• Die Herren von Quarmall

    (Enthält die Bücher "Schwerter im Nebel" und "Schwerter gegen Zauberei")



    Klappentext:

    "Fafhrd und der graue Mausling erleben auch im zweiten Band ihrer phantastischen Abenteuer auf dem Planeten Newhon wieder gar schreckliche Erlebnisse mit falschen Priestern und Zauberinnen, schrecklichen Bergwüsten und geheimnisvollen Ränkeschmieden in unterirdischen Königreichen. Und immer können sich unsere Helden mit letzter Not aus allen bedrohlichen Situationen retten. Das ihnen die mit List erbeuteten Beutestücke unter der Hand zu nichts zerrinnen, hält sie nicht davon ab, es erneut zu versuchen."


    Inhalt & Meinung (Teil Eins):

    Das dritte Buch "Schwerter im Nebel" beinhaltet die Kurzgeschichten "Die Wolke des Hasses", "Schwere Zeiten in Lankhmar", "Ihre Herrin, das Meer", "In Abwesenheit des Königs der Meere", "Die falsche Abzweigung" und die Novelle "Adepten-Gambit".

    Zuvor gibt es aber noch eine kurze Einleitung von Raymon E. Feist – Ein Mann den ich, obwohl er schon unzählige Romane veröffentlicht hat, ehrlich gesagt erst mal googeln musste. Er bezeichnet Fafhrd und den Grauen Mausling jedenfalls als "die größten Schöpfungen der modernen Fantasy" und hebt nochmal deren Alleinstellungsmerkmal hervor. Für ihn ist Fritz Leiber in Sachen Fantasy sogar bedeutender als ein gewisser Autor der "Herr der Ringe"-Saga:

    "Die meisten von uns im Genre werden heutzutage ständig mit J.R.R. Tolkien verglichen. Das ist eine Vermarktungsstrategie und hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Würde man uns fragen, würden die meisten vermutlich offen zugeben, daß Fritz Leiber unser geistiger Vater ist, und wir rackern uns ununterbrochen ab, um mit dem großen alten Mann Schritt zu halten..."

    Das sind doch mal eine paar Ansagen. Ob sie wirklich haltbar sind, kann ich nicht beurteilen. Bevor ich angefangen habe, mich mit Fritz Leiber zu beschäftigen, hatte ich im Gegensatz zu Frodo & Co. von Fafhrd und dem Mausling jedoch noch nie etwas gehört. Ich bin in dem Genre aber zugegebenermaßen auch nicht besonders bewandert.

    Auf das Vorwort folgt "Die Wolke des Hasses". Für mich, um schon mal etwas vorzugreifen, mit Abstand die beste Geschichte des gesamten Buches. Allein schon der pathosgeschwängerte und äußerst adjektivstarke Einstieg weiß zu gefallen: "Trommeln schlagen gedämpft einen nervenaufreibenden Rhythmus, rote Lichter flackerten hypnotisch im unterirdischen Tempel des Hasses, wo zerlumpte Gläubige knieten und sich kasteiten und inbrünstig die Stirnen gegen die kalten schmutzigen Pflastersteine drückten..."

    Priester des Hasses beschwören hier ekloplasmatische Geistergase - Jeder der in diesen bizarren Nebel eintaucht, gerät in einen unstillbaren Blutrausch und richtet ein Massaker an. Gegen Ende kommen dann sogar noch ein paar Tentakel ins Spiel. Und dadurch, dass Leiber in dieser ungemein atmosphärischen Geschichte, ständig die Perspektiven und Orte wechselt, zeichnet er noch ganz beiläufig ein äußerst komplexes Bild von Lankhmar und seinen zwielichtigen Bewohnern. Großartig!

    In "Schwere Zeiten" gehen die beiden Krieger dann erstmals getrennte Weg. Was zum Bruch geführt hat, wird zunächst nicht geklärt. War es ein Streit um Geld? Um eine Frau? Oder über die korrekte Aussprache von Fafhrds Namen? Leiber übt hier auf gelungene Art und Weise Religionskritik, die Erzählung ist dennoch etwas zäh geraten. Generell schreibt er bei seinen Fantasy-Stories meist in einem extrem ausschweifenden Stil, bei dem die eigentliche Handlung fast schon nebensächlich wird und sich Sätze auch gerne mal über eine halbe Seite erstrecken. Manchmal entfacht er so eine gewaltige Sogwirkung, manchmal langweilt er damit aber auch einfach nur.

    "Ihre Herrin, das Meer" ist dann eine reine Filler-Story, die auch nur als Prolog für die nächste Erzählung fungiert. An einer Stelle heißt es "Die Reise verlief ereignislos", was das Problem dieser Geschichte ziemlich perfekt auf den Punkt bringt – Es passiert einfach nichts.

    "In Abwesenheit des Königs der Meere" ist dann leider ebenfalls ziemlich banal. Fafhrd und der Graue Mausling befinden sich auf hoher See, um sich dort mit ein paar Meerjungfrauen zu vergnügen – That's it! Neben reiner Beutegier wird Sex sowieso immer häufiger zur Hauptmotivation der beiden Krieger. Schrieb ich in meiner Kritik zum ersten Buch, dass mir die Abenteuer immer dann am besten gefallen haben, wenn sie mal ihre Schwerter stecken ließen, gilt selbiges definitiv auch für ihre Penisse. Auch wenn Leiber hier später durchaus noch ein paar atmosphärische Unterwasserbilder auspackt.

