• "Der Dämon in der Stadt" ist aber auch in der Anthologie "17 Dämonen Stories" (Herausgeber: Manfred Kluge) erschienen. Siehe hier. Deine Storysammlung scheint (was die beteiligten Autoren betrifft) jedoch die interessantere Wahl zu sein.

    Gut zu wissen … ich habe mich immer mal wieder gefragt, ob es in dieser Reihe zu Überschneidungen gekommen sei. Allerdings sehe ich mich außerstande zu sagen, welcher von den beiden erwähnten Bänden der bessere sein könnte. Auch die 17 Dämonen Stories warten ja mit einigen sehr interessanten Sachen auf … Ich habe übrigens immer Interesse meine Sammlung zu komplettieren und werde mir auf kurz oder lang wohl auch diesen Band zulegen.


    Da ich gerade dabei bin mir ein paar Werke von Robert Bloch zu besorgen - Welche Erzählung von ihm ist denn in "11 Grusel Stories" enthalten?

    In den 21 Grusel Stories ist von Bloch enthalten: Der Schädel des Marquis (The Skull of the Marquis de Sade). Es gibt übrigens noch die Bände 12 Grusel Stories, 15 Grusel Stories und 16 Grusel Stories.

  • Allerdings sehe ich mich außerstande zu sagen, welcher von den beiden erwähnten Bänden der bessere sein könnte.

    Das ist natürlich Geschmackssache. Den Inhalt von "21 Grusel Stories" kenne ich ja auch gar nicht. Die Namen Bloch und Bradbury hatten nur sofort mein Interesse geweckt.

    In den 21 Grusel Stories ist von Bloch enthalten: Der Schädel des Marquis (The Skull of the Marquis de Sade).

    Danke für die Info. Ich muss mal nachsehen, ob ich die Geschichte nicht schon in einer anderen Anthologie habe. Der Titel kommt mir irgendwie bekannt vor.

    Es gibt übrigens noch die Bände 12 Grusel Stories, 15 Grusel Stories und 16 Grusel Stories.

    Ja, bei der Namensgebung war man damals bei Heyne richtig kreativ.

    Weiter geht's mit "Das Katzenhotel"...

    ...oder auch nicht. Falsches Buch aus dem Regal gezogen, daher stattdessen:


    Gespensterschach



    Handlung:

    Als der Schachspieler Stirf Ritter gedankenverloren durch die Stadt bummelt, landet er vor einem Antiquitätenladen, den er zuvor noch nie gesehen hat. Dort entdeckt er nicht nur eine äußerst seltene Schachfigur, sondern auch noch die Uhr eines der größten Schachgenies aller Zeiten, die unter Sammlern ein Vermögen wert ist. Er kauft die zwei Stücke zum Spottpreis, doch die Freude über die Schnäppchen hält nicht lange an - Zwar spielt er plötzlich so gut Schach, wie noch nie in seinem Leben, aber er wird auch jede Nacht von grauenhaften Träumen und Visionen heimgesucht.

    Ritter beginnt zu recherchieren und erfährt, dass jeder, der die Uhr besessen hat, völlig psychotisch wurde und anschließend unter mysteriösen Umständen gestorben ist. Und auch Ritters Zeit scheint allmählich abzulaufen... zumindest die Uhr fängt plötzlich an zu ticken...


    Meinung:

    Die Geschichte findet man in der Anthologie "Science Fiction Stories 76", die 1975 bei Ullstein erschienen ist. Sie hat 22 Seiten.

    Schach begegnet einem bei Leiber ja öfters, z.B in seiner Lovecraft-Pastiche "The Dreams of Albert Moreland". Der Autor war auch selbst ein begnadeter Spieler und hat zu Lebzeiten diverse Turniere gewonnen. Sowieso ist der Protagonist hier mal wieder deutlich als Alter Ego von Leiber zu erkennen: Er trägt einen deutschen Nachnamen, lebt in San Francisco etc.

    Und auch die Uhr in der Geschichte gibt oder gab es wirklich. Deren Besitzer Paul Morphy galt als absolutes Schachgenie, litt später unter einer paranoiden Schizophrenie und starb 1884 an einem Schlaganfall. Besagte Uhr verschwand dann irgendwann 1921 und man weiß bis heute nicht, wo sie abgeblieben ist. Leiber bietet in seiner Geschichte nun eine mögliche Erklärung an.

