• Das hört sich nach einem beneidenswerten Arbeitsplatz an!

    Schön wäre es! Aber die Tatsache, dass ich ein Buch mit zur Arbeit nehme, bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass ich es dort auch lesen kann.

    Wie zu sehen ist, wirst du ja außerdem die Bekanntschaft mit Fafhrd und dem Grauen Mausling machen …

    Ja. Ich bin mal über meinen Schatten gesprungen und werde es mit Fantasy versuchen. Ob es jedoch so schlau war, gleich alle vier Bände zu kaufen, sei mal dahingestellt :D.

    Was die Beziehung Leiber – Lovecraft angeht, so ist noch ein Titel besonders erwähnenswert: „Adept’s Gambit“

    Lovecraft hat die Geschichte wirklich gemocht. Danke für deine Erläuterungen, Axel. Ich habe hier auch etwas dazu geschrieben:


    H.P. Lovecraft & Fritz Leiber: Writers of the Dark



    Klappentext:

    "While Howard Phillips Lovecraft was closing the final chapter of his writing career, Fritz Reuter Leiber was only beginng to open his own. The year was 1936 and Jonquil Leiber, fritz's first wife, sent a letter on her own initative to Lovecraft, knowing that her husband had been an admirer of his work, ever since his first reading of 'The Colour out of Space' and hoping that Lovecraft's presence in Fritz's slow-paced writing career might be the source of inspiration he so dearly needed. Lovecraft replied promptly on November 2 of that year, the seed of an invigorating correspondence, which lasted till Lovecrafts's passing.

    'Writers of the Dark' presents Lovecraft's letters to Leiber, an impressive selection of Leiber's Lovecraft-inspired fiction, and a selection of Leiber's fine essays on H.P. Lovecraft and Matters Lovecraftian."


    Inhalt & Meinung (Teil 1):


    Die Briefe:

    Leider sind hier nur die Briefe enthalten, die Lovecraft an Leiber und seine Frau schrieb – Deren Antworten fehlen. Von Seiten Lovecraft wird jedenfalls ganz viel gebauchpinselt: Er schwärmt u.a. begeistert von Leibers Vater, den er als Schauspieler bewunderte - Und auch von den Kurzgeschichten, die Leiber ihm regelmäßig zuschickte, zeigt er sich völlig begeistert. Besonders die Fafhrd-Geschichte "Adept's Gambit" hat es ihm dabei angetan (siehe Axels Post). Ursprünglich waren dort auch noch diverse Anspielungen an den Cuthulu-Mythos enthalten, was Lovecraft doch spürbar schmeichelte. Im Zuge einer Überarbeitung entfernte Leiber jedoch sämtliche Bezüge, damit die Erzählung auf eigenen Beinen steht.

    Ansonsten gibt Lovecraft während ihrer Korrespondenz diverse Ratschläge/Schreibtipps, zitiert gelegentlich aus seinem "Supernatural Horror", schwadroniert viel über Algernon Blackwood und empfiehlt Leiber ein paar Bücher und Autoren: Clark Ashton Smith (besonders seine Hyperboria & Zothique-Geschichten), William Hope Hodgson und Robert E. Howard (besonders dessen Geschichten aus dem Hyborion Age). Alles nicht wirklich essentiell.

    Den letzte Brief an Leiber verfasste Lovecraft dann Ende Januar, 1937: Dort schreibt er, wie sehr er sich auf die Überarbeitete Fassung von "Adept's Gambit" freut und dass er es kaum erwarten kann, sie endlich in den Händen zu halten. Dazu sollte es jedoch nicht mehr kommen - Sechs Wochen später war er tot.


    Die Essays:

    In "Writers of the Dark" sind insgesamt zehn Essays von Leiber versammelt, in denen er sich mit dem Werk von H.P. Lovecraft auseinandersetzt. Die einzelnen Texte sind größtenteils jedoch recht kurz und umfassen nur wenige Seiten.