    In "Adepten-Gambit" nehmen Fafhrd und der Mausling dann gleich eine gewaltige, interdimensionale Odyssee auf sich, nur damit sie endlich mal wieder zum Zuge kommen – Aufgrund eines Fluches verwandeln sich nämlich all ihre Sexualpartnerinnen in Schweine und Schnecken und das muss schleunigst rückgängig gemacht werden. Was Lovecraft an dieser Geschichte so gefallen hat? I don't know. Ich hätte ihn jetzt nämlich nicht unbedingt für einen Connaisseur des frivolen Schenkelklopfer-Humors gehalten. Auch wenn der "Sexfluch" hier natürlich nur als Ausgangslage der Geschichte dient und ich mit meinem Urteil daher vielleicht etwas hart bin. Diese gut recherchierte Erzählung auf ihren Anfangsgag zu reduzieren, ist sicher auch höchst unfair, ich hatte nach dem misslungenen Einstieg jedoch schnell das Interesse an "Adepten-Gambit" verloren und größere Teil dann auch nur noch überflogen. Shame on me.

    Im ersten Buch war der Humor ja noch auf einem angenehmen Level, hier wirken die Geschichten jedoch stellenweise fast schon wie eine reine Parodie.


    Inhalt & Meinung (Teil Zwei):

    Das vierte Buch "Schwerter gegen Zauberei" beinhaltet die Geschichten "Im Zelt der Hexe", "Sternenrampe", "Die zwei besten Diebe in Lankhmar" und die Novelle "Die Herren von Quarmall".

    "Im Zelt" ist mit seinen 5 Seiten mal wieder nur ein Zwischenspiel - Aber ein äußerst stimmungsvolles. Besonders den körperlichen Zerfall der Hexe schildert Leiber recht eindrücklich und auch der Humor funktioniert hier ausnahmsweise mal.

    Auch "Sternenrampe" beginnt ziemlich vielversprechend. Fafhrd und der Mausling besteigen dort einen zyklopischen Berg. Spoiler: Der Berg wird jedoch nicht das Einzige sein, was sie in dieser Geschichte besteigen werden. Doch zunächst: Seltsame Geräusche, ein geheimnisvolles Leuchten, Halluzinationen... irgendwann werden sie dann auch noch von unsichtbaren Flugwesen und riesigen Würmern angegriffen. Leiber erzeugt hier durchaus eine bedrohliche Atmosphäre, am Ende läuft (ich habe es, für ein unglaublich flaches Wortspiel, ja schon verraten) aber mal wieder alles nur auf Sex hinaus. Am Gipfel der Sternenrampe erwarten unsere Helden nämlich äußerst attraktive und willige Frauen, die Fafhrd und den Mausling sofort in die Kiste locken und anschließend mit schwülstigen Liebesbekundungen überhäufen. Wirkt wie eine einzige Sexphantasie.

    "Die zwei Diebe" ist erneut nur ein kurzes Interlude für die Novelle "Die Herren von Quarmall". Bei dieser handelt es sich übrigens um die einzige Erzählung bei der Harry Otto Fischer, der die Figuren zusammen mit Leiber erfand, etwas geschrieben hat. Die ersten 10.000 Wörter um genau zu sein. Danach blieb "Die Herren" jedoch jahrelang unbeendet, bis Leiber sich das Fragment irgendwann wieder vornahm. Stilistisch merkt man den Wechsel nicht, es ist jedoch auffällig dass der Mausling in seiner Rolle als Magier bei Fischer deutlich stärker in Erscheinung tritt, während er bei Leiber ja meist nur zum reinen Schwertkämpfer "degradiert" wird. Dennoch gehörte "Die Herren von Quarmall" für mich zu den eher langatmigen Geschichten des Buches.


    Fazit:

    Deutlich schwächer als der erste Band. Während es in "Der unheilige Gral" immer wieder ein paar wirkliche Highlights gab, hat mich hier eigentlich nur "Die Wolke des Hasses" völlig überzeugt. Die meisten Erzählungen sind mMn einfach zu lang und langatmig erzählt. Zudem hat mich der immer stärker werdende Humor-Anteil gestört.

  • Ursprünglich sind diese in Deutschland in sieben Bänden, zwischen 1972 und 1997, bei Heyne erschienen - Jedoch nur in gekürzter Form.

    Weißt du dazu Genaueres? Hast du Vergleichsmöglichkeiten?


    Ich habe die ersten sechs Bände in zwei dicken Sammlungen, Schwerter von Lankhmar und Schwerter im Nebel. Die stehen recht weit oben auf meiner Leseliste. Es wäre höchste Zeit, dass ich mir die endlich mal vornehme.

  • Weißt du dazu Genaueres? Hast du Vergleichsmöglichkeiten?

    Leider nicht. Ich besitze nur die Bände der Edition Phantasia.

    Ich weiß nur, dass die Kürzungen bei Heyne fast sämtliche Geschichten betreffen. In jedem EP-Band gibt es am Ende immer die Angabe, wo die Geschichten erstmals erschienen sind. Dort werden in 95% der Fälle die vorherigen Veröffentlichungen als "gekürzt" oder "leicht gekürzt" angegeben. Und die Übersetzungen sollen wohl auch nicht so gut sein. Auch wenn ich diesbezüglich schon unterschiedliche Meinungen gehört habe.


    Den ersten Band "Der unheilige Gral" würde ich gerne behalten. Allein schon wegen dem ganzen Bonusmaterial. Und auch weil mir dort doch einige Geschichten wirklich gut gefallen haben. Sollte Interesse bestehen, kann ich dir (wenn ich sie alle gelesen habe) aber gerne Band 2,3 und 4 überlassen. Ich würde dafür auch nur ein paar Euro für Porto & Verpackung haben wollen.

