Beiträge von Tobias Lagemann

    Hallo zusammen,


    ich kann mich jetzt echt in den Arsch beißen, denn mit "Die Tausend Verbrechen des Ming Tsu" von Tom Lin ist mir doch glatt m.E. DER Phantastische-/Horror-Roman des Jahres 2022 erst jetzt aufgefallen. Ja, er lag auf dem SuB, aber da Suhrkamp ihn mit "Thriller" gelabelt hat, blieb er unter meinem Horror-Radar. Ey, Bradbury meets Sam Peckinpah. Nee, Tarantino lasse ich bewusst außen vor, wenn auch manches an ihn erinnert, denn Lin geht eben bei seinen Figuren weiter als Tarantino. Ja, da ist viel Gewalt, aber Lin lotet all das wirklich aus, nimmt der Gewalt die tarantineske Coolness. Und, boah, wann habe ich zuletzt einen Protagonisten gehabt, dessen tiefe Traumatisierung so unauffällig und zugleich so wirksam aufgezeigt wurde? Und dann ist auchn noch die Sprache mitreißend und die Bilder ... Uff, bin total begeistert ob der großen Kunst Lins.


    Die phantastischen Elemente: Ein Wanderzirkus voll wunderwirkende/-mächtiger Figuren. Eine Frau, der Feuer nichts anhaben kann, ein Mann, der die Gestalt anderer annehmen kann, ein echter Bauchredner (okay, Telepath) und und und ... Und, ja, da ist der Ringmeister, der immer wieder in einem Hotelzimmer aufwacht, 1.000 Dollar und Gold hat und sein Leben neu lebt ... Und Ming Tsu gibt es natürlich auch. Wow.


    Leider, leider ist der Roman 2022 erschienen und kommt daher für den nächstjährigen Vincent Preis nicht mehr in Frage ...


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo Michael,


    Preise sind schön, machen aber viel Arbeit. Auch ein Publikumspreis macht viel Arbeit, denn die Stimmen müssen korrekt gezählt, zuvor die Werke alle versammelt werden. Ein Jurypreis macht noch mehr Arbeit. Bei all der Arbeit würde ein Hybridpreis den Arbeitsaufwand für die Jury verringern ... Publikumsvoting wählt eine Top 5, dann liest die Jury die ausgewählten Werke und vergibt die Preise. das wäre auch eine Reaktion auf die an anderen Preisen geübte Kritik. Die Jury sollte natürlich nach halbwegs "objektiven" Kriterien zu bewerten in der Lage sein (also nicht reine Geschmacksurteile abgeben). Viele Grüße Tobias

    Hallo zusammen,


    ja, der Eindringling.


    Schmetterlinge aus tödlicher Feinde, das hat was. An den Schmetterlingseffekt habe ich dabei aber nicht gedacht, sondern nur an das zarte, zerbrechliche, fragile der Schmetterlinge, das hier in ihrer Tödlichkeit wunderbar umgekehrt wird. Ich konnte letztens mal die Flugkünste eines Schmetterlings vewundern, der von einem Vogel über unseren Hof gejagt wurde - und entkam! Wenn sie müssen, sind Schmetterlinge mordsflink. In Lucius Shepards "Das Leben im Krieg" gibt es auch sehr zielorientierte Schmetterlinge, da ist der Hintergrund ihrer Angriffslust zwar durchaus militärischer Natur, aber verschwimmt dann irgendwie im Mythologischen. Aber zurück zum Text: Nach den eher tumben Automaten in so mancher Geschichte zuvor, bleibt hier der Feind völlig rätselhaft.


    Ich schließe mich gerne lapismont an, dass die Zeitveränderungen nicht aufgeschlüsselt werden.


    Zukünftige Technik hat nicht nur in dieser Geschichte oftmals eher absurde Begleiter. In Hastens Zeitwagen findet sich ein kleiner Schweißbrenner, es gibt einen Schrank, dann ein Fach, in dem seine Ausrüstung steckte, eine Tür, die sich beiseite schieben lässt, dazu alle möglichen Werkzeuge. Es gibt auch Fenster, durch die Sonnenlicht fluten kann. In Der Variable Mann war es ein fahrender Handwerker, der ohne Probleme allein Dank seiner begnadeten Hände filigranste Arbeiten ausführen konnte, und das an geräten, die er gar nicht kannte. Hightech und Handwerk sind verschmolzen.


