Das Thema lässt sich in einem Aufsatz eh nur exemplarisch abhandeln. Aber falls Katla mal eine Monografie ins Auge fasst, gäbe es noch J. G. Ballards Kristallwelt oder Herbert W. Frankes Zone Null
Beiträge von col.race
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Das S.T.A.L.K.E.R.-SoC-Universum ist ganz unabhängig von Metro. Mehrere der Bücher erschienen ja auch noch vor Metro 2033.
Es gibt in Russland auch Romane, die in der Welt von Tarkowskis FIlm spielen oder Quasi-Fortsetzungen zu Picknick am Wegesrand. Professionalisierte Fanfiction, wenn man so will. Die Russen pflegen eben ihre Zone(n)
Essay zum Konzept der 'Zone' (incl. der Stalker von Tschernobyl, GULAGs, Strugatzkis, Metro und Immortal)
Da hast du dir ja einiges vorgenommen! Wo wird der erscheinen?
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"'Wie, gibt es mittlerweile schon Bücher über die Zone?' Pilz ließ sich im Stuhl nach hinten fallen und klatschte fröhlich in die Hände. 'Schau einer an. Bald drehen sie noch einen Film über uns!'"
S.T.A.L.K.E.R. – Shadow of Chernobyl vom ukrainischen Entwicklerstudio GSC Game World war bei seinem Erscheinen 2007 einer der ersten richtig guten Open-World-Shooter. Dem Spieler eröffnete sich ein brandgefährliches, frei erkundbares Areal um das Kernkraftwerk Tschernobyl. Die Zone.
Externer Inhalt www.youtube.comInhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt."Machen wir uns doch nichts vor! Vor achtzehn Jahren ist mehr als nur Radioaktivität ausgetreten. Und was auch immer seitdem dort draußen lauert, es zehrt uns aus, es tötet uns."
Die Entwickler ließen sich dabei von Picknick am Wegesrand von den Strugatzkis und der Verfilmung von Andrei Tarkowski inspirieren. Aus Motive dieser Vorlagen und bewährten bis innovativen Genreelementen entwarf man eine alternative Realität, die an der historischen Nuklearkatastrophe von 1986 anknüpft. Demnach entstand dort 2006 nach einer - durch geheime Experimente zu Kollektivbewusstsein und Telekinese ausgelösten - zweiten Explosion die Zone. Eine kontaminierte Region, in der die Naturgesetze teilweise außer Kraft gesetzt sind und sich allerlei Mutanten tummeln. Verschiedene Arten von Anomalien – bizarre physikalische Phänomene - bringen regelmäßig Artefakte hervor: Seltsame Objekte mit wundersamer und häufig nicht ungefährlicher Wirkung auf den menschlichen Organismus oder die Umwelt. Seither streifen neben dem Militär und wissenschaftlichen Expeditionen auch illegale Schatzjäger, so genannte Stalker (ein Akronym für Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer and Robber), durch die Zone.
"In der Zone herrschte das Prinzip fressen und gefressen werden. Alles, was einigermaßen von Nutzen schien und keine lebenden Besitzer mehr hatte, verschwand innerhalb kürzester Zeit in den Taschen beutehungriger Stalker."
Der erste Teil der Reihe spielt 2012. Man übernimmt darin die Rolle der namenlosen Hauptfigur, kurz der Gezeichnete. Man erwacht ohne Erinnerung nach einem Unfall eines Transporters, der aus dem eigentlich unzugänglichen Zentrum der Zone gekommen war. Einzige Verbindung zur Vergangenheit ist der Auftrag „Töte Strelok“ auf dem eigenen PDA. Im Laufe des Spiels gelangt man bis unter den Betonsarkophag von Reaktorblock 4 und lüftet manches Geheimnis um die Zone.
Der Erstling überzeugt durch eine glaubwürdige Spielwelt, die sich stark an der realen Umgebung orientiert und eine beklemmend dichte Atmosphäre erzeugt. Der Weg durch die Zone birgt etliche Gefahren, von denen die allgegenwärtige Radioaktivität noch die harmloseste bleibt.
"Die scharfe Klinge hinterließ eine rote Furche auf dem ungeschützten Hals, durch die das Leben röchelnd entwich."
