Philip K. Dick - Sämtliche 118 SF-Geschichten Band 1: Und jenseits – das Wobb

  • Sind es wirklich Menschen, die die Maschine überlisten - Oder Aliens? Und kehren diese wirklich zur Erde zurück? Der Planet auf dem sie gelandet sind (und auf dem sich die Kanone befindet), könnte doch genau so gut die eigentliche Erde sein (Somit hätte Dick ja im Prinzip schon den berühmten „Planet der Affen“-Abschlussgag vorweggenommen). Ich finde Dick lässt jedenfalls viel Raum für Interpretationen...

    Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass nach dem Tod des Captains das Kommando an eine Frau weitergegeben wird. 1952 sicher progressiver Scheiß bzw. blanker Wahnsinn. Auch wenn man zugeben muss, dass gerade die Frauenrollen bei Dick häufig recht schwierig sind.

    Die eigentliche Handlung, finale Flucht und Schlusspointe (die Waffe repariert sich nach der Abreise der Crew wieder von selbst) ist allerdings tatsächlich nicht besonders spektakulär.


    Ergänzung: „Könnten sie nicht im Untergrund leben?“ fragt an einer Stelle ein Crewmitglied den Captain. Eine Idee, die Dick später in seinem Roman „10 Jahre nach dem Blitz“ und der Kurzgeschichte „Die Verteidiger“ wieder aufgreifen wird. (2,5/5)

    Da hast du Recht. Welches die Erdlinge sind, bleibt unklar.

    Aber übernimmt nicht der Vertreter am Ende das Kommando statt der Frau?

  • Lasst uns doch eine Geschichte nach der anderen lesen. Wenn alle drei was geschrieben haben, beginnen wir mit der nächsten. Okay?

    Finde ich eine gute Lösung.

    Aber übernimmt nicht der Vertreter am Ende das Kommando statt der Frau?

    Ja, sie lehnt den Posten ab. Angeboten bekommt sie ihn aber trotzdem.

  • Für mich stand im Zentrum der Geschichte der Optimismus der Crew.

    Sie denken nicht sofort an die Zerstörung der Maschine, ihnen ist der Erhalt des Wissens wichtig und sie rechnen nicht mit der Perfidie von Kriegstreibern.

    Dick beschreibt hier ganz anders denkende Menschen. Das ist eigentlich der Ton einer DDR-SF-Geschichte.

  • Interessanter Blickwinkel.


    Der Schädel (The Skull) erschien 1952 in If und handelt von einer Zeitreise. Ein Jäger wird in die Vergangenheit geschickt und soll den Gründer der Kirche der Gewaltlosigkeit ermorden um deren Macht zu brechen. Da er anders ist, wird er für einen Kommunist gehalten und wird genau der Gründer, Der verhindert werden soll.

    Etwas vorhersehbar und auch zu lang, aber die Auflösung ist dann sehr gut gemacht. Und da das Ende immer bleibt, ist der Eindruck am Ende gut von der Geschichte.

  • Für mich stand im Zentrum der Geschichte der Optimismus der Crew. Sie denken nicht sofort an die Zerstörung der Maschine, ihnen ist der Erhalt des Wissens wichtig und sie rechnen nicht mit der Perfidie von Kriegstreibern. Dick beschreibt hier ganz anders denkende Menschen.

    Vielleicht sind sie mir deswegen auch so "außerirdisch" vorgekommen :D. Dicks Blick auf die Menschheit fällt ja selten positiv aus.

    Etwas vorhersehbar und auch zu lang, aber die Auflösung ist dann sehr gut gemacht.

    Sehe ich mal wieder ähnlich:

    Dick lässt lange Zeit offen wer da eigentlich getötet werden soll und erzeugt damit durchaus Spannung. Congars Aufenthalt in der Vergangenheit verläuft dann aber etwas schleppend und die Schlusspointe (Er selbst ist der Gründer) ist mMn relativ vorhersehbar. 1952 war dieser Twist aber sicher noch etwas origineller.

    Die Prämisse, dass jemand in die Vergangenheit geschickt wird, um einen „Propheten“ zu ermorden, erinnert etwas an „Terminator“ (der erst 32 Jahre später gedreht wurde). Die Gestalt des Gründers ist hingegen deutlich an Jesus Christus angelehnt. Erstmals tauchen hier also religiöse Motive auf, die bei Dick später noch sehr wichtig werden sollten.

