Die Nase
Bruno Jasieński
Aus dem Russischen von Elisabeth Namdar-Pucher.
14 • 22 cm | Hardcover
120 Seiten | € 16,00
ISBN 978-3-903290-48-8
Verlagswebsite: http://www.bahoebooks.net/start_de.php?action=201&id=148
Klappentext:
ZitatAlles anzeigenDiese satirische Erzählung ist eine Prolongation eines Themas,
das Nikolaj Gogol 1836 erstmals zu Papier brachte. Hundert Jahre
später persiflierte Bruno Jasieński den deutschen Rassenwahn
anhand eines nationalsozialistischen Professors für Rassenkunde,
der eines Tages zu seiner vollkommenen Überraschung mit einer
jüdischen Nase im Gesicht dasteht. Ein absurder Vorfall, der diesem
arrivierten deutschen Denker die Chance gibt, seine Medizin
am eigenen Leibe zu erfahren.
«Beeindruckend und beklemmend ist Jasieńskis Verständnis für
die hinter der Rassenlehre, der Eugenik und vergleichbarer pseudowissenschaftlicher
Forschung liegende Unmenschlichkeit, aber
auch die unfreiwillige Komik. Ironisch, aber nicht albern, witzig,
aber nicht derb, pointiert, aber nicht plump, treffend, aber nicht
mit dem Holzhammer – das ist es, was den Satiriker Jasieński
auszeichnet.»
Aus dem Nachwort von Vladimir Vertlib.
Gogols "Die Nase" ist eine meiner liebsten Geschichten der Weltliteratur. Als ich vor kurzem nun dieses schmale Buch in einer Buchhandlung liegen sah und den Klappentext las, konnte ich deshalb nicht anders, als zuzugreifen, und habe es nicht bereut. Jasieńskis Nase beginnt akademisch. Die Hauptfigur, ein führender nationalsozialistische Professors für Rassenkunde sitzt über dem Manuskript seines aktuellen Publikation und erwägt Änderungen, damit es doch noch zum Standardwerk in Schulen werden kann. Dabei setzt er sich dezidiert mit tatsächlichen eugenischen Positionen und Publikationen aus dem damaligen Deutschland auseinander. Das ist so erschreckend wie satirisch und durch dieses Satirische noch einmal ein gehöriges Stück erschreckender, nicht zuletzt, weil "Die Nase" erstmals 1936 erschienen ist und der Autor Jasieński darin bereits offenlegt, wie absurd, gefährlich und menschenverachtend die nicht nur nationalsozialistische Eugenik zu Beginn des 20. Jahrhunderst wachen Zeitgenossen erschienen ist. Dass Jasieński aber natürlich nicht die Ereignisse bis 1945 voraussehen konnten, erklärt die Leichtfüßigkeit dieser ganz phantastischen (im Doppelsinn des Wortes) Satire und Groteske.
Im Gegensatz zu Gogols Hauptfigur verliert der Professor zwar nicht seine Nase, sondern muss feststellen, wie sich plötzlich – gemäß seiner eigenen Klassifikation – sein Arierzinken zu einem jüdischen Exemplar verwandelt hat. Der gesellschaftliche Abstieg folgt sofort und in halsbrecherischem Tempo, zunächst in Gestalt eines befreundeten Nazihelden, der vielleicht längst verstorben ist, durch Ignoranz und Gestalt auf der Straße und gipfelt schließlich im Kreis der Weisen von Zion, die selbst der neujudennasische Professor an intriganter Gemeinheit noch übertrumpfen kann. Das ist echt ein Text, wie ich ihn nicht oft gelesen habe, so klug, so rasant, lebendig und bitter.
Abgerundet werden die rund 60seitige Novelle mit einem informativen Nachwort mit einem Schwerpunkt über das Leben des polnisch-jüdisch-kommunistischen Autors und den Wirrnissen seiner Lebenszeit.