James L. Nelson - Die Wikinger

  • Ich tendiere in letzter Zeit verstärkt zu historischem und nicht phantastischem Lesestoff.

    Da kommt mir diese Reihe über die Wikinger in Irland im 8.ten Jahrhundert gerade recht. Im Mittelpunkt stehen der Wikingerkrieger Thorgrim Nachtwolf und sein Sohn Harald, die eigentlich nur zurück nach Norwegen wollen und in zahlreiche Intrigen und blutige Kämpfe um die Macht in Irland verstrickt werden.

    Achtung: Hier handelt es sich um puren historischen Stoff ohne jeden Phantastikanteil. Im Mittelpunkt stehen Intrigen, Raubzüge und viele blutige und actionreiche Kämpfe.

    Geschrieben ist das die Reihe sowohl aus heidnischer Sicht der Wikinger als auch aus christlicher Sicht der Iren. Der Autor stellt sehr gut die Unterschiede und auch Gemeinsamkeiten in der Denk- und Handlungsweise beider Volksgruppen heraus, bleibt dabei aber immer ideologisch neutral. Es ist hier zum Glück gar nichts mit "gute Heiden gegen böse Christen" oder umgekehrt. Die Handlungsträger sind zwar durch ihre religiösen Vorstellungen geprägt und handeln entsprechend, aber jede moralische Wertung unterbleibt.

    Wer auf Grund der Lebensgeschichte des Autors jetzt hauptsächlich maritime Handlungsstränge erwartet wird vielleicht enttäuscht. In den ersten beiden Romanen spielt die Seefahrt nur eine untergeordnete Rolle. Dies soll sich aber wohl noch ändern.

    Ähnlich wie bei GoT gibt es übrigens auch in dieser rauen Männerwelt starke Frauencharaktere.


    Aus meiner Sicht liegt hier sehr guter Lesestoff für alle, denen die TV-Serie Vikings gefällt, vor.

  • Hallo Dexter ,


    super, Tausend Dank! Du hast viele interessante Details angesprochen, dann schaue ich mal, ob ich mit den christlichen Iren da klarkomme. ^^

    Scheint mir auf jeden Fall einen Blick wert zu sein, vor allem, weil der Autor auch Non-Fiction schreibt, und einen angenehm unaufgeregten Stil hat.

  • Sehr gerne. Stilistisch finde ich den Autor auch sehr gut. Kann gut beschreiben ohne überladen zu wirken.

    Und er bezieht in der Tat keine Stellung, was das Religiöse betrifft. Vielmehr ist es so, dass alle Parteien ganz unabhängig von weltanschaulichen Unterschieden doch recht ähnliche weltliche Interessen haben.

  • Ich tendiere in letzter Zeit verstärkt zu historischem und nicht phantastischem Lesestoff.

    Mir geht es da ganz ähnlich. Zwischendurch braucht man mal eine Pause von der Phantastik und ich lese dann ebenfalls vor allem historische Romane. Das ist ja auch eine Form von alternativer Realität. Mich interessieren vor allem Romane über die germanischen Stämme oder die Wikinger. Bei Bernhard Cornwell rückt mir die Wikinger-Thematik teilweise ein wenig zu sehr in den Hintergrund. Mein Fokus liegt vor allem auf der heidnischen Sicht. Daher ist das hier ein schöner Lesetip von dir!


    Ansonsten gibt es ja noch Ulf Schiewe, bei dem mir aber irgendetwas gefehlt hat. Giles Kristian liegt auch schon auf meinem Lesestapel. Mit Bjørn Andreas Bull-Hansen und Jan Ove Ekeberg sind auch gerade zwei neue Wikinger-Serien auf dem deutschen Buchmarkt gestartet. Ich bin gespannt, wie die Skandinavier mit diesen Stoffen umgehen. Die Autoren kommen beide aus Norwegen.

  • Ich bleibe, was diese Thematik angeht, erstmal bei Herrn Nelson. Wenn ich jetzt noch mehrere Reihen parallel lese, lese ich es mir sicher bald leid. Und Thorgrim Nachtwolf gefällt mir wirklich gut. Der Autor schreibt ja auch zügig, für nächstes Jahr ist schon Band 5 angekündigt.


