Vastarien - Literaturmagazin der Grimscribe Press

  • "Vasterien" hatte ich bisher nicht am Schirm, aber der Thread weckt schon die Neugier. Wie sind denn die theoretischen Beiträge? Gut lesbar oder im anstrengenden betont-akademischen Ton?

    Da gebe ich Dir sehr gern später Rückmeldung, weil ich in dem Band 3 (nicht 2, das war ein Tipper) erst halb durch bin, und daher nur die beiden oben erwähnten Essays gelesen habe.

    Eins war wie gesagt angenehm intelligent, komplex und sachlich, ohne aufgeblasen zu klingen. Also, nein, überhaupt nicht geschwurbelt. Auch mit sehr sauberer Herleitung der Thesen / Beispiele.


    Das andere war schlimm auf allen Ebenen, keine Ahnung, wie es das in den Druck geschafft hat (spannend klingendes Thema vllt., und werbewirksam - wie man an mir sieht,).

  • "The Dissolution Of Small Worlds" und Brian Evenson's "Song For The Unraveling Of The World" waren meine beiden großen Lesehighlights letztes Jahr! Beides einfach nur phänomenal.

    Klingt vielversprechend! X/


    the_seus :* Sorry, durch den Screenshot etwas unscharf, aber immerhin eine ganze Seite. Mein pdf-Zoom geht irgendwie nicht mehr stufenlos einzustellen. Kannst ja mal schauen, wie sich das für dich liest.

  • Danke für den Scan! Da werde ich mal einen Kauf riskieren.

    Gern geschehen - berichte doch mal, was du davon hälst, dann.


    Ich bin mit meinen beiden Ausgaben durch, wobei mir eine wesentlich besser als die andere gefallen hat (eine habe ich nach der Hälfte im Quickread gelesen). An sich ist das Magazin aber genau mein Ding - nicht nur wegen der Ausrichtung der Phantastik, den nicht ganz gewöhnlichen Themen, sondern auch wegen dem Mix zw. Non-Fiction und Fiction (wobei auch ein wenig Lyrik enthalten ist) und, weil spannende Kunst zwischen den Kapiteln zu finden ist. Ich hab mir also noch drei ältere e-Ausgaben bestellt.


    Vol. 2, Issue 3, 2019

    Highlights:

    Matt Thompson: "Ascending Phases of First Contact"

    Echt schräge Geschichte, die auf mehreren Ebenen läuft, irgendwie ist alles unheimlich, ohne wirklich unheimlich zu sein. Super gemacht, sehr schräg, genau, was ich haben wollte. Keine Ahnung, ob ich die Story wirklich kapiert habe, das macht aber nix. Von dem Autor würde ich gern mehr lesen, so viel scheint der aber nicht veröffentlicht zu haben.


    Dan Stintzi: "The Flooded Cellar"

    Beginnt als BSDM/Puff-SF mit potentiellem Peinlichkeitsfaktor und entwickelt sich bald zu einem unerwartet fiesen und spannenden Mind-fuck-Bodyhorror [no pun intended!]. Viel wird angedeutet und über Erwartungen erzählt. Netter Bissen.


    Farah Rose Smith: "Over the Black Bridge - Expansion, Psychogeography, and the Living City in Andrey Belil's Petersburg"

    (Mein Screenshot im Post oben)

    Extrem cool, ich bin eh ein Fan von symbolischem Setting-als-Protagonist, ud das Essay ist einfach auch spannend aufgezogen und vermittelt - obwohl non-fiction - eine beklemmende, unheimliche Stimmung. Für mich auch einfach doppelt spannend, weil ich über ein ähnliches Thema (Landschaft & Stadt als Antagonisten in finnischen Drama-Filmen) mal in einem umfangreichen Artikel für das Mitgliedermagazin der finnischen Film- und Medienarbeitergewerkschaft geschrieben hatte. Nur dass ich entlang Schnitt und Kameraperspektive argumentierte, Smith sehr viel mehr Philosophie/LitWiss-betont schreibt. Tolles Essay.