    Ich muss gestehen, dass ich noch nicht alle gelesen habe. Was ich bisher dazu sagen kann: Leiber schreibt u.a. darüber, was Lovecraft zur Weird-Fiction beigetragen hat bzw. was das Genre ihm zu verdanken hat, berichtet von ihrem gemeinsamen Briefkontakt, zählt seinen Lieblingsgeschichten auf und beschreibt ausführlich welchen Einfluss Lovecraft auf sein eigenes Werk hatte. Sicher alles ganz nett, aber neue Erkenntnisse darf man sich davon nicht versprechen.

    Im Roman "Herrin der Finsternis" schrieb Leiber über Lovecrafts "bedauernswerten, aber zweifellos vorhandenen Ekel vor den Schwärmen von Einwanderern, die, wie er fürchtete, die Traditionen und Denkmäler seines geliebten Neu-Englands und der ganzen Ostküste bedrohten." Daher hatte ich mir von seinen Essays durchaus einen kritischeren Umgang mit Lovecrafts Werk erhofft – Hier wird allerdings nur gehuldigt.

  • Inhalt & Meinung (Teil 2):


    Die Kurzgeschichten & Gedichte:

    Für mich definitiv der interessanteste Part des Buches. Enthalten sind 8 Kurzgeschichten und ein Gedicht.

    Lyrik ist nicht unbedingt meine Baustelle, deswegen kann ich zu "The Demon of the Upper Air" nicht wirklich viel sagen. Die zwei Fafhrd-Geschichten "Adept's Gambit" und "Sunken Land" habe ich nicht gelesen, da ich mir erst kürzlich die vier EP-Bände gekauft habe und mich demnächst chronologisch durch diesen Epos arbeiten möchte. Und die Geschichte "A Bit of a Dark World" ist (unter dem Namen "Begegnungen mit der Schattenwelt") in der Storysammlung "Die Spiegelwelt" enthalten und wurde von mir bereits vorgestellt.

    Der Rest (der soweit mir bekannt ist, auch noch nicht übersetzt wurde):

    "Diary in the Snow": Der Erzähler ist mal wieder ein Schriftsteller. Er reist zu seinem Freund John, um in dessen Waldhütte endlich seinen Roman zu beenden. Zunächst genießt er die extreme Einsamkeit, die dort herrscht - "How wonderful to be away from people and newspapers and advertisments and movies – all that damable intellectual static" - doch eines Nachts beobachtet er dann einen seltsamen Lichtstrahl am Himmel und aus der Idylle wird plötzlich ein Ort des Grauens.

    Angst, Isolation, Eifersucht, jede Menge Whisky... ein bisschen hat mich diese beklemmende und wirklich unheimliche Geschichte an Robert Eggers Film "The Lighthouse" erinnert. Oder an T.E.D. Kleins "Die Ereignisse auf der Poroth Farm". Hauptsächlich ist das hier aber eine klare Hommage an Lovecrafts "Die Farbe aus dem All", mit einer Prise "Die Berge des Wahnsinns". Vielleicht nicht besonders originell, aber mMn dennoch ziemlich stark und atmosphärisch.

    "The Dreams of Albert Moreland": "I think of the autumn of 1939, not as the beginning of the Second World War, but as the period in which Albert Moreland dreamed the dream." Der professionelle Schachspieler Moreland berichtet dem Erzähler von seinen nächtlichen Alpträumen. Dort nimmt er an einem äußerst bizarren Spiel teil.

    Bei der Beschreibung des Schachspiels musste ich etwas an die surrealen Ereignissen im Roten Haus aus "Das Experiment" von den Strugatzkis denken, aber auch an Leibers Geschichte "Ich muss mal wieder würfeln", für die er 1969 ja sogar einen Hugo Award gewonnen hat. Ganz okay, aber wer eine wirklich gute Horrorgeschichte mit Schach-Thematik lesen will, sollte mMn eher zu "Moxon's Master" von Ambrose Bierce greifen. Über den Lovecraft-Einfluss kann man hier sicher auch streiten. Vielleicht sind mir aber auch einfach ein paar Anspielungen entgangen.

