Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

  • Junge mit schwarzem Hahn

    Stefanie vor Schulte


    Hardcover Leinen

    224 Seiten

    erschienen am 25. August 2021
    978-3-257-07166-5
    € (D) 22.00 / sFr 30.00* / € (A) 22.70


    Klappentext

    Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd am Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den ungewöhnlichen Jungen. Doch nutzen sie ihn aus, wann immer sich die Möglichkeit bietet. Martin jedoch verfügt über ein reines Herz und einen wachen Verstand, der ihn Verbrechen erkennen lässt. Als der schwarze Reiter aus den alten Legenden auftaucht und ein Mädchen raubt, steht für Martin fest, dass er diesem Spuk ein Ende setzen muss. Mit seinem Kumpan, dem Maler verlässt er sein Dorf und bricht auf zu einer Odyssee, auf der er nicht nur menschlichen Abgründen nachspürt, sondern auch seinen Fähigkeiten.

    Das Buch gibt es in zwie Ausgaben. Die Original-Asugabe bei Diogenes mit nichtssagendem Cover (https://www.diogenes.ch/leser/…m-hahn-9783257071665.html) und die treffender aufgemachte Ausgabe der Büchergilde (https://www.buechergilde.de/de…chwarzem-hahn_173905.html).


    Bei diesem Roman handelt es sich um ein Debüt, das außerhalb der Phantastik-Szene offenbar großen Anklang erfahren hat, innerhalb der Szene aber meines Wissens weitgehend ignoriert wurde. Das ist schade und sollte sich meines Erachtens dringend ändern, stellt dieser Roman doch eines der bemerkenswertesten und interessantesten Leseerlebnisse dieses Jahres dar. Insgesamt erinnert es mich am ehesten an Kehlmanns "Tyll" und ist sicherlich auch durch andere mittelalterliche Schwänke inspiriert, ohne dass eine klare Referenz heraussticht. Dabei steckt es ähnlich voller Witz und Absurditäten, ist aber ohne Frage dunkler und vor auswegloser Kulisse erzählt. In dem Roman kratzt die sagenhafte Phantastik überall an der Oberfläche der nicht näher lokalisierten, ganz sicher vergangenen, vom Krieg gebeutelten Welt und dringt hie und da wie selbstverständlich in sie hinein. Der Stil ist ungewöhnlich, sprachlich reduziert, und schafft doch viel mehr Nähe als Distanz. Dabei passt nicht jedes Wort, nicht jeder Satz sitzt. Es ist ein Werk mit Ecken und Kanten. Aber das passt zum Inhalt und ändert nichts an der Qualität dieses erstaunlichen Stücks Literatur.

  • Hm, das macht einerseits neugierig, andererseits kann ich mit dem Szenario erstmal nicht viel anfangen. Mittelalterliche Stoffe reizen mich nicht allzu sehr. Dein Verweis auf Kehlmann, den ich grauenhaft finde, schreckt ab - aber dein Urteil bildet ein Gegengewicht. Ich bleibe skeptisch, schaue aber im Buchladen bei Gelegenheit mal rein.

  • Ich kann nicht genau sagen, warum, aber für mich spielt der Roman eher im 30jährigen Krieg. Aber von der genauen Verortung, die der Roman sowieso weder zeitlich noch räumlich vornimmt, abgesehen, würde ich dir einfach zur Leseprobe raten. Bei dem Stil weißt du sicherlich schnell, ob es etwas für dich ist oder nicht.

    Und den Vergleich ziehe ich übrigens bewusst nur zu "Tyll", nicht zum Gesamtwerk von Kehlmann.

  • Zitat

    Es gibt sie doch noch, die so rar gewordenen Momente, wenn man aus dem immer unüberschaubarer werdenden Berg an Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt auf ein echtes Juwel stößt, wenn man die berühmt-berüchtigte Stecknadel im Heuhaufen ausfindig gemacht hat. [...] Junge mit schwarzem Hahn ist ein rundherum gelungenes Märchen für Erwachsene – voller Grausamkeit und Fantasterei, so dass es einem bei der Lektüre bisweilen das Blut in den Adern gefrieren lässt, aber hier und da auch mit ganz viel Liebe, Mut und Zuversicht ausgestattet, die (kein Zufall) zumeist vom schwarzen Hahn ausgeht.


    https://literaturkritik.de/vor…schwarzem-hahn,28554.html

  • Die Beschreibung von Felix hat mich neugierig gemacht, daher habe ich mir das Hörbuch besorgt. Daher vielen Dank.


    Das der Roman an der Phantastikszene vorbeigegangen ist, kann ich mir aufgrund der wie von Felix schon beschrieben eher angekratzten Elemente gut erklären. Phantastische Elemente haben imho tatsächlichen keinen Einfluss auf die Handlung und laufen eher so nebenbei.

    Der Stil passt wie beschrieben nicht zum von meinem Gefühl her eher im Spätmittelalter/frühen Neuzeit angesiedelten Handlung, erzählt den Roman aber flott und wird auch von der Leserin des Hörbuchs gut umgesetzt.


    Aus meiner Sicht muss man den Roman nicht gelesen haben, aber mit dem Kauf macht man auch garantiert nichts falsch und hat gute, erfrischende Unterhaltung. Für mich hat sich die damit verbrachte Zeit gelohnt.