    Auch wenn „Gespensterschach“ in einer Sci-Fi-Anthologie erschienen ist, handelt es sich hier um eine reine Horrorstory – Und zwar um eine recht klassische, die z.B. auch von Blackwood hätte stammen können. Die Prämisse und die einzelnen Elemente sind dabei sicher nicht neu (ein geheimnisvoller Antiquitätenladen, der plötzlich wieder spurlos verschwindet; ein wertvolles Objekt, das seinem Besitzer nur Pech bringt), aber die Umsetzung ist zweifellos gelungen und Leiber schafft es im Verlauf der Handlung eine wirklich unheimliche Atmosphäre zu kreieren.

    Nur über das Ende kann man sicher streiten. Der drohende Ausbruch des Grauens wird von Ritter jedenfalls, auf recht unspektakuläre Art und Weise, abgewendet. Man kann Leiber aber auch einfach zugutehalten, dass Ritter (anders als circa 90% aller Protagonisten in solchen Stories) nicht einfach sehenden Auges in sein Verderben rennt und stattdessen völlig logisch und rational handelt.

    „Gespensterschach“ ist mMn jedenfalls eine gelungene und lesenswerte Geschichte, die durch ihren realen Background nochmal an Faszination gewinnt und die ich auch deutlich stärker als "The Dreams of Albert Moreland" fand. Wer klassische Weird-Fiction mag, macht hier definitiv nichts falsch.


    Als nächstes werde ich jetzt aber definitiv "Das Katzenhotel" lesen...

  • Das Katzenhotel



    Handlung:

    Helen Hunters Mann ist ständig auf Geschäftsreise. Und wenn er mal da ist, völlig betrunken. Alles was ihr bleibt sind ihre Katzen Gummitch und Psycho und die regelmäßigen Besuche ihrer verhassten Schwiegermutter im Altersheim. Nach einem solchen verläuft sich Helen in der Stadt und stößt irgendwann auf ein altes viktorianisches Gebäude, das sich als Katzenhotel herausstellt – Ein Ort, an den man sein Haustier abgeben kann, wenn man in Urlaub fährt. Betrieben wird das Hotel von Wendy Wicks, doch die feministische Tierärztin scheint irgendetwas zu verbergen. Je mehr Zeit Helen mit ihr verbringt, desto stärker bekommt sie das Gefühl, dass die Frau in Wahrheit eine Hexe ist...


    Meinung:

    Die Geschichte findet man in der Anthologie "Nacht in den Ruinen", dem 68. Band der „The Magazine of Fantasy and Science Fiction“-Reihe von Heyne (1984). Sie hat 21 Seiten.

    Das Katzen-Thema ist ja recht typisch für Leiber. Genau wie die vielen Anspielungen auf das Werk von William Shakespeare (hier sind es vor allem die drei Hexengeschwister aus „Macbeth“). Die Namen der Figuren (Helen Hunter, Wendy Wicks) hätte hingegen auch dem Kopf von Stan Lee entsprungen sein können.

    Leiber erzählt die Geschichte interessanterweise teilweise aus Sicht der Katze Gummitch, die durchaus einen recht speziellen Blick auf die Welt der Menschen hat. Dieser Ansatz erinnert etwas an "Roog" von Philip K. Dick – Auch wenn das Tier hier nicht völlig psychotisch ist und Leiber damit auch ein völlig anderes Ziel verfolgt.

    Den Großteil der Handlung erleben wir aber sowieso aus der Sicht von Helen. Frauenfiguren sind bei Leiber ja immer so eine Sache (und schwanken häufig zwischen nervig-hysterisch oder reinen Fetischobjekten/ Sexphantasien) – Hier kriegt er es aber mMn wirklich gut hin und zeichnet ein stimmiges und äußerst feinfühliges Bild einer gebrochenen Frau, die außer ihren Katzen nichts mehr im Leben hat und sich daher in eine Phantasiewelt voller Hexen und Monster flüchtet. Sicher kein Meisterwerk, aber ganz nett.

  • Weiter geht's...