  • Das sind mal wieder extrem unterhaltsame Rezensionen, dear Goblin! Vor allem, weil es stellenweise nach Durchquälen klingt.

    Aufgrund eines Fluches verwandeln sich nämlich all ihre Sexualpartnerinnen in Schweine

    Gerade im Kontext von 'Odyssee' und 'Sirenen': Ist das ein umgegenderter Circe-Fluch? Das wäre ziemlich witzig und würde zum Sex-Kontext passen. (Zumindest die Schweine, die Schnecken könnten - das jetzt allerdings wirklich eher qua fuzzy logic - diesen Bezug haben. So man einen finden möchte und wenn Leiber ein ähnlich nerdiger Recherchierer war wie Lovecraft).

  • Das sind mal wieder extrem unterhaltsame Rezensionen, dear Goblin! Vor allem, weil es stellenweise nach Durchquälen klingt.

    Danke, Katla. I suffer for your entertainment, denn "Durchquälen" trifft es leider größtenteils ziemlich perfekt. Die restlichen Bände werde ich wohl auch nicht mehr komplett durchlesen.

    Gerade im Kontext von 'Odyssee' und 'Sirenen': Ist das ein umgegenderter Circe-Fluch? Das wäre ziemlich witzig und würde zum Sex-Kontext passen.

    Ganz sicher spielt Leiber darauf an. Die Odyssee spielt in der Geschichte ja auch eine große Rolle, die beiden Krieger reisen durch ein Dimensions-Tor sogar irgendwann ins alte Griechenland... Ich erkenne die Qualität der Geschichten auch durchaus an, merke aber einfach immer mehr, dass das alles nicht wirklich my cup of tea ist (Was mir eigentlich auch schon vorher klar war). Mit Leibers Horror- und Sci-Fi-Geschichten kann ich deutlich mehr anfangen. Das ist aber sicher Geschmackssache.

    Ich hoffe wir können trotzdem Freunde bleiben, Fritz. Es liegt eindeutig an mir und nicht an dir.

  • Weiter geht's...


    Der traurige Henker

    (Enthält die Bücher "Schwerter von Lankhmar" und "Schwerter und Eismagie")



    Klappentext:

    "Fafhrd und der Graue Mausling entdecken im dritten Band ihrer phantastischen Abenteuer auf dem Planeten Newhon eine geheime Zivilisation von Ratten tief unter den Katakomben ihrer Heimatstadt Lankhmar, müssen Zauberern und Piraten trotzen und sich mit depressiven Scharfrichtern und seltsamen Eismonstern herumplagen. Doch stets können sich die Helden mit List aus allen Gefahren retten. Obwohl sie am Ende meist mit leeren Händen dastehen, stellen sie ihr Glück immer wieder aufs Neue auf die Probe."


    Inhalt & Meinung:

    Das fünfte Buch besteht nur aus dem Roman "Die Schwerter von Lankhmar". Bisher dachte ich Leiber hätte über Fafhrd und den Grauen Mausling nur Kurzgeschichten geschrieben, aber damit lag ich wohl falsch. Hatte ich noch vor ein paar Seiten behauptet, alle Leiber-Romane (bis auf seine Tarzan-Adaption) gelesen zu haben, muss ich meine Aussage also wieder revidieren.

    Da ich die meisten Kurzgeschichten aus dem Lankhmar-Universum bisher aber schon recht zäh und langatmig fand, hat diese Erkenntnis bei mir nicht unbedingt für Begeisterung gesorgt – Auch wenn Neil Gaiman, im wirklich lesenswerten Vorwort, "Die Schwerter von Lankhmar" als seinen Lieblingsroman bezeichnet. U.a. weil sich dieser zur handelsüblichen Fantasy verhält "wie ein schwarzer Panther zu einem verwirrten Kätzchen". Eine Metapher, die dem ailurophilen Leiber sicher gefallen hätte. Gaiman schreibt weiter: "'Die Schwerter von Lankhmar' veränderten mein ganzes Weltbild, und es veränderte das, was ich von meiner Fantasy erwartete."

    Starke Worte. Nach der langen und für mich recht beschwerlichen (Lese)reise hatte ich allerdings nicht mehr die Muße mich durch diese 250 Seiten zu kämpfen. Ein bisschen reingelesen habe ich dann aber doch. Leiber gibt hier definitiv von Anfang an Vollgas und veranstaltet bereits im ersten Kapitel ein gewaltiges Chaos. Und leichte Sci-Fi-Elemente kommen später sogar auch noch ins Spiel (wirken aber eher wie ein Fremdkörper). Irgendwann hatte er mich mit seiner Ratten-Invasion dann aber doch verloren. Für Fantasy-Fans ist das hier aber sicher ein empfehlenswertes Buch, das für viele sogar als Highlight bzw. inoffizielles Finale der Fafhrd & Mausling-Stories gilt.


    Das sechste Buch "Schwerter und Eismagie" beinhaltet dann acht, größtenteils sehr kurze Geschichten: "Der traurige Henker", "Schöne und Bestie", "Im Schattenland gefangen", "Der Köder", "Den Göttern ausgeliefert", "Gefangen im Meer der Sterne", "Die Frostmonstreme" und "Eislanden".

    Manche davon sind wirklich nur wenige Seiten lang. Gerade angefangen, schon sind sie wieder vorbei. Teilweise wirkten sie auf mich fast schon wie Skizzen oder erste Entwürfe. Leiber ging damals scheinbar etwas die Puste aus. Vielleicht lag es an seinem Alkoholismus. Vielleicht am Tod seiner Frau. Wer weiß.