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    nachdem Dick mir zwei Texte zerschossen hat, weil die zu dicht an dem waren, was er schon vor mehr als einem halben Jahrhundert geschrieben hat, habe ich eine Dick-Pause einlegen müssen.


    Gelesen (wenn auch nichts mehr dazu geschrieben) habe ich bis zum Variablen Mann. Dazu ist eigentlich schon alles gesagt worden. Mich hat die fehlende Figurenzeichnung massiv gestört. Das waren nicht mal Pappkameraden. Überraschend war für mich, dass ich den Text nicht kannte. Und ich dachte, ich hätte alle KG von Dick gelesen.


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    "Mr. Raumschiff" bleibt bei mir an dem Punkt hängen, an dem Krieg als "kulturelle Institution" erklärt wird. Okay, der Stand in der Primatenforschung war 1952 wohl noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem planvolles Vorgehen gegen Konkurrenten bis hin zu Mord als zur Natur unserer nahen Verwandten erkannt wurde. Und dass Eskimos und Indianer Krieg nicht gekannt haben, nun ja, da schaue man sich nur die Wanderungsbewegung z.B. der Anasazi an. Die sind nicht freiwillig Richtung Rio Grande ausgewichen. Und, ähm, ein Tomahawk ist nicht unbedingt eine Jagdwaffe. Und das Kriegsbeil haben die Ureinwohner Nordamerikas auch nicht erst mit der Landnahme euorpäischer Siedler ausgegraben. In der Hinsicht scheint mir die Geschichte arg naiv. Und dass sich Dolores dann mal flugs an Phil schmiegt, das ist natürlich durch die Sorge um den Gesundheitszustand des Ex-Partners schon begründet, aber die Dimension, dass sie und Phil als Stammeltern einer neuen Menschheit dienen sollen/werden/können, sollte dann doch den Neuanfang als Paar in den Hintergrund drängen.


    Als sehr passend empfand ich den Dreh, dass der Professor sein Handeln auf das behütete Erschaffen einer neuen Menschheit ausrichtet. Er wird als gläubiger Mensch beschrieben, da kann er gar letztlich nicht anders.


    Mir gefiel auch, dass sich das menschliche Denken dem mechanischen Denken der automatischen Steuerung als überlegen erweist. Aber warum wird da die Steuerung von Schiffen nicht gleich komplett an einen Menschen übergeben? Warum wird nur das Hirn benutzt? Allein die Reflexe machen ein Schiff ja nicht cleverer ... Mutmaße ich jetzt mal. Und ich finde es schon überraschend, dass sich das Hirn des Professors in taktischer Hinsicht den Automaten des Geschwaders als überlegen erweist. Nun ja, das erklärt, warum die Kampfschiffe im Proxima System keine Chance gegen die lebendigen Minen haben. Die müssen wirklich recht schlecht für Kampfsituationen geeignet sein.


    Apropos Minen. Die verfolgenden Minen gab es bereits in "Die Verteidiger".


    Bislang gefällt mir "Mr. Raumschiff" von den gelesenen Kurzgeschichten am wenigsten.


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    so weit hergeholt ist mir das Darben im Bunker nicht. Wie sah Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg aus? Die Städte? Die Industrie? Noch heute sind die Bombentrichter zu sehen. Und doch ging man zur Arbeit, schraubte Bomben zusammen.


    Da passen auch die neuen Waffen hinein, die es dem Gegner mal so richtig zeigen sollen. Und der vermeintliche Stolz, dass Moskau einen drauf gekriegt hat. Man schaue sich nur mal Wochenschauen aus dem Zweiten Weltkrieg an, selbst Rückzüge wurden als Sieg verkauft. Und die "Heimatfront" wurde zusammengehalten - Durchhalteparolen noch und nöcher.


    Ich weiß nicht, ob Dick das Wort kannte bzw. ob es eine englische Entsprechung gibt, aber dass er die kriegsführenden Nationen unter die Erde geschickt hat, lässt sich als Überzeichnen der "Bunkermentalität" lesen.


