Clark Ashton Smith. The Emperor of Dreams


  • Aus dem Jahr 2018 stammt der Film „Clark Ashton Smith. The Emperor of Dreams“ des kalifornischen Regisseurs Darin Coelho Spring. Der Streifen wurde zuvor im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne finanziert. Meine Wenigkeit und einige Bekannte und Freunde haben daran teilgenommen … und letztes Jahr trudelten die DVDs ein. Hier ein kurzer Überblick, was die (sehr empfehlenswerte) Doku zu bieten hat.


    Vorab jedoch der Link zu Hippocampus Press, wo die DVD offiziell erschienen ist (das Crowdfunding war nur zu 75% erfolgreich):

    https://www.hippocampuspress.c…the-emperor-of-dreams-dvd


    1) The Star-Treader: 1893 – 1926

    Die rund 110-minütige Dokumentation lässt Literaten, Künstler, Herausgeber und Forscher zu Wort kommen: Harlan Ellison, den jüngst verstorbenen Willum H. Pugmire, den Smith-Biografen Scott Connors, S. T. Joshi u. a. Die wichtigste Rollen nimmt Donald Sidney-Fryer ein, der durch den Film führt. Wir begleiten ihn in Auburn zu den Stätten aus Smith’ Leben oder nach San Francisco, Wohnort des Dichters George Sterling und Mentor des jungen Smith.


    2) Hyperborea beyond Hyperborea: 1927 – 1937. H. P. Lovecraft and the Weird Tales Years

    Ab den späten 1920er-Jahren begann Smith, nachdem er vorher als jugendliches Dichter-Genie gefeiert worden war, mehr Prosa zu verfassen. Wichtig war die Bekanntschaft mit Lovecraft. Der Part untersucht die wechselseitige Inspiration zwischen diesen ungleichen Persönlichkeiten. Smith hat ja ein ganz eigenständiges Werk geschaffen, das durchaus nicht in Abhängigkeit von Lovecraft zu sehen ist. Unisono gilt „The City of the Singing Flame“, 1931 in „Wonder Stories“ veröffentlicht, als einer von Smith’ besten Texten. Sidney-Fryer nimmt uns im nordkalifornischen Bergland mit an den Originalschauplatz Crater Ridge, der Smith zu dieser wundervollen Erzählung inspirierte.


    3) The Sorcerer Departs: 1938 –1961

    Den Abschluss der Doku bilden die späten Jahre (bis zu Smith’ Tod), in denen dem Dichter noch einmal das Glück einer Ehe mit Carol Jones Dorman zuteil wurde. Exklusiver Interviewpartner ist William Dorman, Smith’ Adoptivsohn.


    Und sonst?

    Sehenswert sind die Grafiken und Gemälde, die Smith als Ausgleich zu seinen Gedichten und Erzählungen schuf. So werden unter anderem einige Blätter aus den Illustrationen zu seinem Gedicht „The Hashish-Eater“ gezeigt. Ebenso reizvoll sind die Miniaturen, rätselhaften Köpfe und Fratzen, teilweise Darstellungen seiner literarischer Wesenheiten (auf meinem Foto zu sehen: Tsathoggua). Diese Kreationen werden informativ und unterhaltsam von den beiden Künstlern Charles Schneider und Skinner kommentiert.

  • Die Doku ist absolut großartig und in ihrem Feld ohne Gleichen. Muss man gesehen haben, wenn man sich für das Thema begeistern kann.

  • Ich habe mir die Doku gestern erneut angesehen - und war wiederum sehr angetan. Interessante Interviews, sehr stimmige Komposition und immer wieder ein stilistisch passendes, künstlerisch ansprechendes Zusammenspiel schöner Aufnahmen mit atmosphärischer Musik.


    Allerdings fiel mir später am Abend, nachdem ich mich etwas mehr mit Smiths Biographie beschäftigt hatte, doch auf, dass einige eher unschöne Aspekte entweder ausgelassen oder nur seicht angeschnitten wurden. Ich will kein Wort wie "glattgebügelt" benutzen, es ist ggf. einfach dem Fokus des Films auf den Künstler CAS geschuldet, aber zwei Aspekte im Leben des Menschen Clark Ashton Smith kommen aus meiner Sicht doch zu kurz: Soziale Stellung und Gesundheit.


    Joshi erwähnt in einer seiner Passagen kurz, Smith sei in den 10er Jahren "nicht ganz gesund" gewesen, evtl. Tuberkulose sei es gewesen oder auch eine leichte Depression. Zudem sei er sehr scheu gewesen. In den CAS-Folgen der "Arkham Insiders", die sich maßgeblich auf Alan Gullette und - wie ich glaube - auch Steve Behrends stützen, klingt es aber doch etwas ernster, da wird über arge psychische Probleme nachgedacht und über Vereinsamung durch soziale Phobien bzw. eine arge mentale Belastung, die der Kontakt mit Menschen bei CAS zeitweise ausgelöst haben soll. Am Ende des Lebens dann ging es Smith körperlich gar nicht mehr gut, von Schlaganfällen ist die Rede. Im Film wird davon nichts erählt, vielmehr klingt es hier so, als habe er zum Lebensende hin wenig gelitten.


