Sam Moskowitz

  • Da heute sein 100. Geburtstag begangen worden wäre, nutze ich die Gelegenheit, auf den rührigen Autor, Kritiker, Forscher und Herausgeber Sam Moskowitz hinzuweisen. Moskowitz war und ist gewiss ein wichtiger Mann für den Bereich der SF und die Weird Fiction, wo er sich gerade auch der Magazin- und Fan-Kultur annahm.



    Moskowitz im Jahr 1976



    Am 30. Juni 1920 in New Jersey geboren, griff Moskowitz bereits in früher Jugend leidenschaftlich gern zu den diversen Pulp-Magazinen der Ära. Er organisierte sich bald im SF-Fandom und stieg zu einem relevanten Organisator auf. In den 30er Jahren war er in Kontroversen verwickelt, u. a. kam es zu internen Streitigkeiten mit anderen Fandom-Strukturen (wohl auch aufgrund politischer Ausrichtungen), in denen auch Donald A. Wollheim eine Rolle spielte.


    Eine führende Rolle im Feld erwarb er sich durch rührige Tätigkeiten als Autor und Herausgeber. Er schrieb Artikel und Aufsätze, stellte Anthologien zusammen und arbeitete bspw. als Chefredakteur für Hugo Gernsbacks Magazin Science-Fiction Plus. Zudem erwarb er sich einen ausgezeichneten Ruf als Sammler von Büchern und Magazinen. Seit 1998 wird entsprechend der Sam Moskowitz Achive Award für, wie es heißt, "excellence in science fiction collecting" verliehen.


    Fan-Treffen in Philadelphia, 1937. Moskowitz ist der vierte von links in der oberen Reihe. Ganz links: Donald A. Wollheim.

    Quelle



    Moskowitz Beiträge vor allem zur Geschichte des SF-Fandoms werden zwar nicht gänzlich ohne Kritik, aber insgesamt positiv beurteilt. Entsprechend geäußert haben sich Größen der Zunft wie Anthony Boucher und Theodore Sturgeon.


    Moskowitz erkrankte als starker Raucher an Kehlkopfkrebs. Nach einer Operation trat er dennoch weiter als Redner auf Veranstaltungen auf, wofür er dann ein elektronisches Sprechgerät benutzte. 1997 starb er an einem Herzinfarkt.



    Moskowitz (rechts) auf einer Convention im Jahr 1971

    Quelle


    Wissenswertes im Netz


    Wikipedia (De)


    Wikipedia (En)


    Würdigung von William Patrick Maynard auf pulpfest.com


    Publikationsliste auf isfdb.com

  • Ich nutze die Gelegenheit, um zwei von Moskowitz verantwortete Bücher aus meiner Sammlung vorzustellen.


    Es handelt sich um die Aufsatzsammlung Strange Horizons: The Spectrum of Science Fiction (Scribner's, 1976) und die mit literarhistorischen Essays versehene Anthologie Under the Moons of Mars (Holt, Rinehart and Winston, 1970).




    Zu Strange Horizons fehlt mir leider der Schutzumschlag. Auf goodreads heißt es:


    An analysis of the Science Fiction genre that looks at its ability to predict social, religious and psychological changes in our society, and its function as a barometer of our collective subconscious desires. Book includes chapters on religion, civil rights, the role of women in society, birth control, mental health, crime, war, art and unexplained phenomena, along with a chapter devoted to Tom Swift and the Stratemeyer Syndicate.


    Moskowitz selbst gibt in er Einleitung an, mit den Texten einige Forschungslücken schließen und auf einige weniger bekannte Aspekte bzw. Personen des Feldes hinweisen zu wollen. Das Inhaltsverzeichnis zeigt eine thematische Gliederung des Bandes. Ein Index von stattlichen 26 Seiten weist die Vielfalt der Essays hinsichtlich vorkommender Personen und Publikationen aus.






    Sodann kommen wir zu Under the Moons of Mars:





    Hier ist die Marschrichtung recht eindeutig. Der Band versammelt eine Story-Auswahl aus verschiedenen Munsey-Magazines: Dabei sind u. a. Tarzan-Erfinder Edgar Rice Burroughs (titelgebende Geschichte, die im All-Story Magazine erschien), der von großen englischen Autoren wie H. G. Wells und Algernon Blackwood beeinflusste George Allan England und der mit Lovecraft bekannte Abraham Merritt.





    Die kleinteiligen Begleittexte Moskowitzens schließen sich an den Geschichtenkorpus an:


  • Alleinding kenne ich nur eine Veröffentlichung auf Deutsch von ihm:

    "Das Wunder Weinbaum" in Stanley G. Weinbaum, "Mars-Odyssee", Heyne, München (1970), Seite 7-11

    Hat da jemand mehr von ihm auf Deutsch?

