Philip K. Dick - Sämtliche 118 SF-Geschichten Band 1: Und jenseits – das Wobb

  • Meinst du das wird zu unübersichtlich? Mein Vorschlag war ja ursprünglich für jede Geschichte einen Ordner aufzumachen.

    Meine Befürchtung war ja dass wir dann das Forum mit 118 Threads "zumüllen", die jeweils nur aus zwei oder drei Posts bestehen. Für eine konstruktive Diskussion der einzelnen Geschichten wäre dein Vorschlag aber tatsächlich wesentlich übersichtlicher. Zumal sich dann auch noch Leute einklinken könnten, die dem "Zeitplan" etwas hinterherhinken.

    Man könnte ja einfach noch einen Thread zu "Stabilität" eröffnen und einem Mod darum bitten, die Diskussion ab Post #24 dorthin zu verschieben.

    Dieser Thread hier könnte dann z.B. für ein abschließendes Fazit des ersten Bandes genutzt werden.

    Meinungen dazu?

  • Stabilität fand ich zu Beginn ganz gut, mit dem Fliegen, der Beschreibung der Verwaltungsapparates. Dann aber kam die seltsame Zeitreise und das Ende in der Parallelwelt. Irgendwie wirr.

    Die Glaskugelwelt als Symbol für das Böse? Mhm, schräges Konzept. Die Welt der Stabilität ist ja auch extrem übel. Quasi ändert sich da kaum etwas. Vielleicht ist das der Hintergrund der Story. Welches System man auch wählt, es bleibt übel.

  • Dann aber kam die seltsame Zeitreise und das Ende in der Parallelwelt. Irgendwie wirr.

    Der ganze "Whibbly wobbly timey wimey"-Part (Benton wird mitgeteilt das seine Zeitreisemaschine abgelehnt wurde, obwohl er eine solche gar nicht eingereicht hat, reist dann mit ihr durch die Zeit, landet bei seiner Rückkehr allerdings ein paar Tage in der Vergangenheit und reicht die Zeitreisemaschine beim "Amt für Kontrolle" ein, was dann überhaupt erst dafür sorgt, dass man ihm die Maschine in seiner Vergangenheit aushändigt) eigentlich ganz witzig. Und das recht apokalyptische Horror-Ende hat mir auch gefallen.

    Die Glaskugelwelt als Symbol für das Böse? Mhm, schräges Konzept.

    Wie gesagt, ich musste da sofort an den Apfel aus dem Paradies (Sündenfall) und die Büchse der Pandora denken.

    Vielleicht ist das der Hintergrund der Story. Welches System man auch wählt, es bleibt übel.

    Wobei mir die "Regierung der Stabilität" dann trotz alledem als die bessere Alternative erscheint.

    Aber es stimmt schon, meist hat man nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.


    Wrong, Ribesehl, Martin Cell 71, inferninho : "Stabilität" schon gelesen und/oder eine Meinung zum Thema "Ein Thread pro Geschichte"?

  • An den Apfel aus der christlichen Schöpfungsgeschichte würde ich tatsächlich überhaupt nicht denken. Zumal ich ihn eher positiv bewerte. Dafür weiß ich auch zu wenig darüber, wie religiös Dick war.


    Und ein System dass Querdenker ermordet, find ich eigentlich sogar schlümmer als eine reine Ausbeutungswelt.

    Dann doch lieber Bruchtal.

    :whistling:

  • An den Apfel aus der christlichen Schöpfungsgeschichte würde ich tatsächlich überhaupt nicht denken. Zumal ich ihn eher positiv bewerte.

    Okay, ich bin nicht besonders bibelfest, aber ich versuche meinen Gedanken mal zu erklären: Gott verbietet Adam und Eva doch vom Baum der Erkenntnis zu essen - Als sie es trotzdem tun, werden sie u.a. aus dem Paradies vertrieben und die Menschheit wird dadurch sterblich.

