Bentley Little - Der Berater

  • Ganz im Stile seiner Romane "Furcht" und "Verderben" kommt Littles "Der Berater" auch wieder mit einer großen Portion Gesellschaftskritik daher. Ich würde sagen, der Anteil einer Groteske ist hier höher als der Anteil eines klassischen Horrorromans. Wer Little kennt, weiß, worauf amn sich einzustellen hat ...


    Worum geht es? Dem Konzerngiganten CompWare geht es schlecht und er holt sich externe Hilfe durch die BFG Association, eine Beraterfirma, die die internen Abläufe prüfen und Prozesse optimieren soll. Der Protagonist Craig Horne ist Abteilungsleiter für die Softwareentwicklung und sieht seinen Job am wenigsten gefährdet, sollte es zu Personalmaßnahmen kommen. Dennoch ist er als Familienvater bedrückt, gerade ein Haus gekauft und die Versicherungsbeiträge verschlingen Summen. Der typische amerikanische mittelständische Familie, die Little hier also zeigt und dieses bewusste Arrangement tickerte beim mir während des Lesens natürlich im Hinterstübchen mit.


    Regus Patoff istz GF der BFG Association und für ihn scheint der Tag nicht auf 24 Stunden limitiert zu sein. Schnell stellen die Mitarbeitenden und selbst der Firmengründer fest, dass Patoff unter jeden Stein sieht, selbst im Privatleben schnüffelt er herum. Ich werde ie Handlung jetzt nicht weiter beschreiben, aber jeder der Little kennt, weiß, wie er aus einer Alltagssituation mehr und mehr in die derbe gewalttätige und auch sexistische Groteske driften kann. Und hier sehe ich auch eine Gefahr. Man kennt es. Zum Glück überrascht Little immer wieder mit kleinen Seitenhieben, hier sind es zum Beispiel



    die er gekonnt persifliert. Aber das Schema ist halt bekannt. Im Vergleich zu meinem ersten Little war das also nicht mehr ganz so magisch, wie ich es zum Beispiel in "Verderben". Dafür aber schaffte er es, Craigs Entscheidung, der Firma doch die Stange zu halten, glaubwürdig zu gestalten. Vor allem durch seinen sehr kritischen Kollegen Phil, der sich weniger als Craig selbst an Vorgaben Patoffs halten mag. Und genau daran kondensiert sich auch Littles ätzendes Gift, seine Kritik an kapitalistischen Zwängen. Die Angst, den Job zu verlieren, die Angst, seinen Status aufgeben zu müssen, das verdammte Hamsterrad eben. Schön auch, dass Craigs Frau Angie in einer Notfallambulanz arbeitet und Little hier ganz andere Zustände darstellt, als in einem Megakonzern.


    Ich vergebe für das schöne Hardcoverbuch zu gutem Preis 8,25 Personalstellen von 10.

  • Habe den "Berater" auch über Weihnachten ausgelesen.

    Bin bei einigen Punkten bei Dir, möchte aber auch ein paar kritische Anmerkungen einbringen.


    Das grundlegende Szenario inkl. der Metaebene mit der Business-Kritik fand ich (auch wegen meines persönlichen beruflichen Backgrounds) höchst interessant - war der Hauptgrund, warum ich mir das Buch zugelegt habe. Und das hat auch gereicht, mich spannungstechnisch bis zum Schluss bei der Stange zu halten, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht.


    Leider geht dem Buch nach der durchaus überzeugenden Exposition (ca. nach einem Drittel) zunehmend die Luft aus. Viele Szenen und Dialoge werden ab dann repetitiv, die Figuren bleiben für mich extrem klischeehaft und blass. Besonders nervend fand ich das überzogene und fade typisch amerikanische Familienidyll, das Little immer wieder als Gegenpol zum "Bösen" heraufbeschwört. Schade vor allem auch, dass die phantastischen Elemente eher aufgesetzt und deplatziert wirken. Hingegen funktionieren wie auch schon von Vince erwähnt der sich steigernde Psychoterror und einige der skurrilen bis bizarren Einfälle dazwischen sehr gut - Stichwort Klopapier.


    Das überhastete "Nicht"-Ende war für mich nach dem langen Weg dorthin auch mehr als enttäuschend. Rein formal und sprachlich gibt das Buch ebenfalls nichts Besonderes her - stilistisch durchaus vergleichbar mit Stephen King, der Little auch über den Klee lobt, würde ich sagen. An der schönen Aufmachung als Hardcover gibt es jedenfalls aber nichts zu mäkeln.


    So ist mein Resumee eher zwiespältig - Unterhaltungswert durchaus gegeben, dennoch eine vertane Chance.

    5,5 von 10 Unternehmensberaterpunkten, sag ich mal.