Lesezirkel Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland (C. Bertelsmann)

  • inferninho bringt es präzise auf den Punkt - und ich habs nun auch aufgegeben. Vom Reinlinsen sah das Ende nach einem unerwarteten Twist aus, allerdings - je nachdem, was es impliziert / für die Geschichte insgesamt bedeutet - könnte es mich auch ärgern.


    Mein Abbrechen ist weniger der langsamen Entwicklung geschuldet, als dem Fehlen von Eindrücken des Settings und damit eigentlich auch des Titelmotivs. Dazu die schwachen Charakterisierungen. Und: Ich hab zu lange keinen Plan, worum es eigentlich genau gehen soll, also im Sinne von: was sich die Autorin als Thema dachte.


    Schade, ich finde die Form einer Leserunde aber richtig klasse. Vielleicht liest z.B. Felix ja weiter, würde mich immer noch sehr interessieren.

  • Ich habe auch endgültig aufgegeben. Für einen weiteren Lesezirkel hatte ich hier aufgerufen:


    Falls noch jemand Interesse hat, können auch gerne in den November schieben.

  • Ich habe das Buch in den letzten Tagen der Sommerhitze gehört. Da ich Hitze schlecht vertrage bleibe ich bei Temperaturen über 30° zu Hause. Dann habe ich den Roman in 2 Tagen gehört. Mir hat er sehr gut gefallen.


    Aber es wundert mich nicht, dass das Buch hier nicht gut ankommt. Ich lese die Beiträge in diesem Forum häufig und viele Bücher, die hier gut ankommen, interessieren mich nicht oder haben mir nicht gefallen, wenn ich sie gelesen habe.


    Da der Roman hier durchfällt habe ich keine Lust zu erläutern, was mir daran so gefallen hat.

  • Da der Roman hier durchfällt habe ich keine Lust zu erläutern, was mir daran so gefallen hat.

    Oh, das finde ich sehr schade, denn verschiedene Ansichten und Geschmäcker machen für mich den Reiz einer Leserunde (und allgemein auch des Forums hier) aus. Würde gern eine andere Sicht lesen, weil es sowas grundsätzlich den - in diesem Fall meinen - Horizont erweitert. Ist hier ja kein upvoting / downvoting, sondern ganz individuelle Eindrücke.


    Vielleicht hast du ja doch noch Lust. :*

  • Susanne

    Bitte äußere doch deine Eindrücke, irgendwie habe ich das Gefühl, Dinge zu übersehen. Das liegt vielleicht an meiner "abgehackten"Hörweise oder einfach an Unaufmerksamkeit, aber die Handlung ist für mich teilweise so konstruiert


    dass sie für mich kaum nachvollziehbar ist und anderswo fällt es mir erst später auf, wie subtil die Autorin Dinge einfließen lässt

  • Der Roman hat ein Grundthema, was auch einige meiner Lieblingsbücher haben.


    Die Dichtomie zwischen einerseits: Kontrolle, Macht, Geldgier, Egozentrik. Andererseits: unkontrollierbare Kräfte wie Natur, Kreativität, Wunder und Unbeschreibbares.


    Das sind: die Kompanie, die Krähen, Henry Grey, der Priester.

    Andere sind eher neugierig: der Professor, der Kartograph, Weiwei, der Glasmacher.


    Maria Petrowna sucht Informationen, der Capitain sucht seine alte Heimat.


    Dass die Protagonisten nicht in der Tiefe charakterisiert werden passt ganz gut und ich fand das nicht störend. Es kommt auch eher darauf an, wie sie ihre Thematik verkörpern und nicht so sehr auf psychologische Tiefe.


    Mir hat gefallen wie das ganze im Epilog aufgelöst wird. Als Kooperation zwischen dem Ödland und den Menschen. Der Zug selbst ist das Bindeglied. Es geht um Zusammenarbeit und Kommunikation.

    Die Natur/das Unbekannte/das Ödland nicht kontrollieren und vermarkten zu wollen, sondern sich den unbekannten Einflüssen zu öffnen.“Wohin wird der große Zug uns bringen? Wir stehen am offenen Fenster und sehen dem Horizont entgegen.“


    Zugegeben der Prozess dahin ist am Anfang sehr ausführlich und könnte durchaus etwas kürzer sein.



    Mir fallen dazu zwei Bücher ein, die ich sehr mag und deren Grundthema ähnlich gestrickt ist.


    „Gewebte Welt“ von Clive Barker. Die Hüter der Fuge retten die Reste des Teppichs in einem Buch und die Wunderbare Welt der Fuge ist gerettet.


    „Die Stadt der träumenden Bücher“ von Walter Moers. Der Schattenkönig tötet Smeik und zündet Buchhaim an. Hildegunst von Mythenmetz erlangt das Orm.

    Flieh! Auf! Hinaus ins weite Land!

    Und die geheimnisvolle Schrift,

    Von eines Unbekannten Hand,

    Ist sie dir nicht Geleit genug?

    Erkennest dann der Sterne Lauf

    Und wenn Natur dich unterweist

    Dann geht es Ormes Kraft dir auf,

    Wie spricht ein Geist zum anderen Geist.

  • Ich hab das Buch im Zug nach Wien und zurück gelesen, und mir hat die ruhige Erzählweise

    sehr gut gefallen, dieses Ödland hat mich irgendwie an die Zone erinnert, von diesem Sf Roman,

    ich glaub es war "Picknick am Wegesrand". Das Buch will sich in kein bestimmtes Genre einfügen,

    was mir sehr gefiel. Die Stimmung im Zug, die etwas verlorenen Protags, alles hat was für sich.