    In "Stabilität" stößt Benton auf eine geheimnisvolle Kugel und eine körperlose Stimme (die entweder Gott oder einem von Gott beauftragten Wächter gehört) verbieten ihm die Kugel mitzunehmen, Benton tut es jedoch trotzdem und bringt damit schlussendlich Tod und Verderben über die Menschen.

    Apfel/Kugel --> Göttliches Verbot --> Strafe/Konsequenz für die gesamte Menschheit.

    Ich habe da durchaus Parallelen gesehen. Auch weil Dick ja sehr häufig mit religiösen Motiven spielt.

    Dafür weiß ich auch zu wenig darüber, wie religiös Dick war.

    Am Ende seines Lebens sehr. Zumal er seit 1976 unter religiösen Visionen "litt" und bis zu seinem Tod versucht hat herauszufinden, ob er einfach nur verrückt/psychotisch ist, ob Gott zu ihm spricht oder Aliens mit ihm in Kontakt getreten sind. "Stabilität" hat er allerdings als 19jähriger Highschoolschüler geschrieben. Wie es damals um seine Religiosität bestellt war, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

    Und ein System dass Querdenker ermordet, find ich eigentlich sogar schlümmer als eine reine Ausbeutungswelt.

    Dann doch lieber Bruchtal.

    Stimmt auch wieder.

  • Mich hat die Geschichte verwirrt. Sie ist ja auch ziemlich verworren. Das Element der Zeitreise ist gut verarbeitet und hat mich sehr gut unterhalten. Ich denke auch, dass Bentons Triebfeder die Veränderung oder Abschaffung der Stabilität ist. Er ruft eine Veränderung und zumindest für den Leser keine Verbesserung der Situation herbei.
    Im neuen System lässt sich Benton jedoch bereitwillig unterdrücken.

  • Hier noch meine Meinung zur zweiten Geschichte für diese Woche.


    Roog:

    Worum geht’s: Der Hund Boris durchlebt jeden Morgen den absoluten Horror. Denn dann tauchen die mysteriösen Roogs auf (alptraumhafte Gestalten, die kaum etwas Menschliches an sich haben) und bedrohen das Heim seiner Besitzer. Diese bringen den Roogs zwar tägliche Opfergaben, um sie zu besänftigen, aber so ganz traut Boris der Sache trotzdem nicht.

    Philip K. Dick erklärt die Handlung im Anhang folgendermaßen: „Wir haben es hier nicht nur mit einem Hund und seiner Sicht der Müllmänner zu tun, sondern darüber hinaus mit einem verrückten Hund - einem Hund, dem die wöchentlichen Überfallkommandos auf die Mülltonne um den Verstand gebracht haben.“


    „Roog“ war die erste Geschichte von PKD, die von einem Magazin (The Magazine Of Fantasy and Science Fiction) gekauft wurde. Geschrieben wurde sie 1951, veröffentlicht aber erst 1953. Ursprünglich entstand sie für einen Schreibkurs, den Dick zu der Zeit in Berkeley besuchte und der von Anthony Boucher geleitet wurde. Noch vor der Veröffentlichung kündigte Dick seinen Job in einem Plattenladen und beschloss hauptberuflicher Autor zu werden. Es handelt es sich hier also zweifelsfrei um eine extrem wichtige Geschichte. Aber taugt sie auch was?

    Die Idee „Roog“ aus der Sicht eines psychotischen Hundes zu erzählen ist schon mal recht originell und herrlich bekloppt. Irgendwie hatte ich die Erzählung als misslungen in Erinnerung, bei einem erneuten lesen hat sie mich aber durchaus amüsiert. Dick sieht in ihr sogar die Quintessenz seines gesamten Schreibens, nämlich „das Bestreben, in den Kopf einer anderen Person oder eines anderen Wesens zu gelangen und durch ihre oder seine Augen zu sehen; und je mehr sich diese Person von uns übrigen unterscheidet, desto besser. (...) darum geht es ja beim fiktionalen Schreiben: für andere zur Stimme werden, die keine Stimme haben.“

