Lesezirkel Das Fest der Schlangen Teil 1

  • Harry Crews beschreibt ein Bild höllischer Gewalt, das an Hieronymus Bosch erinnert. Joe Lon dreht durch und wird zum Ungeheuer. Allerdings ist er ein Monster, das Crews so kunstvoll darstellt, dass der Leser fasziniert ist und es vielleicht sogar ein bisschen verstehen kann.


    Das Fest der Schlangen
    Harry Crews beschreibt ein Bild höllischer Gewalt, das an Hieronymus Bosch erinnert. Joe Lon dreht durch und wird zum Ungeheuer. Allerdings ist er ein Monster,…
    www.festa-verlag.de


    Teil 1 Seite 1-112

  • Ich hab jetzt den ersten Teil gelesen, und mir gefiel er sehr gut.

    Der Roman pendelt sich so zwischen Country Noir und Southern Gothic ein,

    dabei meine ich auch eine Spur von Psycho Horror ausmachen zu können.

    Sprachlich erinnert es mich an Jack Ketchum oder den frühen Lansdale.

    Natürlich ist der Sprachgebrauch rüde, damit werden wohl einige Probleme haben,

    aber wenn man diese Seite des White Trash (Oder des Südens) beschreibt, muss man es machen

    um authentisch zu sein. Zur Handlung!

    Die Story dreht sich hauptsächlich um Joe Lon, ehemaliger Quarterback, der es nicht aufs

    College geschafft hat, den Getränkehandel seines Vaters weiterführt, und sich auf das

    alljährliche Schlangen Festival vorbereitet. Dabei lernen wir seine verdrehte Familie kennen.

    Seine Frau, von der Schwangerschaft der zwei Babies gezeichnet, und mit der Joe nicht grad liebevoll

    umgeht, und das wird ihm schmerzlich bewusst. Sein Vater, der Kampfhunde züchtet, und sie

    elendig behandelt. Die Szene mit dem Laufband wird den Hundeliebhabern nicht gefallen.

    Noch abgedrehter seine irre Schwester, die vlt nicht wirklich verrückt ist, aber eklige Sachen macht,

    erklärt wird im ersten Teil nicht, warum seine Schwester so ist. Aber bei dem Umfeld und Vater.

    Also wundert es wenig, das Joe Lon sein bester Kunde ist, und ziemlich viel säuft,

    dabei schwelgt er in Erinnerungen an seine High School Liebe, die auch sehr abgefahren war.

    Ihre jüngere Schwester Hard Candy macht es ihr nach, und ihr Lover Willard sehnt sich nach Ärger.

    Der zwielichtige Gesetzeshüter stellt Frauen nach, und das schon auf brutale Weise.

    Über allem erscheint immer das Leitmotiv der Schlange. Es findet überall Erwähnung,

    sei es beim Sex, dem anstehenden Festival, mit seinen bizarren Blüten, oder einer ordinären

    Fütterung. Oder um Beischlaf zu erzwingen, und das mit Folgen.

    Stellenweise schon harter Tobak, was uns der Autor hier zeigt, dennoch mit Unterhaltungswert,

    und flüssig zu Lesen! Bis jetzt, Daumen hoch!

  • Ich habe jetzt 80 Seiten durch und die anfängliche Begeisterung lässt nach. Das ganze ist natürlich sehr atmosphärisch, aber dreht sich auch irgendwie um sich selbst. Die Szenerie dieses Ort und der Menschen dort wiederholt sich und es ist ganz schön zäh, es passiert eigentlich nichts und das die Personen in dem Roman alle ein wenig irre sind, das hat wohl jetzt auch der begriffsstutzigste verstanden.

  • Also ich fand es nicht zäh, nur diese gepflegte Langeweile ist typisch für Southern Gothic,

    und der Autor will auch gar nicht, das seine Hauptprotags normal rüber kommen.

    Die Afroamerikaner schon sehr stereotyp, abergläubig und so, und eher im Hintergrund,

    aussser Lotie Mae.

  • Ich würde behaupten, dass der Roman als (ins Groteske überzeichnete) Sozialstudie gelesen werden kann. Ich nehme hier auch etwas aus Teil 2 mit rein, da eine klare Trennung für meinen Punkt nicht wirklich möglich ist: Diese Majorettes, die ihre Knie immer bis sonstwo reißen, selbst wenn sie nur aus dem Auto aussteigen, der ekelhafte Rassismus, der Machismo und die allgegenwärtige Gewalt - eine schöne Welt ist das ja nun wirklich nicht.

    Mit der Kultur dieses Teils der USA kenne ich mich exakt gar nicht aus, aber Elemente, die hier natürlich sehr geballt auftreten, findet man ja doch in vielen Büchern und Filmen zum Rural South. Darum denke ich, dass nicht alles, was Crews beschreibt, völlig aus der Luft gegriffen ist.

    Natürlich ist Crews kein Faulkner, aber das will er ja auch gar nicht sein. Er beschreibt eine Welt, in der der Penis regiert, bis der das eben nicht mehr tut.

  • Ich habe gar nicht realisiert, dass der Roman schon so alt ist. Könnte gut und gerne auch aktuell sein. An Landsdale habe ich auch denken müssen.


    Aber insgesamt, Holy Moses! Was für ein Teil. Voller verachtenswerter und bemitleidenswerter Charaktere. Wie der berühmte Autounfall, bei dem man einfach hinsehen muss.

    Das Ambiente fand ich durchweg unangenehm, schwitzig, siffig und alles kurz vorm Siedepunkt mit mühsam unterdrückten Gewaltbereitschaft.

