter 9) gelistet. Das meinst du doch, oder?

    Klappentext: Gerald und Jessie Burlingame haben sich in ihr einsames Sommerhaus zurückgezogen. Gerald möchte dem eintönigen Eheleben etwas Schwung verleihen und fesselt seine Frau ans Bett. Jessie hält gar nichts von den neuen Sexspielchen ihres Mannes und versetzt ihm einen Tritt – mit für ihn tödlichen Folgen. Mit Handschellen ans Bett gefesselt, beginnt für Jessie ein quälender Albtraum: Nachts bekommt sie unheimlichen Besuch ...


    Meine Meinung: ich weiß nicht, ob King jemals dazu etwas gesagt hat, aber mir scheint, er experimentiert. Hat er in SIE schon sein Personal reduziert, setzt Das Mädchen noch einen drauf. Und DAS SPIEL ist sozusagen sein selbsternanntes Meisterstück. Nicht nur, dass er sein Personal auf eine Figur, nämlich Jessie, reduziert, er hält sie auch noch an einem Handlungsort, gefesselt an einem Bett, einer Blockhütte gefangen. Vielleicht, so ist zumindest mein Eindruck, schreckt das Setting doch viele ab. Wie bitte schön soll denn so Spannung aufkommen?


    Tja, was soll ich schreiben. Er schafft es. Auch, wenn er dafür in die Trickkiste greifen muss. Jessie hört Stimmen. Schon seit sie jung war und diese Stimmen konfrontieren sie mit ihrer eigenen Vergangenheit. Und führt zu einem Strang der Geschichte neben ihrem Überlebenskampf in der Hütte, der den zweiten Teil der Geschichte ausmacht. Und hier spitzt es sich enorm zu, denn Jessie verfällt mehr und mehr dem Wahnsinn und kann sich nur aus sich selbst erretten, wenn sie sich ihrer Vergangenheit stellt. Oder wird sie etwa doch nicht wahnsinnig? Steht wirklich neben ihrem Bett ein "Wesen" und offeriert ihr aus einem Korb Zähne? Es kommt zu einem blutigen Showdown.


    Fazit: Sagenhaft, wie es ihm gelingt aus diesem Setting so eine spannende Geschichte zu schreiben. Und wahrscheinlich durch die Experimentierfreude beflügelt vergebe ich 9,5 hungrige Hunde.

    Pantopia


    Roman | Ausgezeichnet mit dem Seraph 2023 für das beste Buch

    Eine bessere Welt ist möglich! Theresa Hannig, die Autorin von „Die Optimierer“, hat eine Utopie für unsere Zeit geschrieben.

    Eigentlich wollten Patricia Jung und Henry Shevek nur eine autonome Trading-Software schreiben, die an der Börse überdurchschnittlich gut performt. Doch durch einen Fehler im Code entsteht die erste starke künstliche Intelligenz auf diesem Planeten – Einbug.

    Einbug begreift schnell, dass er, um zu überleben, nicht nur die Menschen besser kennenlernen, sondern auch die Welt verändern muss. Zusammen mit Patricia und Henry gründet er deshalb die Weltrepublik Pantopia. Das Ziel: Die Abschaffung der Nationalstaaten und die universelle Durchsetzung der Menschenrechte. Wer hätte gedacht, dass sie damit Erfolg haben würden?

    „Komm nach Pantopia. Hier sind alle willkommen!“


    „Theresa Hannig spricht das Große gelassen und zugleich souverän aus: Eine bessere Welt ist möglich. [Ein] 'Cocktail der Utopie', der Lust auf mehr macht. Vor allem Lust auf Veränderung!“ Stefan Selke (Autor von Wunschland)"



    Da ich die Seraph-Preisverleihung in Leipzig mitverfolgt habe und mir mehr und mehr Buchmenschen diesen Roman ans Herz legten, wählte ich ihn für meine Rückreise von der Metropol-Con in Berlin aus.


    Meine Meinung: Man weiß gleich zu Beginn und auch anhand des Klappentextes, dass Einbug Erfolg haben wird und dennoch ist es ein äußerst spannender Roman, den Hannig geschrieben hat und für mich absolut würdig, den SERAPH gewonnen zu haben. Zu Beginn lernen wir Einbug heranwachsen und die KI erschließt sich mit kindlicher Neugier die Welt im WWW, während Patricia und Henry den Wettbewerb gewinnen wollen. Diese Passagen sind schon unterhaltsam, spannend und manchmal auch humorig, Einbugs Wahrnehmung auf uns Menschen zu folgen. Aber nachdem Patricia und Henry erkennen, dass sie eine starke KI entwickelt haben, geht es los mit den Problemen. Wem kann man eine KI verantworten? Und mit dieser Fragestellung befinden wir uns im absoluten Gegenwartsbezug mit zahlreichen zentralen Fragen, denen wir uns heute stellen sollten. Und das in einen spannenden Romanstoff verpackt, eher einem Thriller, weil Patricia, Henry und Einbug nicht weniger vor haben, als die Nationalstaaten abzuschaffen.


    Von mir gibt es 9,5 von 10 Süßigkeiten.