Diese Anthologie habe ich als Schlusspunkt meiner Lesechallenge gewählt. Ich gebe zu, dass mir diese Kategorie die meisten Kopfschmerzen bereitet hat. Die die mich kennen wissen ja von meiner "Liebe" zur Kurzgeschichte. Allerdings hat das Buch gestern ja auch noch den 1. Platz beim Vincent-Preis geholt. Meine Wahl hätte schlimmer sein können, vor allem wenn ich an die Kategorie 3 denke, in welcher ich zu 2 Gurken hintereinander gegriffen habe. Was kann also schon schiefgehen? Anscheinend eine Menge. Ich habe nach 5 Geschichten abgebrochen und werde nicht weiterlesen. Ganz kurz habe ich schon mit dem Gedanken gespielt, die Challenge an dieser Stelle zu beenden. Das werde ich allerdings dann doch nicht tun. Hier meine Begründung:
Die Geschichten sind langweilig. Der Aufbau ist immer gleich. Irgendwo gibt es einen verfluchten Typen, der an ein Gebäude oder Wald oder Gegenstand im Wald gekettet ist und dem der Prot der Story zufällig in die Arme läuft. In jeder Geschichte wird spätestens im 2. Absatz auf das Wetter hingewiesen. Die Texte sind teilweise voller Stilblüten, welche ein Lektor normalerweise ausgebügelt hätte. Hier einfach nur ein Beispiel: "Als sich das Autodach eindellte unter einem Gewicht, riss er den Schlüssel herum und ließ den Motor wieder anspringen."
Genau das ist m.E. das Problem mit Anthos zu Ausschreibungen, auf die sich Hobbyautoren melden. Das ließt sich großteils wie ein Schüleraufsatz der 11. Klasse zum Thema Geistergeschichte. Man merkt einfach das fehlende Können. Und ganz ehrlich: von einem Buch welches verkauft wird, erwarte ich zumindest etwas Geschick im Handwerk und keine Meute wilder Schreiberlinge, die sich mal am Autorenleben versuchen wollen. Für die gabs damals doch Platz für ihre Kurzgeschichte in der 3. Auflage der John Sinclair Hefte (die ich immer überblättert hatte).
Bevor jetzt wieder das Totschlagargument kommt, dass der Horror seinen Ursprung in der Kurzgeschichte hat. Das streite ich nicht ab. Aber auch hier sieht man dann den Klassenunteschried. Poe, Lovecraft, Howard und später King, Barker, Keene und Laymon (um ein paar wenige zu nennen) verstehen einfach ihr Handwerk bzw. haben es verstanden innerhalb eines kurzen Textes zu fesseln. Sie haben ihre eigenen Stimme genutzt, welche in der deutschen 08/15-Antho einfach nicht zu existieren scheint. Deren Geschichten haben den Touch des Besonderen und wirken nicht runtergerasselt. Kurz: die verstehen ihr Handwerk.
Genau aus diesem Grund werfe ich hier jetzt nicht das Handtuch in der Challenge. Stattdessen werde ich mir wohl eine Storysammlung eines Autoren zugute führen, der sein Können schon für mich bewiesen hat. Vielleicht wäre das auch mal ein interessanter Ansatz für eine "gute" Anthologie. Keine Ausschreibung für Hobby-Schriftsteller, sondern gezielt bei den Profis nach Geschichten anfragen. Das dürfte vor allem qualitativ bedeutend besser sein. Und an die "Perlentaucher": Mir ist die Lebenszeit dafür deutlich zu knapp bemessen und der SUB zu hoch, als dass ich dafür meine Zeit verschwenden würde und mich durch 98 % Schlick wühlen muss.
Anmerken will ich noch, dass ich mir zusätzlich zu den ersten Storys noch die Geschichte von Vincent Voss zugeführt habe. Die läuft für mich ohne Wertung, da ich Vincents Schreibe einfach mag.
Ach so: Ich gratuliere natürlich dennoch zum Gewinn des VPs.