Stefan Grabinski - Kurzgeschichten

  • Die Rote Magda ist die Tochter von Löschmeister Piotr Szponar und einer Zigeunerin, die starb, als Magda fünf Jahre alt war. Einer Prophezeiung nach sollte Magda eine Flammentochter werden und der Vater sie lebenslang bekämpfen und so kommt es.

    Eine intensive Geschichte über Feuer, Treue und am Ende die Entscheidung, die der Vater treffen muss.

    Hier und da ein wenig lang geraten, ist die Geschichte sehr lesenswert.

  • Unser Held ist asexuell. Ein erfolgreicher Professor, begehrt bei den Damen, gerade weil er keine an sich lässt. Doch wenn es brennt, wenn das Feuer hell lodert, so erwacht seine Leidenschaft. Als eine junge Witwe ihm Avancen macht und ihr Haus brennt, überkommt ihn die Leidenschaft und er willigt wenig später in die Ehe ein. Doch ohne Feuer keine Leidenschaft und in der Hochzeitsnacht sorgt die Ehefrau für ein Feuer, und versinkt danach im Wahnsinn.

    Der Mann selbst ist aber eifersüchtig, trotz seine Asexualität und als er sicher ist, das sie mit ihrem Arzt in der Psychatrie ein Verhältnis startet, bereitet er sich vor und löst die vermeitliche (oder wahre?) Dreierbeziehung auf, in dem er die beiden erschießt und dann sich.

    Eine sehr intensive Geschichte, die mir sehr gut gefiel, obwohl das Ende doch recht profan daher kommt und nicht gerade das Sahnehäubchen war.

  • Hier und da ein wenig lang geraten, ist die Geschichte sehr lesenswert.

    Hallo Michael,


    immer wieder spannend, deine Eindrücke! Ich denke auch, dass Grabinski in dieser Geschichte sein Potential nicht ausgeschöpft hat, ganz vor allem, wenn man bedenkt, wie wunderbar eindrücklich er immer Zwang, Zwiespalt und Ausweglosigkeit in den Eisenbahngeschichten beschreibt.

    Es ist ziemlich 'ja, so ist es halt', und erinnerte mich an die Haltung von religiösen Eltern, wenn sie ihr Kind zwecks 'Dämonenaustreibung' oder 'Besessenheit' foltern oder ermorden bzw. beifällig zusehen, wie andere das für sie erledigen. Auch die Konstellation ist hier ähnlich, über den Fluch. Und der Vater tut, was er tun muss, da ist imA erstaunlich wenig Mitgefühl, wenn auch durchaus Verständnis. Magda ist eine sehr interessante Gestalt, die ruhig ein bisschen mehr Raum hätte bekommen können, eine eigene Stimme.


    Spannend an dieser Geschichte war für mich die Sicht des Feuerwehrmannes auf das Element, weil ich ja innerhalb der Matrosenausbildung auch einen mehrtägigen, sehr intensiven Brandbekämpfungskurs hatte - so in voller Montur mit Sauerstoff-Flasche, Helm und fake 'Einsätzen', auf dem Gelände, auf dem nicht nur die finnische, sondern auch die norwegische Feuerwehr ausgebildet wird. Das alles hat Grabinski jedenfalls toll eingefangen.

  • Ein Mann benutzt einen Hypnose-Spiegel, das fühlt sich für ihn gut an, aber irgendwann wird er wach und verfolgt die Spuren dessen, was er gemacht hat.

    Eine müde Geschichte über einen selbst hypnotisierten Mörder

    Ein Ingenieur, der auf einem Weg einkehrt, durstig und hungrig. Und er findet zwei Wesen, ein Mann und eine Frau. Er findet Stärke und Wollust und um Mitternacht suchen ihn diese beiden Eigenschaften in einer Person heim und nur mit äußerster Mühe kann er sich retten.

    Ein sehr intensive und mitreißende Geschichte. Cool.

  • Ein Wanderer entdeckt ein grausames Schattenbild in einem Fenster. Er beschließt den Förster, der dort wohnt, kennenzulernen und besucht ihn irgendwann und erfährt die Geschichte des Schatten, der sich jede Nacht zeigt.

    Nach etwas zähen Beginn eine Geschichte, die einen starken Sog entwickelt und von der Auseinandersetzung zweier Brüder berichtet.

    Ein Mann berichtet in seinem Tagebuch von einer Liebschaft. Brzost verliebt sich in das Grab einer Toten bzw. in die Tote. Sie starb, so erfährt er später, unter merkwürdigen Umständen. Mord oder Selbstmord, der Gatte war extrem eifersüchtig. Der Hatte verschwindet in seine Heimat Griechenland.

    Als Brzost sie oft besucht und ihre Geistgestalt sieht, taucht plötzlich ein aggressiver Rabe auf, der ihn vertreiben will.

    Es kommt zum Kampf. Brzost tötet den Raben, zeitgleich stirbt der Grieche an einem Herzanfall, weit entfernt.