    Der Tod spielt in fast allen Geschichten generell eine äußerst große Rolle und auch der Humor wird wieder deutlich zurückgefahren. Wirklich lesenswert fand ich davon aber trotzdem keine. Soweit ich mitbekommen habe, besteht aber auch unter den Lankhmar-Fanboys größtenteils Konsens darüber, dass es nach dem Roman doch etwas Berg ab ging.

  • Ich fürchte auch zum letzten Band bzw. den darin enthaltenen Geschichten und Novellen, kann ich nicht viel Erhellendes beitragen...


    Das Meerweib

    (Enthält das Buch "Ritter und Knappe des Schwerts" und daneben jede Menge Bonusmaterial)



    Klappentext:

    "Fafhrd und der Graue Mausling müssen auch im vierten und letzten Band ihrer phantastischen Abenteuer auf dem Planeten Newhon wieder phantastische Abenteur bestehen. Inzwischen sind sie auf Eislanden seßhaft geworden, aber ihre Reisen und Unternehmungen bringen sie auch dort immer wieder in mißliche Situationen. Doch stets können sich die Helden mit List aus allen Gefahren retten. Mit dem Erscheinen des vierten und letzten Bandes liegt einer der maßgeblichen Fantasy-Zyklen endlich in ungekürzter Form vor. Die hochgelobte Neuübersetzung bringt Leibers meisterliche Fabulierkunst endlich zur Geltung."


    Inhalt & Meinung:

    Ich habs durchgezogen... zumindest teilweise... also irgendwie...fast. Ein völliger Abbruch hätte sich ja auch nicht gut gemacht – Sieht im Lebenslauf immer doof aus. Also, here we go. Der letzte Band namens "Das Meerweib". Was für ein schrecklicher Titel. Aber egal.

    La grande Finale muss im Fall meines bescheidenen Leseberichts aber leider ziemlich antiklimaktisch ausfallen. Aber hey, das war beim Fantasy-Epos "Game of Thrones" ja auch schon so – Zumindest wenn man den Fans glauben darf. Ich hab "Das Meerweib" jedenfalls komplett geskippt und kann rein gar nichts dazu sagen. Oder anders formuliert: Ich habe vorm Schicksalsberg kapituliert. Der Ring wird niemals im Feuer landen. I'm sorry.

    (Aber wo wir gerade bei "GoT" und "HdR" sind: Es verwundert schon, dass aus Leibers Werk bis heute noch keine Serie gemacht wurde. Mein Vorschlag: Taika Waititi übernimmt die Regie, Chris Hemsworth schlüpft in die Rolle von Fafhrd, Peter Dinklage spielt den Grauen Mausling. Das Ding wird wahrscheinlich absolut grauenhaft und wäre todsicher ein kommerzieller Hit.)


    Weiter geht's also direkt mit dem achten Buch, welches nur aus Bonusmaterial respektive drei Essays besteht:

    In "Wie Pech und Schwefel" berichtet Jens Schumacher darüber, dass Tolkien bei ihm in seiner Kindheit ein riesiges Vakuum hinterlassen hatte, denn kein anderer Autor konnte mit ihm mithalten – Zumindest bis er Fritz Leiber kennenlernte. Besonders der Humor in den Geschichten wird von Schumacher gelobt – Genau mit dem konnte ich persönlich ja eher weniger anfangen.

    Meine Theorie: Vor Leiber war Sword & Sorcery ja anscheinend eine bierernste Angelegenheit (siehe z.B. "Conan"), ich kann mir daher durchaus vorstellen, dass die Abenteuer von Fafhrd und dem Graue Mausling damals für viele einem Befreiungsschlag gleichkamen. Da heutzutage in Sachen Phantastik aber keine Geschichte mehr ohne Augenzwinkern und ironische Brechung auskommt (besonders im Kino, siehe z.B das MCU) ist das alles vielleicht einfach nicht mehr so revolutionär und bahnbrechend wie damals.

    In "Proletarier im Fantasy-Land" zeichnet Joachim Körber dann nochmals die Entstehungsgeschichte von Leibers Fantasy-Werk nach, geht (wie schon Moorcock) auf die Verdienste der Herausgeberin Cele Goldsmith ein, lobt die Geschichten, die ich nicht mochte und verurteilt genau die Geschichten, die ich mochte (:D). Und ein leichtes Joachim Kalka-Bashing gibt es auch noch gratis dazu. Okay.


    Herzstück und Highlight ist aber sicher Leibers eigener Text "Mein Leben und Werk", welcher aus den beiden Teilen "Wie ich dazu kam Horror-Storys zu schreiben" und "Wie ich dazu kam Science Fiction zu schreiben" besteht. Interessanterweise hier kein Wort über Fantasy.

    Im ersten Teil berichtet der Autor jedenfalls von seiner Kindheit und Jugend, Shakespeare, seinem Psychologie und Philosophie-Studium, seinen ersten literarischen Gehversuchen ("Darin gab es jede Menge Düsternis und Einsamkeit..."), von seiner Frau, die später an einer Überdosis starb und mal wieder von seinem Kontakt zu Lovecraft: "Ich betrachtete den 'alten Gentleman' (der tatsächlich erst sechsundvierzig war, nur zwanzig Jahre älter als ich) zunehmend als meinen literarischen Mentor."

    Die Geschichte "Smoke Ghost" (auf Deutsch "Das Ruß-Gespenst", erschienen in der fantastischen Storysammlung "Spekulationen") bezeichnet er übrigens als seinen ersten Durchbruch als Schriftsteller: "Dort gelang es mir endlich, das zu beschreiben, was mir die ganze Zeit vorgeschwebt war." Es handelt sich dabei aber auch zweifellos um eine absolut großartige Geschichte.