    In Sachen sozialer Stellung bzw. Einkommenslage dasselbe Spiel. Darüber wird im Film geflissentlich geschwiegen, es scheint dann so, als habe CAS selbstgenügsam in seiner Klause vor sich hin gehaust und von selbstgemachtem Wein gelebt. Befasst man sich damit genauer, so scheint es aber eher so gewesen zu sein, dass Smith immer wieder Lohnarbeit hat ausführen müssen, um sich und seine Eltern über die Runden zu bringen. Dies war ihm offenbar verhasst - verständlicherweise - aber es ist ja nun doch ein elementarer Teil eines Lebens, der sich auch auf künstlerisches Schaffen auswirken wird. In der Doku wird insgesamt der Eindruck vermittelt, Smith habe ein selbst gewähltes, primitives Dasein geführt, aber dies stimmt so möglicherweise nicht.


    Der Film bleibt sehenswert und es kann Gründe geben, dramaturgischer oder anderer Art, um die genannten Aspekte stiefmütterlich zu behandeln. Den Vorwurf, dadurch ein zumindest in Teilen verzerrtes Bild des Menschen zu geben, muss der Regisseur sich aber wohl gefallen lassen.

  • Befasst man sich damit genauer, so scheint es aber eher so gewesen zu sein, dass Smith immer wieder Lohnarbeit hat ausführen müssen, um sich und seine Eltern über die Runden zu bringen.

    Das ist ja ein Thema, das hinsichtlich der schreibenden Zunft generell von Interesse ist; speziell aber in puncto Pulpmagazine. In der Auseinandersetzung mit Lovecrafts Biografie klingt das ebenfalls eher selten an.

  • Das ist ja ein Thema, das hinsichtlich der schreibenden Zunft generell von Interesse ist; speziell aber in puncto Pulpmagazine.

    Absolut, klar. Würdest du sagen, es kommt allgemein zu kurz?



    In der Auseinandersetzung mit Lovecrafts Biografie klingt das ebenfalls eher selten an.

    Bei De Camp kann man viel Ärger lesen, wenn Lovecraft mal wieder eine Stelle ausschlägt (Herausgeberschaft von "Weird Tales" z. B.), aber ich glaube, richtig informativ ist das bei ihm alles nicht. Joshi scheint sich, so erinnere ich mich, schon Mühe gegeben zu haben, Lovecrafts kurzer Zeit als Adept einer Handelsvertretung (oder was es war) in New York nachzuspüren, aber er - also Lovecraft - hat das ja offenbar selbst etwas unterm Deckel gehalten.

  • Würdest du sagen, es kommt allgemein zu kurz?

    Oh ja. Was aber in der Auseinandersetzung mit Texten, literarischen Fragen, Artworks, Verlagen usw. erst einmal verständlich ist. Die schreibende Zunft hat zudem den besonderen Status, dass sich in ihr Profis, Halbprofis und Amateure tummeln. Auch Weird Tales ist ein gutes Beispiel dafür: es gab die ständigen Lieferanten, solche, die gelegentlich lieferten und dann auch Namen, die nur ein, zwei Mal auftauchen. Allein diese Mischung erschwert einen allgemeingültigen Ansatz.


    Auch hier im Forum spielt das Thema so gut wie keine Rolle. Bei einigen deutschen Autor*innen weiß man, dass sie diesen und jenen Hauptberuf ausüben – und trotzdem eine relativ hohe Schlagzahl an Veröffentlichungen und Aktivitäten erreichen. Bei anderen ist klar, dass sie aus ihrer beruflichen Situation nur Gelegenheits-Autor*innen sein können (das betrifft ebenso herausgeberische Tätigkeiten). Aber niemand formuliert — verständlicherweise — welche Kosten er oder sie haben, wie viel sie zum Leben brauchen und wie viel das Schreiben davon abdecken kann, könnte oder müsste. Das ist Privatsache, kann unter Kolleg*innen oder innerhalb von Berufsverbänden besprochen werden.


    Mich selbst interessiert das durchaus. Ich lese daher gerne Interviews mit Leuten, die Übersetzungen, Lektorat oder Korrektorat u. a. leisten und die offen darüber sprechen, welches Arbeitspensum sie überhaupt erst einmal erledigen müssen, um über die Runden zu kommen. Was in den wenigen mir bekannten Beispielen durchklingt: erforderlich sind auf jeden Fall ein hohes Maß an Disziplin und Organisation. — Also vorrangig recht "unkünstlerische" Aspekte …

    Bei De Camp kann man viel Ärger lesen, wenn Lovecraft mal wieder eine Stelle ausschlägt (Herausgeberschaft von "Weird Tales" z. B.), aber ich glaube, richtig informativ ist das bei ihm alles nicht.

    Ja, vor allem: Das Heft hatte oft zu kämpfen – und ob gerade Lovecraft der Richtige gewesen wäre, die wirtschaftlich relevanten Entscheidungen zu treffen, um es am Leben zu erhalten … ich habe da so meine Zweifel.

  • Das Heft hatte oft zu kämpfen – und ob gerade Lovecraft der Richtige gewesen wäre, die wirtschaftlich relevanten Entscheidungen zu treffen, um es am Leben zu erhalten … ich habe da so meine Zweifel.

    Da gibt es nichts hinzuzufügen. Ausgerechnet Lovecraft diesen Posten anzubieten zeugt entweder von völliger Unkenntnis der Sachlage oder purer Verzweiflung. Ich gehöre allgemein auch nicht zu jenen Leuten, welche Lovecraft seine angeblichen "Fehlentscheidungen" posthum vorwerfen.



    Mich selbst interessiert das durchaus.

    Ich kann mich deinen Ausführungen da nur anschließen und bekunde ein mindestens gleich hohes Interesse an entsprechenden Sachverhalten. Sollte ich bei meinen sozialwissenschaftlichen Erkundungsgängen mal über Material dazu stoßen, werde ich es entsprechend weiterverwerten.