Timo Feldhaus - Mary Shelleys Zimmer

  • Echt nicht? Boa, ich hab das Buch so gefeiert. Seiner Zeit um 100 Jahre voraus. Vllt. hat da jemand 'auf alt getrimmt' übersetzt, das Original ist ziemlich peppig und voller ironischem Witz.

    Okay. Ist auch schon ewig her dass ich den Roman gelesen habe. Vielleicht sollte ich ihm irgendwann mal wieder eine Chance geben. Bei Festa ist kürzlich ja erst eine ziemlich schicke Ausgabe von "Der Mönch" erschienen.

    Vielleicht lag es damals auch wirklich daran, dass ich zuvor schon Hoffmanns "Elixiere des Teufels" gelesen hatte und mir das Ganze daher wie ein Abklatsch vorkam. Auch wenn Matthew Gregory Lewis Roman natürlich wesentlich älter ist und sich Hoffmann auf diesen bezieht.

    Jetzt muss ich echt mal ganz blöd fragen - inwiefern nennst du das bei den fiktiven Bios?

    Axel hatte doch als Beispiel für ein literarisches Biopic den Roman "Der Mönch in Weimar" erwähnt, der sich mit Matthew Gregory Lewis beschäftigt und (wenn ich den Klappentext richtig deute) eine fiktive Entstehungsgeschichte zu dessen Skandalwerk erzählt. Nur deswegen habe ich "Der Mönch" angesprochen.

    Ganz, ganz schlimm, sehe ich auch so.

    Ja, wirklich schade. Dabei hatte ich mich damals ziemlich auf den Film gefreut.

    In gar nicht so mieser Qualität hier.

    Vielen Dank! Werde ich mir demnächst mal ansehen.

    Ich hab das - allerdings jetzt über 30 Jahre her - etwas anders in Erinnerung.

    Ist auch schon lange her dass ich mich mit intensiv mit der Biographie von Mary Shelley befasst habe. Kann also sein das ich mich irre. Wahrscheinlich sogar.

    So oder so, Mary hat jedenfalls unter den sexuellen Eskapaden von Percy gelitten.

  • Ganze daher wie ein Abklatsch vorkam. Auch wenn Matthew Gregory Lewis Roman natürlich wesentlich älter ist und sich Hoffmann auf diesen bezieht.

    Ah, das wusste ich gar nicht. Das mag dann auch Geschmacksache sein, ich bin mit Hoffmann nie warm geworden und habs inzwischen auch aufgegeben. Wenn ich andererseits nicht The Monk und Mathurins Melmoth relativ zu Anfang gelesen hätte, hätte ich möglicherweise sogar die Finger von der gesamten klassischen Gothic Novel gelassen. Aber die hatten mich überzeugt, dass es jenseits von Ann Radcliffe und Udolpho lesenwerte Geschichten gibt.


    Monk empfehle ich auch eher im Original, die Ironie und Leichtigkeit mag sich in der Übersetzung verflüchtigen.

    Axel hatte doch als Beispiel für ein literarisches Biopic den Roman "Der Mönch in Weimar" erwähnt, der sich mit Matthew Gregory Lewis beschäftigt und (wenn ich den Klappentext richtig deute) eine fiktive Entstehungsgeschichte zu dessen Skandalwerk erzählt. Nur deswegen habe ich "Der Mönch" angesprochen.

    Danke sehr, alles klar. :*

    So oder so, Mary hat jedenfalls unter den sexuellen Eskapaden von Percy gelitten.

    Yup, Polygamie ist nicht jedermanns (-fraus) Sache, egal, ob das aus 'politischen' Gründen vielleicht revolutionär sein mag.


    Danke für die Erinnerung an deine interessante Besprechung, Nils - da hatte ich ja sogar Ähnliches geschrieben, bevor ich den Film sah (ich werd wohl alt *gn*). Stimmt, ich fand die Schauspieler zu modern, die Settings/Mode dann aber zu mittelalterlich.

  • ich bin mit Hoffmann nie warm geworden

    Auch nicht mit seinem "Sandmann"? Müsste ich eine Top10 mit meinen liebsten klassischen Schauergeschichten erstellen, wäre Hoffmanns "Der Sandmann" definitiv immer dabei.