    Leiber erwähnt auch, dass er Science Fiction eigentlich immer mehr mochte als Horror, es ihm zunächst aber unglaublich schwer viel etwas in diesem Genre zu verfassen: "Wenn ich heute auf diese Zeit zurückblicke, liegt für mich auf der Hand, daß es mir leichter fiel, übernatürliche Horror-Storys zu schreiben, weil ihre Struktur und Dynamik einfach waren und meinen eigenen Erfahrungen näher lagen." Generell nutzte er diese Geschichten häufig, um sich seinen eigenen Ängsten und Traumata zu stellen.

    Im zweiten Teil geht es dann u.a. um Pearl Harbor und Leibers "unheroischen Pazifismus" (von dem ihm spätesten Hitler kurierte). Zudem berichtet er über die Entstehung seiner ersten drei Romane. Z.B. wie er auf die Idee zu "Hexenvolk" kam. Nämlich durch eine spöttische Bemerkung des Unkown-Herausgebers John W. Campbell über die Handtasche einer Frau. Zudem erfährt man, dass sämtliche Figuren aus dem Roman reale Vorbilder hatten.

    Über "Hexenvolk" sagt er außerdem: "Ich kann sagen, alles in allem machte die Niederschrift von Conjure Wife [so der englische Titel] Frauen menschlicher für mich, machte mich zum Feministen und weckte keineswegs die Überzeugung in mir, daß Frauen bedrohliche Männer beherrschende Flittchen sind, obwohl man in dem Buch zugegeben beides in reichem Maße findet." Letzteres stimmt definitiv und dieser Fakt hat u.a. den Roman für mich auch ziemlich unerträglich gemacht. Generell ist Leibers feministische Botschaft bei mir nicht so ganz angekommen. Aber was solls.

    Nach seinem zweiten (und vielleicht besten Buch "Das Licht der Finsternis"), welches er unter der permanenten Angst schrieb, eingezogen zu werden, sollte dann eigentlich ein Mammutwerk über drei Parallelwelten, namens "Roots of Yggdrasil", entstehen. Doch Campbell weigerte sich damals energisch etwas so Umfangreiches zu veröffentlichen, so dass Leiber seine geplante Story extrem ausdünnte und um 2/3 kürzte. Ein Fehler, der wie er schreibt "meine Entwicklung als Schriftsteller, wie ich heute glaube, gravierend behindert hat." Dennoch ist "Destiny Times Three" beziehungsweise "Schicksal mal drei" (wie das Ganze dann später Im Original und auf Deutsch hieß) mMn ein ziemlich unterhaltsamer Roman geworden.

    Gerne hätte ich noch etwas über die Entstehung seiner späteren Werke erfahren, doch mit der Veröffentlichung seines dritten Romans endet das Essay dann leider. Und damit dann auch meine Beschäftigung mit Fafhrd und dem Grauen Mausling. Zumindest teilweise. Ich hab hier ja immerhin noch zwei Comicbände über die Beiden rumliegen...

  • Wie angekündigt hier noch ein paar Worte zu den beiden Comic-Adaption. Auch wenn mich Leibers Lankhmar-Geschichten nicht wirklich überzeugen konnte, war ich auf diese durchaus gespannt. Besonders auf den Band von Mike Mignola. Die Zeichnungen des "Hellboy"-Schöpfers sind schließlich immer einen Blick wert. Außerdem hat man bei der Auswahl der Geschichten mMn ein recht glückliches Händchen bewiesen. Sind die Teile also eine lohnenswerte Angelegenheit?



    Sword of Sorcery: The Cloud of Hate and Other Stories (1973)

    1973 erschien bei DC die fünfteilige Serie "Sword of Sorcery", die sich ausschließlich Leibers beiden Figuren widmete. Geschrieben wurde das Ganze von Dennis O'Neil und gezeichnet größtenteils von Howard Chaykin. Besonders dieser ist über das Ergebnis inzwischen jedoch nicht mehr allzu glücklich: "Wenn ich heute bei irgendwelchen Messen diese alten Hefte signiere muss ich mich zusammenreißen, um nicht jedes Mal angesichts der mangelhaften Umsetzung zusammenzuzucken."

    Nachdem ich die Hefte inzwischen gelesen habe, kann ich ihm da nur schwerlich widersprechen, auch wenn die Serie durchaus einen gewissen pulpigen Charm besitzt. Und optisch sehen die Comics definitiv auch nett aus. Damals musste man jedoch noch mit einer recht limitierten Farbpalette arbeiten und die knallbunte Kolo ist daher sicher Geschmackssache. Der Band beginnt zudem recht unglücklich mit "The Price of Pain-Ease". Eine Story, die mMn kaum funktioniert, wenn man die tragische Vorgeschichte "Ill Meet in Lankhmar" einfach weglässt.

    Generell orientiert man sich inhaltlich größtenteils nur sehr lose am Original. Bei Leiber lässt Fafhrd z.B. seine schwangere Freundin für eine andere Frau sitzen, hier wird die Dame von einem Drachen entführt und anschließend von Fafhrd gerettet (sic!). Sowieso agieren der Barbar und sein Freund der Graue Mausling in der kurzlebigen Serie wesentlich heldenhafter und uneigennütziger als es bei Leiber der Fall war und befreien eigentlich ständig irgendwelche Menschen (vornehmlich leichtbekleidete Frauen) aus gefährlichen Notlagen. Das lag u.a. sicher auch am Comic Code, an dem man sich damals noch zu halten hatte und der u.a. vorschrieb, dass "Sympathie für Verbrecher oder die Methoden und die Ausführung eines Verbrechens nicht gezeigt werden durften" (siehe Wikipedia).