    Gerade das Ruhige, kann auf manche ermüdend wirken, ich fands herrlich entspannt!

    Mir gefiel sehr gut!

  • Mir hat gefallen wie das ganze im Epilog aufgelöst wird. Als Kooperation zwischen dem Ödland und den Menschen. Der Zug selbst ist das Bindeglied. Es geht um Zusammenarbeit und Kommunikation.

    Ah, das ist eine super spannende Betrachtung!

    Mir fallen dazu zwei Bücher ein, die ich sehr mag und deren Grundthema ähnlich gestrickt ist.


    „Gewebte Welt“ von Clive Barker. Die Hüter der Fuge retten die Reste des Teppichs in einem Buch und die Wunderbare Welt der Fuge ist gerettet.

    Weaveworld war eine ganze Zeit lang eines meiner absoluten Lieblingsbücher, ich habs vermutlich über die Jahre hinweg mehr als fünf Mal gelesen. (Mich störten allerdings immer eine Handvoll Dinge / eine Haltung zu gut/böse und darüber konnte ich schließlich nicht mehr wegblicken, aber das nur am Rande.)


    Interessant, dass du da Schnittstellen siehst - vom Konzept her gehe ich mit, allerdings - wie du ja auch sagst - nicht vom Aufbau, denn Barker hat einen anderen, komplexeren und dynamischeren Plot-Aufbau.


    Siehst du, an solchen Punkten / Sichtweisen bin ich eben stark interessiert, das meinte ich mit 'meinen Horizont erweitern' - danke, echt spannend! :*

    dieses Ödland hat mich irgendwie an die Zone erinnert, von diesem Sf Roman,

    ich glaub es war "Picknick am Wegesrand"

    Absolut, daher war ich am Roman interessiert. Und genau, es ist Picknick am Wegesrand von den Strugatzkis (es gibt auch eine Art Minizone in ihrem Montag beginnt am Samstag: ein kleiner Sumpf). Das Buch hat das ganze Motiv 'erfunden': die Zone ist GULAG und auch spekulative freie Welt, dabei voller moralischer Fallstricke. Eines meiner Steckenpferde, seit Teeniezeit (ich hab Picknick nur wenige Jahre vor der Havarie von Reaktor 4 in Tschornobyl gelesen, vielleicht auch deswegen.)


    Obwohl der Wegweiser durchs Ödland auch in einer Art Sowjetunion spielt, hat die Zone im Buch aber nix mit diesem Aspekt zu tun, oder? Diese abandoned ghost trains neben dem Zug mit den Protas steht imA sicher für "Stalin's Railway", die Salekhard–Igarka-Linie. Aber ich hab dann nix gefunden, wo dieses wieder aufgegriffen wurde, das hat sich verflüchtigt wie meine anderen Assoziationen / Erwartungen - hab ich zu früh abgebrochen?

  • Ah, das ist eine super spannende Betrachtung!

    Weaveworld war eine ganze Zeit lang eines meiner absoluten Lieblingsbücher, ich habs vermutlich über die Jahre hinweg mehr als fünf Mal gelesen. (Mich störten allerdings immer eine Handvoll Dinge / eine Haltung zu gut/böse und darüber konnte ich schließlich nicht mehr wegblicken, aber das nur am Rande.)


    "Gewebte Welt" (damals war es unter dem Titel "Gyre" im Handel) ist immer noch eines meiner Lieblingsbücher. Einen gut-böse-Dualismus habe ich nie darin finden können.


    Schade, dass Barker sowas in der Art nicht mehr schreibt. Ich mag auch "Imagica" und "Das Sakrament" sehr. Ebenso die "Books of Art". Seine letzten Werke fand ich schlecht.

  • Mal eine kurze Wasserstandsmeldung von mir. Nachdem wir jetzt die zweite Krankheitsrunde in der Familie haben und darüber auch alel Arbeit liegen geblieben ist, bin ich tagelang nicht zum Lesen gekommen. Jetzt habe ich immerhin den ersten Teil hinter mich gebracht. Dass das Buch sich ebenso an Orientexpressgeschichten als auch an Picknick am Wegesrand samt Epigonen orientiert, liegt nicht nur auf der Hand, es sind gerade diese immer wieder durchscheinenden Vorbilder und der davon abgeleitete/inspirierte Weltenbau, die dazu führen, dass ich das Buch einfach richtig mögen will. Und dann passiert einfach nichts und ich finde mich in Erinnerungsrückblende nach Erinnerungsrückblende wieder, die zum Teil auch noch ungeschickt platziert sind. So kommt natürlich die Erinnerung an das Aufstöbern und Entsorgen eines "blinden Passagiers" auf, unmittelbar bevor ein neue blinde Passagierin aufgestöbert wird. Ich wünsche mir einfach, dass die Geschichte jetzt endlich ins Rollen kommt und nach vorne erzählt wird.

  • Bitte erwartet keine weiteren Beiträge mehr von mir. Ich habe zwar ein beträchtliches Stück weitergelesen, wurde von dem Zug aber leider nicht mitgerissen. Mittlerweile habe ich fremdgelesen und spürte sofort, wie sehr es mir hier gefehlt hat, anzudocken und mich mitnehmen zu lassen. Schade. Ich wollte dieses Buch wirklich mögen.

  • Im Anschluss lese ich von Donna Haraway "Unruhig bleiben: Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän". Das scheint mir eine gute Weiterführung des Themas auf einer wissenschaftlichen Ebene.

    Das habe ich schon lange vor.