William Hope Hodgson

  • Interessant, Nils. "Against the Abyss" von Mark Valentine findet sich auch in "Voices from the Borderland". Genau wie Gaffords Houdini-Anekdote aus deinem Ulthar Press-Heft. Es scheint wohl auch einige Überschneidungen zum "Sargasso"-Journal zu geben. Eventuell handelt es sich sogar um ein Best-Of der drei Ausgaben. Ich hab das Buch jedenfalls heute mal wieder aus dem Regal gezogen und ein bisschen darin herumgeblättert. Mein Eindruck:



    Unter 4 Oberpunkten werden hier diverse Essays versammelt. Danach folgt noch eine extrem ausführliche 100 seitige Bibliographie.


    I. Some Studies of Hodgson's Life and Early Reception (ein Auszug):

    In "Houdini v. Hodgson" berichtet Gafford über das spektakuläre Aufeinandertreffen der zwei Künstler, welches ich etwas weiter oben ja eher stümperhaft wiedergegeben habe. "WHH: In his own day" von Langley Searles beschäftigt sich dann mit Kritiken über Hodgson, die zu seinen Lebzeiten verfasst wurden. Das Ergebnis: Es gibt wenige, diese fallen aber fast durchweg positiv aus. Besonders seine "Carnacki"-Stories scheinen damals sehr gut angekommen zu sein. Der Liverpool Courier bezeichnete Hodgson sogar als "our best writer of Ghost Stories" und setzt ihn damit noch über M.R. James und Blackwood. Anschließend wird in "Pioniering Essay" ein Auszug aus "Supernatural Horror in Literature" geboten, in dem sich Lovecraft dem Werk von WHH widmet. Es scheint übrigens sein Freund H.C. Koenig gewesen zu sein, der ihn auf den Autor aufmerksam gemacht hat. Daneben finden sich noch Äußerungen von CAS, Koenig, Derleth und Leiber.


    II. Some Special Topics (ein Auszug):

    Hier liefert Brian Stableford zunächst einen recht ausführlichen aber auch eher unspektakulären Überblick über die Veröffentlichungen von Hodgson. "The Dark Mythos of the Sea: WHH's Transformation of Maritime Legends" von Emily Alder klingt leider ebenfalls interessanter als es letztendlich ist, denn so viel hat sich Hodgson eigentlich gar nicht auf alte Sagen und Legenden bezogen. "Things in the Weeds: The Supernatural in Hodgson's Short Stories" von S.T. Joshi beschäftigt sich dann ebenfalls mit seinen maritimen Kurzgeschichten. Joshi sieht diese durchaus kritisch, schlägt gegen Ende dann aber doch versöhnliche Worte an. In "Against the Abyss" geht Mark Valentine u.a. auf die Parallelen zu Blackwood's John Silence ein. Gafford's Essay zu "Hodgson's Woman" klang auch äußerst spannend, gerade da "The Nightland" das frauenverachtendste Buch ist, das ich je gelesen habe, leider fokussiert sich Gafford bezüglich dieses Romans aber nur auf den unfassbar schmalzigen (und mMn unfreiwillig komischen) Prolog des Buches und spart den Rest konsequent aus. Immerhin erfahren wir das WHH seine Ehefrau, in einem Brief an seine Schwester, mal als "not at all good-looking" bezeichnet hat, was ja auch einiges über sein Verhältnis zu Frauen aussagt.


    III. Studies of Individual Tales & IV.Comparative Studies (ein Auszug):

    Interessant fand ich hier vor allem "Sexual Symbolism in W.H. Hodgson" von Sid Birchby. Dort wird jedenfalls endlich etwas spezieller auf Hodgsons "seltsames" Frauenbild eingegangen. Auch auf den ganzen bizarren Fetisch-Kram in "The Nightland". Diese Dinge sind recht offensichtlich, es wird also nicht krampfhaft irgendetwas Sexuelles in WHH's Werk hineingedeutet (wie es ja oft bei Lovecraft der Fall ist). Und am Ende findet sich dann noch das von Axel erwähnte Essay "Shadow out of Hodgson" von John D. Haefele, welches sich mit dem Einfluss von WHH auf Lovecrafts "The Shadow out of Time" befasst.


