Waleri Brjussow - Der feurige Engel

  • Der Roman erschien zuerst in 17 Fortsetzungen zwischen Januar 1907 und August 1908 in der Zeitschrift Wesy. 1908 brachte der Verlag Scorpion den Zeitschrifttext unverändert als Buch heraus, 1909 folgte eine zweite, stilistisch revidierte und mit kulturhistorischen Anmerkungen versehene Ausgabe. Die Übertragung in die deutsche Sprache erfolgte 1910 durch Reinhold von Walter. Außerdem wurde der Roman ins Lettische (1908), ins Tschechische (1913 und 1925), ins Spanische (1922), ins Bulgarische (1929) und ins Englische (1930) übersetzt. Sergei Prokofjew verarbeitete den Stoff zu seiner 1927 vollendeten Oper Der feurige Engel, die jedoch erst nach seinem Tod 1954 uraufgeführt wurde. Viele der Themen und Motive dieser Oper gingen in seine kurz danach entstandene 3. Sinfonie ein. Auch die 2006 erschienene Biografie von Liliana Kern über Brjussows Muse Nina Petrowskaja trägt den Titel Der feurige Engel. (aus Wikipedia)


    Es ist die Geschichte der Beziehung zwischen Ruprecht, dem Ich-Erzähler und Renata, einer von einem übernatürlichen Wesen besessenen Frau.

    Der Schauplatz ist Deutschland. Düsseldorf, Köln, Eifel Mitte des 16. Jahrhunderts. Also die Zeit der Reformation und der daraus entstanden Wirren.


    Die Geschichte beginnt als Ruprecht auf Renata trifft. Zu diesem Zeitpunkt hat er sich 10 Jahre als Landsknecht und Abenteurer in der Welt herumgetrieben und möchte nun seine alten Eltern besuchen. Von diesen war er im Streit weggegangen.


    Renata hatte seit ihrer Kindheit Visionen von einem Engel namens Madiel, den sie als Erwachsene in dem Grafen Heinrich wieder zu erkennen glaubte. Sie lebte einige Zeit mit Heinrich und wurde dann von ihm verlassen. Renata ist mehr oder weniger hysterisch und vollständig von diesem Engel/Dämonen-Archetypen besessen. Oder wie man das nennen will. Und sie will jenen Heinrich wiederhaben.


    Na ja, und Ruprecht verfällt sofort jener Renata und ist unfähig sie zu verlassen, bis hin zur Selbstaufgabe. Sie verlangt von ihm, dass er ihr hilft jenen Heinrich wieder zu finden - mit magischen Mitteln.


    Dann nimmt die Geschichte ihren Lauf: Eine ergebnislose Teilnahme an einem Hexensabbat. Eine Dämonenbeschwörung, die aus dem Ruder läuft. Ein enttäuschender Besuch bei Agrippa von Nettesheim. (Das Agrippa-Kapitel hat mir sehr gefallen. Vor allem die Art und Weise wie Agrippa den Unterschied zwischen Wissenschaft, niederer Magie und hoher Magie beschreibt.) Es wird duelliert. Renata ändert ihr Verhalten unentwegt. Sie verlässt Ruprecht. Er reist mit Dr. Faust und Mephisto durch die Lande. Ruprecht nimmt einen Dienst bei einem Grafen an. Schlussendlich trifft er in einem Kloster Renata wieder, die der Hexerei bezichtigt wird. Außerdem werden dort zahlreiche Nonnen von Dämonen heimgesucht. Es wird exorziert auf Teufel komm raus. Ein Inquisitionsgericht findet statt. Alles hochdramatisch und überlebensgroß. Ruprecht kann Renata nicht retten. Sie stirbt. Er nimmt sein altes Abenteurerleben wieder auf. Vorher wird er noch Zeuge vom Tod Agrippas.


    Das alles ist sehr detailliert, bildreich und lebendig beschrieben. Der Stil ist brilliant, liest sich außerordentlich angenehm und flüssig. Nebenbei erfährt man einiges über die damalige Zeit, die Konflikte durch die Reformation usw.


    Mir hat sehr gefallen, dass ein großer Teil der Geschichte im Rheinland spielt. Ich bin im Rheinland geboren und habe meine Kindheit und Jugend dort verbracht. Die Schilderungen eines Köln im 16. Jh. hat mir sehr gefallen.



  • Wirklich schöne Besprechung, Susanne .


    Ich kannte - komischerweise, da eigentlich kein Opernfan - Prokofjews Bearbeitung zuerst, und hatte mir das Buch zugelegt, weil mir das Musikstück so gut gefiel. Ich war mir sicher, ich hätte es irgendwann abgebrochen (mit der dann nicht-realisierten Idee, es nochmal neu zu versuchen). Wenn ich jetzt aber deine Zusammenfassung anschaue, kommt mir alles ganz vertraut vor, da muss ich das Buch wohl doch durchgelesen haben (35+ Jahre her, daher die Unsicherheit). Ich meine, mir hätte ganz massiv der rote Faden gefehlt, die Prämisse, irgendwas Zentrales.


    Positiv gesehen hatte ich aber schon den Eindruck von einem echten Monumentalwerk, und zwar mehr vom Drama und Pathos als nur vom Wordcount her gesehen. Das finde ich ganz schön, zumal es in der Phantastik - außerhalb von Fantasy-Epen - nicht allzuoft vorkommt.