Jennifer Giesbrecht: The Monster of Elendhaven
Tor Books, New York 2019
159 S. (96 in meiner pdf-Version)
Genre: Dark Fantasy / Horror
Überraschenderweise hatte ich die selben Krämpfe wie Royston Vasey bei seinen Kurzgeschichtsbänden hier beim aktuellen Roman 2019/20. Keine Ahnung mehr, wie lange ich nach Relevantem gegoogelt oder wie viele Bücher ich angelesen hatte, aber dies war das vierte oder fünfte, das ich ernsthaft versuchte, zu lesen. Und wenn ich nicht gern die Challenge beenden würde, hätte ich dies auch abgebrochen. Zwei Bücher hatte ich für diese Kategorie bestellt (und gern gelesen), dann aber gemerkt, dass sie aus 2018 waren ...
Giesbrecht – trotz des Names eine englischsprachige Autorin – legte hiermit ihr Romandebüt vor. Das Cover ist hübsch, der Plot klang spannend, die ersten Seiten ebenfalls. Tor hat ja nun auch nicht so schlechte Sachen … fast hätte ich das Buch gekauft, fand dann aber ein kostenloses pdf online und war so dreist, das zu nutzen. (Dazu: Ich habe schon Paperbacks von vielen guten Büchern gekauft, nachdem ich ein kostenloses pdf durchgelesen hatte, einfach weil ich für Leistung auch zahlen will.)
Plot:
Zwei Männer treffen aufeinander, was fatale Folgen hat – für die Stadt, und für sie selbst:
Johann ist eine Art Frankensteins Monster (impliziert), der nicht genau weiß, wer er ist oder woher er kommt. Er ist ein Mörder aus Leidenschaft, und kann selbst nicht sterben – alle Verletzungen heilen magisch.
Florian Leikenbloom gehört zu einer der ältesten Familien von Elendhaven, diese wurde jedoch als eine gesehen, die ein ‚Magierkind‘ aufzieht und während der Pest wird ihnen Hilfe versagt. Dadurch sterben alle bis auf Florian, der durch die Pest auch seine über alles geliebte Zwillingsschwester Flora verlor. Florian selbst ist allerdings tatsächlich ein Zauberer/Magier, er verfügt über Telekinese und kann Substanz seinem Willen unterwerfen, Leute wie Marionetten bewegen.
Florian erdenkt nun einen semi-magischen Racheplan, der die Bewohner von Elendhaven ausrotten soll, und dabei findet Johanns Blut Verwendung …
Das Intro und das Extro sind recht elliptisch und – für das Genre – harsch erzählt, haben durchaus ein paar gore-Momente und klangen als Unterhaltung sehr gut. Dieser Tonfall ändert sich aber schnell, nachdem Giesbrecht die beiden aufeinandertreffen lässt und sie beginnt, szenischer zu schreiben, dies macht ca. 90% des Buches aus. Dieser überwiegende Mittelteil hat nahezu keine sinnvolle Handlung (außer der zusammengefassten und dem Eintreffen einer Mage-Huntress) und klingt wie die allerschlimmste Slash Fanfiction.
Nach dem düsteren, blutigen Anfang nennt Johann seinen Arbeitgeber nun flirtend, süßlich-sarkastisch „my little buttercup“ und die zwei nesteln sich ungeschickt-lasziv an den Jackenknöpfen rum, irgendwann wird mal nach einem epischen Kampf zart geküsst und ansonsten passiert mit diesem dummen Rumgetease gar nichts. Der Schwarzmagier und das Monster verhalten sich wie bekloppte Teenies auf dem Pausenhof, alle Andeutungen auf Trauer, Verlust, Faszination und evt. auch Verliebtheit werden nicht im Plot ausgeführt und sind letztlich komplett irrelevant. Sowas geht einmal - Anne Rices Interview - und dann müsste man halt sehen, dem einen neuen Dreh zu geben.
Die Sprache ist grauenhaft simpel, die Dialoge platt und peinlich. Die beiden Figuren, die eigentlich sehr unterschiedlich sein sollten (das schließe ich aus den Bemühungen der Autorin eingangs, denen irgendwas aufsehenerregendes Spezielles zu verleihen), sind so schablonenhaft identisch, dass ich sie bis zur letzten Seite verwechselt habe.
Die ganze Handlung und das Ende sind absolut vorhersehbar, ohne Twists und Überraschungen; wobei die Florians magische Kräfte passend an- und abgeschaltet erscheinen, wenn er mal hilflos, mal mächtig wirken soll. Totaler Humbug, und – um es noch mal zu sagen – dieses dumme Rumgeflirte hat mir echt den Rest gegeben. Genau wie diese jugendverträglichen ‚Age 12‘ Fanfictionerotik, die auch nur teasen kann, ohne zu liefern. (Dabei gibt es sehr vereinzelt auch ausgesprochen gute Slash Fiction online, auch im Porn-Bereich, z.B. bei LotR zwischen Uruk Hai bzw. Elben und Orcs, wo auch durchaus psychologische / genre-relevante Konflikte durch explizitem Sex auserzählt werden.)
Um den Roman wohl etwas exotischer zu machen, finden sich dänische, deutsche und norwegische Begriffe wildgemixt (Herr, Nord Sea etc. und ich hätte da durchaus Elendhavn draus gemacht), aber das Setting ist halt dadurch auch nicht interessanter, als es eben beschrieben wird.
Tor wirbt mit der Rezension eines jungen Bibliothekars: Burrowed between the bones are hints of commentary on climate change and environmental exploitation, racism, homophobia, privilege and power, and capitalism. This isn’t a novella about social justice issues, but like any good work of speculative fiction, it fully embraces and eagerly examines the larger social context of which it is a part.
Naja … man muss aber die Kirche echt noch im Dorf lassen. Dass Elendhaven mit Öl reich wurde, zwei Männer flirten, es Ausbeutende und Ausgebeutete gibt, rechtfertigt keine Behauptung, hier würde subtil irgendwelche relevante Sozialpolitik vermittelt. Und Klimawandel … give me a fucking break!!
Okay, Fazit: 1 Punkt. So ziemlich das schlechteste, das ich seit 20 Jahren in Gänze gelesen habe. Den Punkt dafür, dass dies der Erstling einer jungen Autorin ist. (Eine, die ihr Geld seit Jahren mit Game-Sznerarios verdient – was übrigens alles erklärt. Leider las ich das erst im Nachhinein.)