    Kurzes Fazit:

    Da es kaum Sekundärliteratur zu Hodgson gibt, habe ich mich damals ziemlich auf "Voices from the Borderland" gefreut. Größtenteils finde ich die Sammlung auch gelungen, wobei die erste Hälfte doch deutlich stärker ist. Zumal sich irgendwann dann doch recht viele Themen und Interpretationen wiederholt. Ob man das Buch jedoch braucht, wenn man schon die drei "Sargasso"-Ausgaben besitzt, oder ob es sich hier wirklich nur um ein reines "Best-Of" handelt, kann ich noch nicht sagen. Vielleicht kann Axel da ja etwas Licht ins Dunkel bringen.


    Nils Auf deine Edition von "The House on the Borderland" bin ich schon ein bisschen neidisch. Muss gleich mal nachsehen, ob man den Score auch auf Youtube findet.

  • Saubere Vorstellung, Cheddar Goblin ! Ich glaube, so langsam haben wir den Sekundärkram zu WHH ganz gut ausgelotet. Wenn es wirklich so ist, dass Buch und Magazin sich arg überschneiden, dann sei es drum (ich habe den Band nämlich auch), es bleiben immer noch Fiction, Poetry und Artwork zur Sichtung.


    Auf deine Edition von "The House on the Borderland" bin ich schon ein bisschen neidisch.

    Purer Zufall. Ich war auf Urlaub in Irland, als das Buch heraus kam. Direktkauf in einer kleinen Buchhandlung in Sheridan Le Fanus Dubliner Stadtteil (der Weg führte durch die Aungier Street...). Sonst hätte ich das wohl auch nicht.

  • Nils Die HOTB Ausgabe der Swan River Press sieht großartig aus (beim Verlag ist das reichlich abgespeckte Paperback noch erhältlich); gut, dass du seinerzeit in Dublin gleich zugeschlagen hast.


    Was nun die beiden Aufsatzsammlungen betrifft: Offensichtlich gibt es Überschneidungen – sowohl mit Sargasso als auch mit Gaffords Blog. Gerade die Collection of Essays ist ja aus dem Blog heraus entstanden (oder anders herum?), während Voices from the Borderland immerhin einen breiter gefassten Ansatz verfolgt, – freilich ohne das Rad neu zu erfinden, jedenfalls bin ich dir dankbar für die Vorstellung Cheddar Goblin . Ich würde mir diesen Band wohl eher zulegen als die Essay-Collection.


    Noch kurz zu meiner Primärlektüre:

    • House on the Borderland habe ich durch, ebenso die Carnacki-Geschichte The Hog (beide sollten zusammenhängend gelesen werden).
    • Boats of the Glen Carrig: Lese ich (mal wieder). Was mir früher schon auffiel: Schleim, Pilze, Fäulnis, Matsch, Schaum … ziehen sich als organischer Untergrund wabernd durchs Geschehen; durchaus noch etwas ausgeprägter als bei Lovecraft. Klaus Theweleit hätte seine Freude daran!
    • The Nightland: Steht schon bereit. Mir graut allerdings vor der ausgeprägten Misogynie, die du hier siehst Cheddar Goblin . Wie gesagt, Klaus Theweleit … na ja, ich stürze mich mal beizeiten in die Lektüre, bis dahin halte ich mich zu diesem Thema zurück (habe mir diesbezüglich aber auch meine Notizen gemacht, jedenfalls zu HOTB, wo wir ja Zeugen eines reichlich seltsamen Mann-Frau-Verhältnisses werden).
  • Saubere Vorstellung

    Danke.

    Purer Zufall. Ich war auf Urlaub in Irland, als das Buch heraus kam. Direktkauf in einer kleinen Buchhandlung in Sheridan Le Fanus Dubliner Stadtteil (der Weg führte durch die Aungier Street...). Sonst hätte ich das wohl auch nicht.