    Vier Geister in Hamlet




    Handlung:

    Bruce Usher ist Teil der Theatergruppe Govemor's Company, die sich mit den Werken von Shakespeare beschäftigt. Unter ihnen befindet sich auch Guthrie - Ein brillanter Schauspieler, der jedoch einen starken Hang zum Alkohol hat. Da er während den Vorführungen immer häufiger besoffen ist, darf er bei Hamlet daher nur noch die kleine Rolle des Geistes übernehmen.

    Eines Tages spielt die Gruppe im Monarch – Ein altes und finsteres Gebäude, in dem schon jahrelang keine Vorführung mehr stattgefunden hat und in dem sich inzwischen unzählige Fledermäuse und Ratten ausgebreitet haben. Der Ort löst bei allen sofort ein ungutes Gefühl aus. Besonders bei den Damen, die kürzlich angefangen haben mit einem Ouija-Board herumzuexperimentieren...

    Kurz vor der Vorführung ist dann auch noch Guthrie spurlos verschwunden und kann trotz intensiver Suche nicht gefunden werden. Notgedrungen ernennen sie einen Ersatz und beginnen ohne ihn. Doch pünktlich zu seinem Einsatz betritt er überraschenderweise die Bühne und liefert dabei die Performance seines Lebens ab. Doch befindet sich unter dem Kostüme wirklich Guthrie? Oder vielleicht ein echter Geist?


    Meinung:

    Die Geschichte findet man in der Heyne-Anthologie "18 Geisterstories", ausgewählt und herausgegeben von Manfred Kluge. Erschienen ist das Buch 1978. Leibers Geschichte hat 32 Seiten.

    Mit Shakespeare-Schauspieler kennt sich der Autor ja bestens aus. Seine Eltern waren schließlich selbst welche. (Sowieso ziehen sich die Werke des englischen Dramatikers durch das gesamte Schaffen von Leiber. An einer Stelle der Geschichte lässt er seine Hauptfigur sagen: "Ich weiß von keinem Schauspieler, dessen Charakter nicht durch Shakespeare gestärkt, dessen Weltbild durch ihn nicht erweitert worden wäre.")

    Dementsprechend lebendig und authentisch beschreibt er hier auch die Theatergruppe und verwendet viel Zeit darauf die einzelnen Mitglieder vorzustellen. Dass ist für die eigentliche Handlung zwar völlig unerheblich, aber zu keiner Zeit langweilig.

    Ähnlich wie "Geisterschach" ist "Vier Geister in Hamlet" generell eine eher subtile Schauergeschichte, bei der bis zum Ende nicht klar wird, ob sie überhaupt phantastische Elemente enthält, oder eben nicht.

    Und wo wir gerade beim Ende sind – Das fällt zweifelsfrei ziemlich gelungen aus. Um mal Frank Duwald zu zitieren: "...Und dann folgt einer der schauerlich-schönsten Momente in der phantastischen Literatur: Der Auftritt des Geistes, der sowohl dem Publikum in der Geschichte als auch Fritz Leibers Lesern den Atem raubt. Dabei ist sehr bemerkenswert, wie wenig Hilfsmittel Leiber benötigt, um eine Atmosphäre des Unheimlichen zu erzeugen..." (dandelion)

  • Sowieso ziehen sich die Werke des englischen Dramatikers durch das gesamte Schaffen von Leiber.

    Wie, das sagst du jetzt erst?! ^^ Das muss ich unbedingt lesen - magst du sagen, wie der Originaltitel der Geschichte lautet? EDIT: Sorry, grad selbst gefunden: der deutsche Titel entspricht ja dem englischen. Es gibt auch eine hübsche Audioversion, leider ohne Jahresangabe, klingt aber nach den 70es.


    Fun fact: Leiber hat wohl neben seinem Vater selbst in Hamlet mit gespielt: Bild 1 und Bild 2. Und auch in der Titelrolle, einem Artikel in der New York Times nach zu urteilen, der ist aber leider hinter einer Paywall versteckt.

    Ein brillanter Schauspieler, der jedoch einen starken Hang zum Alkohol hat. Da er während den Vorführungen immer häufiger besoffen ist, darf er bei Hamlet daher nur noch die kleine Rolle des Geistes übernehmen.

    Interessant - typischerweise ist das wohl eine Doppelrolle (König Hamlet in Geistergestalt / sein Bruder bzw. Mörder, Claudius).

  • Wie, das sagst du jetzt erst?!

