Dino Buzzati – Die Festung (Il deserto dei Tartari)



  • Dino Buzzati: Die Festung (Il deserto dei Tartari)

    Aus dem Italienischen von Percy Eckstein u. Wendel Lipsius

    Sonderausgabe Europäischer Buchclub (nach d. Ausgabe im Biederstein Verlag). Stuttgart, Zürich, Salzburg o. J. (ca. 1955)

    Antiquarisch erhältlich


    Dieses Buch wollte ich schon lange lesen. Wie so oft, fällt einem das Gesuchte irgendwann zufällig in die Hand … so auch diesmal.

    Dino Buzzati (1906 – 1972) ist in verschiedenen deutschsprachigen (phantastischen) Anthologien vertreten. Relativ bekannt ist etwa die Story „Das Haus mit den sieben Stockwerken“, außerdem liegen mir noch vor „Der Mantel“ oder „Die Mäuse“. Als Hauptwerk gilt indessen der Roman „Il deserto dei Tartari“, der im Deutschen (wie hier) „Die Festung“, „Im vergessenen Fort“ (dt. Erstausgabe 1942) oder „Die Tatarenwüste“ heißt.

    Inhalt

    Der junge Leutnant Drogo kommt im Anschluss an die Militärakademie auf die Festung Bastiani. Sein Dienstort liegt in einer unwirtlichen Grenzgegend und bietet einen langweiligen, von wenig Abwechslung aufgelockerten Alltag. Der Sinn des Bauwerks: Es dient als Bollwerk gegen einen möglichen Angriff der Tataren, die in der jenseitigen Wüste – der Tatarenwüste – vermutet werden.

    Drogo versucht nach seiner Ankunft, so rasch wie möglich zu einer anderen Garnison versetzt zu werden. Es werden ihm Aussichten gestellt, Kameraden und Vorgesetzte raten ihm dieses und jenes, er schöpft Hoffnungen … tatsächlich aber rückt die Versetzung in immer weitere Ferne. Schließlich ergreift auch von Drogo die fixe Idee Besitz, dass die Festung Bastiani eines Tages von den feindlichen Tataren angegriffen werden könne.

    Über diese Idee, die ihm zum Daseinszweck wird, altert er. Jahrzehnte vergehen. Sein ganzes Erwachsenenleben verbringt er im militärischen Dienst auf der Festung. Schließlich erkennen die Soldaten auf der anderen Seite den Bau einer Straße. Ist dies die Heerstraße, die den – heiß ersehnten – Angriff der Tataren bringen soll? Und bleibt Drogo noch genügend Zeit, um diesen Angriff zu erleben … ?

    Mein Eindruck

    So eintönig wie der Dienst in der Festung spielt sich eben auch das Leben des Leutnant Drogo ab. Eine über weite Strecken ruhig erzählte Geschichte, sparsam mit Handlung durchsetzt. Um so mehr achtet man beim Lesen auf die kleinen Entwicklungen und Ereignisse und versucht sie, in den Gesamtzusammenhang einzuordnen. In seiner Ortsungebundenheit, seiner Zeitlosigkeit und wegen des irrealen Geschehens erscheint der Roman per se phantastisch. Einer eindeutigen Genre-Kennzeichnung entzieht er sich allerdings.

    Und sonst?

    Im Zusammenhang mit Buzzati fällt immer wieder der Name Kafka. Allerdings drängt sich bei Buzzati der parabelhafte Charakter stärker in den Vordergrund (der ja bei Kafka, wenn es ihn überhaupt gibt, einigermaßen schwer zu begreifen ist). So kann „Il deserto tei Tartari“ als Beitrag zum Existentialismus gelesen werden. Eine andere, sehr naheliegende, Auffassung thematisiert natürlich den unbedingten militärischen Gehorsam, der alle anderen Aspekte des Lebens verdrängt.

    Ausgaben

    Der antiquarische Markt wird nicht gerade überflutet mit dem Buch. Ich hätte gedacht (falsch gedacht!), meine Buchclub-Ausgabe (Halbleder, roter Kopfschnitt) sei weitverbreitet. Sie basiert auf der Fassung, die 1954 im Biederstein Verlag erschienen ist. Es sollte möglich sein, ein Exemplar für durchschnittlich 15 bis 20 Euro zu ergattern. Die bis zu 200 Euro, die für verschiedene Ausgaben verlangt werden, sind freilich utopisch.