Ernst Jünger - In den Gräben der Geschichte

  • Leider kommt in der Doku das phantastisch-surrealistische Element in Jüngers Werk viel zu kurz, aber sie ist dennoch insgesamt sehenswert.


    Zitat

    Noch immer scheiden sich an dem Schriftsteller Ernst Jünger die Geister. Die einen sehen in dem antiliberalen und antidemokratischen Jünger der Weimarer Republik einen geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus, andere sehen in ihm den brillanten und reflektierten Zeitzeugen, den genialen Stilisten. Wer war Ernst Jünger wirklich? Was hat ihn geprägt?


    https://www.arte.tv/de/videos/…n-graeben-der-geschichte/

  • Welche Bücher von ihm würdest du in Bezug auf dieses Element empfehlen?

    Auf jeden Fall Das abenteuerliche Herz. Dies ist für meine Begriffe Jüngers bestes Werk.


    Dann gibt es den SF-Roman Gläserne Bienen und den ebenfalls mit Phantastik durchsetzten Heliopolis. Märchenhafte Anmutungen finden sich in Auf den Marmorklippen. Die finde ich aber alle drei nicht so gelungen, daher würde ich sie nichts zwangsläufig zur Lektüre empfehlen.


    Es gibt auch Interpreten, die in einzelnen Passagen von In Stahlgewittern phantastische Überhöhungen der Weltkriegsdarstellungen erblicken. Unabhängig davon sollte man das Buch auf jeden Fall mal gelesen haben.


    Vermutlich gibt es noch mehr, ich müsste mal den Aufsatz dazu von Andreas Geyer herauskramen.

  • Das abenteuerliche Herz und die Marmorklippen werde ich mir auf jeden Fall mal ansehen.


    Ich habe bisher von Jünger nur Der Kampf als inneres Erlebnis gelesen und fand die eindringliche und Grauen erregende Schilderung des Kriegsalltags wirklich beeindruckend. Es ist interessant, dass jemand wie Jünger, der diese Erfahrung ja bejahte, gerade dadurch eine wahrhaft beklemmende Wirkung erzeugen kann.

  • Ich habe bisher von Jünger nur Der Kampf als inneres Erlebnis gelesen

    Das habe ich ausgespart, als ich mal viel Jünger las. Vielleicht habe ich mal wieder Interesse und nehme es mit auf ins Repertoire.


    Ich bin gespannt, wie dir die beiden Bücher gefallen.

  • Ich habe inzwischen das Abenteuerliche Herz gelesen. Ein verwirrendes Buch. Das fängt schon damit an, dass es zwei Fassungen gibt, die nur wenig Überschneidungen haben, sodass es sich durchaus lohnt, beide zu lesen. Die erste Fassung von 1929 mit dem Untertitel Aufzeichnungen bei Tag und Nacht ist etwas zugänglicher, aber sie bietet dem Jünger-Hasser auch genügend Ansatzpunkte, sich in seiner Abneigung gegen den Kriegsautor bestätigt zu sehen. Die zweite Fassung von 1938 mit dem Untertitel Figuren und Capriccios ist deutlich anders angelegt. Bei dem Ich-Erzähler der Texte handelt es sich jetzt ganz eindeutig nicht um Jünger, alle biographischen Bezüge sind getilgt, dafür finden sich phantastische Gestalten wie der Oberförster oder der Lehrmeister Nigromontanus. Diese Texte haben, wie gesagt, eine verwirrende Wirkung, man liest sie mit dem Gefühl, in tiefere Geheimnisse eingeweiht zu werden, ohne dass diese Geheimnisse wirklich fassbar sind. Es ist, zumindest mir, unmöglich anzugeben, was der Dichter damit sagen will. Und doch werde ich dem Verlangen nicht widerstehen können, mir das Buch, das ich mir für die Lektüre geliehen habe, nun zu kaufen, damit sich meine Verwirrung vielleicht beim wiederholten Lesen verringert. Sie wird sich vermutlich eher verstärken, was aber auch nicht schlimm ist.

  • dass es zwei Fassungen gibt, die nur wenig Überschneidungen haben, sodass es sich durchaus lohnt, beide zu lesen.

    In der Tat, das hatte ich völlig vergessen. Ich habe beide Fassungen, wobei ich mich nicht erinnern kann, welche ich besser fand. Ich glaube, beide Fassungen haben ihre Höhepunkte.

    Diese Texte haben, wie gesagt, eine verwirrende Wirkung, man liest sie mit dem Gefühl, in tiefere Geheimnisse eingeweiht zu werden, ohne dass diese Geheimnisse wirklich fassbar sind.

    Diese raunende Hermetik wird von Jünger-Lesenden oft empfunden. Ein Grund, warum er in bestimmten Kreis so gern als Säulenheiliger rezipiert wird, will mir scheinen. Ich habe generell Das abenteuerliche Herz immer als eine wilde Stilmischung aus Surrealismus und Expressionismus gelesen, die angereichert ist mit allerlei sakraler Motivik, Beobachtungen eines Flaneurs, transzendentalen Beobachtungen und dergleichen mehr. Es kann einen packen, es kann einen auch abstoßen. Es freut mich aber natürlich, dass du ein bemerkenswertes Lektüreerlebnis vorfandest.