    Ich würde das freiwillig nicht nochmal lesen, auch wenn ich nicht vollständig abgestoßen war, weil es immerhin in Ordnung geschrieben ist.


    Sehr gefallen hat mir die Realisierung der ersten paar Szenen, sie einen One Shot Charakter haben. Die imaginäre Kamera folgt ohne Schnitt einzelnen Charakteren in die nächste Szene und folgt von dort aus der nächsten Figur. Leider wird das nicht komplett durchgezogen.

  • Als Gesellschaftskritik werden hier schon 1976 die Finger klar in die Wunde gelegt. Rassismus, Patriarchat, Häusliche Gewalt, Alkoholismus. Und Joe Lon als Hauptfigur mittendrin, gebrochen, weil das Versprechen, dass das Leben eines erfolgreichen, regionalen Sportlers nicht hält, was es verspricht. Anscheinend hat es nur seine Ex-Freundin Berenice geschafft, aus Mystic durch ein Studium wegzukommen. Joe Lon muss den Schnapsladen seines Vaters übernehmen, hat eine sehr liebevolle, aber durch die Geburt zweier Kinder immer unansehnlichere Ehefrau, die er, wenn er besoffen ist, grün und blau schlägt. In Mystic spielen Schlangen vor allem eine große kulturelle Rolle und Joe Lon ist Veranstalter eines großen Schlangenfestes.


    Mystisch wird es im ersten teil, weil die BPOCs der Stadt ihn warnen, dass Lottie Mae verhext wurde. Sie sieht überall Schlangen, nachdem sie zum wiederholten Male vom Sheriff in Haft vergewaltig wurde. Zum Schluss scheint auch Joe Lons Schwester Beeder, die durch eine plötzliche und für die Lesenden noch grundlose Neurodivergenz nur vor dem Fernseher hockt und sich in einer Szene vor ihrem Bruder mit ihrem eigenen Kot einreibt.


    Meine Meinung: Es passiert nicht wirklich viel, außer dass diese unerträgliche Beklemmung stetig zunimmt und man gar nicht mehr wissen möchte, welche Geheimnisse für all das verantwortlich sind. Man spürt, dass Joe Lon kurz vor Eskalieren ist, ich wünsche mir nur, dass es nicht seien Frau und seine Kinder treffen wird. Mir hat das als Vorbereitung gefallen, ich fand es nur etwas langatmig, ohne genau festmachen zu können, welche Passagen man hätte streichen oder kürzen können.


    PS: Zum einen frage ich mich, ob auch im Originaltext die Kiffer und Esoteriker als Hesse-Leser so genannt wurden oder ob das ein übersetzerischer Spielraum war.


    Und zum anderen finde ich, dass es hier wichtig ist, den Begriff "Nigger" so zu verwenden, wie er verwendet wurde. Ich glaube nicht, dass die geballte Kritik mit einem anderen Begriff so funktionieren würde, Allerdings quält es mich, das Wort so oft lesen zu müssen.


    Fazit Teil 1: Liest sich flott und mit Unbehagen weg. Bisher mag ich es sehr gerne lesen.

  • Mir ging es ähnlich: So ziemlich alle Figuren, die im Buch agieren, sind auf die eine oder andere Weise abscheulich. Beeder, die Schwester, fand ich faszinierend, weil sie die Flucht nach innen angetreten ist - vielleicht, weil



    Berenice hat zwar den Ausbruch geschafft, aber selbst sie kommt zurück, und der Grund dafür kann nicht nur darin liegen, dass sie ihren neuen Freund herumzeigen möchte.


  • Boah seid ihr fleißig. X/

    Bei mir stehen gerade noch die tausend Verbrechen des Ming Tsu vor dem Abschluss, nächste Woche geselle ich mich dann zu euch und freue mich schon total. [Skl]

  • Mittlerweile habe ich rund ein Viertel des Buches gelesen. Wie viel Printseiten das genau sind, kann ich an meinem eBook nicht ablesen. Ich teile Elmars Eindruck, dass es wie ein Autounfall ist, bei dem man unweigerlich hinschaut, aber ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich von einem solchen Unfall in Romanlänge lesen möchte, zumal die Versatzstücke bisher nichts Überraschendes, nichts Neues, keine ungewöhnliche Perspektive bieten. Natürlich ist es etwas ungerecht, diesen Anspruch an ein Buch aus den 70ern zu richten, aber ich stelle trotzdem fest, dass ich beim Lesen gedanklich ziemlich abschweife. Mal sehen, wie es weiter geht. Den ersten Teil beende ich auf alle Fälle noch.

  • Okay, den ersten Teil habe ich durch und gestehe mir jetzt ein, dass dies nicht mein Stück Literatur ist. Deshalb klinke ich mich jetzt schon wieder wie ein schlechter Gast aus: Erst zu spät dazukommen, dann zu früh gehen. Oder gibt es doch etwas, das mich motivieren sollte, weiterzulesen?

  • Okay, den ersten Teil habe ich durch und gestehe mir jetzt ein, dass dies nicht mein Stück Literatur ist. Deshalb klinke ich mich jetzt schon wieder wie ein schlechter Gast aus: Erst zu spät dazukommen, dann zu früh gehen. Oder gibt es doch etwas, das mich motivieren sollte, weiterzulesen?

    Ich denke ich kann ruhigen Gewissens behaupten, d die Geschichte ist nichts für dich. Ich würde an deiner Stelle auch nicht weiter lesen.