    +++


    "Mary Shelleys Zimmer" ist inzwischen übrigens bei mir angekommen und ich hab es mir mal ganz oben auf den SuB gelegt. Spätestens morgen werde ich mit der Lektüre beginnen.

  • Daran musste ich auch gleich denken, das ist ein so grandioser Film, den ich unzählige Male gesehen hab, und der auch enorm gut gealtert ist. Ein best practice Beispiel des damaligen Britischen Indie-Kinos, das meine Liebe zu Filmen und Kino ein für alle Mal zementierte. (Ich sag nur: allen voran der wunderbare Poet und Künstler Derek Jarman, die beiden Kens - McMullen und eben Russell -, und Peter Greeanway hat anfangs auch Spannendes gedreht).


    Ich knie vor Ken Russell. Altered States ist einer meiner ewigen Lieblingsfilme.



  • "Mary Shelleys Zimmer" ist inzwischen übrigens bei mir angekommen und ich hab es mir mal ganz oben auf den SuB gelegt. Spätestens morgen werde ich mit der Lektüre beginnen.

    Oh, ich bin sehr gespannt, was du sagen wirst!

    Auch nicht mit seinem "Sandmann"? Müsste ich eine Top10 mit meinen liebsten klassischen Schauergeschichten erstellen, wäre Hoffmanns "Der Sandmann" definitiv immer dabei.

    Ui, das ist ja eine Ansage.

    Nee, ehrlich gesagt nicht. Es liegt daran, dass ich null hintersteige, was er mir mit dem Plot und den Figuren, Motiven, Themen ... eigentlich erzählen will. Egal, welche Geschichte ich nehme. Und dann ist mir das Pacing auch zu gemächlich, obwohl mich das bei anderen - Robert Edric, Meyrink - gar nicht stört. :(

    Ich knie vor Ken Russell.

    Absolut! WSKY Und The Devils! Ein harter Film, grandios.

  • Oh, ich bin sehr gespannt, was du sagen wirst!

    Zwischenfazit: Mir fehlen noch 100 Seiten und ich will das Buch wirklich mögen, aber irgendwie gelingt es mir nicht so richtig. Die Prämisse, die Schicksale von Napoleon, Shelley, Goethe, Caspar David Friedrich uvm. durch den Ausbruch des Tambora miteinander zu verknüpfen, ist wirklich reizvoll. Es ist auch durchaus beeindruckend was Feldhaus für einen enormen Rechercheaufwand betrieben hat, um seine Geschichte zu erzählen (siehe u.a. die enorm umfangreichen Quellenangaben). Da merkt man das der Mann eigentlich Kulturjournalist ist. Das merkt man aber leider auch an seinem Schreibstil. Feldhaus betreibt hier wirklich enormes Infodumping. Der "Roman" liest sich dadurch größtenteils wie ein reiner Sachtext, der ab und zu mal durch ein paar Dialoge unterbrochen wird - Soll heißen: Äußerst trocken, zäh, krampfig und unemotional.

    Ein großer Stilist ist der Autor wirklich nicht. Und wenn er sich doch mal als solcher versucht, scheitert er. Dann präsentiert er uns nämlich ziemlich prätentiöse Metaphern und (wie es auf freitag.de heißt) "ulkige Stilblüten", die bei mir jedoch regelmäßig zu einem Augenrollen führen: Percy findet Mary beispielsweise ziemlich "nerdy" und ist sowieso nur ein "Loser-Dichter", Polidori versucht in der Gegenwart von Byron "cool rüberzukommen", Goethe läuft in einem "tief euphorisierten Zen-Superzustand" durch die Gegend, der Himmel leuchtet einmal wie ein "Computerbildschirm"... Solche Formulierungen tauchen zwar nur selten auf, wirken aber jedes Mal wie ein absoluter Fremdkörper.