    Dejan Ognjanovich: Interview mit T. E. D. Klein

    Tolles Interview, unglaublich unsympathsicher Gesprächspartner. :D Aber eben ein gutes, sehr interessantes Gespräch, bei dem sich Klein auch ein paar Mal echt aus der Reserve locken lässt.


    Lowlights:

    Wie gesagt das Essay zu Gigers und Lovecrafts "Musen". Keine klare Linie, keine ästhetische Sprache, und dann klingt doch alles sehr nach Klatsch & Tratsch, was sich dadurch bestätigt, dass fast alle (oder alle?) Quellen Internet-Links sind. Verarschen kann ich mich allein bzw. googeln kann ich selbst. Künstlich aufgeblasener, alberner Stil ("... the Swiss actress commands our attention ..."). Unangenehm auch, dass er die Personen oft beim Vornamen nennt, als sein das seine besten Kumpels gewesen.


    Matthew B. Hare: "Every Nowhere"

    Eine echt tolle Idee ein hätte ein schöner Anschluß an das "Petersburg"-Essay sein können. Leider hat der Autor eine gute Idee gehabt, und ist damit nirgendwohin gekommen. Stattdessen pseudo-philosophische innere Monologe. Bissl albern, schade drum.


    Der Rest ist irgendwo dazwischen, das letzte Viertel schwächelt im Vergleich zum starken Anfang, was aber bei 205 (pdf)Seiten immer noch mehr besseren Lesestoff ergibt, als so manche Anthologie in Buchform.


    Vol. 2, Issue 1. 2019

    Highlights:

    - Gemma Files KG "Venio"

    Ein bisschen Mary-Sue mit viel Selbstironie, eine tolle Idee und etwas, das Nevills The Last Days in Ultrakurzform hätte werden können: Eine Gruppe junger Hobbyschreiber finden sich zur Bekämpfung ihrer Schreibblockaden zusammen, die Übung ist, eine Tür auf ein leeres Blatt zu zeichnen und sich dann vorzustellen, was dahinter ist. Alle haben identische Ideen ... Der Titel, Latein für "Ich komme", nimmt leider den Plot vorweg.

    Files mag ich einfach, sie schreibt meist intensiv, sehr individuell und alles klingt leicht und unverstellt. Hier ist der Anfang sehr intensiv, dann liest es sich allerdings wie eilig runtergebrochen. Einige Bilder waren auch echt mehr (unfreiwillig) komisch, und zum Gruseln reichte es nicht, aber wie gesagt, sie hat eine echt eigene, gut lesbare Stimme.


    - David Peak: "Horror Religious: The Dark Passions of Mark Samuels"

    Samuels sagte mir nichts, und das Thema 'Religion' vermeide ich eigentlich, aber Peak wird langsam mein Favourite in der Weird Non-Fiction, der Artikel ist extrem spannend und einfach klar, intelligent und angenehm geschrieben. Peak hat wirklich eigene Ideen, Sichtweisen und frische Thesen, da ist nichts Wiedergekäutes oder reine Zusammenfassung von ähnlich gelagerten Büchern. Das allein war für mich die € 5,- Wert.


    Vom Rest hat mir nichts richtig gut gefallen, ein, zwei Texte lese ich aber nochmal mit mehr Ruhe. Das Essay zu Perkins Gilman war noch gut lesbar und hatte gute Punkte, auch wenn das Thema nicht neu war. Von den Kurzgeschichten war mir vieles zu verkrampft mystisch/religiös/spirituell, und sehr vieles einfach belanglos, stilistisch & qualitativ auch eher etwas, das ich in Hobbyschreiber-Onlineforen erwarten würde: Jemand hat eine Idee für eine kleine Szene und baut irgendwas drumrum und dann hört es irgendwie auf. Mag auch an mir liegen, Horrorgeschichten, die z.B. in irgendwelchen Büros stattfinden mit irgendwelchem Büroalltag, sind echt nix für mich; und v.a. nichts, das ich in diesem Magazin erwartet hätte.



    Trotz Kritik mausert sich das gerade zu meinem Lieblingslesestoff. Auf jeden Fall eine echt große Bandbreite an Weird-Themen, sowohl klassischen als auch aktuellen.

