Vanessa Kaiser & Thomas Lohwasser: 12 Monate Angst

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    Nachdem ich aufgrund meiner bisher etwas unglücklichen Wahl von Büchern für die Lesechallenge kurz pausiert habe, geht es bei mir mittlerweile mit dem Kurzgeschichten-Band weiter. Hier habe ich auch bereits das erste Vierteljahr aufgeholt.


    Januarödnis von Tobias Bachmann

    Passend zum Buchtitel wird hier die Angst beschrieben, die einen überkommt, wenn man neben der Bekanntschaft des letzten Abends aufwacht, ohne zu wissen was passiert ist. Das Finale bietet noch eine unerwartete Wendung

    . Ein gelungener Einstand ins Buch.


    Waffenbrüder von Matthias Töpfer

    Atmosphärische Geschichte mit einem Dämon in Russland, der sich durch die Kriegshandlungen gestört fühlt. Bei den Charakteren wurde erfreulicherweise auf zu deutliche Schwarz-Weiß-Zeichnung verzichtet. Top.


    Der Mann im Moor von Jan-Christoph Prüfer

    Kurze, knackige Geschichte über eine unerwartete Begegnung in einem renaturierten Moor. Der schon seit alters her beschriebene Mann im Moor existiert tatsächlich, ist aber eine andere Kreatur, als man annehmen würde. Auch sehr stimmungsvoll geschrieben und eine Kurzgeschichte im besten Sinne: Kurz und spannend, dabei atmosphärisch ohne unnötig auszuufern.


    Ich bin schon neugierig darauf, wie es mit den Geschichten weitergeht und ob diese das bisherige Niveau halten können. Bis jetzt zumindest schon eine bessere Wahl bei meinen Anthologien der letzten Zeit.

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    So, inzwischen bin ich auch mit dem zweiten Vierteljahr fertig geworden. Auch dieses enttäuscht nicht.


    Vom braven Wenzel und der Hexe von den Gebrüdern Thot

    Stimmungsvolle Geschichte über eine Hexe, die ihrer Hinrichtung mithilfe des titelgebenden Wenzels entkommt. Dieser ist allerdings nicht auf diese Weise hilfreich, wie er sich das erwartet hatte und muss feststellen, dass in den Vorwürfen mehr Wahrheit steckt als erwartet.


    Die Ritter der Tafelrunde von Kaiser/Lohwasser

    Eine Geschichte über Angst und Verlust in der Kindheit. Das Anthologie-Motiv Angst wird hier gleich in mehreren Facetten aufgegriffen: Angst vor der Trennung der Eltern, Angst vor einem Mörder, Angst vor einem Monster. Letztlich hat die Katastrophe am Ende der Geschichte (Verlust des besten Freundes) eine andere Ursache als einen Mörder oder das am Rande auftretende Monster:


    Eine rationale Entscheidung von Kaiser/Lohwasser

    In dieser Geschichte zeigt sich, wie dehnbar die Vorstellung einer "rationalen" Entscheidung je nach eingenommener Position sein kann. Letztlich führt eine ängstigende Villa zum Tod dreier Frauen.

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    Mittlerweile habe ich auch das Lesen des dritten Vierteljahres beendet.


    Cthulhus Erwachen von Thomas Karg

    Eine Kurzgeschichte mit cthuloidem Szenario, die mal einen etwas anderen Ansatz verfolgt. In dieser Geschichte ist zu erfahren, dass seltsame Träume nach einer durchzechten Nacht sowie ein kleiner Bruder, der in Besitz gefährlicher Bücher gelangt ist, nicht unbedingt die ideale Kombination sind und erhebliche Angst verursachen können.


    Die Grenze von Oliver Plachka

    Diese Geschichte spielt in einem militärischen Setting. Eine streng hierarchische Einheit muss unter erheblichen Verlusten einige Geiseln durch die Wildnis transportieren. Die genauen Motive und Hintergründe bleiben im Hintergrund, dadurch kann man allerdings mit den beteiligten Soldaten/Söldnern mitfühlen, denen es wohl ähnlich geht. Nur der Anführer scheint die Details wie etwa den Ausweg zu kennen. Besonders gelungen ist hier die beängstigende "Apocalypse Now"-artige Atmosphäre.


