Horsehead
Regie: Romain Basset, Drehbuch: Romain Basset & Karim Chériguène
Frankreich 2014. Länge: 89 mins.
Dass die Varianten von Füsslis „Nachtmahr“ ausgesprochen filmtauglich sind, hat schon Ken Russell in Gothic (1986) bewiesen. Basset widmet dieser Albtraumfigur nun einen ganzen Spielfilm.
Eine junge Frau, Jessica, kehrt zur Beerdigung ihrer Großmutter ins Elternhaus zurück. Sofort nach ihrer Ankunft brechen alte Konflikte mit ihrer grausam-kalten Mutter auf, die auch ihr verständnisvoller Vater nicht auszugleichen vermag. Sie findet Indizien, dass ihre Großmutter Suizid begangen hat; illustrierte Tagebücher scheinen auf Paranoia und Wahnsinn hinzudeuten. Jessica versetzt sich mit Äther in luzide Träume, überzeugt, nur so ein dunkles Familiengeheimnis aufklären zu können. In dieser Traumwelt wird sie gejagt von dem „Kardinal“, einer männlichen Gestalt mit Pferdekopf, der gleichzeitig Richter und Henker zu sein scheint – nur weiß Jessica nicht, wessen sie sich schuldig gemacht haben könnte. Je mehr ihre Mutter versucht, sie vom Träumen abzuhalten, desto überzeugter ist Jessica, dass sie dem Kardinal entgegentreten muss …
Durch die symbolhafte Bildsprache, die sadistische Mutter und einige kurze, aber deftige Splatterszenen erinnert Horsehead an Argento (v.a. Mother of Tears, Stendahl Syndrome), aber eben auch die dunkle Romantik und den Surrealismus (-> Leonora Carringtons stets wiederkehrendes Motiv einer bestrafenden, kalten Mutter und der menschlich agierenden Pferdefiguren). Und von Russells Gothic konnte ich mich auch nicht ganz lösen, denn die Hauptdarstellerin Lilly-Fleur Pointeaux hat Ähnlichkeit mit Natasha Richardsons Mary Shelley.
Ich bin der Geschichte wirklich gern gefolgt, und habe nichtmal eine eindeutige Auflösung erwartet. Eigentlich wäre mir keine Erklärung lieber gewesen.
Doch im letzten Viertel des Films wird klar, dass es sich bei dem Geheimnis um Schuld / Bestrafung tatsächlich um etwas sehr Weltliches handelt; die surrealistischen Tagebucheintragungen und Träume einen recht simplen und teils arbiträren Symbolismus haben. Und das Thema fand ich weder originell, noch spannend.
Das Ende selbst hat mir gut gefallen, die Auflösung sehr viel weniger.
Ein Plus sind die ruhige Erzählweise, die ästhetischen Bilder, eine durchaus gruselige Atmosphäre, und die hübschen practical effects (der Pferdekopf ist Pappmaché, und wirkt trotzdem einfach durch Kameraführung und Inszenierung). Das Minus ist, dass das Familiengeheimnis bzw. dessen Auflösung in überhaupt keinem zwingenden Zusammenhang zu den verschiedenen Traumsymbolen steht (außer der Bezeichnung „Kardinal“).
Fazit: Lässt sich sehr gut anschauen, wenn man keine thematische Innovation erwartet.
Wo man den Trailer findet, kann man z.Z. auch den gesamten Film sehen.