    Ich bin mir sicher dass der Name William Shakespeare hier schon öfters gefallen ist. Es gibt eigentlich kaum ein Buch von Leiber, wo der Mann nicht erwähnt oder zitiert wird. In "Vier Geister in Hamlet" taucht er vielleicht sogar als handelnde Figur auf. Vielleicht aber auch nicht.

    Das muss ich unbedingt lesen.

    Wie gesagt, es ist wirklich eine gelungene Schauergeschichte, aber sie zählt jetzt auch nicht unbedingt zum Besten was Leiber je geschrieben hat. Da würde ich zum Einstieg andere Geschichten empfehlen. Aber falsch machen, kann man mit den vier Geistern definitiv auch nichts.

    Es gibt von ihm übrigens noch eine weitere tolle Erzählung, die von einer Theatergruppe (und auch ein bisschen von Shakespeare) handelt - "Macbeath und Queen Elisabeth". Auf Deutsch findet man sie in der wirklich fantastischen Storysammlung "Spekulationen".

    magst du sagen, wie der Originaltitel der Geschichte lautet?

    "Four Ghosts in Hamlet", aber das hast du inzwischen ja auch schon selbst herausgefunden.

  • Das Hexenei



    Handlung:

    Als Giles Warwell erwacht, ist seine Frau Joan spurlos verschwunden. Schon am Abend zuvor hatte sie sich recht merkwürdig benommen und glaubte, dass jemand versucht ihre Gedanken zu kontrollieren. Wurde sie vielleicht entführt?

    Auf dem Nachttisch befindet sich jedoch ein Abschiedsbrief von ihr. Dort schreibt sie, dass sie seinen "langweiligen Konformismus" einfach nicht mehr länger ertragen konnte und ihn verlassen hat - Doch Giles glaubt nicht, dass der Brief tatsächlich von seiner Frau stammt.

    Als er ihr Labor betritt, entdeckt er dort ein mysteriöses Ei von der Größe eines menschlichen Kopfes, das an diversen Kabeln angeschlossen ist und auf einer Wärmeplatte liegt. Da er sich aus all dem keinen Reim machen kann, beschließt er Joans Freundinnen aufzusuchen und sie zu befragen. Allmählich kommt er so einem schockierenden Geheimnis auf die Spur....


    Meinung:

    Die Erzählung, die diverse Anspielungen auf die Hexenprozesse von Salem enthält, findet sich in der Heyne-Anthologie "11 Hexen Stories", herausgegeben von Günter M. Schelwakat. Der Band erschien 1973, die enthaltene Leiber-Geschichte (im Original: "Hatchery of Dreams") stammt allerdings schon aus dem Jahr 1961.

    Hätte ich raten müssen, hätte ich sie jedoch wesentlich früher verortet. Hier finden sich nämlich wirklich extrem viele Parallelen zu Leibers Debüt "Conjure Wife". Die Geschichte wirkt generell eher wie ein früher Entwurf dieses Romans und nicht wie etwas, was er erst 20 Jahre später zu Papier gebracht hat. Ein äußerst seltsames und misslungenes Selbstplagiat. Durch die kurze Form kommt er hier aber immerhin wesentlich schneller auf den Punkt. Unterhaltsamer wird es dadurch leider trotzdem nicht.

    Die Frauenfiguren in dieser Geschichte sind auch mal wieder reine Männer- bzw. Leiberphantasien: Blutjung, sexy, exhibitionistisch und natürlich auch noch nymphoman. Daneben gibt es noch ein extrem albernes und absolut furchtbares Finale. "Hexenei" ist wirklich ein totaler Reinfall!

  • Es gibt von ihm übrigens noch eine weitere tolle Erzählung, die von einer Theatergruppe (und auch ein bisschen von Shakespeare) handelt - "Macbeath und Queen Elisabeth". Auf Deutsch findet man sie in der wirklich fantastischen Storysammlung "Spekulationen".

    Cool danke, danach schaue ich mal im Original (ich vermute mal, der Titel ist wieder entsprechend).

    Wie gesagt, es ist wirklich eine gelungene Schauergeschichte, aber sie zählt jetzt auch nicht unbedingt zum Besten was Leiber je geschrieben hat. Da würde ich zum Einstieg andere Geschichten empfehlen. Aber falsch machen, kann man mit den vier Geistern definitiv auch nichts.

