The Lair of the White Worm / Der Biss der Schlangenfrau
UK 1988
Drehbuch & Regie: Ken Russell
Mit Amanda Donoghoe, Hugh Grant, Peter Capaldi, Catherine Oxenberg, Sammi Davis
Laufzeit uncut: 93'
Frei nach dem gleichnamigen Roman von Bram Stoker.
Ich greife mal eure Diskussion hier auf, Cheddar Goblin und Arkham Insider Axel : Ich bin wie Axel ein Fan und denke, der Film ist zudem thematisch ganz perfekt für Ostern *gn*. Auch sehr gut im Doppelpack mit The Devils zu schauen, denn beide Filme behandeln vornehmlich christliche Perversionen und unterdrückte bzw. in Schmerz & Gewalt umgeleitete Sexualität: Folter, Kreuzigung, (Selbst-)flagellation ...
Hier der Film (das ist die bessere Qualität, aber die geschnittene Fassung, gekürzt um 2,30 ' - also nicht die stark gekürzte, die immer noch bissl Gore hat. Die uncut version gibt es hier, mit Anmeldung zu sehen, auch eine uncut DVD wäre zu erwerben).
Volltext des Romans, glücklicherweise wich Russell davon aber - weil er vom Buch zu enttäuscht war - teils wesentlich ab. Horrorkritiker R. S. Hadij bezeichnete die Novelle als "one of the worst novels ever written" (Wiki gibt als Quelle an: Twilight Zone Magazine, Juli-August 1983). Das Buch - wie überhaupt alles Weitere von Stoker - erspare ich mir.
In die (damalige) Jetztzeit versetzt erzählt der Film von Ausgrabungen in Derbyshire, bei dem Hinweise auf einen heidnischen Gott gefunden werden: der riesige Schädel einer 'unbekannten' Spezies und Mosaiken. Auch die geheimnisvoll-exzentrische Lady Sylvia steht offenbar mit der Religion - die sich um Schlagen dreht - in Verbindung, verfügt über Unsterblichkeit und kann Gift spucken. Der junge Lord eines schlossartigen Landsitzes wird über die Archäologen mit in die Sache reingezogen und seine symbolisch aufgeladenen Alpträume machen einen großen Reiz des Films aus.
Russell möchte seinen Film als Horrorkomödie verstanden wissen, bei dem sich das Publikum zusammen mit seinen Antihelden (oder besser: -heldin) amüsiert, Der Film ist ein wunderbares Beispiel für das innovative, absolut schräge und bewusst leicht trashige Kino der 80er, ist teils surrealistisch und einfach sehr frech. Das Ende wie auch die gesamte Auslegung des Themas - Heiden vs Christen, was zuerst da war und darüber die stärkere Legitimation besitzt - dürfte sehr stark von Stokers Intention und dem Ende des Buches abweichen.
Der Film verarbeitet eine reale Legende - den Lambton Worm, Grafschaft Durham - und hat nicht nur darüber Anklänge ans Folk Horror-Genre, ich sehe vor allem Ähnlichkeiten zu Wickerman. Russell positioniert sich dagegen aber auf Seite der alten Religion bzw. übt sarkastische Kritik am Christentum: spießig, repressiv und - auch psychologisch gesehen - schädlich.
Nerdige Randnotizen:
Symptomatisch für die christliche Haltung ihren europäischen Vorläufern gegenüber, dreht es sich in der - phallischen - Schlangenreligion vornehmlich um Sex und Menschenopfer. Eine der Hauptdarstellerinnen hier, Catherine Oxenberg - verbrachte lange Jahre damit, ihre Tochter India Oxenberg aus der Gehirnwäsche und letztlich Sklaverei des Sexkultes NXIVM zu befreien. India war dann eine der Hauptbelastungszeuginnen gegen Kultleader Keith Raniere und die Smallville-Schauspielerin Allison Mack. Raniere wurde zu 120 Jahren Gefängnis, Mack zu drei Jahren verurteilt. Dazu gibt es eine extrem sehenswerte, seriöse Dokumentation, die über sehr sensible Interviews Catherine Oxenbergs Position als Leitfaden nimmt: Seduced - Inside the NXIVM Sex Cult (Starz, USA 2020).
H. R. Giger hat ebenfalls in den 80ern das Motiv des Kreuzes mit dem Wurm / der Schlange verarbeitet. (Links: Film)