Parallel zu den Veröffentlichungen von S.T.A.L.K.E.R. – Shadow of Chernobyl (2007), S.T.A.L.K.E.R. – Clear Sky (2008) und S.T.A.L.K.E.R. – Call of Pripyat (2009) erschienen bei Panini Books acht Romane, was damals keineswegs unüblich war. Zu so ziemlich jedem Blockbuster-Titel gab es Bücher. Egal ob Diablo, Mass Effect, Command & Conquer, Spellforce, Hitman oder Elder Scrolls. Sogar zum legendären, genrestiftenden Dämonengemetzel DOOM existierte eine eigene Reihe.
- Bernd Frenz & Claudia Kern: Todeszone (2007)
- Bernd Frenz: Inferno (2008)
- Bernd Frenz: Apokalypse (2008)
- Wasilij Orechow: Zone der Verdammten (2008)
- Aleksej Stepanov: Deserteur (2009)
- Aleksej Kalugin: Tödliche Sümpfe (2009)
- Wasilij Orechow: Im Kreuzfeuer (2010)
- Aleksej Kalugin: Bis zum bitteren Ende (2010)
"Irgendwo im Zentrum existiert eine Macht, die diese Menschen beeinflusst. Es ist wie ein Ruf, dem man sich nicht entziehen kann."
Am Anfang der S.T.A.L.K.E.R.-Buchserie steht eine Trilogie von Bernd Frenz. Der wurde von GSC beauftragt, eigens für den deutschen Markt eine Vorgeschichte zu verfassen. Laut eigenen Angaben bekam er neben Hintergrundinformationen vom Studio gerade einmal einen Nachmittag mit der Beta-Version des Spiels samt einem God-Mode-Cheat, um sich mit Konzept und Welt von S.T.A.L.K.E.R. vertraut zu machen. Entsprechend weicht seine Version in manchen Details von den Spielen ab. Ein paar Jahre vor der zweiten Explosion verschwindet ein Reisebus mit einer deutschen Touristengruppe spurlos aus der Geisterstadt Prypjat. Einziger Überlebender ist der Teenager David Rothe, der fortan über eine sensible außersinnliche Wahrnehmung verfügt und sich immer stärker zum Sperrgebiet um das stillgelegte AKW hingezogen fühlt. Die Geschichte zieht sich über die ersten drei Bücher und damit über gut zehn Jahre. David wird quasi zum allerersten Stalker und gemeinsam mit Major Alexander Marinin von der örtlichen Polizei versucht er dem Geheimnis und dem Verschwinden seiner Eltern auf die Spur zu kommen.
"Der Weg schlang sich zwischen lehmigen Anhöhen und hohen Müllbergen hindurch, aus denen verrostete Rohre und Überreste von Fabrikanlagen ragten."
Frenz ist um psychologische Glaubwürdigkeit seiner Figuren und einen ausgefeilten Handlungsbogen mit multiplen Strängen bemüht, greift jedoch leider immer wieder tief in die Klischeekiste. Seine Trilogie muss jedenfalls recht erfolgreich gewesen sein. Zumindest erfolgreich genug, dass Panini begann, zusätzlich mehrere Romane aus dem Russischen zu übersetzen, wofür die Covermotive der Originalausgaben von Eksmo Publishing House verwendet wurden. In Russland entwickelten sich die S.T.A.L.K.E.R.-Publikationen zu einer einträglichen Franchise. Bis heute erschienen über 40 Romane. Eine inhaltliche Kontinuität existiert in diesen Büchern jedoch kaum. Es handelt sich hauptsächlich um individuelle Abenteuer mit teilweise wiederkehrendem Personal. Die Übersetzungen sind die ersten „echten“ Zonenromane, weil sie eng am Spielkonzept angelehnt sind. Hier findet man auch den rauen Charme, der die Spiele auszeichnet. Denn insbesondere die Protagonisten von Frenz wirken sehr glatt und zuvorkommend. In den Folgebänden geht man dann deutlich derber und durchaus egoistischer an die Aufgaben heran. Zudem werden die Dynamiken zwischen den teils verfeindeten Fraktionen herausgearbeitet und die Handlungen spielen auch fast ausschließlich in der Zone, während in der Trilogie von Frenz - als Vorgeschichte! – natürlich Nebenschauplätzen lange eine viel größere Rolle einnehmen und die Zone in ihrer vertrauten Form erst im Laufe des zweiten Bandes den Hauptschauplatz darstellt. Kurz, den Übersetzungen gelingt es wesentlich besser, die Atmosphäre der Spiele zu transportieren, was selbstverständlich nicht zwingend gute Literatur ergeben muss. Die philosophische Tiefe der Strugatzkis oder Tarkowskis wird gleich gar nicht angestrebt. Es handelt sich schlicht um unterhaltsame Abenteuer für die flotte Lektüre.