    Ich hab inzwischen die Audiofassung angehört und finde es wirklich sehr stimmungsvoll, auch witzig, ohne dass es unpassend humorig wird (sehr feine, klassisch britische Ironie, auch wenn Leiber Ami war). Den Twist hab ich nicht als so große Überraschung gesehen, aber die Idee mit den vier Geistern ist wirklich ausgesprochen originell. Insgesamt - wie du sagtest - auch ein authentischer Einblick ins Theaterleben, allein deshalb haben sich die fast 1,5 Std. Zuhören gelohnt.

    Einzige Kritik wäre, dass das Foreshadowing mit dem ständigen Betrunkensein etwas zu lang/häufig und damit zu offensichtlich geraten ist, v.a. weil die Geschichte in den Passagen bissl auf der Stelle tritt.

    Ich bin mir sicher dass der Name William Shakespeare hier schon öfters gefallen ist. Es gibt eigentlich kaum ein Buch von Leiber, wo der Mann nicht erwähnt oder zitiert wird. In "Vier Geister in Hamlet" taucht er vielleicht sogar als handelnde Figur auf. Vielleicht aber auch nicht.

    My bad, ich habe die meisten, aber nicht alle Besprechungen hier im Faden gelesen, dann muss mir grad das durchgerutscht sein. [Gh2]

  • Cool danke, danach schaue ich mal im Original...

    Ich hätte allerdings erwähnen sollen, dass die Geschichte in Leibers Change War-Universum spielt und man evtl. leichte Verständnisprobleme kriegen könnte, wenn man vorher nicht "Big Time" ("Eine große Zeit") gelesen hat. Dieser kammerspielartige Roman ist ebenfalls sehr theaterhaft (und wenn ich mich richtig erinnere, taucht dort auch Shakespeare in persona auf), ich fand ihn aber nur wenig gelungen. Genau wie "Macbeath und Queen Elisabeth" handelt es sich auch um reine Science Fiction, die gänzlich ohne Horror(elemente) auskommt.

    ...allein deshalb haben sich die fast 1,5 Std. Zuhören gelohnt.

    Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.

  • Der Phantommörder



    Handlung:

    Ein einsamer, depressiver und völlig mittelloser Mann bezieht das Zimmer seines verstorbenen Onkels, den er nie kennengelernt hat. Im Schreibtisch des ehemaligen Polizisten findet er unzählige Zeitungsartikel, die sich alle mit einem gewissen "Phantommörder" befassen, der völlig wahllos Menschen ermordet hat und dessen Taten stark an Jack the Ripper erinnern.

    Sein Neffe fühlt sich in dem kleinen Raum sofort unwohl. Zudem fängt er langsam an sich zu verändern und seinem Onkel dabei unbewusst immer ähnlicher zu werden. Zumindest wenn er den Äußerungen des schmierigen Vermieters Glauben schenken darf. Er dekoriert die Wohnung des Verstorbenen genauso, wie vor dessen Tod; sitzt in der gleichen Position im Sessel etc.

    Um seine geistige Verfassung steht es ebenfalls schon bald nicht mehr besonders gut: Jede Nachts wird er von grauenhaften Alpträumen geplagt, die sich alle um die bestialischen Taten des Phantommörders drehen. Und er bekommt immer mehr das Gefühl, dass er von diesem zum Werkzeug gemacht werden soll...


    Meinung:

    Zu finden ist die Geschichte im dritten Band von "Necrophobia – Meister der Angst" aus dem Festa Verlag. Erschienen ist die Sammlung 2010.

    Was Leiber hier schreibt ist nicht wirklich neu und das Ende ist sicher auch extrem vorhersehbar, aber trotzdem ist "Der Phantommörder" mMn eine ganz nette Schauergeschichte geworden. Was überwiegend an Leibers Schreibstil liegt. Besonders die verstörenden Traumsequenzen des namenlosen Protagonisten, in denen er als körperloses Wesen durch die Stadt reist, beschreibt der Autor äußerst eindrücklich: "Als ich näher kam, erkannte ich das Gesicht. Es war mein eigenes. Ich hoffe zu Gott, dass mich niemals jemand so sieht, wie ich in diesem Augenblick aussah. Das Gesicht war zu einem Zwischending zwischen Grinsen und einer drohenden Fratze verzogen. Die Nasenlöcher zuckten. Die Augen quollen aus den Höhlen hervor, sodass das Weiße um die Iris herum zu sehen war. Es war mehr das Gesicht eines Tieres als das eines Menschen."