    Zudem werden die Geschichten, die bei Leiber oft sehr dialoglastig waren, häufig durch jede Menge Action und seltsame Kreaturen aufgepimpt, bis sie manchmal kaum noch zu erkennen sind. Manche Stories gehen sogar komplett auf das Konto von O'Neil. Nur bei der Lovecraft-Pastiche "The Sunken Land" hielt man sich ausnahmsweise mal stark an die Vorlage. Sicher das beste Heft von "Sword of Sorcery", dennoch fragt man sich (genau wie bei der Titelgeschichte "The Cloud of Hate") beim Lesen ständig, was wohl Mike Mignola aus diesen zwei Horrorstories gemacht hätte.



    Fafhrd und der Grau Mausling (1990)

    Das Vorwort stammt von Howard Chaykin. Anders als bei der ersten Umsetzung von 1973 fungiert dieser hier nicht als Zeichner, sondern als Autor. In der Einleitung berichtet er u.a. davon wie er bei Leiber gelandet ist, dass er den Autor einmal treffen durfte und stellt die These auf, "dass Leiber Sword&Sorcery für Leute schrieb, die gerne roman noir – Kriminalromane – lasen." Ich weiß nicht, ob ich ihm da unbedingt zustimmen würde. Zumindest konnte ich bei der Lektüre der vier EP-Bücher keine Hardboild-Elemente erkennen.

    Die eigentliche Miniserie beginnt dann mit "Schicksalhafte Begegnung in Lankhmar", was durchaus Sinn macht und einen perfekten Einstieg darstellt – Immerhin treffen Fafhrd und der Graue Mausling in dieser Geschichte das erste Mal aufeinander. Im Gegensatz zur ersten Comicumsetzung hält man sich hier (und auch bei den restlichen sechs Geschichten) auch extrem stark an das Ursprungsmaterial und übernimmt teilweise sogar ganze Dialoge. Und auch den Ton von Leiber treffen Chaykin und Mignola ziemlich perfekt. Nur die Tragik der Geschichte kommt hier mMn etwas zu kurz. Das gnadenlose Ende hat bei Leiber deutlich mehr reingehauen. Dennoch ein guter Anfang.

    Am besten hat mir jedoch die Umsetzung von "Der heulende Turm" gefallen. Auch weil Mignolas Zeichnungen dort erstmals genügend Platz bekommen, um sich zu entfalten. Das diese Geschichte im Band gelandet ist, so erfährt man im Nachwort, ist übrigens reiner Zufall. Als Mignola gegenüber Chaykin erwähnte, dass er gerne "die Geschichte mit dem Turm" zeichnen würde, meinte er nämlich eigentlich eine ganz Andere. (Es wird zwar nicht erwähnt, aber ich denke dass Mignola an "Edelsteine im Wald" dachte, was sicher auch eine interessante Wahl gewesen wäre).

    Abgerundet wird das Ganze dann u.a. durch das bereits erwähnte Nachwort von Mike Mignola, der darüber schreibt, wie sehr er für diese Comic-Adaption kämpfen musste. Marvel bzw. Epic hatte nämlich zunächst kein allzu großes Interesse an einer Umsetzung der Leiber-Geschichten. Schließlich hatten man dort schon "Conan" im Programm und brauchte, so die Meinung des damaligen Verlagschefs, nicht unbedingt noch weitere Schwertkämpfer im Portfolio.

    Am Ende des gelungenen Bandes gibt es dann noch den Text "The Dealings of Fritz Leiber – Die literarischen Umtriebe eines großen Philosophen und noch viel größeren Erzählers" von Christian Endres. Nach einem kurzem biographischen Abriss versucht dieser dort zu ergründen, warum Leiber zwar von anderen Autoren wie ein "Hohepriester" verehrt wird, trotzdem aber nie so bekannt wie Tolkien, Lovecraft & Co. wurde.

    Seine Theorie: Leiber ist einfach zu schwer zugänglich. "Er nahm keine Rücksicht auf die komplexen Strukturen und inhaltlichen Konstrukte, die sich so immer wieder als kreative Extravaganzen in seinen literarischen Output schleichen – und die ihm nicht ganz zu Unrecht den Ruf eines manchmal etwas schwierigen Autors einbrachten, der für den ein oder anderen Leser stets ein dünkelhaftes Mysterium bleiben sollte."

    Das Leibers Werk recht sperrig ist, hört man ja häufig. Ich selbst habe es eigentlich nie so empfunden. Das ich zu seinen Geschichten aus Lankhmar keinen Zugang gefunden habe, lag definitiv am Genre und nicht an der Schreibe des Autors. Zudem habe ich dort häufig einfach die Komplexität und den Tiefgang vermisst, den besonders seine Horrorstories auszeichnen. Ich bin also ganz froh dieses Kapitel nun schließen und mich wieder anderen Leiber-Werken widmen zu können.


    Erik R. Andara Sollte noch Interesse bestehen, kann ich dir den CrossCult-Band gerne überlassen.

  • Das Schiff der Schatten



    Handlung:

    Der halbblinde Spar befindet sich an Board der Windrush – Ein labyrinthisches Schiff, voller Gänge, Höhlen und Gärten. Dort arbeitet er in der Bar "Fledermaus", hat jedoch zunehmend Probleme seine Illusionen von der Wirklichkeit zu unterscheiden. Damit ist er aber nicht allein: Die Menschen auf dem Schiff befinden sich eigentlich alle in einem völlig psychotischen Zustand und pumpen sich zudem noch permanent mit Alkohol voll, der ihnen aus Schläuchen direkt in den Mund fließt. Außerdem treiben sich Nachts seltsame Kreaturen in den Gängen herum, die dafür sorgen, dass immer mehr Menschen spurlos verschwinden. Noch mehr als vor den Vampiren, Hexen und Werwölfen (sofern sie denn überhaupt wirklich existieren) fürchtet man sich jedoch vor Mister Crown, der sich ein Harem voller Frauen hält und auf der Windrush ein gnadenloses Terrorregime führt.