  • Erik R. Andara Oh, danke sehr, Rucker ist mir neu, die schaue ich mir mal an. Auf Wiki sind nur Beiträge in Anthologien und Dramen gelistet - gibt es eine Sammlung von ihr?


    Koja hat mich vom Reinlesen noch nicht gepackt, das kann aber noch kommen.


    Und Poppy Z. Brite ist ebenfalls klasse, sehr ähnlich wie Files. Auch wenn sie heute ein er ist und Kochbücher schreibt. Drawing Blood vor allem, das hab ich seitdem es rauskam mehrmals gelesen).


    Kathy Acker könnte auch dazu, auch wenn die Qualität extrem schwankt. Empire of the Senseless und auch Blood & Guts in Highschool sind vllt nicht typisches Weird-Genre, aber sehr Punk Rock dystopisch, mit expliziter Gewalt.


    Files, Brite, Acker und Lydia Lunch (die ja leider urplötzlich eine Entwicklung hin zum reaktionär-konservativen Feminismus hinlegte) gehören ja alle in diese USA Indieszene, wie sie v.a. in LA und NY zu finden war. Lunch & Acker waren echt riesen Einflüsse in meiner ganzen Teenie- & Twenzeit. Lunchs Paradoxia: A Predator's Diary ist ein sehr hartes und temporeiches Buch, skurril und brutal, allerdings mehr Autobiographie. Wobei sie sich selbst als das Raubtier beschreibt, nicht als Opfer (Disclaimer: "No names were changed to protect the innocent - they're all fucking guilty."). ^^[Nerdine]


    Korrektur zu oben: Andrei Bely (nicht Belil)

  • You'll Know When You Get There, Swanriver Press (2016)

    und

    The Moon Will Look Strange, Undertow Press


    Beides, befürchte ich, derzeit nur in teuren Sammlereditionen.

    Ich kenne sie auch nur aus diversen Anthologien (Aickman's Heirs etwa)


    Poppy Z Brite würde ich eher in der Nähe von Caitlin R. Kiernan verorten, plus viel Erotik, aber eine Prosa wie Samt udn Seide (die ist sowieso eine meiner LIeblingsschriftstellerinnen).

  • Erik R. Andara Ganz lieben Dank, Aickman's Heirs hört sich doch gut an, da schaue ich mal nach.


    Ach, interessant, ich habe Files einge Jahre nach Brite entdeckt, beide dann 15 Jahre nicht mehr gelesen, und im Nachhinein immer noch Probleme, deren Kurzgschichten in der Erinnerung auseinanderzuhalten. Ich habe aber auch nichts Aktuelles von Files in der Hand gehabt, mag daran liegen, und das sollte ich auch mal ändern. Diese Vastarien-Story ist allerdings nicht so anders als die in Kissing Carrion. Außer, dass kein Sex vorkommt. "Vanio" fand ich erstaunlich 'undeftig'.


    Von Kiernan kenne ich nur eine KG, aber die war sehr selbstsicher erzählt, schön dynamisch vom Sprachstil her, hat mir gefallen und macht Lust auf mehr. Das war ein guter Tipp!

  • Die Frühjahrsausgabe ist gerade angekündigt worden und kann bestellt werden (Print & eBook).


    Tobias Reckermann ist mit der Geschichte "Machina Obscura" vertreten. [Skl] Ganz herzlichen Glückwunsch Longstride , das ist ja fantastisch! Der beste Grund, mir die Ausgabe zuzulegen.


    Gern gebe ich zu, dass ich es für diese Ausgabe auch mit einer Geschichte versucht hatte (die inzw. in meiner erweiterten deutschen Übersetzung in eine Anthologie bei Grey Gull aufgenommen wurde). Gegen Tobias zu verlieren ist allerdings eine Ehre und ein wirklich großes Trostpflaster. :*

  • Auch von mir 'Herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung'!

    Im Original findet man die Geschichte übrigens in der fantastischen "Miskatonic Avenue"-Anthologie von Michael Perkampus.