Alexander Blumtritt - Die verschwiegene Schlucht

  • Hallo Phantastengemeinde,


    in den letzten Tagen habe ich das Erstlingswerk(?) von Alexander Blumtritt gelesen und nehme vorweg: Ich bin sehr angetan.



    Worum geht es bzw. was sagt die Buchbeschreibung?


    Zu den "harten Fakten":

    Es handelt sich um eine selbst verlegte Novelle auf etwa 120 Seiten im Hardcover (Seitenlängen: 18,5 cm u. 14 cm), die mit 18 s/w Illustrationen u. einem Photo versehen ist. Limitiert ist das Büchlein auf 100 Exemplare, allerdings ohne Nummerierung und ist für 15 Euronen beim Autor zu erstehen.

    Die Illustrationen sind Zeichnungen und fügen sich sehr stimmig in die Novelle ein. Zusätzlich existiert ein Anhang, der sich auf 13 Seiten mit der Quellenlage zu den eigentlichen Hauptcharakteren des Buches, den oben angesprochenen kryptozoologischen Mysterien.

    Der Autor hat offenbar schon einige Kurzgeschichten zum guten alten Mythos veröffentlicht und mag dem ein oder anderen Kenner hier bekannt sein, jedoch

    handelt es sich bei "Die verschwiegene Schlucht" nicht um eine Mythosgeschichte.


    Zudem betreibt Alexander Blumtritt den youtube-channel Yuggothian Records, der unter anderem auch einige Lesungen von CAS und Lord Dunsany beinhaltet. Der Kanal ist imho auf jeden Fall einen Blick wert.


    Wie ist das Buch so?


    Im Buch selbst war ich schnell drin, der Titel "Die verschwiegene Schlucht" erinnert zwar mittelschwer an "Die ??? und...", passt aber sehr gut zum Inhalt des Buches.

    Die Handlung selbst, wie oben gut zusammengefasst, erinnert anfangs Kobo Abes wunderbare Novelle "Die Frau in den Dünen". Das lesen ging sehr flüssig und man findet gut in den Stil, der Autor verfolgt seine Idee sehr gut und zielstrebig, wird nicht langatmig und wusste mich gut zu unterhalten, einige Stellen sind jedoch etwas kurz geraten

    Die Charakterzeichnungen sind schlüssig, entgegen vielen phantastischen Geschichten ist die Entwicklung der Hauptfigur durchaus glaubhaft und auch deren Verhalten ist sehr nachvollziehbar, was ja vielen Charakteren in diesem Genre leider etwas abgeht. Das Hauptaugenmerk auf der kryptozoologischne Fauna des Tals animiert zum weiterlesen und ist imho eine gute Abwechslung, da zumindest mir in diesem Feld wenig, insbesondere jüngere, Literatur bekannt ist. Außerdem bin ich immer froh, wenn solche Bücher in unseren Gefilden spielen und dazu heimische Sagen und Legenden aufgreifen. So hat man dann schon fast einen Bildungsroman^^. Um welche Legende und welches Tier es sich hier handelt, spoilere ich allerdings bewusst nicht.


    Die spannende Frage: Lohnt es sich?

    Kurz und knapp: Ja und ich würde es auch nochmal kaufen.

    "Die verschwiegene Schlucht" ist ein schönes kleines Buch für einen verregneten Nachmittag oder den nächsten Urlaub in den Bergen.

    Ich bin gespannt, ob und wie es mit Veröffentlichungen des Autors weiter geht und würde mich sehr über weiteres Material aus seiner Feder freuen.


    Last but noch least:

    Wo kann man es kaufen?


    Unter

    https://netzwerk-kryptozoologie.de/buch-des-monats-dvs/

    gibt es ein Bestellformular und sogar einen netten kleinen Trailer zum Buch (sowas habe ich auch noch nicht gesehen, vermutlich werde ich einfach alt...;()

  • Erst einmal besten Dank für die Vorstellung! inferninho Deine Ausführungen und die Aufmachung des Werks haben mich motiviert nachzuziehen und meine Eindrücke im Folgenden ebenfalls mitzuteilen.


    Zu den harten Fakten/2

    Mein Exemplar stammt aus der 2. Auflage, auch hier handelt es sich um eine 100er-Auflage. Bestellung und Lieferung verliefen äußerst unkompliziert und sehr fix, – noch dazu war die Kommunikation mit dem Autor freundlich, das Büchlein wurde signiert und enthielt eine extra Beilage.

    Zu den Illustrationen: Es handelt sich, wie schon das Umschlagbild zeigt, um s/w Reproduktionen alter Buchgrafiken – stimmungsvoll, sehr passend.


    Eindruck

    Kobo Abes Die Frau in den Dünen wurde schon genannt. Alexander Blumtritt selbst erwähnt im Nachwort Arthur Conan Doyles Roman The Lost World. Und tatsächlich schafft es der Autor, ein Kammerspiel an einem urwüchsigen, einsamen Setting abzuhandeln und gleichzeitig der Cryptofiktion Tribut zu zollen. Erzählt aus der Ich-Perspektive, geht die Story geradlinig ihrer Bestimmung entgegen. Fakten zu Flora und Fauna sind organisch und unaufdringlich in die Erzählung eingeflochten. Ich stimme zu, dass sich das Geschehen folgerichtig und die Handlungsweise der Figuren nachvollziehbar abspielt — wobei ich in diesem Punkt generell recht tolerant bin (es hier jedoch nicht sein muss). Froh bin ich über die Bildbeigaben, die den Lektüreeindruck an den richtigen Stellen verdichten und somit bereichern.


