Ina Elbracht - Der Todesengel
Mystery-Thriller
ISBN: Exklusiv nur im BLITZ-Shop
Seiten: 172 (Taschenbuch)
Künstler: Rudolf Sieber-Lonati
Künstler (Innenteil): Rudolf Sieber-Lonati
"Eine Gestalt hält 1945 in den Trümmern des zerbombten Kölns Ausschau nach Kindern, die der Krieg zu leichten Opfern gemacht hat. Fünfundsiebzig Jahre später geht es für Helene Gniffke, eine gewiefte, aber abgebrannte Maklerin, um alles oder nichts. Ihre neue Mandantin, eine ältere, vermögende Frau, scheint die allerletzte Chance zu sein, um den bevorstehenden Ruin abzuwenden. Helene braucht das Geld und übersieht dabei all die merkwürdigen Dinge, mit denen sich die alte Lady umgibt."
Meinung:
Da mir Ina Elbrachts Beitrag in der fantastischen Nighttrain-Anthologie "Windschatten" richtig gut gefallen hatte, war ich wirklich gespannt was sie in "Der Todesengel" (ihr erster Roman unter ihrem echten Namen) abliefern würde. Hätte ich von der Frau vorher jedoch noch nie etwas gelesen, hätte mich der 08/15-Titel und das extrem pulpige Cover wohl ehrlicherweise nicht unbedingt zum Kauf animiert. Natürlich ist das alles Geschmackssache, aber mMn sieht das Buch echt ziemlich trashig aus.
Aber bekanntlich kommt es ja auf den Inhalt bzw. die inneren Werte an. Elbracht bezieht sich bei "Der Todesengel" auf die Kölner Richmodis-Sage, verpasst dem Ganzen aber noch ein kleines feministisches und übernatürliches Update. Die Handlung wird dabei in drei Zeitebenen erzählt (Mittelalter, 2. Weltkrieg und Gegenwart) und jedes Kapitel ist nach einem alten Schlager/Chanson benannt. Im Zentrum der Geschichte steht eine junge Maklerin namens Helene Gniffke. Sie hat gerade ihren letzten Kunden verloren - eine Friday-for-Future-Mutti - Weil sie von dieser dabei erwischt wurde, wie sie im Supermarkt mehrfach verpacktes Obst gekauft hat - Ein Todesurteil. Kurz vor dem finanziellen und psychischen Zusammenbruch trifft sie dann jedoch glücklicherweise auf die verschrobene und steinreiche Gerda von Groge, die mit ihrer Hilfe gleich mehrere Anwesen verkaufen will. Was sich zunächst nach dem Jackpot anhört, entwickelt sich allerdings schnell zum absoluten Alptraum.
Der popkulturelle Gesellschaftsteil des Romans, in dem Helene u.a. über Smoothie-Yuppies, Tinder, DDR-Bashing und allgemeine Existenzängste philosophiert, hat mir außerordentlich gut gefallen. Den täglichen Struggle von Helene bringt Elbracht einfach ziemlich pointiert und witzig aufs Papier. Der übernatürliche Part konnte da allerdings nicht ganz mithalten. Spätestens nach 50 Seiten weiß man eigentlich worauf alles hinauslaufen wird. Wirkliche Spannung kam da keine auf. Grusel auch nicht. Auch wenn mir Elbrachts Umdeutung der Richmodis-Sage + dezentem MeToo-Einschlag durchaus gefallen hat. Aber hey, "davon geht die Welt nicht unter".
Der kurze Roman hat zwar seine klaren Schwächen - Dennoch würde ich ihn überwiegend als gelungen bezeichnen. Bin jedenfalls immer noch auf das nächste Nighttrain-Projekt ("Die Zeit der Feuerernte") gespannt, bei dem Ina Elbracht erneut beteiligt sein wird. Vielleicht besorge ich mir in der Zwischenzeit auch endlich mal "Klunga und die Ghule von Köln".