    Blutrausch von Dieter Winkler

    Ein Mädchen muss das Trauma eines Anschlags verarbeiten, bei dem unter anderem der Junge, für den sie schwärmte, umgebracht wurde.

    Für mich die bisher zäheste Geschichte in dieser Anthologie, leider auch die längste. Allerdings trotz allem nicht wirklich schlecht, für mich stellte sich nur kein rechter Lesefluss ein.


    Ich bin schon gespannt auf das letzte Viertel des Buches, in dem noch einige bekannte Namen auf mich warten. Mal sehen, ob mich da eventuell sogar das Beste zum Schluss erwartet.


  • Das erinnert mich irgendwie sehr stark an den preisgekrönten Kurzfilm "Der Templer" von Florian Henckel von Donnersmarck. Leider finde ich keinen Trailer.


    Könntest du einen kleinen Spoiler zur Geschichte posten?

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    Könntest du einen kleinen Spoiler zur Geschichte posten?

    Kann ich gerne machen, die Geschichte geht allerdings am Ende nicht allzu stark ins Detail, so dass ein Teil davon meine Deutung ist.


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    Mittlerweile habe ich auch das letzte Viertel des Buches fertig gelesen.


    So ist das Leben von Jan Christoph Prüfer

    Lebte die erste Kuzgeschichte des Autors in diesem Band noch von der gut geschilderten Atmosphäre, geht es hier deutlich deftiger zur Sache. Der Protagonist wird von seinem kriminellen Chef gezwungen, seinen besten Freund möglichst qualvoll zu töten. Der "Freund" wird deswegen im Watt eingegraben und stirbt dort durch ertrinken und/oder hungrige Krabben. Einige Zeit später rächt sich er sich dafür am Chef mit Vorliebe für Krabbenbrötchen, da er in Dosenform in dessen Nahrung kam. Dies ist alles sehr plastisch beschrieben (mit schön viel Exkrementen und Körpergasen). Für Fans von Extrem-Horror sicherlich lecker, mein Fall war es eher nicht.


    November von Jörg Kleudgen

    Der Protagonist hat Angst und Wahnvorstellungen von einem von ihm verursachten Autounfall, der gar nicht stattgefunden hat. Er begibt sich deswegen in neurologische Behandlung. Diese funktioniert nach einer Weile so gut, dass der Protagonist nicht nur geheilt ist, sondern den später tatsächlich stattfindenden Unfall als Befreiung empfindet. Gut geschriebene, verstörende Geschichte.


    Blutiger Schnee von Markus K. Korb

    Eine Geschichte mit einem sehr nachvollziehbaren Szenario: Was passiert, wenn man im Wald zwei aggressiven Wildschwein-Ebern begegnet? Die resultierende Angst aus der Verfolgungsjagd ist eindrücklich beschrieben. Zumindest sollte man Nordic Walking-Stöcke mit sich führen.


    Neulicht von Markus Heitz

    Ein an Schlafkrankheit erkrankter gelangt in eine Paralleldimension und kann seine Krankheit durch das Besiegen eines Nebelherrschers (vorübergehend?) abschütteln. Hierbei handelt es sich eher um eine Fantasy- als eine Horrogeschichte. Nicht schlecht, hätte aber etwas straffer/kürzer sein dürfen.


    Insgesamt hat mir die Anthologie sehr gut gefallen, für mich gab es nur einen wirklichen Ausfall, die anderen Geschichten waren zumindest gut. Sogar einige sehr gute Vertreter waren dabei.

  • Kann ich gerne machen, die Geschichte geht allerdings am Ende nicht allzu stark ins Detail, so dass ein Teil davon meine Deutung ist.


    Klingt so, als hätten die Gebrüder und ich den gleichen Film gesehen, die Grundstory stimmt stark überein

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    Klingt so, als hätten die Gebrüder und ich den gleichen Film gesehen, die Grundstory stimmt stark überein

    Ja, da besteht schon eine Ähnlichkeit. Da könnte es zu einer Inspiration gekommen sein.^^