"Blutsauger – das sind Biester, […] schlaue, bösartige und ewig hungrige Biomasse. Sie haben nichts Menschliches mehr an sich."
Eine Ausnahme bildet jedoch der sechste Band, Tödliche Sümpfe von Aleksej Kalugin. Der erzählt vom Sumpfdoktor, eine semi-mystische Gestalt, die nicht nur die Stalker medizinisch versorgt, sondern auch selbst zu den gefährlichsten Mutanten einen guten Draht zu pflegen scheint. Der hitzköpfige Jungspund Stir bricht auf in die Sümpfe zur versteckten Hütte des Doktors, um die darin vermutete Artefakte-Schatzkammer zu plündern. Ein ist ein Roman der leisen Töne, der im Gegensatz zu den Vorgängern weitgehend auf rasante Action verzichtet. Trotzdem packend bis zu letzten Seite, weil er statt ermüdender Gefechte lieber auf einen hintergründigen Schreibstil, sorgfältige Figurenzeichnung und mitunter amüsante Dialoge setzt. Kalugin liefert hier eine alternative Interpretation, die im Gegensatz zur martialischen Konfrontation eine mögliche Form der Koexistenz in Aussicht stellt. Von den ersten sechs Büchern, die ich gelesen habe, das beste und neben der einleitenden Trilogie wahrscheinlich jener Band, den man Lesern, die nicht mit den Spielen vertraut sind, am ehesten empfehlen kann.
"Der Zonenhimmel veränderte sich ständig, verschiedene Luftschichten flossen ineinander, trennten sich wieder, prallten erneut aufeinander. Der Himmel sah aus wie das Gemälde eines Surrealisten – düster und unheilvoll, aber auch unglaublich schön."
"Die Zone war von Anfang an von den Menschen als etwas Gefährliches und Aggressives wahrgenommen worden. Dementsprechend verhielten sie sich auch. Niemand entfernte sich ohne Waffen vom Lager. Jeder ging davon aus, dass die vernünftigste Reaktion bei einem Zusammentreffen mit einem Zonenbewohner Angriff und Gewalt war. Wenn man nicht selbst angriff und tötete, wurde man getötet.
Und was, wenn alles in Wirklichkeit ganz anders war? Was, wenn die Zone nur die Antwort auf das aggressive Verhalten der Menschen lieferte?"
Romane zu Videospielen sind mittlerweile ein Phänomen vergangener Dekaden. Es erscheinen zwar immer noch Bücher zu Spielen, aber eher im Stil von Artbooks oder schön gestalteten Kompendien über Lore und Welt. Demnächst wird nach über zehn Jahren wieder einer neuer S.T.A.L.K.E.R.-Teil herausgebracht. Ohne begleitende Romane und ohne die längst vergriffenen Titel neu aufzulegen.
"Wenn sich die Zone ein weiteres Mal ausbreitet, wird sie komplette Landstriche vernichten. Im schlimmsten Fall sogar die ganze Welt. Das wäre die Apokalypse, verstehen Sie?"
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Super Vorstellung!
Meyers Volksbücher muss mit mehreren hundert Bänden damals eine immens erfolgreiche Reihe gewesen sein und zeichnen sich durch eine große inhaltliche Breite aus. Neben Belletristik und Lyrik erschien dort auch wissenschaftliche Sachlitertur.
Aus bibliophiler Sicht interessanter sind Meyers Klassiker-Ausgaben beim gleichen Verlag, in luxuriöser Ausstattung.
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Hm...müsste Mal schauen, ob da was zensiert wurde...
Nachdem die Insel/Suhrkamp-Ausgaben aus der DDR lizensiert wurden, wohl nicht. Die SF hatte es im Ostblock ja leichter, als die "seriöse" Literatur. Da wurden gesellschaftspolitische Anklänge nur selten geahndet, weil man sie wahrscheinlich vielfach gar nicht registriert hat. Ernsthafte Probleme mit der Zensur hatten nur die Strugatzkis.
