• Bloodborne

    Text: Aleš Kot, Illustrationen: Piotr Kowalski. Titan Comics 2018 –


    In einem Comicshop in Rouen fiel mir ein Sammelband in die Hände, und ich war hingerissen von der Art, wie in Bloodborne die Monster gezeigt werden: Glaubwürdige Anatomien, die Viecher bewegen sich absolut realistisch und individuell – z.B. wenn sie sich zu einem kleinerem Wesen herunterbeugen, wie die Kopfhaltung im Verhältnis zu der Anordnung ihrer Augen ist etc. Suspension of disbelief funktioniert dabei 100%. Zurück in Helsinki hab ich mir zwei Bände aus der Bibliothek geliehen: #1 The Death of Sleep und #4 The Healing Thirst. Wobei mir mal wieder auffiel, dass die Druckqualität von französischen Comix noch immer meilenweit über der anderer Länder steht.


    Basierend auf dem gleichnamigen Computerspiel (das wohl eine Art spin off von Dark Souls ist), erzählt Bloodborne die Geschichte um einen "Hunter", der in einem Nah- bzw. Nachtodszenario gefangen ist, und in einer parallelen Traumwelt verschiedene Aufgaben meistern muss: u.a. die Heilung (Pale Blood) für eine Blutkrankheit zu finden, die Menschen in zombieartige Monster verwandelt. Antagonisten sind nicht nur besagte Monster, sondern auch eine kultartige Kirche, die an die Inquisition erinnert.


    Der Hunter ist ganz interessant, aber imA keine originelle Figur, sondern ein 50/50-Mix aus Wolverine und dem Jäger aus Der Pakt der Wölfe / Le pacte des loups (2001, Christophe Gans). Die überdimensionale Waffe erinnert zudem an die von Pyramidhead aus Silent Hill. Die Monster haben mehr Charakter und Individualität, als die Hauptfigur.


    Plus:

    Wirklich tolle Settings (eine Mischung aus Mittelalter und Victorian UK), ziemlich viel Gore und in liebevollem Detail durchdachte Monster. Interessante Themen: Seuchen, obskure Kulte, Traumwelt vs Realität. Die Zeichnungen sind schön, erfinden stilistisch aber nicht das Rad neu.


    Minus:

    Größtes Manko ist die Story – keine Vorgeschichte, keine anständige Verankerung der Subplots, alles wirkt total beliebig auf mich. Gefahren werden nicht genügend aufgebaut, und zu schnell in Actionszenen aufgelöst. Zweitgrößtes Minus: Die wenigen Dialoge sind einsilbig und platt. Keiner der Charaktere hat einen individuellen Stil (Idiolekt). Mit ein paar Twists und ‚Kameraschwenks‘ hätte man die Geschichten nahezu ohne Sprechblasen erzählen können, und dann mehr Raum für Interpretation gelassen. Dem ganzen Mythos fehlt es aus meiner Sicht an Tiefe.


    Fazit: Netter Snack zwischendurch, hat Potenzial.

    Ich würde mir eine Reihe wünschen, in der nur Monster untereinander agieren, ohne menschliche Figuren.

  • hehe, sind nicht alle Romane mit menschliche Figuren auch Romane, in denen Monster untereinander agieren?

    [Skl] Auf ne gewisse Art natürlich schon - vor allem, weil ich hier die Kreaturen teils als 'menschlicher' empfunden hab, wie die ... äh ... anatomischen Menschen.


    Mein Problem ist eh oft, dass ich die nichtmenschlichen Kreaturen spannender finde, nur wird ja selten von denen als Protagonisten mit eigenen Konflikten erzählt - je anatomischer nichtmenschlicher die sind, desto weniger Innenleben haben sie. (Z.B. Barkers Books of Blood sind da ne Ausnahme, aber danach ist er auch auf klassische Gut/Böse-Verteilungen umgeschwenkt.)

  • Letztlich ist das ja auch die große Leistung von Marry Shelley in Frankenstein. Ihr Monster ist menschlicher als der menschliche Schöpfer. Zumindest aus heutiger Sicht.


    Mich hatte es auch immer in Alien gestört, dass die Sicht auf das Alien so beschränkt aus der menschlichen Perspektive erfolgte. Erst im dritten Film änderte sich das.

    Wobei Alan Dean Foster da in seinen Romanadaptionen schon weiter ging.


    Spannendes Thema.

  • lapismont


    Ja, absolut, und ich denke, das war auch damals schon Shelleys Intention.


    Auch ja: Filmromane sind ein eh unterschätztes Genre, und der zu Alien ist wirklich extrem gut geschrieben. Das Alien hat ja zumindest durch Gigers Gesamtwerk eine Persönlichkeit (wenn man so will). Ich mag aber nur das Original, für mich etwas, das nie ein Franchise hätte werden dürfen.


    Denis Villeneuves Arrival stellt die Aliens vermutlich noch am ehesten als komplex und individuell dar - ich kenne aber nur längere Ausschnitte, den Film hab ich leider noch nicht gesehen.


    Spannendes Thema, sehe ich auch so.