The Night House
USA/UK 2020
Drehbuch: Ben Collins & Luke Piotrowski
Regie: David Bruckner, Kamera: Elisha Christian
Mit: Rebecca Hall, Sarah Goldberg, Evan Jonigkeit, Stacy Martin, Vondie Curtis-Hall
Dauer: 110'
Trailer und Teaser (Trailer DE, unschöne Synchro-Stimme)
Teaser und Trailer sind generischer zusammengeschnitten als der Film tatsächlich ist und Jumpscares sind selten. Ich hab ihn zum einen wegen des Spiegelthemas und zum anderen Rebecca Hall geschaut, die einfach immer absolut großartig spielt - sehr intelligent, selbstbewusst, frech, aber auch verletzlich und nachdenklich. Hier kehrt sie nach dem ebenfalls sehr schönen The Awakening zum Haunted House-Motiv zurück, nun auch als ausführende Produzentin. Und ich denke, der nicht gerade sonderbegabte Regisseur (u. a. The Ritual) hatte Glück mit ihr, denn mit schlechten Schauspielern oder auch nur einer anderen Art Persönlichkeit bei dieser Prota hätte der Film vielleicht - oder sehr wahrscheinlich - nicht funktioniert.
Die Geschichte klingt schlicht, aber am Ende zeigt sich, dass dieses 'Haunting' vollkommen anders gelagert ist, als die erste Hälfte (und die Werbung) suggeriert. Was nach Besessenheit aussieht, ist übrigens ein Traum.
Plot: Beth ist vom überraschenden Suizid ihres Mannes, Owen, verwirrt und schockiert. Sie versucht, im Nachlass Erklärungen zu finden. Owen war Architekt, der auch das gemeinsame Eigenheim am See für die beiden entwarf und baute. U. a. findet sie einen mysteriösen Abschiedsbrief, der lediglich sagt: You were right. There is nothing. Nothing is after you. You're safe now. Obwohl es klingt, als beziehe es sich auf ein gemeinsames Gespräch, ist ihr völlig unklar, was damit gemeint ist.
Beth beginnt unter etwas wie luziden Träume zu leiden, sie wacht in Räumen auf, in denen sie nicht eingeschlafen war und hat Visionen, u.a. von sich selbst als geisterhaften Doppelgängerin. Auch meint sie, am gegenüberliegenden Ufer des Sees ein Haus zu sehen, das wie ein Spiegelbild ihres eigenen wirkt, was seltsamen 'doppelten' Bauzeichnungen ihres Eigenheimes entspricht. Dann findet Beth auf Owens Smartphone heimlich geschossene Fotos verschiedener Frauen, die ihr stark ähneln und ist sicher, dass er sie betrogen haben muss und / oder ein Stalker war.
Dass sie (recht gemäßigt) ihre Trauer mit Alkohol zu therapieren versucht, lässt einen überlegen, ob hier tatsächlich Übernatürliches geschieht. Ich spoilere nicht groß, wenn ich hier sage: Ja, es ist paranormal, allerdings gibt es einen Twist, der noch mal ein ganz anderes Faß aufmacht. Der geneigte Zuschauer mag da mitgehen oder irritiert den Kopf schütteln, weil die Erklärung am Ende ggfs. ein anderes spekulatives Thema bzw. Subplot reinbringt, aber ich fands okay. Es ist ein ehrlicher Versuch, Haunting House mal auf neue Art abzuschließen, warum nicht.
Es gibt ein paar kleinere Unlogiken (der Parkwächter reagiert inkonsistent, hätte demnach eingeweiht sein müssen oder an etwas mitschuldig), aber das störte mich nicht.
Der Film ist sehr spannend, hat einen tollen, unaufdringlichen Ambient-Score (auch das kommt im Trailer nicht gut raus) und ist wunderschön gefilmt. Rebecca Hall trägt den Film wirklich grandios, ihre trockene, ehrliche Art bringt frischen Wind ins Genre und verhindert auch Kitsch.Das Pacing ist angenhem, ohne Hektik. Ich hab von Artikel-Überschriften gesehen, dass einige den Film mit der paranormalen Logik von Hellraiser vergleichen, was zwar von der Intention der 'Täter' / Konstrukteure her nicht ganz passt, aber tatsächlich ähnliche Konzepte behandelt.
Vielleicht nicht der Film des Jahrhunderts, aber durchaus empfehlenswerte Unterhaltung mit schönen Bildern und schöner Stimmung. Und ich hab mich tatsächlich in einigen Sequenzen gegruselt.