    Übrigens eine der wenigen Kurzgeschichten, zu der es eine deutsche Wiki-Seite gibt. Dort heißt es: „Philip K. Dick, der sich sehr für religiöse Themen interessierte, versucht in dieser Erzählung eine technisch-futuristische Erklärung für die Wiederauferstehung zu geben. Zudem argumentiert er, dass die Worte und Überzeugungen der Propheten weniger wichtig sind als die Interpretation durch die Gläubigen; Conger selbst hält sich keineswegs für einen religiösen Menschen und lebt auch kein gottgefälliges Leben. Zudem stellt Dick, wie auch in manchen anderen Werken, die Regierung als grundsätzlich amoralisches, weil auf rein utilitaristischen oder sozialdarwinistischen Prinzipien agierendes Konstrukt dar.“ (Wikipedia)

    Gerade der Aspekt mit der Wiederauferstehung hat mir in dieser Geschichte auch am besten gefallen: Da Conger rückwärts durch die Zeit reist, wird er von diversen Menschen gesehen, obwohl er in der Vergangenheit (also seiner Zukunft) bereits ermordet wurde. Für seine „Anhänger“ macht es also den Eindruck als wäre er von den Toten auferstanden, dabei ist jedoch noch gar nicht gestorben. Eine Tatsache die sich Congar erst in den letzten Sekunden seines Lebens bewusst wird.

    War Jesus vielleicht ein Zeitreisender? (3/5)

  • Für mich war das eher eine Parodie des Erlösermotivs. Congar wird ja gegen seinen Willen zu dieser Gestalt und zeigt, das jeder zum Erlöser gemacht werden kann.

    Im vorliegenden Fall ist die Kritik aber eher an die Gesellschaft gerichtet statt an die Regierung. Die Menschen sind ihm ja feindlich gesinnt, da er anders ist und als Ausländer und Kommunist denunziert wird.

    Seinen poetischen Satz sagt er dann am Ende aus höchstem Frust sozusagen.

    Eine Geschichte über die Manipulierfähigkeit, der eine soziale Gruppe ausgesetzt ist.

  • Für mich war das eher eine Parodie des Erlösermotivs. Congar wird ja gegen seinen Willen zu dieser Gestalt und zeigt, das jeder zum Erlöser gemacht werden kann.

    Zumindest jeder, der über die Fähigkeit der Zeitreise verfügt.

    Besagte Zeitreise, die von den Menschen dann fälschlicherweise als eine Wiederauferstehung interpretiert wird, steht hier mMn auch stark im Fokus der Geschichte... und weniger das Aufzeigen der Beliebigkeit von Erlöser-Figuren.

    Als Parodie kann man das Ganze natürlich trotzdem sehen. Oder einfach nur als nettes Gedankenspiel.


    (Parallel zu unserem Lesemarathon habe ich übrigens kürzlich mal wieder mit Dicks Romanen begonnen. Nachdem ich mich in den letzten Tagen durch fünf seiner Mainstream-Bücher gequält habe, stellen seine Sci-Fi-Kurzgeschichten wirklich eine regelrechte Wohltat dar - Selbst die Mittelmäßigen.)

  • Zumindest jeder, der über die Fähigkeit der Zeitreise verfügt.

    Besagte Zeitreise, die von den Menschen dann fälschlicherweise als eine Wiederauferstehung interpretiert wird, steht hier mMn auch stark im Fokus der Geschichte... und weniger das Aufzeigen der Beliebigkeit von Erlöser-Figuren.

    Als Parodie kann man das Ganze natürlich trotzdem sehen. Oder einfach nur als nettes Gedankenspiel.


    (Parallel zu unserem Lesemarathon habe ich übrigens kürzlich mal wieder mit Dicks Romanen begonnen. Nachdem ich mich in den letzten Tagen durch fünf seiner Mainstream-Bücher gequält habe, stellen seine Sci-Fi-Kurzgeschichten wirklich eine regelrechte Wohltat dar - Selbst die Mittelmäßigen.)

    Aber du musst zugeben, als Persönlichkeit ist es Congar nicht, der zum Erlöser wird. Er ist es nur als Zeitreisender und weil sich alles so fügt wie es sich fügt. Das hätten auch wir sein können oder irgendjemand anders. Die Vorherbestimmung, in diesem Fall die Zeitreise und die Geschehnisse der Zukunft, machen den Erlöser.


    Ich muss sagen, bisher gefällt mir der Zirkel gut. Egal ob die Geschichten einem jetzt besonders gefallen oder nicht, es gibt immer Diskussionsbedarf und man kann sehr schön über die Geschichten fabulieren.

  • Aber du musst zugeben, als Persönlichkeit ist es Congar nicht, der zum Erlöser wird. Er ist es nur als Zeitreisender und weil sich alles so fügt wie es sich fügt. Das hätten auch wir sein können oder irgendjemand anders.

    Ja, da stimme ich dir absolut zu.

    Ich muss sagen, bisher gefällt mir der Zirkel gut.