    Und die grenzenlose Verachtung und den Hass, den die Hauptfigur plötzlich gegenüber der Stadt und ihren Bewohnern empfindet, erinnert durchaus etwas an Thibaut de Castries, aus Leibers "Herrin der Dunkelheit". Er wäre jedenfalls sicher mit großer Begeisterung dessen Hermetischen Orden der Onyx-Dämmerung beigetreten.

    Fazit: Kein essentieller Beitrag in Leibers Horror-Œuvre. Die Geschichte lebt größtenteils von ihrer beklemmenden Atmosphäre, denn was den Inhalt betrifft weiß man wirklich von Anfang an, worauf alles hinauslaufen wird. Soll heißen: Kann man lesen, muss man aber nicht. Dennoch schön dass Festa die Geschichte übersetzt hat. Wenn ich mich nicht irre, dürfte es die letzte Leiber-Übersetzung ins Deutsche sein. Der Verlag wird nächstes Jahr aber noch einen Band mit seinen Lovecraft-Geschichten veröffentlichen.

  • Gespensterlicht



    Handlung:

    Nachdem seine Mutter an einer Barbiturat-Überdosis gestorben war, hatte Wolf den Kontakt zu seinem verhassten Vater Cassius eigentlich für immer abgebrochen. Jahrzehnte später befindet er sich jedoch mit Frau und Sohn in dessen "düsteren, viel zu großen und ziemlich unheimlichen Haus", um sich wieder mit ihm auszusprechen.

    Doch die Familie fühlt sich in dem Anwesen von Anfang an extrem unwohl. Dazu trägt sicher auch das bizarre und äußerst verstörende Ölgemälde von Wolfs Mutter bei, welches ein exzentrischer Künstler namens Estelan Bernadotte angefertigt hat. Neben der Malerei hat dieser zudem noch an recht experimentellen und schrägen Erfindungen gebastelt, von denen Cassius ein paar aufbewahrt.

    Als sie eine davon auf dem Dachboden finden und sie aktivieren, nimmt das Unglück seinen Lauf: Wolfs Sohn Tommy sieht plötzlich seine tote Großmutter, die aus seinem Nachtlicht zu kommen scheint; Cassius leidet unter schrecklichen Alpträumen, in denen ihn ein völlig entstellter und verbrannter Estelan besucht... und dann zieht auch noch ein gewaltiger Sturm auf, der das ganze Haus in den Abgrund zu reißen droht. Das zuvor schon extrem fragile Familiengefüge gerät immer mehr ins Wanken...


    Meinung:

    Erschien 1986 im Band "Phantastische Literatur 86" bei Bastei Lübbe. Geschrieben hat Leiber die Geschichte jedoch bereits zwei Jahre zuvor. Mit 66 Seiten ist sie recht lang ausgefallen und könnte fast schon als Novelle bezeichnet werden. Es handelt sich um eine seiner letzten Arbeiten.

    "Gespensterlicht" scheint mir ziemlich autobiographisch zu sein. Cassius (gab es den nicht auch bei Shakespeare?) ist, genau wie Leiber, ehemaliger Alkoholiker und seine Frau beging mit Barbituraten und Alkohol Selbstmord. Sollte er wirklich ein Alter Ego des Autors sein (und das sind viele Figuren bei Leiber), dann geht dieser hier jedoch ziemlich hart mit sich ins Gericht: Cassius hat durch seinen Alkoholismus seinen Sohn völlig vernachlässigt; ist ein alter Lüstling, der junge (sehr junge) Frauen angräbt und war am Abend an dem seine Frau starb, so zugedröhnt dass er es noch nicht mal mitbekommen hat. Schlimmer noch, er hat sogar die Befürchtung dass er sie im Rauschzustand erwürgt haben könnte und sich nur nicht mehr daran erinnern kann. Das lässt sich sicher nicht alles eins zu eins auf Leiber übertragen, aber er scheint hier definitiv ein paar Schuldgefühle und Traumata zu verarbeiten.

