Hermann Rossmann: Klas der Fisch
Rembrandt-Verlag. Berlin-Zehlendorf 1927
Antiquarisch erhältlich
Mal wieder ein Buch, das offensichtlich durch alle Raster gerutscht ist. Gegenwärtig scheinen weder die Phantastik-Forschung noch sonstige literarische Kanäle Roman und Autor auf dem Schirm zu haben. Dabei ist der Titel (neben weiteren) auf dem Antiquariatsmarkt verfügbar und auch sein Verfasser hat hie und da Spuren hinterlassen (dazu am Ende dieses Beitrags mehr).
Zum Inhalt
Bei der Titelfigur Klas handelt es sich um ein amphibisches Mischwesen. In seiner menschlichen Existenz verdingt sich Klas als Fischer – die Nähe zum Meer ist damit gegeben. Doch aufgrund seiner Fähigkeit, sich wie ein Fisch mühelos im und unter Wasser bewegen zu können, wird Klas von verschiedenen Wasserlebewesen als ebenbürtiger Partner und Freund anerkannt. So tummelt er sich mit Robben, geht mit einem Bären in einem Fjord auf die Jagd nach Lachsen und wird schließlich von einer eifersüchtigen Tigerhai-Dame nicht mehr aus den Augen gelassen. Dabei ist der Konflikt vorprogrammiert – denn Klas interessiert sich durchaus noch für menschliche Frauen …
Der kurze Roman beginnt damit, dass Klas mitbekommt, wie ihn sein eigenes Weib Gritta mit einem Fischerkollegen hintergeht. Es ist dabei die Frage, ob er zu dem Zeitpunkt überhaupt noch lebt oder sich ihm diese und die darauffolgenden Episoden als Visionen des Todes offenbaren. Denn gleich zu Anfang gerät er in einen fürchterlichen Sturm, der ihn über Bord seines Fischkutters wirft:
Zitat„Ich wälze mich rücklings in einem Wellental auf einer treibenden Masse bleicher Fischleiber, sehe vor mir mein rotes Segel als blutiges Fanal aufflackern … sinke, schlucke bitteres Wasser, ringe mich empor und schnappe nach Luft: Gritta, – ich komme.“
Diese Fragestellung hat der Autor interessant gelöst. Denn nach jedem Kapitel wird eine Seite mit einer kurzen, alternativen Lesart eingeschaltet, die die vorangegangenen Vorgänge wiederholt – aber eben immer mit einem Fragezeichen versehen (ein Beispiel für eine solche Seite habe ich als Bilddatei hinzugefügt).
Fazit
Ein erstaunliches Jugendwerk und ein Hymnus an die Meere dieser Welt, – die Klas erschwimmt, durchtaucht und buchstäblich erlebt, vom Polarmeer bis hin zu den Gewässern südlicher Gefilde. Hermann Rossmann bindet seinen Klas in einen ewigen Kreislauf aus Werden und Vergehen ein, in dem das Bewusstsein um Zeiten und Räume verständlicherweise keine Rolle spielen. Handelte es sich nicht explizit um den Lebensraum Meer, könnte man sich den Protagonisten auch als unermüdlichen kosmischen Wanderer denken …
Wer sich für maritime Lesestoffe begeistert und bereit ist, sich auf die experimentelle Machart des Buches einzulassen, sollte einen Versuch wagen. „Klas der Fisch“ ist mehrfach aufgelegt worden und antiquarisch problemlos erhältlich.
Zum Autor
Wenig genug ist (auf die Schnelle) über Hermann Rossmann herauszufinden. Ich habe mein spärliches Wissen aus dem „Deutschen Literatur Lexikon“ (Wilhelm Kosch) sowie dem „Internationalen biografischen Archiv“ (via „Munzinger online“).
Geboren 15.2.1902 in Berlin, gestorben an unbekanntem Ort, entweder 1983 oder 1985. Studierte in Berlin u. Marburg (Theologie, Philosophie). Tätig als Kaufmann. Nachweisbar in Wörgl/Tirol und Crailsheim/Württemberg. Literarisches Schaffen als Erzähler und Dramatiker, trat auch als Filmproduzent in Erscheinung.
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