    "A Dead Man": Professor Max Redford ruft einen befreundeten Sci-Fi-Autoren zu sich, um diesem einen ganz besonderen Patienten vorzustellen - "Here was a person whose body was fantastically obedient to the dictates of his subconcious mind." Man kann ihm quasi jede Krankheit einreden, die dann sofort bei ihm ausbricht. Ein faszinierender Fall, doch Redfords Experimente werden schnell immer skrupelloser.

    Hier versucht sich Leiber erfolglos an "Re-Animator", aber auch ein paar Anspielungen an Poes "Die Tatsachen im Fall Waldemar" sind vorhanden. Noch deutlichere Parallelen gibt es aber zu Leibers (postum veröffentlichter) Novelle "Die Umtriebe des Daniel Kesserich". Diese fand ich zwar eher mittelmäßig, aber dennoch deutlich gelungener als "A Dead Man". Die Erzählung ist nämlich äußerst zäh und vorhersehbar geraten.

    "To Arkham and the Stars": Arkham, Miskatonic, Pickman, Cthulhu... in jedem Satz dieser Kurzgeschichte, befinden sich mindestens fünf Lovecraft-Anspielungen, was auf Dauer doch etwas anstrengend und nervig ist. Die eigentliche "Handlung" (wenn man es denn überhaupt so nennen möchte) ist auch nicht der Rede wert: Der namenlose Erzähler trifft in der Miskatonic-Universität ein und wird von einem gewissen Albert Wilmarth (siehe "The Whisperer in Darkness") herumgeführt und trifft dabei unzählige Figuren aus Lovecrafts Gruselkabinett.

    Es ist wohl das erste Mal dass die Universität wirklich beschrieben wird und als Handlungsort einer Geschichte dient, trotzdem kann man sich das hier sparen. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich "To Arkham" auch als eine frühe Fingerübung des Autors verbucht, tatsächlich wurde die Geschichte jedoch erst 1966 für die Arkham-House-Anthologie "The dark Brotherhood and other Pieces" geschrieben. Naja.

    "The Terror drom the Dephts": Ein Vater fertigt wie besessen Skulpturen von extrem bizarren Tentakelwesen an, die seinen Sohn George Reuter Fischer zutiefst verstören. Kurze Zeit später leidet George nicht nur unter schrecklichen Alpträumen, in denen er als wurmartiges Wesen durch gigantische Tunnel kriecht, sondern er fängt auch noch an zu schlafwandeln.

    Besonders die Beschreibungen der Träume gelingt Leiber recht eindrücklich: "And then in my next dream I did begin to see things – creatures – in the tunnels, floating through them in the same general rhythmic fashion as I progressed. They were worms about as long as an man and as thick as a man's thigh, cylindrial and untapering."

    Ansonsten steckt die Geschichte wieder voller Anspielungen an den Cuthulu-Mythos. Und sogar Lovecraft selbst wird hier als Figur verwurstelt. Das Name-Dropping und Referenz-Feuerwerk, das Leiber in den letzten zwei Geschichten betreibt ist schon wirklich extrem und rückt sie für mich fast schon in die Nähe einer Parodie. Das ist aber sicher Geschmackssache.


    Fazit:

    Briefe von Lovecraft, Essays über Lovecraft, Lovecraft-Pastiches... das Buch ist für Fans von Mister Providence sicher nicht uninteressant - Für Leiber-Enthusiasten jedoch nur bedingt zu empfehlen. Am interessantesten dürften für diese sicher noch die Kurzgeschichten sein. Wobei man aber sagen muss, dass hier zwar durchaus ein paar Highlights versammelt sind, das Meiste aber doch eher recht durchschnittlich ausfällt. Da hat Leiber deutlich bessere Horrorgeschichten verfasst.