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Ausserdem schreckt mich der extrem hohe Portobeitrag ab, weswegen ich bei Festa nur mehr die Pulp Buchausgaben,Festa Extrem und die Sammleredition aboniert habe.
Viele andere Bücher von Frank kaufe ich nur mehr als E-Book oder über den lokalen Buchhandel.
Mir ist schon klar, dass Festa nicht absichtlich seine ausländischen Leser sekkiert und sicher liebend gerne günstige Tarife verechnen würde, aber 12€ wundern mich dann doch. Ich bestelle regelmäßig auf antiquarischen Plattformen und überfliege auch immer wieder mal aktuelle Ebay-Auktionen, aber ich musste noch nie 12€ Versand für ein einzelnes Buch bezahlen.
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Sehr schön sind sie geworden!
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Ob Metro Helsinki bei diesen Namen international vermarktbar wäre?
In Russland sind die S.T.A.L.K.E.R.-Romane ein ziemlich erfolgreiches Franchise. Da gibt es dutzende! Bei uns erschienen damals parallel zu den Spielen eine Trilogie von Bernd Frenz und inhaltlich unabhängig davon mehrere Übersetzungen aus dem Russischen. Ich habe noch nichts davon gelesen, muss erst einmal schauen, welche Bücher ich davon überhaupt habe und wo. Ich werde sie mir dann aber demnächst vornehmen...
PS: Ich bin mir ziemlich sicher, dass man in Metro auch auf Menschen schießt
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Maaah S.T.A.L.K.E.R.... da werden Erinnerungen wach! Ich habe mehrere Bücher zur Reihe irgendwo herumstehen, die sollte ich vielleicht mal lesen.
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col.race , frag doch mal storisende.de an und schildere ihm die Versandsache.
Vielleicht kann er das Buch ordern und günstiger im Porto verschicken?!
Danke für den Tipp! Aber ich fürchte, unter 40€ komme ich auch so nicht.
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Ein Buch, das mich sehr interessiert. Aber 34,99€ plus Auslandsversand ist mir dafür einfach zu teuer.
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Spooky Danke, sehr interessant!
Dann wird es bei Die Wächter aka Das Geheimnis wahrscheinlich genauso gewesen sein.
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Vermutlich, Bloch hätte sie bestimmt gewissenhaft eingetragen. Im Infotext steht:
"Das Buch präsentiert frühe Novellen des Autors in Originalveröffentlichung."
Komische Formulierung. Ein Begriff, den man in einem solchen Zusammenhang eigentlich nie liest. Damit meint man ja normalerweise die ursprüngliche Publikation bei übersetzten Werken.
Wahrscheinlich hat man hier Originalveröffentlichung als Synonym von Erstveröffentlichung verwendet...
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Du willst das Buch nicht zufällig loswerden?
Vorerst nicht, dafür mag ich die Reihe zu gerne. Sollte es doch einmal aus Platzgründen dem Ausmisten zum Opfer fallen, gebe ich dir gerne Bescheid
Danke für's Nachschauen! Ich hab die Passage aus dem Nachwort noch einmal herausgesucht. Darin heißt es:
"In diesselbe Richtung weisen auch die beiden schon älteren Novellen, die in diesem Band vereinigt sind: "Die Wächter" (vormals "Das Geheimnis") und "Das Reliquiar" (früher "Die Reliquie")."
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Michael Siefener:
Das Reliquiar / Die Wächter - Zwei Novellen
Edition Metzengerstein (Band 3), 1997, 134 Seiten
Die Edition Metzengerstein (1996-2002) zählt zu Frank Festas ersten publizistischen Gehversuchen. Mit der Reihe wollte man im deutschsprachigen Raum noch wenig bis unbekannten internationalen Autoren, aber auch heimischen Talenten des Horrorgenres (im weiteren Sinn), die von der etablierten Verlagswelt weitgehend ignoriert wurden, eine Plattform zu bieten. Nach Malte S. Sembten und Henry S. Whitehead folgte mit Band 3 Michael Siefener.
Die Sammlung enthält die beiden titelgebenden Novellen sowie ein Nachwort von Franz Rottensteiner.
"Manchmal glaube ich wirklich, diese Kirche ist des Teufels."
