Paolo Herras: Strange Natives - Die vergessenen Erinnerungen einer vergesslichen alten Dame


  • Willkommen, Fremder; willkommen, Fremde


    An einen wie großen Teil unseres Heimatlands kannst Du Dich erinnern? Unsere Vergangenheit ist neu geschrieben, neu vorgestellt und vergessen worden … von Invasoren, Kolonisatoren und auch von unseren hier geborenen Landsleuten. Wie viel von unserer Vergangenheit hältst Du für gesichert und für wahr? Niemand weiß es. Ist das nicht eigenartig? Unsere Vergangenheit ist für immer verloren, während wir uns freudig einer globalisierten Zukunft zuwenden. Das macht uns zu Fremden in unserem Heimatland … zu Fremden wie Grasya, einer vergesslichen alten Dame mit ihren vergessenen Erinnerungen.


    Quelle: https://www.dantes-verlag.de/a…#cc-m-product-12151159721

  • Elmar

    Hat den Titel des Themas von „Strange Natives - Die vergessenen Erinnerungen einer vergesslichen alten Dame“ zu „Paolo Herras: Strange Natives - Die vergessenen Erinnerungen einer vergesslichen alten Dame“ geändert.
  • Hat jemand von euch Interesse am diesem Buch? Ich habe es einmal sehr vorsichtig gelesen, aber es war nicht so recht meins und muss daher nicht bleiben.

  • Hier bekommt man genau das, was der Titel verspricht: Ein ausschweifendes Lebensporträt, bei dem Stringenz keine große Rolle spielt. Szenen der Gegenwart wechseln sich mit teils unbeschwerten, teils angsterfüllten Lebenserinnerungen ab, deren vollständigen Wahrheitsgehalt man in Frage stellen darf. So heißt es gleich zu Beginn: „Meine Erinnerungen gleichen Schmetterlingen. Flatterhaft sind sie und flüchtig.“ Ein Hinweis auf die Flüchtigkeit und Unsicherheit menschlicher Erinnerung.


    Grasya – die „alte Dame“ – verliert sich in Gedanken an ihre Jugend, an ihre Eltern und ihre Tante, die den alten Göttern nahesteht und die Kräfte der Natur zu nutzen weiß. Erste Liebe, erste Enttäuschung, ein Kind der Schande und eine Scharade, um die Familienehre zu retten. Autor Paolo Herras nutzt Grasyas persönliche Erzählung, um gleichzeitig die jüngere Geschichte der Philippinen zu reflektieren. Die stets präsenten Schmetterlinge verwandeln sich plötzlich in todbringende Gewehrkugeln – japanische Soldaten stürmen brutal die Hazienda, enteignen die Familie und nehmen Grasya ihr Kind. Ein Trauma, von dem sich Grasya nicht wieder erholen wird.


    Zeichner Jerico Marte verpackt diese Biografie in grandiose, überbordende Zeichnungen, von denen man sich einfach mitreißen lassen sollte. Die Bilder sind üppig und zugleich unfassbar detailliert; die pompösen Kleider der Damen wirken wie eine strotzende Fülle aus Blüten und Blättern, die Haarpracht erinnert bisweilen an dichtes Wurzelwerk, die Flügel der allgegenwärtigen Schmetterlinge sind mit symbolhaften Bildcollagen gefüllt. Die gesamte grafische Gestaltung fließt harmonisch und lässt den Blick sanft immer weiter gleiten.


    Abgerundet wird der Band durch einige Seiten mit Artwork und Skizzen. Übersetzer Jens R. Nielsen hat zudem informative Anmerkungen und Zusatzinformationen zu ausgewählten Passagen des Comics beigefügt.


    Insgesamt ist „Strange Natives“ ein außergewöhnlicher Comic, dessen beeindruckende Illustrationen ein größeres Format verdient hätten. Jeder, der bereit ist, über den Tellerrand des US-amerikanischen und franko-belgischen Comicangebots hinauszuschauen, sollte sich auf diese beeindruckende Lektüre einlassen.