Ich habe mir für diese Kategorie einen der ersten deutschen Vertreter des sogenannten Schauerromans herausgesucht. Zuerst hatte ich mit E.T.A. Hoffmann geliebäugelt, und zwar mit den "Elixieren des Teufels", dann aber gelesen, dass er dort Motive von Matthew Gregory Lewis' "Mönch" aufgreift, der jedoch soll nun wiederum vom Petermännchen beeinflusst gewesen sein.
Das Buch erschien 1791 in zwei Bänden und war laut Wikipedia der meistgelesene phantastische Roman der Goethezeit. Ich habe bisher den ersten Teil gelesen, und weil jetzt beim Übergang vom ersten in den zweiten Band tatsächlich eine drastische Änderung in der Struktur der Geschichte zu erfolgen scheint, passt es ganz gut, schon einmal auf den ersten Band einzugehen.
Heute würde man es eine Seifenoper nennen. Da haben wir Rudolph von Westerburg, einen jungen Ritter, der zufrieden von seiner Feste aus auf die Jagd geht, bis der seit Jahrhunderten seiner Familie zugehörige Geist ihn heimsucht und in ihm die Begierde auf das weibliche Geschlecht anstachelt. Dieser Geist ist das titelgebende Petermännchen, ein kaum zwei Schuh hohes Männlein mit einem Ranzen voll zweifelhafter Geschenke. Zu dem Männchen gehört aber auch ein Weiblein, mit dem Winzling verheiratet, allerdings verfeindet, und diese versucht nun stets, mit mahnenden Worten und vorwurfsvoll erhobenem Zeigefinger, den wackeren Rudolph zurück zur Tugend zu führen.
Aber ach, das Petermännchen sorgt schon dafür, dass die Versuchung immer zu groß ist. Und wenn es auch für manche der bald nicht mehr Jungfrauen ein böses Ende nimmt und sich der betroffene Rudolph stets auf neue schwört, diese Dame seines Herzens dort nun auch bis ans Ende seiner Tage zu betrauern, so trifft es sich doch stets, dass ...
Zumindest der erste Teil enthält jetzt nicht die Bestandteile, die ich von einem Schauerroman erwartet hätte. Wir haben einen Hausgeist, aber der ist nicht gruselig; es wird geköpft, auf Haken gespießt und entmannt, na gut, aber es ist doch eher eine magische, bunte Abenteuerreise bis hin in den Orient und immer wieder in die Gemächer schmachtender Jungfrauen, die reihenweise auf den schmucken Rudolph hereinfallen.
Interessant ist, dass auch die Tugend nicht sonderlich gut wegkommt. Da haben wir den Ritter Waldeichen, der in Heilige Land zieht und seine Gattin zu Hause bedenkenlos verhungern lassen würde, aber als er Gerüchte hört, sie sei ihm nicht mehr treu, springt er sofort auf das nächste Schiff, um äußerst drastische Maßnahmen zu ergreifen. Gegen Waldeichen wirkt der lotterhafte Rudolph sympathisch, und erst am Ende des ersten Teils kippt diese Einschätzung, da sich sowohl Waldeichen als auch Rudolph drastisch ändern.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht.