Die zwei Gesichter der Shirley Jackson (54 books)

  • Das Buch habe ich auch vorbestellt, aber anscheinend ist es auf dem Postweg verloren gegangen. Zumindest kam bis heute noch nichts bei mir an.

    Trotzdem natürlich schön, dass endlich mal wieder etwas von Shirley Jackson auf Deutsch erscheint - Auch wenn mir einer ihrer Romane deutlich lieber gewesen wäre. Die sind aber immerhin beim Festa Verlag geplant. Dort sind ja auch schon die Neuauflagen von Jacksons "Spuk im Hill House" und "Wir haben schon immer im Schloss gelebt" erschienen.

    Auf "Krawall und Kekse" freue ich mich natürlich dennoch und hoffe das es eventuell die kommenden Tage doch noch in meinem Briefkasten landen wird. Den deutschen Titel finde ich allerdings grauenhaft. Im Original heißt das Buch "Raising Demons". Scheint mir deutlich passender zu sein. Besonders wenn man bedenkt, wie Kinder in den Romanen und Kurzgeschichten von Shirley Jackson dargestellt werden - Wie völlig fremdartige und bedrohliche Wesen... wie Dämonen eben.

  • Da kann ich jetzt angesichts des Originaltitels auch nur den Kopf schütteln.

    Klingt einfach wie das grauenhafte Stand-up-Programm einer ganz schlechten Comedian.


    Mein Ersatzexemplar ist heute übrigens angekommen. Anscheinend handelt es sich bei dem Buch auch doch um einen (autobiographischen) Roman - Ich hatte eher mit einer Sammlung von Texte und Essays gerechnet. Ich bin mal gespannt.

    Wer sich für das Leben der Autorin interessiert, dem kann ich übrigens noch den Film "Shirley" von 2020 empfehlen. Dort wird sie wirklich brillant von Elisabeth Moss verkörpert. Leider nie auf Deutsch erschienen.

  • Wer sich für das Leben der Autorin interessiert, dem kann ich übrigens noch den Film "Shirley" von 2020 empfehlen. Dort wird sie wirklich brillant von Elisabeth Moss verkörpert. Leider nie auf Deutsch erschienen.

    Oh, danke für den Hinweis. Den Film hatte ich vollkommen vergessen.

  • Den Film hatte ich vollkommen vergessen.

    Er hält sich zwar nicht ganz an die Fakten, aber ich habe ihn sehr gemocht.


    Noch eine kleine Berichtigung: Shirley Jackson hat in ihrem Leben mehrere autobiographische Romane geschrieben: U.a. "Life among the Savages" (1953) und "Raising Demons" (1957). Bei "Krawall und Kekse" handelt es sich um eine Übersetzung von ersterem, allerdings hat man dafür irritierenderweise das Original-Cover von letzterem verwendet, was bei mir zu der Falschannahme führte, es würde sich hier (wie oben behauptet) um "Raising Demons" handeln. Der deutsche Titel wird dadurch aber trotzdem nicht besser.


    Wenn nichts dazwischenkommt, werde ich heute mal mit der Lektüre beginnen...

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    Bin jetzt durch und leider wenig begeistert. Ich habe ja gewusst, dass wir hier kein "richtiges" Shirley Jackson-Buch erhalten, aber als Fan nimmt man halt was man kriegt. Zumal schon seit Jahrzehnten kein Buch mehr von ihr übersetzt wurde und man dementsprechend ausgehungert ist.

    Laut Verlag ist "Krawall und Kekse" ein Roman - Ich tue mich mit dieser Bezeichnung aber äußerst schwer. Es handelt sich viel eher um eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten, die (mal mehr mal weniger gelungen) miteinander verknüpft sind. Man merkt dem Ganzen dabei jederzeit an, dass es eigentlich mal eigenständige Texte waren, die die Autorin ursprünglich für diverse Frauenmagazine geschrieben hatte. Eine Handlung gibt es dabei nicht. (Im Nachwort versucht Übersetzerin Nicole Seifert zwar zu erklären, warum das hier trotzdem als Roman gelten sollte, ich gehe bei ihrer Argumentation aber nicht mit.)

    Die Autorin war vom Ergebnis übrigens auch nicht besonders überzeugt. Im Nachwort heißt es: "Über die literarische Qualität dieser Texte äußerte Shirley Jackson selbst sich sehr abwertend, für sie waren es potboiler – minderwertige Lohnarbeit", die sie auch nur schrieb, weil sie dafür extrem gut bezahlt wurde und sich so sorgenfrei ihrer Karriere als Schriftstellerin widmen konnte. Von dieser erfährt man in diesem Buch übrigens leider absolut nichts. Es geht hier rein um eine leicht fiktionalisierte Version ihrer Familie. Wer sich für das Leben der Autorin interessiert, braucht hier also nicht zuzugreifen.