    Auch Dicks Hauptthema „Was ist Realität? Leben wir überhaupt in einer und wenn ja, ist es für jeden die gleiche Realität?“ ist hier bereits zu erkennen. Im Gegensatz zu Mammut habe ich hier nichts auszusetzen. (4/5)

  • Mich hat die Geschichte verwirrt. Sie ist ja auch ziemlich verworren. Das Element der Zeitreise ist gut verarbeitet und hat mich sehr gut unterhalten. Ich denke auch, dass Bentons Triebfeder die Veränderung oder Abschaffung der Stabilität ist. Er ruft eine Veränderung und zumindest für den Leser keine Verbesserung der Situation herbei.
    Im neuen System lässt sich Benton jedoch bereitwillig unterdrücken.

    Man könnte das als Metapher sehen: Erst "kämpft" man für eine Revolution und danach ist man schlechter dran als vorher. Als aus Persien der Iran wurde, hatten auch viele Hoffnungen und sind dann unversehens in der Religionsdiktatur gelandet.

  • Man könnte das als Metapher sehen: Erst "kämpft" man für eine Revolution und danach ist man schlechter dran als vorher.

    Ich habe Benton allerdings nicht unbedingt als Revolutionär/Kämpfer und viel eher als Mitläufer wahrgenommen.

    Nach seiner Zeitreise steht er ja völlig unter dem Einfluss der Kugel/Maschine. Es ist ja eigentlich nicht seine Intension an den bestehenden Herrschaftsverhältnissen etwas zu ändern - Er tut nur was ihm befohlen wird (genau wie zuvor auch schon).

  • Ich habe Benton allerdings nicht unbedingt als Revolutionär/Kämpfer und viel eher als Mitläufer wahrgenommen.

    Nach seiner Zeitreise steht er ja völlig unter dem Einfluss der Kugel/Maschine. Es ist ja eigentlich nicht seine Intension an den bestehenden Herrschaftsverhältnissen etwas zu ändern - Er tut nur was ihm befohlen wird (genau wie zuvor auch schon).

    Ist das nicht das Wesen der meisten Revoluzzer? Ein paar die die Richtung vorgeben und die Treiber sind und sehr viele, die sich eine bessere Zukunft erhoffen und am Ende untergehen?

  • Man könnte das als Metapher sehen: Erst "kämpft" man für eine Revolution und danach ist man schlechter dran als vorher. Als aus Persien der Iran wurde, hatten auch viele Hoffnungen und sind dann unversehens in der Religionsdiktatur gelandet.

    Ja sehe ich auch so, nach dem Motto: "Es wird nicht besser, sondern anders".


    Roog habe ich auch gelesen. Mir gefällt die Geschichte sehr gut. Für mich hat sie den Charme alter "Twilight Zone" Folgen.

    Natürlich sieht der Hund die Müllmänner. Doch ich mag die Vorstellung, dass der Hund nicht verrückt ist und unheimliche kleine Männchen, von der Welt unbemerkt, hier zu Werke gehen und der Hund verzweifelt versucht die Welt darauf aufmerksam zu machen.

  • Ist das nicht das Wesen der meisten Revoluzzer? Ein paar die die Richtung vorgeben und die Treiber sind und sehr viele, die sich eine bessere Zukunft erhoffen und am Ende untergehen?

    Klar. Ich wollte nur deutlich machen, dass Benton sich mMn durch sein Handeln nicht unbedingt eine bessere Zukunft erhofft (und deswegen tut was er tut), sondern eigentlich eine reine Marionette ist, die von der Kugel gelenkt wird.

    Doch ich mag die Vorstellung, dass der Hund nicht verrückt ist und unheimliche kleine Männchen, von der Welt unbemerkt, hier zu Werke gehen und der Hund verzweifelt versucht die Welt darauf aufmerksam zu machen.

    Das ist durchaus eine stimmige und interessante Interpretation.