    Anmerkung: Festa plant für nächstes Jahr ja einen Band mit Leibers Lovecraft-Geschichten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man sich dabei überwiegend an diesem Buch hier orientiert. Ich würde mir jedoch wünschen, wenn man für die deutsche Ausgabe noch die Geschichten "Der schwarze Gondoliere", "Die Spiegelwelt", "Das Ruß-Gespenst" und "Nachhutgefechte" aufnehmen würde. Diese haben nämlich ebenfalls ein deutliches Lovecraft-Flair und sind wesentlich stärker, als ein Großteil der Stories, die man in "Writers of the Dark" findet. Auch wenn sie schon alle übersetzt wurden und sich sich in diversen Anthologien finden.

  • H.P. Lovecraft & Fritz Leiber: Writers of the Dark

    Besten Dank für die Beschreibung dieses Bandes! In der publizierten Lovecraft-Korrespondenz ist es häufig so, dass vor allem Lovecrafts Briefe im Mittelpunkt stehen bzw. abgedruckt wurden. Es ist natürlich bedauerlich, wenn dabei — wie hier beschrieben — die Gegenseite gar nicht zu Wort kommt. Leibers Essays wiederum können natürlich nicht den unmittelbaren Eindruck des Briefverkehrs ersetzen.


    Noch zu den Geschichten:

    "The Terror drom the Dephts"

    Dieselbe ist als Der Schrecken aus den Tiefen im 6. Gespensterbuch (Vampirnächte) des Bastei Lübbe-Verlags erschienen. Sie kann freilich nicht mit Der schwarze Gondoliere mithalten; ich sehe es wie du: Auch wenn diese Story keine regelrechten Lovecraft-Elemente enthält, so wabert unter ihrer Oberfläche doch etwas vom Geiste des Meisters oder Misters aus Providence.


    off topic: Was echte Pastiches angeht, so würde ich hier z. Bsp. Robert Blochs Der Schatten aus dem Kirchturm (The Shadow from the Steeple) den Vorzug geben. Keine Parodie, aber eine Antwort auf Lovecrafts The Haunter of the Dark, welches wiederum von Blochs The Shambler from the stars befeuert wurde.


    Überhaupt Fritz Leiber und Robert Bloch: Beides Autoren, die als Jungspunde in Lovecrafts Bannkreis gerieten, um dann aber mit der Zeit ganz auf eigenen Füßen zu stehen; sie lagen ja altersmäßig auch nicht sehr weit auseinander.

  • Dieselbe ist als Der Schrecken aus den Tiefen im 6. Gespensterbuch (Vampirnächte) des Bastei Lübbe-Verlags erschienen.

    Danke für den Hinweis. Das wusste ich nicht.

    Was echte Pastiches angeht, so würde ich hier z. Bsp. Robert Blochs Der Schatten aus dem Kirchturm (The Shadow from the Steeple) den Vorzug geben. Keine Parodie, aber eine Antwort auf Lovecrafts The Haunter of the Dark, welches wiederum von Blochs The Shambler from the stars befeuert wurde.

    Klingt interessant. Du weißt nicht zufällig in welcher Storysammlung/Anthologie "Der Schatten aus dem Kirchturm" zu finden ist?

    Wenn ich mit Leiber durch bin, wollte ich mich passenderweise sowieso etwas intensiver mit Bloch bzw. dessen Sci-Fi- & Horrorgeschichten auseinandersetzen. Aktuell habe ich "Das Regime der Psychos", "Kein Platz auf der Erde", "Die besten SF-Stories von Robert Bloch", "Unheimliche Schattenlichter", "Eine irre Show", "Der Besucher aus dem Dunkel", "Dr. Jekylls Erbe" und "Cthulhus Rückkehr" auf dem SuB liegen. Für weitere Empfehlungen, abseits von "Psycho", wäre ich sehr dankbar.