    Ich glaube aber, dass Dick diesen Film "Duck and Cover" (1951) kannte.


    Den beschriebenen Weg hin zu einer geeinten Welt empfinde ich als überaus naiv. Auch das mit ein paar Sätzen beschriebene "Wir arbeiten jetzt mal zusammen" der Menschen auf der Erdoberfläche. Gerade noch wollten es die Amerikaner den Russen zeigen, schon sind alle Menschen Brüder.


    Zu den Bleimännern. Trotz der eingebauten Restriktionen können sie Widerstand gegen ihre Erbauer leisten. Ein interessanter Beitrag zum Thema "Künstliche Intelligenz".


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    "Der Erlöser" ist aus dem Jahr 1952. In Korea bekommen die US-Truppen einen auf die Nase. Entsprechend sind die "Roten" eine Gefahr und auch "Asiaten". In diese Hysterie einen "Erlöser" einreisen zu lassen, hat schon Witz. Fremde sind Feinde. Und Unwissenheit - Marx! - nährt diese Feindschaft. Allein ein Bart macht verdächtig. Zumindest in einer sauberen Kleinstadt ... Ach, da ist sogar der Sheriff freundlich.


    Und hier fällt der Satz, dessen Quintessenz mir bei "Die Kanone" durch den Kopf ging: "Ihre Anhänger predigten, daß der Mensch gegenüber einer Maschinerie auf der Verliererseite war, daß sie sich verselbständigten und ihn zu größeren und immer größeren Kriegen trieben."


    In "Die Kanone" ist der Krieg ein sich selbst erhaltendes System, er hat sich verselbständigt und mit einem letzten Krieg die Menschheit vernichtet.


    Und in "Der Erlöser" wird der Krioeg beseitigt. Aber nicht gründlich genug, denn Congar wird in die Vergangenheit geschickt, um "Die Kirche" zu stoppen. Ghandi wurde übrigens schon 1948 getötet.


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    ich bin auch noch da (habe mich aber die letzten Wochen zu sehr in einer Story verbissen ...).


    Nachtrag zur Kanone: Wider dem Atomkrieg. Und wider der Automatisierung von Krieg. Und die loszuckelnden Wagen am Ende sind wunderbarer Zynismus. Da glaubt man, dass man den Krieg ausgemerzt hat, aber er ist noch da - verborgen/unten. Mal auf Küchenpsychologie runtergebrochen: Ja, man kann sich für Frieden einsetzen und ihn sogar für erreicht halten, aber tief in uns verborgen ist der Krieg doch noch da. Zynisch auch die unter der Kanone verborgenen Schätze. An die die Reisenden wohl doch nicht kommen werden.


    Viele Grüße

    Tobias

    Hallo zusammen,


    "Stabilität" - bei den weißen Flügeln habe ich an den Beginn des Films "Brazil" gedacht. Später dann beinah nochmal, weil die Bürokratie so absurd daherkommt. Das Einflechten der Legende hat mich sehr überrascht. Zeitreise mischt sich mit Gedankenmanipulation (über die Zeiten hinweg). Und dann übernimmt die Legende die Weltherrschaft. Das Ende ist natürlich fies - man arragniert sich mit den Zuständen, ob Stagnation oder Sklaverei, man muckt nicht auf. Benton freut sich ja sogar auf den in der Ferne liegenden freien Tag (?).


    "Roog" - Ich arbeite als Brief- und Paketzusteller. Es gibt Hunde, die sind so neurotisch. Es gibt einen in meiner Tour, der mag die Farbe unserer Dienstkleidung überhaupt nicht. Der tischt aus, sobald er mich bzw. mein dunkelblau-gelb sieht. Dabei will ich garnicht an den Müll. An den Briefeinwurfschlitz muss ich auch nicht mehr, die Hunde- und Hausbesitzerin fürchtet um den Zustand ihrer Post, ich darf alles in die Zeitungsrolle schieben. Aber vielleicht sind es ja doch keine Müllmänner und vielleicht bin ich kein Postbote. Aber Spaß beiseite, im Anhang beschreibt Dick ja den Hintergrund zur Geschichte. Wie sieht die Welt für einen Hund aus? Woran sich für mich die Frage anschließt, was mein Hund in mir sieht?