    Aber die Verletzung, die der Rabe Brzost zugefügt hat, lässt auch diesen sterben und hinterlässt ein Rabenmal am Herz.

    Ebenfalls eine sehr intensive und lesenswerte Geschichte.

  • Hallo Katla,


    kannst du zu den Übersetzungen noch die Originaltitel nennen?


    Ansonsten fehlt mir auf Deutsch nur noch folgende Grabinski Geschichten:

    Das Gebiet / Dziedzina:

    https://www.isfdb.org/cgi-bin/title.cgi?1387068


    Die Siedlung der Rauchschwaden/ Osada dymow

    https://www.isfdb.org/cgi-bin/title.cgi?2053797


    Die sonderbare Station / Dziwna stacja

    https://www.isfdb.org/cgi-bin/title.cgi?1387061


    Das wahnsinnige Gehöft / Szalona zagroda

    https://www.isfdb.org/cgi-bin/title.cgi?1660695


    Die Rache der Elementargeister (1971) (D)
    Zwemsta zywiolakow (1922) (PO)
      https://amzn.to/3Dfwe3P


    Die verlassene Strecke (2009) (D)

      https://amzn.to/40594a3


    Bei Die verlassene Strecke lässt sich leider der Originaltitel nicht ermitteln.

  • kannst du zu den Übersetzungen noch die Originaltitel nennen?

    Hallo Mammut,


    klar, sehr gerne (ich kopiere mal aus dem Feuersignale-Manuskript, die Verweise sind hinten im Impressum):

    Der verlassene Ort *) : „Głucha przestrzeń“ in Demon ruchu, erweiterte 2. Ausgabe. Warszawa-Kraków 1922

    Szateras Engramme: „Engramy Szatery“ in Naokoło świata Nr. 28. Warszawa 1926

    Die Parabel vom Tunnelmaulwurf: „Przypowieść o krecie tunelowym“ in Polonia Nr. 141. Katowice 1926

    [Und das hattest du selbst schon weiter oben, glaube ich: Pyrotechnik -„Pirotechnik“ in Księga ognia [Das Buch des Feuers]. Łódź 1922]


    Das sind Eisenbahngeschichten, die Grabinski nach der ersten Auflage des Demon ruchu (1919) schrieb, er hatte sich nach der erweiterten zweiten noch eine dritte - weiter erweiterte - Auflage gewünscht, die aber nicht mehr zustande kam. Daher gibt es zwei Demon-ruchu-Stories, die außerhalb der beiden DR-Auflagen in Magazinen veröffentlicht wurden.

    ("Die sonderbare Station" erschien in der 2. erweiterten Auflage). Vgl. CLN 2 - Horror in Eisenbahnen, da hab ich das alles auseinandergefusselt.

    Der Grabinski-Übersetzer Miroslaw Lipinski arbeitet einem Interview zufolge an einer englischen Gesamtausgabe seines Motion Demon (1919) mit allen 14 Geschichten - so wie Grabinski sie erträumte. Da er aber auch seit 10 Jahren eine englische Ausgabe des Book of Fire in Arbeit hat, mag das noch dauern.



    *) „Głucha przestrzeń“ bedeutet wortwörtlich übersetzt "der taube Raum", das allerdings lässt sich interessanterweise nicht verwenden als 'Der stille Ort'. Dies ist der Originaltitel von deinem gesuchten "Die verlassene Strecke", dazu siehe weiter oben hier im Faden mein Beitrag #41:

    Wie unserer engl-poln Übersetzer in den Fußnoten anmerkt, verwendet Grabinski nicht nur in dieser Geschichte einen alten Begriff, der gleichermaßen "Ort" wie auch "Gleis" bedeutet. Der Titel wird von Grabinski im allerletzten Absatz noch einmal aufgegriffen, als er sagt: Es wurden Geistererscheinungen beobachtet, nachdem in dem Tal keine Züge mehr fuhren. Dieser Spuk hörte erst auf, als alle Gleise und Anlagen schließlich abgebaut waren - dann erst sei der 'Ort wirklich verlassen'.

    Die Geschichte mit der alternativen Bedeutung 'verlassenes Gleis' zu betiteln, ist daher bissl Quark, denn am Ende geht es ja genau um den Ort, an dem nichts mehr an Gleise erinnert - es ist ein verlassener Ort, keine verlassene Strecke. (Das war sie nur zwischendurch, sozusagen).


    "Die sonderbare Station" fand ich plotmässig ziemlich mau (Stichwort: Snowpiercer mit SF/Fantasy-Feeling), die Anthologie an sich ist allerdings ein schönes Buch, von einer Anschaffung würde ich also nicht abraten. Und bin gespannt, was du sagst. (Die story hatte ich im CLN 2 mitbesprochen, ehrlich gesagt hätte ich sie - wenn anonym gelesen - nicht als eine Grabinski-Geschichte erkannt).

  • Vorsicht bei Dunst und Das Abstellgleis: Keine der Geschichten ist eine Übertragung der originalen Grabinski-Geschichten, sie sind alle editiert und zudem gekürzt. Entweder bereits posthum durch einen polnischen Herausgeber oder aktueller analog dazu als Eingriffe für die deutschen Veröffentlichungen.