  • Klingt interessant. Du weißt nicht zufällig in welcher Storysammlung/Anthologie "Der Schatten aus dem Kirchturm" zu finden ist?

    Gewiss. Sie ist z. Bsp. in einem dieser Gespensterbücher (Bd. 8, Geisterruf). Am besten ist jedoch die Sammlung Geschichten aus dem Cthulhu-Mythos. Hüter der Pforten, ebenfalls Bastei Lübbe. Denn hier werden alle 3 Stories hintereinander präsentiert:


    1. Der Schlächter von den Sternen (Bloch)
    2. Der leuchtende Trapezoeder (HPL) und
    3. Der Schemen am Kirchturm (Bloch)

    Diese Anthologie ist im Original bei Arkham House erschienen und bringt neben den genannten noch Stories von CAS, Robert E. Howard, Frank Belknap Long, Henry Kuttner … noch eine Bloch-Story (Das Notizbuch) und auch Leibers Der Schrecken aus den Tiefen ist am Start.

  • Zitat von ArkhamInsiderAxel

    In der publizierten Lovecraft-Korrespondenz ist es häufig so, dass vor allem Lovecrafts Briefe im Mittelpunkt stehen bzw. abgedruckt wurden.

    Was aber an genereller Verfügbarkeit und/oder Lizenzfragen liegt, soweit ich weiß. Weniger am Unwillen der Herausgebenden. Du meintest es wahrscheinlich auch nicht so.

  • Was aber an genereller Verfügbarkeit und/oder Lizenzfragen liegt, soweit ich weiß. Weniger am Unwillen der Herausgebenden. Du meintest es wahrscheinlich auch nicht so.

    Ich habe da ehrlich gesagt keine genaue Kenntnis. Aber richtig, Unwillen unterstelle ich erst einmal nicht. In Vorbereitung der Selected Letters (SL) bei Arkham House wurden ja diverse Korrespondenzler von August Derleth kontaktiert und um Lovecrafts Briefe gebeten. War er nur an diesen Briefen interessiert oder bat er auch um die entsprechenden Gegenstücke? – Ich weiß es nicht.


    Derleth selbst erlebte ja nur das Erscheinen des 1. Bandes der SL. Basieren die nachfolgenden Bände noch auf seiner Arbeit oder hatte die Akquise zwischenzeitlich wer anders übernommen?


    Und um wieder zurück zu Leiber zu kommen: Dessen Stellung ist eigentlich wichtig genug, um sich über einen verwalteten Nachlass Gedanken zu machen. Wo liegt ein solcher und woraus besteht er?


    Also: eine weitere Richtung, in die dieser Thread vorstoßen könnte …

  • Arkham Insider Axel


    Ach so, dass du bloß die SL-Bände meinst, war mir nicht bewusst. Du schriebst ja von „publizierter Lovecraft-Korrespondenz“, und die ist mittlerweile so umfangreich, dass Derleths Auswahl (Hrsg. sind ja noch teils Donald Wandrei und James Turner) nicht mehr das Erste ist, woran man dabei denkt.

  • Leibers Nachlass ist sicher ein spannendes Thema, zu dem ich jedoch überhaupt nichts beitragen kann. Dafür kann ich aber zu folgendem Buch/Heft etwas sagen:


    Tödlicher Mond



    Inhalt & Meinung:

    In dieser Storysammlung sind die Geschichten "Der Zauberwald", "Tödlicher Mond", "Dr. Komotevskys Tag", "Das Schiff startet um Mitternacht" und "Die Atmosphärenbremse" enthalten. "Der Zauberwald" (aka "Der verzauberte Wald") und "Das Schiff" finden sich auch in "Die besten Stories von Fritz Leiber" und wurden hier schon thematisiert. Beides wirklich starke Erzählungen. Der Rest:


    "Tödlicher Mond": Janet leidet unter einer extremen Mondfurcht. Ihr Vater beauftragt deshalb den Psychologen Dr. Snowden, um sie von ihrer Phobie zu befreien. Doch ihre schlimmsten Alpträume sollen sich schon bald bewahrheiten...