    Besonders das Thema Alkohol kommt dabei immer wieder zur Sprache: "Alles hier oben wurde mit Alkohol gewaschen – die Universität, Helen, Esteban, meine ganze Vergangenheit – und hat alles grau gefärbt. Auf den Bildern liegt Alkoholstaub."

    Daneben unterhalten sich Cassius und Wolf jedoch auch noch regelmäßig über Horrorliteratur – Besonders über M.R. James und Ambrose Bierce, deren Geschichten im Verlauf der Handlung noch wichtig werden. Schließlich haben Beide über ein seltsames Gemälde geschrieben, das Menschen umbringt.

    Phantastische Elemente kommen hier jedoch erst gegen Ende ins Spiel. Dann erschafft Leiber aber durchaus eine paar creepy Momente. Z.B. wenn Tommy vom Geist seiner toten Großmutter heimgesucht wird: "Ich wachte auf. Das Gespensterlicht war an. Es gebar Grandma. Sie kam hinter mir her. Von der Decke bis zum Fußboden! Das Licht bringt sie! Ihr grünes Ballongesicht hat gesummt."

    Und auch das eigentliche Finale fällt extrem gelungen und intensiv aus.

  • "Gespensterlicht" war tatsächlich die letzte Geschichte von Fritz Leiber, die ich hier noch rumliegen hatte. Auch wenn es reiner Zufall ist, scheint sie mir auch ein recht passender (wenn auch sicher nur vorläufiger) Schlusspunkt für meinen kleinen Lesemarathon zu sein. Immerhin blickt Leiber dort, in Gestalt von Cassius, auf sein Leben und seine Fehlschläge zurück und (Spoiler!) findet am Ende schließlich den Tod.

    Es gibt aber noch unzählige Anthologien, in denen sich weitere Geschichten des Autors finden und in Zukunft werde ich mir sicher auch die ein oder andere davon zulegen und seine Beiträge hier vorstellen. Zudem erscheint im November ja noch der dritte "Weltenschöpfer"-Band, der ein ausführliches Interview mit Fritz Leiber enthalten wird... und bei Festa ist für nächstes Jahr ebenfalls noch etwas von ihm für "Lovecrafts Bibliothek des Schreckens" geplant... und vielleicht kramt ja auch Axel noch ein paar Schätze aus seinen unendlichen Bücherhallen hervor.


    Zum Abschluss sei hier aber noch "Fritz Leiber - Schöpfer dunkler Lande und unrühmlicher Helden" von Hardy Kettlitz und Christian Hoffmann erwähnt, welches ich vor ein paar Tagen gelesen habe:


    Fritz Leiber - Schöpfer dunkler Lande und unrühmlicher Helden



    Klappentext:

    "Fritz Leiber (1910-1992) zählt zu den einflussreichsten US-amerikanischen SF-, Fantasy- und Horrorautoren des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine abenteuerlichen und schillernden Erzählungen um Fafhrd und den Grauen Mausling erfreuen auch heute noch unzählige Fans in aller Welt. Daneben ist er der Verfasser einiger bedeutender Klassiker der Phantastik wie etwa 'Herrin der Dunkelheit', 'Hexenvolk' und 'Wanderer im Universum'.

    Hardy Kettlitz und Christian Hoffmann liefern einen interessanten und ausführlichen Überblick über Leben und Werk dieses einflussreichen und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichneten Schriftstellers. Zahlreiche Abbildungen, eine umfassende Bibliographie von Hans-Peter Neumann und ein Vorwort von Joachim Körber runden den Band ab."


    Meinung:

    Das im Klappentext erwähnte Vorwort von Joachim Körber, war teilweise schon in "Das Meerweib" zu finden. Dementsprechend dreht sich hier alles um Leibers Lankhmar-Stories. Auf seine Person oder seine Horror- und Sci-Fi-Erzählungen wird dabei nicht eingegangen. Wirklich schade.

    Das Körber großer "Fafhrd und der Graue Mausling"-Fan ist, ist ja bekannt, schließlich hat er all ihre Abenteuer bei EP veröffentlicht. Das sei ihm auch anstandslos gegönnt, den Band mit diesem Text zu beginnen, halte ich jedoch für eine ziemlich unglückliche Entscheidung. Leiber auf seine Rolle als Fantasy-Autor zu reduzieren, wird ihm nämlich definitiv nicht gerecht. Und das liegt nicht daran, dass ich mit dieser Facette seines Schaffens nichts anfangen kann (was ein Fakt ist), sondern weil sie eben auch nur genau das ist – Eine Facette, die einen Bruchteil seines literarischen Gesamtwerks ausmacht.

