Gyre (Heyne 1992; übersetzt von Joachim Körber)
Wer reinen Horror erwartet, wird enttäuscht werden. Mit Gyre schießt Barker ein Feuerwerk an Ideen ab. Worum geht es? Um eine Parallelwelt, die in einen Teppich gewebt wurde und dessen Hüterin in unserer Welt lebt. Am Ende ihrer Tage hat sie keine Chance gehabt, ihre Nachfahrin Suzanna, in ihr Geheimnis und ihr Erbe einzuweihen.
Cal verheddert sich durch einen blöden Zufall in den Krieg zwischen Gut und Böse, der zwei Welten umspannt. Eine Brieftaube seines Vaters ist ihm ausgebüxt und bei dem Versuch, sie einzufangen, kommt er in Kontakt mit dem Wunderteppich und wird von ihm verzaubert, bzw. er kann von dem Wunder fortan nicht mehr lassen.
Natürlich ist Shadwell, dem Händler und der Hexe Immacolata mit ihren Hurentöchtern daran gelegen, den Teppich in ihren Besitz zu bringen. Ihre Gründe sind unterschiedlich und ändern sich im Laufe der Dinge, machen die beiden dadurch aber nicht weniger gefährlich für Cal und Suzanna.
Fortan entspinnt sich ein Krieg im Hier und Jetzt sowie in einer Parallelwelt und die Stärke des Buches ist Barkers kreative Schaffenskraft. Er sprengt auf, bricht mit Tradiertem.
Fazit: Gyre (woher auch immer dieser Name kommen mag) wird in der Rückschau als Meilenstein phantastischer Literatur gesehen, als Horrorbuch des Jahrzehnts. Dem folge ich nicht, hat das Buch doch zu viele Schwächen in meinen Augen. Zum einen stagniert die Handlung, dadurch, dass die Hauptfiguren m.E. immer nur in ihr Schicksal hineinstolpern, sich gegenseitig verpassen und dadurch nicht viel mehr geschieht, außer, dass sie sich verpassen. Zum anderen sind mir die Dialoge sobald mehr als zwei Personen miteinander sprechen, zu hölzern. Nichtsdestotrotz ist es ein verdammt gutes Buch, das mich sehr unterhalten und inspiriert hat. Die Ideen, die Barker verarbeitet, sind schon der Hammer (Hurentöchter/Seher/Venushügel/Uriel) Gyre bekommt von mir 9 von 10 Wünschen, die man in einem Jackett lesen kann.