    Shirley Jackson war wirklich eine fantastische Schriftstellerin, die in Deutschland viel zu wenig Beachtung findet – Es ist eine Schande dass "The Bird's Nest" und "The Sundial" immer noch nicht übersetzt wurden - "Krawall und Kekse" stellt dafür definitiv keinen Ersatz dar. Dann doch lieber mal wieder "Wir haben schon immer im Schloss gelebt", "Der Gehängte", "Die Teufelsbraut" oder "Spuk im Hill House" aus dem Regal ziehen. Alles absolut großartige Bücher.

  • Kurz nach meinem obigen Post, hat bei mir überraschenderweise der Briefträger geklingelt und mir das "verschollene" Exemplar übergeben. Soll heißen: Ich besitze das Buch jetzt 2mal. Da ich ein ehrlicher Mensch bin, habe ich diesen Umstand natürlich sofort dem Händler mitgeteilt. Laut ihm kann ich mit dem Buch machen "was ich will."

    Nils Ich weiß, ich habe hier nicht die beste Werbung für "Krawall und Kekse" gemacht, aber hättest du vielleicht Interesse? Ich würde dafür auch nichts haben wollen. Ich könnte dir auch noch die US-Blu-Ray von "Shirley" dazu packen, wenn du mir den Film nach Sichtung wieder zurückschickst. Streamen kann man ihn hier in Deutschland nämlich nicht.

  • Er hält sich zwar nicht ganz an die Fakten, aber ich habe ihn sehr gemocht.

    Nachdem der Cheddar Goblin (leider schon wieder länger absent *schnüff* ) den Film damals empfohlen hatte, habe ich ihn mir direkt besorgt - und jetzt dann ein knappes Jahr später auch endlich mal angesehen.




    Ich kann Shirley inhaltlich gar nicht über den Film hinaus bewerten, da ich bislang über die Person Shirley Jackson überhaupt nichts wusste. Es scheint einige Auslassungen und Inkonsistenzen zu geben (wie Cheddar Goblin auch schon anmerkte) und kontroverse Äußerungen gab es wohl seitens der noch lebenden Familie der Schriftstellerin.


    Wie dem auch sei: An sich handelt es sich um einen spannenden und intensiven biographischen Film, der eine bestimmte Phase von Jacksons Leben ausstellt. Angesiedelt ist die Handlung zum Ende der 40er bzw. Anfang der 50er Jahre; zu Beginn schreibt Jackson gerade an dem unheimlichen Roman Hangsaman, der 1951 erschienen ist, insofern müsste es mit der zeitlichen Fixierung ungefähr hinhauen. Jackson lebt mit ihrem Ehemann, dem Hochschuldozenten Edgar Hyman, in Vermont. Da Jackson fast nie das Haus verlässt, kann man beinahe von einem Kammerspiel sprechen. Maßgeblich getragen wird der Film von Elisabeth Moss, die mit Bravour eine psychisch derangierte, sozialphobische, trinkende Schriftstellerin darstellt, die sich unter seelischen Qualen meist einzig und allein auf ihre Literatur konzentriert. Ob Shirley Jackson wirklich so gewesen ist, weiß ich nicht, aber im Film funktioniert es perfekt und korrespondiert auf unheimliche Weise mit dem Werk und dem anthropoligischen Interesse der Autorin. Düsteres, tief wühlendes Triebleben spielt zwischenmenschlich und in punkto Sozialnormen eine Rolle - ein Aspekt, der wohl bei den Nachkommen besondere Ablehnung erfahren hat. Der unterhaltsamen Dynamik des Films tut dies aus meiner Sicht keinen Abbruch.


    Man kann Shirley allerdings nicht vorwerfen, ein Avantgarde-Projekt zu sein. Nein, in vielerlei Hinsicht sieht man ein recht konventionelles Biopic vor sich, das mit erwartbaren Mitteln suggestive Sogkraft entfaltet. Macht aber nichts: Die Mixtur gelingt, wird dem Anspruch des Films offenbar gerecht, sodass man einen atmosphärisch hervorragenden Einblick in die damalige Zeit erhält (tolle Sets und zeitgenössische Musik --> The Bell Sisters) und einmal mehr vorgeführt bekommt, dass Literatur als Filmthema ungemein tauglich sein kann. Ich wurde in jedem Fall dazu angeregt, endlich mal systematisch Shirley Jackson zu lesen.