    Aber auf jeden Fall schön zu sehen, dass ich nicht der Einzige bin, der hier auch mal gerne in ein völlig anderes Genre ausweicht.

  • Das ist ja auch eine Form von alternativer Realität. (...) Mein Fokus liegt vor allem auf der heidnischen Sicht.

    Dass historische Romane ein ausgesprochenes Phantastikfeeling haben, sehe ich auch so. Letztlich sind sie - selbst wenn gut recherchiert - ähnlich spekulativ wie SciFi, nur zeitgeschichtlich in die andere Richtung gedacht.


    Ja, sehe ich ähnlich wie Medardus. Dadurch dass missionierende monotheistische Religionen wie das Christentum in Europa eine sehr extreme Geschichte haben, hab ich eine sehr extreme Haltung dazu. Daher lese ich keine Wikinger/Eisenzeitromane mit christlichen Erzählern, oder einem Bekehrungs-"Happy End".


    Und ich empfehle hier nochmal Kari Köster-Lösches WikingerKrimi: Der Thorshammer. Leider sind die weiteren Haithabu-Bände nicht mehr so spannend und gut geschrieben.


    Cornwell wird ja als der Antitheist unter den Vikingschreibern hingestellt, aber nachdem ich drei Bücher im Quickread durch hatte, wurde klar, dass er nach einem extremen Start stets eine versöhnliche Note anschlägt, einen 'guten Christen' auf die Seite des Helden stellt. Vermutlich, um seine amerikanische Leserschaft nicht abzustoßen. (Was ich durchaus verstehe.) Seinen Stil fand ich auch 0815-billig, fast schon trashig, und zu viele Szenen / Charakterentwicklungen sind reim-dich-oder-ich-schlag-dich total an den Haaren herbeigezogen.

    Da liest sich Nelson in den Leseproben sehr viel angenehmer und durchdachter (und dafür nehme ich auch ein paar christliche Protas in Kauf ^^).

    Aber auf jeden Fall schön zu sehen, dass ich nicht der Einzige bin, der hier auch mal gerne in ein völlig anderes Genre ausweicht.

    [Skl]


    Medardus - Deine Romane sehen auch spannend aus. Magst du die nicht mal hier vorstellen?

  • Daher lese ich keine Wikinger/Eisenzeitromane mit christlichen Erzählern, oder einem Bekehrungs-"Happy End".

    Das geht mir genauso. Vor allem bin ich immer wieder enttäuscht, dass es kaum Romane aus dem Zeitraum gibt, die sich authentisch mit dem nordischen Heidentum auseinandersetzen. Die Quellen sind zwar dürftig, aber auch nicht so rar, dass man diese alten Kulte nicht mit etwas Recherchen und Phantasie wieder zu Leben erwecken könnte.


    Cornwell wird ja als der Antitheist unter den Vikingschreibern hingestellt...

    Ja, bei Cornwell beschränkt sich der religiöse Unterbau darauf, dass die Krieger vor der Schlacht "Odin!" oder "Thor!" brüllen. Das ist wirklich sehr dürftig bei ihm. Der Fokus in diesen Romanen liegt eben vor allem auf den Schlachtszenen. Flache historische Kost, die aber vielleicht wieder ein paar Männer zum Lesen bringt.


    Medardus - Deine Romane sehen auch spannend aus. Magst du die nicht mal hier vorstellen?

    Im alten Horror-Forum gab es ein paar Besprechungen meiner Bücher und in der Cthulhu Libria Neo wurden sie ausführlich rezensiert. Ich mag mich da nicht so anbiedern und überlasse es gerne den Lesern, ob sie meine Bücher hier vorstellen wollen. Natürlich freue ich mich (wie jeder Autor) über Feedback. Vielen Dank auf jeden Fall, dass du nachfragst.

  • Keine Sorge, bei James Nelson wurde noch keiner missioniert. Es wurde noch nicht mal versucht. Hier sind alle viel zu sehr damit beschäftigt, um Macht und Beute zu streiten, egal ob Ire oder Skandinavier. Da hält sich keiner mit Nebensächlichkeiten auf.