  • Hat da jemand mehr von ihm auf Deutsch?

    Das würde mich auch interessieren. Solche "verstecken" Texte als Vor- oder Nachworte sind wahrscheinlich noch nicht ausreichend indexiert worden.


    In deinem ersten Beitrag schreibst du ja, dass Moskowitz' Arbeit nicht frei von Kritik bewertet wurde, Nils . Der Vorteil an Sammlern und Forschern wie ihm: ihre zeitliche Nähe zum Gegenstand, die eine gewisse Authentizität garantiert. Der Nachteil (aus heutiger Sicht): Daten und Fakten müssen einer genauen Revision unterzogen werden. Gerade wer Wert auf eine wissenschaftlich korrekte Arbeitsweise legt, wird u. U. nicht immer ganz glücklich mit den Ergebnissen der Fandom-Forschung. Ein bekanntes Beispiel ist die Lovecraft-Biographie von L. Sprague de Camp.


    Zuletzt stieß ich auf Sam Moskowitz, als ich mich mit William Hope Hodgson beschäftigte, über den jener 1975 eine "kritische Biografie" vorgelegt hat (enthalten in dem Erzählband "Out of the Storm"). Eine Besprechung findet sich auf diesem Blog:


    Sam Moskowitz on WHH

  • Ich habe wesentliche Infos zu William Chambers Morrow aus dem langen Essay von Moskowitz in dem Band "Discovering Classic Horror Fiction I", herausgegeben von Darrell Schweitzer. Der Beitrag von Moskowitz scheint mir übrigens auch sehr sorgfältig recherchiert zu sein ...


  • Hat da jemand mehr von ihm auf Deutsch?

    Ich kann mich nicht erinnern, jemals über eine Übersetzung einer seiner Aufsätze o. ä. gestolpert zu sein. Nun sind aber meine Kenntnisse gerade im SF-Bereich auch sehr begrenzt.


    Den Umschlag zu STRANGE HORIZONS kann ich beisteuern:

    Ah, besten Dank dafür.

  • Um sich hier nochmal der dunklen / übernatürlichen Phantastik etwas anzunähern, möchte ich darauf hinweisen, dass Moskowitz auch auf diesem Feld nicht untätig blieb.


    • Horrors in Hiding - Berkley Medallion Books, 1973, hrsg. von Sam Moskowitz und Alden H. Norton





    Wie der isfdb-Eintrag von Norton (1903 - 1987) ausweist, ist es nur eine von mehreren Anthologien des Herausgeber-Teams. Der Band soll wenig oder gar gänzlich unbekannte Stories versammeln. In der Einleitung heißt es:


    Zitat von Moskowitz/Norton

    ... a selection of horror masterpieces little known and unknown, only one of which has ever been reprinted before...


    Gewiss eine löbliche Herangehensweise, die auch die vielleicht etwas eklektische Mischung erklärlich werden lässt. Positiv hervorzuheben ist auch, dass jeder Geschichte eine kurze Vorstellung und Einordnung des jeweiligen Autors vorangestellt ist.


  • Erste Anlaufstelle für deutschsprachige Veröffentlichunen ist eigentlich immer die DNB. Auch wenn man daselbst vieles nicht findet … was man findet, kann ja der Anfang einer weitergehenden Recherche sein.:thumbup:

  • Solche "verstecken" Texte als Vor- oder Nachworte sind wahrscheinlich noch nicht ausreichend indexiert worden.

    Wenn man vom Teufel spricht... Folgende jüngst von mir antiquarisch erjagte Anthologie konnte mit einer Überraschung aufwarten.


    • Ein Totenschädel aus Zucker. Horrorstories - Heyne Verlag, 1972, hrsg. von Alden H. Norton, übersetzt von Walter Brumm




    Die Auswahl des Bandes ist aus heutiger Sicht nicht allzu berühmt, meine ich. Die titelgebende Geschichte stammt von Ray Bradbury, daneben sind Beiträge u. a. von Robert W. Chambers, Mary Shelley, A. Merritt und H. R. Wakefield enthalten. Das Vorwort jedoch...:




    Als weiteren Hinweis auf das Werk des Sam Moskowitz möchte ich folgendes Buch vorstellen:


    • The Man Who Called Himself Poe - Gollancz Ltd., 1970




    Es handelt sich nicht um eine von Moskowitz verantwortete Poe-Biographie, sondern um eine bunte Anthologie, die verschiedene Textgattungen/Literaturstile und Autor*innen versammelt. Ich glaube, ein ähnlich komponierter Band ist mir in anderen Kontexten bislang nicht begegnet.



    • Ein Totenschädel aus Zucker. Horrorstories - Heyne Verlag, 1972, hrsg. von Alden H. Norton, übersetzt von Walter Brumm

    falls es interessiert: Der Band ist in der Villa Fantastica in Wien im Bestand …!