    Was die Menschen gegen ihre ständige Angst tun? Trinken, trinken und noch mehr trinken... und dabei werden sie immer schwach- und wahnsinniger. Als Spar von einem Doktor ein paar "neue Augen" spendiert bekommt, stellt dies schon bald seine ganze Welt auf den Kopf und er erfährt was es mit dem Schiff wirklich auf sich hat.


    Meinung:

    Die Anthologie, die (wie schon das Cover verrät) eine Auswahl der besten Stories aus "The Magazine of Fantasy and Science Fiction" enthält, erschien 1970 bei Heyne. Die 50seitige Titelgeschichte "Das Schiff der Schatten" stammt dabei von Fritz Leiber. Geschrieben hat er sie nur ein Jahr zuvor – Nämlich 1969.

    Und gleich vorweg: Das hier wischt mMn mit sämtlichen Lankhmar-Geschichten den Boden auf und hat absolut zu Recht den Hugo-Award gewonnen. Von Anfang an erzeugt Leiber hier eine extrem faszinierende, fiebrige und auch äußerst surreale Atmosphäre, die einem beim Lesen sofort gefangen nimmt.

    Von der Stimmung her musste ich dabei häufiger an Susana Clarks Meisterwerk "Piranesi" denken. Gelegentlich kommt aber auch leichtes "Bioshock"-Feeling auf (wenn jemand das Videospiel kennt). Und durch die Verwendung der vielen nautischen Begriffe fühlt man sich manchmal auch noch an William Hope Hodgson erinnert.

    Ich war jedenfalls wirklich traurig als die Geschichte nach 50 Seiten schon vorbei war. Aus dem Stoff hätte man locker einen Roman machen können. So oder so, absolut fantastisch!


    Weiter geht's mit "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht"...


  • "Er hat Science Fiction, Horror und Fantasy geschrieben und auf allen drei Gebieten Großartiges geleistet; er war ein herausragender Stilist, umfassend gebildet und mit einem feinen Sinn für Ironie begabt – und doch ist der Name Fritz Leiber heute nur noch wenigen bekannt. Ein später Gruß an einen faszinierenden Autor, der am 5. September 1992 und damit genau vor dreißig Jahren gestorben ist."


    Anlässlich seines heutigen 30. Todestags widmet Kai U. Jürgens dem Autor auf diezukunft.de einen kurzen Text. Lesen kann man das Ganze hier. Jürgens geht dort allerdings nur auf Leibers bekannteste Werke ein, die jedoch nicht zwangsläufig auch zu seinen besten gehören - Zumindest meiner Meinung nach. Und das es bei Leiber öfters eine "ungewöhnlich sensiblen Frauendarstellung" gibt, halte ich auch für eine... nun ja... recht gewagte These.

  • Ruhe ist die erste Bürgerpflicht



    Handlung:

    Civil Service Knolls ist ein friedlicher und beschaulicher Ort, an dem alles verbannt wurde, was seine Bewohner irgendwie beunruhigen könnte. Es gibt keine Bars, keine Clubs, kein Alkohol, keinen Jazz, keine Autos... selbst das Licht wird von Psychoanalytikern so eingestellt, dass es besonders anheimelnd wirkt.

    Doch trotz all dieser Maßnahmen steigt die Zahl der Geisteskranken unaufhaltsam und die örtliche Irrenanstalt platzt aus allen nähten. Zudem wird der Ort plötzlich von einem "grünen Teufel" heimgesucht, der eine regelrechte Massenhysterie auslöst. Doch ist er wirklich real, oder nur eine kollektive Wahnvorstellung?

    Judistrator Wisant, dessen Frau ebenfalls in der Psychiatrie sitzt (da sie "das Unterbewußtsein von Kindern mit Zeitbomben in Gestalt von posthypnotischen Befehlen verdorben hat"), versucht der Sache auf den Grund zu gehen und stößt dabei auf eine Zeitschrift namens "Individuality Unlimited", die ihre Leser dazu auffordert, ihr inneres Monster zu entfesseln...


    Meinung:

    Die Anthologie "7 Science Fiction Stories" erschien 1966 bei Heyne. Eröffnet wird sie von Leibers 50seitiger Geschichte "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" (im org. "Tranquility, or else!"), die er bereits 1959 geschrieben hatte.

    Mit Wahnsinn und Psychosen hat sich Leiber ja oft auseinandergesetzt (siehe z.B. "Bei klarem Verstand", "Mariana", "Spekulationen" oder "Der innere Kreis") und dabei kommt eigentlich immer etwas Interessantes und Lesenswertes heraus. Man merkt einfach, dass der Mann mal Psychologie studiert hat und weiß wovon er da spricht bzw. schreibt.

    Im Vorwort der Herausgeber Helmuth W. Mommers und Arnulf D. Krauß wird "Ruhe ist..." sogar als eine von Leibers besten Stories bezeichnet. Da der Autor wirklich unzählige fantastische Kurzgeschichten geschrieben hat, sind das sicher große Worte - Aber ich würde den Beiden bei ihrer Beurteilung definitiv zustimmen.