    Nur das wir es mal kurz erwähnt haben: Von seinen 12 Romanen ist nur ein einziger dem Fantasy-Genre zuzuordnen, von den 216 Kurzgeschichten, die er im Laufe seines Lebens verfasst hat, sind es (wenn ich mich nicht irre) gerade mal 35...

    Danach folgt glücklicherweise die wesentlich gelungenere Einleitung von Kettlitz und Hoffmann, die auch einen kurzen biographischen Abriss beinhaltet. Wie üblichen bei den SF-Personality-Bänden arbeiten sie sich anschließend chronologisch durch die deutschen Veröffentlichungen des Autors. Das heißt: Kurze Inhaltsangabe + kurzes Fazit.

    Was die Einschätzung von Leibers Kurzgeschichten angeht, bin ich zwar nicht immer ihrer Meinung (ist eben alles Geschmackssache), bei den Romanen würde ich ihnen dafür jedoch interessanterweise fast ausnahmslos zustimmen. Z.B. sehen sie das gelobte "Hexenvolk" ähnlich kritisch wie ich: "Es mag sein, dass dieser Roman für die damalige Zeit wichtig und auch aufschlussreich war. Heute ist er wohl eher aus historischer Sicht interessant. Es war durchaus berechtigt, dass der Roman in Deutschland in der trashigen Reihe 'Vampir-Horror-Romane' bei Pabel (...) erschienen ist."

    Für "Licht der Finsternis" finden sie völlig zu Recht nur lobende Worte – Besonders was den enormen Ideenreichtum angeht. Die Kritik zu "Schicksal mal drei" fällt dafür dann jedoch recht vernichtend aus: "Wirrer Mischmasch aus Mythologie, SF und Pseudopsychologie." Auch wenn sie dort "eine gewisse Nähe zu Autoren wie Jean-Paul Satre und vor allem Albert Camus" entdecken wollen. Ich weiß, dass der Roman nicht perfekt ist und ursprünglich hatte Leiber ihn auch völlig anders geplant, aber mir hat er dennoch ziemlich gut gefallen. In meinem Ranking ist er sogar auf Platz 4 gelandet.

    Besonders gefreut hat es mich aber dass "Das Grüne Millennium", welches allgemein meist nicht so gut wegkommt, hier als Leibers unterschätztestes Werk bezeichnet wird, welches seiner Zeit weit voraus war: "Wäre The Green Millennium 15 Jahre später erschienen, hätte vielleicht sogar ein Kultbuch der Hippie-Bewegung daraus werden können."

    Leibers, mit dem Hugo-Award ausgezeichneten, Roman "Eine große Zeit" bekommt das Urteil - "Befremdlich". Und auch da kann ich ihnen nicht widersprechen. "Die programmierten Musen" wird allerdings wesentlich positiver besprochen als bei mir. Einig sind uns wieder bei "Wanderer im Universum", "Herrin der Dunkelheit" und "Ein Gespenst sucht Texas heim": "Dass er ausnahmslos eher unsympathische Figuren auftreten lässt, macht den Roman trotz der Fülle an witzigen Einfällen zu einer letztlich nicht ganz befriedigenden Lektüre."

    Letzteres kann ich von "Schöpfer dunkler Lande und unrühmlicher Helden" übrigens nicht behaupten. Manchmal fallen die Texte zwar etwas oberflächlich aus - Auf das Thema Sex, welches bei Leiber ja durchaus sehr wichtig ist und teilweise auch recht seltsame Blüten trägt, wird beispielsweise gar nicht eingegangen - als Leiber-Fan kann man hier aber bedenkenlos zugreifen und erhält ein wirklich gelungenes Nachschlagewerk.

  • Ich habe mal vor Jahren eine übersetzte Kurzgeschichte von Fritz Leiber gelesen (ich meine in einer Anthologie), in der ein Mann auf Anweisung seiner tyrannischen Ehefrau, seine Katze(n) in den Keller verbannen muss, und er sie (die Katze) heimlich füttert. Ich finde ums Verrecken nicht heraus, welche Story das war. Weiß es jemand von euch?