    Man erkennt hier durchaus ein paar Figuren, Muster und Ideen, die Leiber später noch in seinem Roman "Wanderer im Universum" aufgreifen sollte. Und auch genretechnisch präsentiert er in "Tödlicher Mond" mal wieder einen recht wilden Mix: Horror, Sci-Fi & jede Menge Psychoanalyse. Daneben geht es noch um die Welteistheorie, bizarre Kometen, Gedankenwellen, Skeletttürme und Mondspinnen. Ähnlich wie der erwähnte Roman "Der Wanderer" besitzt die Geschichte auch ein wirklich überraschendes Ende, das man so sicher nicht vorhergesehen hat. Richtig gut!

    "Dr. Komotevskys Tag": Hier lernen wir diverse Anhänger eines obskuren Buches kennen, in dem behauptet wird, dass die Planeten unseres Sonnensystems regelmäßig die Plätze tauschen. Als dann plötzlich immer mehr kleinere Monde verschwinden, fühlen sie sich sofort in ihrer Theorie bestätigt. Doch die Wahrheit ist eine völlig andere...

    Die Geschichte wird immer wieder durch leicht surreale Traumsequenzen unterbrochen - Aber auch ansonsten passiert hier extrem viel: Das mysteriöse Verschwinden berühmter Persönlichkeiten; Menschen, die zu Göttern werden; sehr viel Polygamie; ein gewaltiger Krieg höherer Wesen... und sogar der Ursprung der Menschheit wird dem Leser in einem genialen Twist offenbart. Zudem sind hier erneut diverse Parallelen in Bezug auf "Der Wanderer im Universum" zu erkennen. Nur über das Ende kann man sicher streiten - Es fällt aber zweifelslos wieder sehr unvorhersehbar aus. Eine richtig starke Geschichte.

    "Die Atmosphärenbremse": Wir befinden uns mitten in einem intergalaktischen Krieg gegen einen nicht näher benannten Feind. Primär folgen wir dabei Grunfeld, der nach Überlebenden einer gigantischen Uranusexplosion sucht.

    Leiber verschwendet hier sehr viel Zeit für das Worldbuilding, welches für eine Kurzgeschichte mMn viel zu ausführlich und umfangreich ausfällt. Generell ist "Die Atmosphärenbremse" eine äußerst zähe Kriegsgeschichte, voller Technbabble und physikalischem Blabla über Bremswege und ähnlich spannende Themen. Am Ende wird dann wenigstens noch der große Feind offenbart - Spoiler: Es sind Weltraumwale. Gähn!


    Erwähnenswert ist aber sicher noch die Werbung im Innenteil der Sammlung. Der Verlag scheint damals jedenfalls ein recht spezielles Bild von seinen Lesern gehabt zu haben, das in etwa so aussehen dürfte: Männliche, weltfremde und schwächliche Sci-Fi-Nerds, die wahlweise zu unattraktiv oder gestört sind, um eine Frau abzukriegen. So werden hier u.a. Ohrenkorrekturen, Anti-Pickel-Mittel, Kraft-Dragees und Hilfe gegen Erröten, Hemmungen oder Bettnässen angeboten. Und "Wie man Frauen erobert" kann man auch noch erfahren. Und sollte das alles nichts helfen, kann man sich immerhin einen Band voller reizvoller Fotos und Zeichnungen bestellen, der "die Steigerung der körperlichen und seelischen Liebesharmonie" verspricht.

    Shut up and take my money!!!