Das Reliquiar ist in Tagebuchform verfasst. Der namenlose Ich-Erzähler besucht seinen Schulfreund Ulrich in dessen abgelegener Pfarre in der Eifel. Er hofft dort, der nach der Trennung von seiner Frau in der Stadtwohnung herrschenden Leere zu entkommen und ein paar entspannte Wochen am Land verbringen zu können. Im Dörfchen Dernig gerät er allerdings in den Bann der örtlichen Kirche St. Leodegar, neben dem Pfarrhof das letzte verbliebene Relikt einer früheren Nonnenabtei, die vor Jahrhunderten in einer Feuersbrunst fast vollständig abbrannte. Groteske Fresken um einen Teufelspakt ver(un)zieren die Wände der Kirche und statt der erwarteten Reliquie des Heiligen Leodegar fand sich vor einigen Jahren bei Renovierungsarbeiten im Altar nur ein in lateinischer Sprache bekritzelter Zettel...
"Ich schaute zum Kreuz auf und war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob der richtige Weg auch der rechte ist."
Die Wächter spielt ebenfalls im kirchlichen Umfeld. Kommissar Glaub muss darin den Tod eines Benediktinermönchs aufklären. Bruder Hieronymus ertrank unter rätselhaften Umständen in der Nacht nach seinem ewigen Gelübde im klostereigenen Fischteich. Glaub quartiert sich im Kloster ein und stößt zunächst auf eine Mauer des Schweigens. Beharrlich setzt er seine Ermittlungen fort und erfährt so, dass Hieronymus als Vorsteher der beeindruckend ausgestatteten Bibliothek vorgesehen war...
"Wer Glück sucht, wird Unglück finden. Wer Gott sucht, findet den Teufel."
Wer mit dem Werk des Autors einigermaßen vertraut ist, merkt gleich, das ist typischer Siefener-Stoff. Kein anderer Autor im deutschsprachigen Raum versteht es so geschickt wie er, Elemente des Katholizismus mit Versatzstücken aus der Phantastik-Tradition und nerdigem Bücherantiquariatswissen zu ausgefeilten unheimlichen Erzählungen zu verbinden. Auch wenn es sich hier um frühe Arbeiten Siefeners handelt, zeigen sie doch bereits den für ihn charakteristischen behutsamen Stimmungsaufbau. Mit Das Reliquiar bewegt sich Siefener in der Nachfolge M. R. James‘. Die mit kulturhistorischen Ausführungen gespickte Novelle erinnert stark an Geschichten wie Das Vermächtnis des Kanonikus Alberic oder Ibi cubavit Lamia des britischen godfather of ghost stories. In Die Wächter gesellt sich H. P. Lovecraft dazu. Die Geschichte funktioniert anfangs als Krimi bis der Einfluss von Lovecrafts verderblichen Mächten jenseits von Raum und Zeit das Geschehen schließlich Richtung Cthulhu-Mythos zieht.
"Es ist der lebende Hohn all dessen, was wir als unsere Realität begreifen, es ist die Antithese einer jeden Weltordnung, es ist das, was durch die Dimensionen gekrochen ist und durch seine bloße Existenz nicht nur unser armseliges Leben, sondern das Prinzip, das Gefüge jeden Lebens zerstört."Das Buch erschien zu einem Zeitpunkt, als Michael Siefener gerade dabei war, sich unter den führenden hiesigen Phantastik-Autoren zu etablieren. So gesehen verwunderlich, dass für diese Veröffentlichung keine damals neuen Texte ausgewählt wurden. Das Reliquiar erschien ursprünglich unter dem Titel Die Reliquie und Die Wächter als Das Geheimnis. Wo bleibt offen. Denn der Band enthält keine entsprechenden Nachweise. Nur aus Franz Rottensteiners Nachwort erfährt man, dass die Arbeiten schon zuvor veröffentlicht worden waren, ohne dass jedoch die Publikationsform genannt wird. Vielleicht besitzt jemand aus dem Forum Robert N. Blochs Siefener-Bibliographie und kann die Information nachreichen.
Zumindest die ersten Titel der Edition Metzengerstein gab es sowohl als Hardcover in lächerlich kleiner Anzahl (um die 20 Exemplare) und als Paperback. Letztere waren mit 300 Stück beim vorliegenden Siefener-Band auch nicht gerade üppig bemessen. Später folgte zwar ein Nachdruck aller(?) frühen Titel beim Blitz-Verlag mit leicht abweichender Covergestaltung, die Auflage dürfte aber auch hier nicht sehr hoch gewesen sein. Denn die Bücher der Reihe tauchen heute leider kaum mehr auf.