    Mir ebenfalls. Auch wenn ich es schade finde dass die Beteiligung so gering ausfällt und sich ein Großteil der Interessenten inzwischen stillschweigend verabschiedet hat.

    Egal ob die Geschichten einem jetzt besonders gefallen oder nicht, es gibt immer Diskussionsbedarf und man kann sehr schön über die Geschichten fabulieren.

    Habe mir gerade mal ein paar Notizen zur nächsten Geschichte gemacht. Ich denke, da gibt es einiges, worüber man diskutieren könnte.

  • Hallo zusammen,


    ich bin auch noch da (habe mich aber die letzten Wochen zu sehr in einer Story verbissen ...).


    Nachtrag zur Kanone: Wider dem Atomkrieg. Und wider der Automatisierung von Krieg. Und die loszuckelnden Wagen am Ende sind wunderbarer Zynismus. Da glaubt man, dass man den Krieg ausgemerzt hat, aber er ist noch da - verborgen/unten. Mal auf Küchenpsychologie runtergebrochen: Ja, man kann sich für Frieden einsetzen und ihn sogar für erreicht halten, aber tief in uns verborgen ist der Krieg doch noch da. Zynisch auch die unter der Kanone verborgenen Schätze. An die die Reisenden wohl doch nicht kommen werden.


    Viele Grüße

    Tobias

  • ich bin auch noch da

    :thumbup:

    Ja, man kann sich für Frieden einsetzen und ihn sogar für erreicht halten, aber tief in uns verborgen ist der Krieg doch noch da.

    So kann man das Ganze natürlich auch sehen. Wobei es auf dem Planeten natürlich nur so "friedlich" zugeht, weil es nichts mehr gibt, was man noch bekämpfen könnte... zumindest bis das Raumschiff auftaucht.

    Zynisch auch die unter der Kanone verborgenen Schätze. An die die Reisenden wohl doch nicht kommen werden.

    Fast schon eine Indiana Jones-mäßige Falle.

    Die Ironie an der Sache ist ja, dass die Schätze durch diese Schutzmaßnahmen völlig wertlos (weil unerreichbar) geworden sind. Die letzten Überreste der Kultur gammeln vor sich hin. So haben die Erbauer unbewusst genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich wollen - Nämlich dafür gesorgt, dass sie wirklich vollständig aus der Geschichte verschwinden. Was bleibt ist nur die Waffe. Mehr nicht.

  • Hallo zusammen,


    "Der Erlöser" ist aus dem Jahr 1952. In Korea bekommen die US-Truppen einen auf die Nase. Entsprechend sind die "Roten" eine Gefahr und auch "Asiaten". In diese Hysterie einen "Erlöser" einreisen zu lassen, hat schon Witz. Fremde sind Feinde. Und Unwissenheit - Marx! - nährt diese Feindschaft. Allein ein Bart macht verdächtig. Zumindest in einer sauberen Kleinstadt ... Ach, da ist sogar der Sheriff freundlich.


    Und hier fällt der Satz, dessen Quintessenz mir bei "Die Kanone" durch den Kopf ging: "Ihre Anhänger predigten, daß der Mensch gegenüber einer Maschinerie auf der Verliererseite war, daß sie sich verselbständigten und ihn zu größeren und immer größeren Kriegen trieben."


    In "Die Kanone" ist der Krieg ein sich selbst erhaltendes System, er hat sich verselbständigt und mit einem letzten Krieg die Menschheit vernichtet.


    Und in "Der Erlöser" wird der Krioeg beseitigt. Aber nicht gründlich genug, denn Congar wird in die Vergangenheit geschickt, um "Die Kirche" zu stoppen. Ghandi wurde übrigens schon 1948 getötet.


    Viele Grüße

    Tobias

  • "Der Erlöser" ist aus dem Jahr 1952

    Welche Übersetzung hast du denn gelesen, Tobias? Im Haffmans-Band heißt die Geschichte "Der Schädel" (im Original "The Skull").

    Und hier fällt der Satz, dessen Quintessenz mir bei "Die Kanone" durch den Kopf ging: "Ihre Anhänger predigten, daß der Mensch gegenüber einer Maschinerie auf der Verliererseite war, daß sie sich verselbständigten und ihn zu größeren und immer größeren Kriegen trieben."

    Stimmt, lässt sich wirklich perfekt auf "Die Kanone" übertragen.

    Allein ein Bart macht verdächtig.

    Die Paranoia/Angst vor Kommunisten fängt Dick wirklich gut ein :D.

  • Mea Culpa.

    Kein Ding. War kurzzeitig nur etwas verwirrt. "Der Erlöser" wäre aber auch ein passender Titel für die Geschichte gewesen.

    Danke übrigens noch für den Tipp mit Gandhi. Obwohl recht naheliegend habe ich die Verbindung gar nicht gesehen.