    Fazit:

    Eine kurze und auch kurzweilige Storysammlung, die besonders interessant ist, wenn man zuvor "Wanderer im Universum" gelesen hat. Und zum muskelbepackten Sexgott wird man nebenbei auch noch. Was will man mehr?

    Ich mach jetzt aber trotzdem erst mal eine kurze Leiber-Pause und werde mich danach endlich seinen Fafhrd-Storys widmen.

  • Das Buch ist leider nicht mehr zu kriegen. Auch nicht antiquarisch. Zumindest habe ich im Internet bisher kein Angebot gefunden. Wenn es hier im Forum aber jemand besitzt und zufällig loswerden will, kann er sich gerne bei mir melden.

  • Cheddar Goblin Ich lese staunend und absolut fasziniert deinen Leiber-Rundumschlag. [Cof] Klasse, absolut bewundernswert - sehr informativ und unterhaltsam.


    Guck mal hier. Das sieht auch in den direkten Links bestellbar aus. Wenn nicht, sag Bescheid, dann kann ich auch Hardy Kettlitz fragen, wir mailen eh gerade.

  • Ich lese staunend und absolut fasziniert deinen Leiber-Rundumschlag.

    Das freut mich, Katla. Macht bisher auch großen Spaß. Zumindest meistens.

    Guck mal hier. Das sieht auch in den direkten Links bestellbar aus.

    Tausend Dank für den Link. Ich hab das Buch jetzt einfach mal auf Rechnung bestellt. Paypal geht nicht und meine Kreditkarte ist kürzlich abgelaufen (und ich habe die aktuelle noch nicht aktiviert). Bin mal gespannt, ob sich der Verkäufer bei mir meldet.

  • "Fritz Leiber. Schöpfer dunkler Lande und unrühmlicher Helden".

    Inzwischen ist das Buch bei mir angekommen. Nachdem ich es wochenlang erfolglos gesucht hatte, bin ich darüber sehr, sehr glücklich. Nochmals Danke an Katla für die Hilfe. Da die Personality-Bände aber meist sehr viele Spoiler enthalten, werde ich mit der Lektüre wohl noch etwas warten.

    Meine Leiber-Pause ist mittlerweile aber trotzdem beendet, denn ich habe kürzlich mit den Abenteuern von "Fafhrd and the Gray Mouser" begonnen. Ursprünglich sind diese in Deutschland in sieben Bänden, zwischen 1972 und 1997, bei Heyne erschienen - Jedoch nur in gekürzter Form. Die Neuauflage bei Edition Phantasia versammelt die Geschichten glücklicherweise aber nicht nur in ihrer Original-Version, sondern ergänzt das Ganze auch noch um ein achtes Buch, welches diverse Essays über Leibers Fantasywelt Lankhmar enthält. Wobei hier immer zwei Bücher in einem dicken Band zusammengefasst werden.

    Mit dem ersten Buch "Schwerter und Teufelei" bin ich schon durch und muss doch sagen, dass sich der Einstieg als ziemlich zäh herausgestellt hat. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass Fantasy absolut nicht mein Genre ist und ich mich da erst noch ein bisschen einarbeiten/reinlesen muss. Dazu aber später mehr. Zur Einstimmung sei hier aber schon mal ein äußerst lesenswerter Spiegel-Artikel verlinkt:


    Rollenspiel-Urahn Fritz Leiber: Schnaps, Frauen, Schwerter und Magie


    Dort erfahren wir nicht nur das Leiber - "so etwas wie der Anti-Tolkien" - den Begriff "Sword & Sorcery" erfand und besagtes Genre entschieden prägte, sondern wohl auch noch einen Vorläufer des heutigen Rollenspiels entwickelt hat. Zudem wird von einem Treffen mit Thomas Mann berichtet und sogar Leibers Sohn kommt zu Wort. Und durch den Nachlass hat sich der Spiegel anscheinend auch gewühlt. Nett.