    Dadurch das die Kapitel auch alle nur sehr kurz sind und man alle paar Seiten mit anderen Personen konfrontiert wird, ergibt sich auch kein wirklicher Lesefluss. Wirkt so als hätte man 10 Tabs mit verschiedenen Wikipedia-Einträgen geöffnet, zwischen denen alle 5 Minuten gewechselt wird. Der Hauptteil der Erzählung macht dabei der Freundeskreis rund um Shelley aus (schätzungsweise 60%), die restlichen Personen bleiben überwiegend nur Randfiguren. Goethe wird z.B. ganz am Anfang 2 Seiten lang eingeführt und verschwindet dann auch schon wieder für die nächsten 100 Seiten.

    Ich werde das Buch definitiv zu Ende lesen und es ist auch sicher kein Totalausfall, aber begeistert bin ich nicht gerade. Dafür habe ich während der Lektüre aber wieder Lust bekommen mich etwas mit Mary Shelley zu befassen und mir gerade die schicke Neuauflage von "Der letzte Mensch" besorgt. Den Roman habe ich mal vor circa 10 Jahren, in der damals einzigen Übersetzung bei Bastei Lübbe gelesen. Das Buch war aber leider extrem gekürzt. Die Neuauflage ist nun endlich vollständig und fast doppelt so dick. Ich bin gespannt.

  • Es ist auch durchaus beeindruckend was Feldhaus für einen enormen Rechercheaufwand betrieben hat, um seine Geschichte zu erzählen (siehe u.a. die enorm umfangreichen Quellenangaben). Da merkt man das der Mann eigentlich Kulturjournalist ist. Das merkt man aber leider auch an seinem Schreibstil. Feldhaus betreibt hier wirklich enormes Infodumping. Der "Roman" liest sich dadurch größtenteils wie ein reiner Sachtext, der ab und zu mal durch ein paar Dialoge unterbrochen wird - Soll heißen: Äußerst trocken, zäh, krampfig und unemotional.

    Wenn ich auch etwas dazu sagen darf: Das sind genau die Dinge, die ich ziemlich sicher ebenfalls kritisieren würde. Und ich fühle mich sehr an die Erfahrungen erinnert, die Nils und ich mit Die Nebelkrähe von Alexander Pechmann machten.


    Dafür habe ich während der Lektüre aber wieder Lust bekommen mich etwas mit Mary Shelley zu befassen und mir gerade die schicke Neuauflage von "Der letzte Mensch" besorgt. Den Roman habe ich mal vor circa 10 Jahren, in der damals einzigen Übersetzung bei Bastei Lübbe gelesen. Das Buch war aber leider extrem gekürzt. Die Neuauflage ist nun endlich vollständig und fast doppelt so dick. Ich bin gespannt.

    Ein guter Plan!

  • Wenn ich auch etwas dazu sagen darf

    Es sei dir erlaubt, Axel :D.

    Und ich fühle mich sehr an die Erfahrungen erinnert, die Nils und ich mit Die Nebelkrähe von Alexander Pechmann machten.

    Pechmann ist ein wirklich guter Vergleich. "Die Nebelkrähe" fand ich auch eher langweilig. "Die neunte Muse" hatte mir da besser gefallen. Vielleicht aber auch nur weil ich ein großer Blackwood-Fan bin.

    Ein guter Plan!

    Ganz bestimmt. Wahrscheinlich werde ich aber zuerst noch Polidoris "Vampyr" dazwischenschieben. Ich habe mich jetzt mal für die deutsche Erstübersetzung von 1918 entschieden.

    Falls es untergegangen sein sollte, verweise ich nochmal auf einen Radiobeitrag, in welchem der Autor - wenn ich mich recht erinnere - auch auf seinen Stil (oder eben Nicht-Stil) eingeht.

    Danke für den Hinweis, Nils. Über seinen Stil spricht Feldhaus dort zwar nicht, das Interview war aber trotzdem ganz interessant.