    Individualität als Produkt; Kontrollierte Freiheit, die keine Freiheit ist; Manipulation der Massen, staatliche Zensur und Wahnsinn als letztes Mittel gegen die Entpersonalisierung... Hätten den Anti-Psychiatern Foucault, Szasz und Cooper sicher auch gefallen.


    Weiter geht's mit "Das Katzenhotel"...

  • Nur zur Info: wir lesen noch mit, lieber Cheddar Goblin — also bitte go on. Gerade diese verstreuten Antho-Beiträge hören sich ja sehr spannend an.


    In der heimatlichen Bibliothek bin ich über einen weiteren Titel gestolpert: The Hound, erstmals November 1942 in Weird Tales erschienen. Unter dem Namen Der Dämon in der Stadt wurde die Story aufgenommen in: 21 Grusel Stories, zusammengestellt von H. W. Mommers u. A. D. Krauss, erschienen bei Heyne 1966. Werde ich mir heute mal vornehmen …

  • Nur zur Info: wir lesen noch mit...

    Das freut mich.

    Unter dem Namen Der Dämon in der Stadt wurde die Story aufgenommen in: 21 Grusel Stories, zusammengestellt von H. W. Mommers u. A. D. Krauss, erschienen bei Heyne 1966. Werde ich mir heute mal vornehmen …

    Da bin ich mal auf dein Feedback gespannt, Axel.

    Ich hab von den Beiden noch die zwei Anthologien "11 Hexenstories" und "22 Horrorstories" auf dem SuB liegen, die ebenfalls Geschichten von Fritz Leiber enthalten. Werde ich hier sicher demnächst mal vorstellen...



  • Also hier: Fritz Leiber: The Hound, erstmals November 1942 in Weird Tales erschienen. Unter dem Namen Der Dämon in der Stadt wurde die Story aufgenommen in: 21 Grusel Stories, zusammengestellt von H. W. Mommers u. A. D. Krauss, erschienen bei Heyne 1966.


    Inhalt

    David Lashley ist ein junger, immerhin erwachsener Mann, der sich mit seinen Eltern eine Wohnung teilt. Die Mutter wird als ältlich beschrieben, schwach auf den Beinen und für die Pflege ihres Mannes zuständig. David arbeitet als Verkäufer in der Bekleidungsabteilung eines Kaufhauses, wohin ihn allmorgendlich die Straßenbahn bringt. Er hat offenbar nur wenig soziale Kontakte, von Freizeitaktivitäten ganz zu schweigen. Es gab lose Treffen mit Mädchen – Kolleginnen – aus denen jedoch nie etwas ernsteres erwuchs.

    Wirken diese äußeren Umstände schon wenig rosig, so ist es Davids seelische Verfassung erst recht nicht. Er wird heimgesucht von unangenehmen Gerüchen, schnüffelnden Geräuschen und seine Umwelt sieht ihn häufig im Beisein eines furchteinflößenden Hundes. David macht sich sich Gedanken über diese Phänomene und ein Freund bringt ihn auf die Idee, dass ihm ein Werwolf auf der Spur sei – freilich nicht im klassischen Sinn. Vielmehr nimmt er die Großstadt als ständige Bedrohung wahr, die statt des sagenhaften Werwolfs einen struppigen Straßenköter hervorbringt …was die Gefahr nicht unbedingt geringer macht.


    Meinung

    Hier haben wir wieder typischen Leiber-Protagonisten: ein vereinzelter, junger Mensch, eher am Rande der Gesellschaft denn mittendrin. Ein sensibler Beobachter, dessen Wahrnehmung zielsicher in Richtung Paranoia geht, so dass sich permanent ein Gefühl von Unwohlsein und Furcht einstellt. Leiber bleibt aber nicht auf dieser rein psychologischen Ebene, sondern spielt durchaus handfest mit Gespenstern. Wie schon festgestellt, ist er bemüht, sie von ihrem althergebrachten Mottenkugelgeruch zu befreien. Und so erweist sich The Hound als Versuch, den Werwolfmythos im neuzeitlichen, urbanen Gewand (der 1940er Jahre) wiederzubeleben.

    Leibers progressive Herangehensweise ist löblich und immer dann besonders authentisch, wenn er nicht allzu sehr ins Phantastische abdriftet. Ich sehe in The Hound Parallelen zu Robert Aickmans Derselbe Hund (The Same Dog), zu welcher Story Nils schrieb: „eine sensible Parabel über Vergänglichkeit und kindliche Verlusterfahrung“. Auch bei Leiber erscheint die Heimsuchung durch den mysteriösen Hund als Ausdruck einer generellen Existenzangst, die namentlich Davids Sorge um seine alten und kranken Eltern thematisiert.

  • Danke für deine Rezension, Axel. Ich bin immer froh, wenn ich hier nicht den Alleinunterhalter machen muss. Dadurch wird das Meinungsbild nämlich recht einseitig. (Was man doch deutlich bei Leibers Fantasy-Stories gemerkt hat, die hier irgendwann hoffentlich mal etwas würdevoller besprochen werden.)


    Die Geschichte hört sich wirklich interessant an. Besonders der Vergleich mit Robert Aickman macht natürlich neugierig. Ich werde mir den Band mal auf die Liste setzen.

    "Der Dämon in der Stadt" ist aber auch in der Anthologie "17 Dämonen Stories" (Herausgeber: Manfred Kluge) erschienen. Siehe hier. Deine Storysammlung scheint (was die beteiligten Autoren betrifft) jedoch die interessantere Wahl zu sein.


    Da ich gerade dabei bin mir ein paar Werke von Robert Bloch zu besorgen - Welche Erzählung von ihm ist denn in "11 Grusel Stories" enthalten?