    Dann ist die verlassene Strecke wohl mit der verlassene Ort identisch.

    Fast, wir haben ja neu übersetzt - und wie ich hoffe, näher am Original. ;)

  • Vorsicht bei Dunst und Das Abstellgleis: Keine der Geschichten ist eine Übertragung der originalen Grabinski-Geschichten, sie sind alle editiert und zudem gekürzt. Entweder bereits posthum durch einen polnischen Herausgeber oder aktueller analog dazu als Eingriffe für die deutschen Veröffentlichungen.

    Fast, wir haben ja neu übersetzt - und wie ich hoffe, näher am Original. ;)

    Das graue Zimmer hat mir insgesamt auch besser gefallen als Das Abstellgleis. Das kann natürlich auch an den Übersetzungen liegen. Letztendlich ist aber die ein oder andere Geschichte nur in Dunst erhältlich. Na, ich überlege mir das noch.

  • Das graue Zimmer hat mir insgesamt auch besser gefallen als Das Abstellgleis. Das kann natürlich auch an den Übersetzungen liegen.

    [Cof] Das sehe ich ganz genauso, und ich gehe auch davon aus, dass es das heavy editing ist, was diesen Unterschied ausmacht. Hast du mal das Nachwort bei Suhrkamp gelesen? Mega empörend, da bleibt einem echt die Spucke weg - das war der Auslöser für Feuersignale, letztlich.
    Hätte ich Geld, würde ich mit Kris zusammen eine deutsche 14-Text-Gesamtausgabe erstellen, aber das lässt sich so nicht mit einem Kleinverlagsbudget realisieren.

  • Interessant. Ich sehe ja manche Jubelarienvorwörter und Nachwörter skeptisch, auch wenn sie oft Lust auf die Lektüre des jeweiligen Buches machen.

    Aber sowas liest man ja selten. Der Übersetzer findet Grabinski ist veraltet und nicht lesenswert und hat das beste draus gemacht. Lem sagt, unheimliche phantastische Literatur ist generell Schrott und Grabinski hat ein paar Geschichten, die eigentlich in Ordnung sind, wenn man das meiste auch vergessen kann.

    Das ist ja irgendwie herrlich. Ich weiß schon warum ich normalerweise einen Bogen um die Suhrkamp Bücher mache.

  • Der Übersetzer findet Grabinski ist veraltet und nicht lesenswert und hat das beste draus gemacht. Lem sagt, unheimliche phantastische Literatur ist generell Schrott und Grabinski hat ein paar Geschichten, die eigentlich in Ordnung sind, wenn man das meiste auch vergessen kann.

    Das ist ja irgendwie herrlich. Ich weiß schon warum ich normalerweise einen Bogen um die Suhrkamp Bücher mache.

    Naja, böse Zungen würden behaupten, dass Lem ziemlich viel aus Schrott fand, außer sich selbst und vielleicht noch PKD. :) Ich gestehe, ich habe wegen einiger solcher Aussage, die ich vor Jahrzehnten las, daher einen Bogen um Lem gemacht, aber ich denke, da war ich etwas kleingeistig und gedenke, das demnächst zu ändern.

    Zurück zum Thema:
    Ich fand "Feuersignale" bisher (habe die Hommage-Stories noch nicht gelesen) sehr interessant. Klar, an manchen Stellen etwas angestaubt, aber mir macht das nix, ich lese ja gern "so alten Kram". ;) Ist zumindest stilistisch oft besser als viel von dem was man heutzutage so vorfindet.
    Was die Gesamtausgabe angeht. Würde es sich lohnen, mal bei "Nowa Fantastyka" bzgl. Unterstützung nachzufragen? Ob die wen kennen, der wieder jemanden kennt, der...
    Und dann gibt es für derlei manchmal sogar Kulturförderung. Da müsste man mal Nachhören. Es gibt doch bestimmt einen deutsch-polnischen Kulturverein und Phantastik ist doch seit einiger Zeit gesellschaftsfähig. Zumindest mehr als noch vor 10 oder 20 Jahren.

  • Grabinski Geschichten:

    Das Gebiet / Dziedzina:

    Title: Dziedzina


    Eine typische und kryptische Grabinski Geschichte. Ein obskurer Dichter, der zehn Jahre oder mehr nicht mehr geschrieben hat, was ganz in seinem Sinne ist. Denn er will seine Fiktion lebendig werden. So sucht er in der unbewohnten Villa gegenüber und immer mehr Geister erwachen, jeden Abend findet sich eine neue Gestalt hinter den Fenstern. Als er rüber geht, sie rufen ihn, meucheln sie ihn, da er, es sind wohl seine Kreaturen, nicht mit genügend Leben erfüllt hat.

    So wie er aus dem Leben tritt, steigt ein Wesen aus der Regentonne.

    Ist es sein wahres Wesen? Seine Kreativität?

    Das bleibt dem Leser überlassen.


    Eine intensive, etwas obskure Geschichte.