    Meinung

    Folkloristische Phantastik oder Phantastik, die auf Sagenstoffen beruht: das ist ein beliebter Stoff. Die verschwiegene Schlucht würde ich (unter anderem) auch in diesem Subgenre einordnen. Freilich drängt Alexander Blumtritt den Sagengehalt im Lauf seiner Geschichte zunehmend an den Rand. Im Nachwort macht er klar, dass seine Phantasie auf real existierenden Begebenheiten aufbaut, er also bewusst mit der Möglichkeit des „Was wäre wenn … “ spielt. Der Erzählton ist dementsprechend pragmatisch; unser Chronist — ein Biologiestudent — bemüht sich um die Genauigkeit seiner Schilderung. Das trifft selbst dort zu, wo sein Gefühlsleben die Oberhand über den Verstand gewinnt. Gewünscht hätte ich mir allerdings etwas mehr Unheimlichkeit, eine entschlossenere Stimmungsmalerei im Geist dunkler Phantastik, ja — hie und da ein handfestes Gruselerlebnis. Die Geschehnisse rund um den Greis wären dazu wohl geeignet gewesen.


    Fazit

    Alexander Blumtritts phantastisches Element ist eher mild getönt, intensiviert sich aber an den richtigen Stellen zu einem gewissen sense of wonder. Die verschwiegene Schlucht erweist sich seinem Inhalt und seiner ganzen Aufmachung nach als ein fein abgestimmter Privatdruck, dem (im Rahmen seiner Möglichkeit) eine weite Verbreitung zu wünschen ist. Diese Art der Veröffentlichung lebt ja vom persönlichen Engagement — und gerade in der Hinsicht wird hier nichts dem Zufall überlassen. Klare Empfehlung!

  • inferninho und Arkham Insider Axel

    Wow, allerliebsten Dank für die tolle Vorstellung und eure detaillierten Eindrücke! [Cof]


    Ist enthusiastisch bestellt, zumal auch die Website und der Trailer grandios und sehr interessant aussehen. Das könnte - rein vom Untergenre her - eine frische, weniger mark-samuels-artige Folk Phantastik sein wie Tobias Könemanns Das schwarze Holz. Ich bin außerordentlich gespannt, wirklich.

    Mal wieder ein Hoch auf dieses Forum, von dem Buch hatte ich gar nix mitbekommen. :*


    inferninho Buchtrailer gibt es - zumindest im englischsprachigen Raum - inzwischen recht häufig. Meist sind die aber nicht so schön (und so professionell) gemacht, sondern eher einfacher Kaufaufruf. Entweder mit sehr aufdringlicher Musik oder in mässiger Tonqualität. Meist clicke ich die gar nicht an.

  • Der Name Mark Samuels sagte mir wiederum nichts – war der bereits Thema im Forum? Angeblich eine Mischung aus H. P. Lovecraft und Arthur Machen; can such things be?

    Ein Tipp von Cheddar Goblin . Hat aber noch keinen Thread, was man sicher mal ändern sollte. (Man *gn*)


    Ich hatte mir nach dem Tipp Samuels Sammlung Written in Darkness ausgesucht und war wirklich angetan (was mich erstaunte, weil der Internetauftritt des Autors sehr unangenehm ist, voller bitterer Rants und Anklagen, warum sich seine Bücher nicht besser verkaufen, bissl Aluhut-Haltung etc.). In den Geschichten merkt man davon jedenfalls gar nichts.


    Lovecraft und Machen - da sehe ich zumindest in der Sammlung kaum bzw. keine Ähnlichkeit. Ich würde eher sagen: eine nihilistische Version von Alfred Kubin oder eine postmoderne des Maritimen Horrors von Hodgson. 'Nihilistisch' ganz explizit nicht im Sinne von Ligotti, sondern eher altmodisch, expressionistisch. Ohne viel Gedöns, kein Geschwurbel, aber ungewöhnliche, auf den ersten Blick unspektakuläre Plots, durchaus mit einem Hauch Grusel. Gute Psychologie, manchmal scheint an passenden Stellen etwas schwarze Galle durch, bisschen wie bei Michael Perkampus. Nur ebensowenig wie dort unangenehme Bitterkeit, sondern sympathisch, interessant und nicht zu aufdringlich.


    Samuels Geschichten sind im Heute angesiedelt, aber eher zeitlos und er schreibt in einem Stil der 1920er-50er.

  • Hallo allesamt!

    Hier schreibt der Herr Blumtritt. Zunächst mal herzlichsten Dank für die Rezensionen! Ich hab mich wirklich sehr über beide gefreut, und umso mehr natürlich über die Leute, denen ich seitdem ein Buch schicken durfte. :)

    Katla: Deine Bestellung kam tatsächlich nicht zu mir durch, normalerweise krieg ich da ne Mail und reagiere so schnell wie's geht.. wer weiß, was da passiert ist. Schreib mir bitte mal eine PN mit Namen und Adresse, dann kommst du diese Woche noch an dein Exemplar!