  • Zwischenfazit

    Vielen Dank für deine Leseeindrücke! Sie entsprechen genau dem Eindruck, den ich durch Blättern gewonnen habe. Damit handelt es sich um ein Buch, das ich auf absehbare Zeit nicht lesen werde. Das soll jetzt kein Qualitätsurteil sein, sondern nur eine Feststellung, dass es sich einfach erwartbar weder als berufliche oder private Lektüre für mich eignen wird. Das ist schade, habe ich doch ohne zu überlegen begeistert und wohl etwas blauäugig zugegriffen, als ich darauf stieß. Wenn jemand von euch interesse an einem neuwertigen fast ungelesenen Exemplar hat, schreibt mir bitte einfach. Ich erwarte nicht viel und gebe es gerne weiter.

  • Über seinen Stil spricht Feldhaus dort zwar nich

    Dann hatte ich das falsch in Erinnerung. Seltsamerweise kamen mir gerade deine wahrlich scheußlichen Beispiele für die Stilblüten des Autors sehr bekannt vor.

  • Percy findet Mary beispielsweise ziemlich "nerdy" und ist sowieso nur ein "Loser-Dichter", Polidori versucht in der Gegenwart von Byron "cool rüberzukommen", Goethe läuft in einem "tief euphorisierten Zen-Superzustand" durch die Gegend, der Himmel leuchtet einmal wie ein "Computerbildschirm"... Solche Formulierungen tauchen zwar nur selten auf, wirken aber jedes Mal wie ein absoluter Fremdkörper.

    Holy moly! 8| Okay, damit kegelt sich das Buch mit Überschallgeschwindigkeit aus meinem Interessenbereich, sowas will ich definitiv nicht lesen. Nirgendwo, in keinem Kontext.

    Danke schön, deine Vorstellung / eure Diskussion ist im Gegensatz zu den Primärtext-Schnipseln sehr interessant. Auch Nils ein Interview, wie er dazu kommt, da höre ich sicher rein.


    Meine Mutter hat ja inzw. drei Fassungen der Drehung der Schraube (1 x Original von Penguin Classics und zwei deutsche Versionen, die wohl stark voneinander abweichen: in einer fehlen ganze Sätze), und sie hatte eine dritte im Auge. Die aber ist auch im Hinblick auf diese Jugendsprak übersetzt worden, da kommt wohl sowas auch vor (kein Monitor, aber so ein Vokabular eben). Mann, da bin ich sowas von konservativ - anders Verfilmungen, da darf es ruhig neue Interpretationen / Sprache / Settings geben.

  • Das ist schade, habe ich doch ohne zu überlegen begeistert und wohl etwas blauäugig zugegriffen, als ich darauf stieß.

    Dito. Die Prämisse klang aber auch einfach zu gut.


    Für Shelley-Fans vielleicht noch ganz interessant: Im September wird im Matrix-Verlag das Buch "Was wurde aus den Geistern?" erscheinen, welches (wenn ich das richtig interpretiere) die Kurzgeschichten "Der sterbliche Unsterbliche" und "Verwandlung" und dazu noch das Essay "Was wurde aus den Geistern?" enthalten wird. (→ Klick)

    "Der sterbliche Unsterbliche" ist u.a. bei JMB im "Kabinett der Phantasten" erschienen und von "Verwandlung" gab es mal eine Übersetzung von Alexander Pechmann, die inzwischen aber nur noch als Hörbuch verfügbar ist. Außerdem erschien davon kürzlich eine Comicadaption, deren "gewöhnungsbedürftige" Zeichnungen mich bis jetzt aber vom Kauf abgehalten haben. Beim Essay dürfte es sich aber um eine deutsche Erstveröffentlichung handeln.

    Ich hab mir das Buch mal vorbestellt.

    Meine Mutter hat ja inzw. drei Fassungen der Drehung der Schraube (1 x Original von Penguin Classics und zwei deutsche Versionen, die wohl stark voneinander abweichen: in einer fehlen ganze Sätze), und sie hatte eine dritte im Auge.

    Tolles Buch. Deine Mutter hat Geschmack.

    Ich habe davon vor Ewigkeiten die dtv-Übersetzung gelesen und vor ein paar Jahren (im Zuge der zwei neuen Verfilmungen) mir noch die "Geisterhand"-Edition aus dem Kampa-Verlag geholt, weil ich die Bücher dort wirklich schick finde. Habe beide Übersetzungen als gelungen im Kopf.