    Du Glückspilz.

    Den Score von Jon Mueller habe ich übrigens bei bandcamp gefunden. Werde ich beim nächsten Re-Read von "House of the Borderlands" definitiv mal laufen lassen. Scheint ziemlich düster und Percussion-lastig zu sein und hat mich (zumindest nach der ersten Hörprobe) dezent an Nihiloxica erinnert.

    Was nun die beiden Aufsatzsammlungen betrifft: Offensichtlich gibt es Überschneidungen – sowohl mit Sargasso als auch mit Gaffords Blog.

    Ja, aber ich denke dass das "Sargasso"-Journal für mich trotzdem noch genug Neues bereithalten wird. Allein aufgrund der fantastischen Cover hat sich der der Kauf eigentlich schon gelohnt.

    The Nightland: Steht schon bereit.

    Ich bin wirklich schon extrem auf deine Meinung gespannt. Stell' dich darauf ein, dass die Lektüre (aus vielerlei Gründen) stellenweise ziemlich hart werden wird ^^.

    habe mir diesbezüglich aber auch meine Notizen gemacht, jedenfalls zu HOTB, wo wir ja Zeugen eines reichlich seltsamen Mann-Frau-Verhältnisses werden

    Das ist interessant. An eine Beziehung in HOTB kann ich mich gar nicht mehr so genau erinnern. Inspiriert von diesem Thread habe ich aber sowieso vor, mich demnächst mal wieder intensiver mit dem Werk von Hodgson zu befassen. "The Nightland" werde ich dabei aber wohl aussparen.

  • Bin dann natürlich auch auf deine Einschätzung gespannt.

    Hab heute mal durch "Sargasso #1" geblättert. Viele Essays kenne ich tatsächlich schon aus "Voices from the Borderland". Und die die ich noch nicht kenne, beschäftigen sich leider größtenteils mit Aspekten von Hodgsons Werk, welche mich eher weniger interessieren - Seine Gedichte & Captain Gault-Stories.

    Da du den Fiction-Part ja eher vernachlässigt hast: Die Kurzgeschichte von William Meikle war ganz nett, aber auch nichts Besonderes. Sein Roman "Das Amulett" (erschienen in der "Lovecrafts Schriften des Grauens"-Reihe) fand ich damals einigermaßen unterhaltsam. Seitdem stehen seine "Carnacki"-Pastiches, von denen er übrigens sehr viele verfasst hat, eigentlich auf meiner Liste. Wirklich zum Kauf animiert hat mich "The Blue Egg" jetzt aber nicht. Carnacki wirkte in seiner eigenen Erzählung auf mich auch eher wie ein Fremdkörper.

    In die zweite enthaltene Kurzgeschichte "A Question of Meaning" von Pierre v. Comtois habe ich auch schon mal reingelesen. Dort stößt man schnell auf Bezeichnungen wie "Dunwich", "Miskatonic University" und "The Great Old Ones"... jede Menge Lovecraft also. Einen WHH-Bezug konnte ich hingegen noch nicht ausmachen. Die Gallery ist mMn auch nicht der Rede wert.

    Ein erstes Fazit also: Naja.


    #2 und #3 enthalten übrigens ausschließlich Essays, die nicht in "Voices" aufgenommen wurden. Die Überschneidungen halten sich also in Grenzen. Und auch der Fiction-Anteil scheint dort zuzunehmen. Im Gegensatz zu Axel finde ich das eigentlich ganz interessant. Zunächst werde ich aber wohl mal wieder zu einem Original von Hodgson greifen.

  • Mir bringt selbst die wiederholte Lektüre der Originale meist mehr als Fan-Fiction, Pastiches oder Hommagen … daher meine Zurückhaltung.

    Absolut verständlich. Geht mir im Prinzip ähnlich. Wenn man sich aber schon durch das Gesamtwerk eines Autors gelesen hat, nimmt man einfach was man kriegen kann :D. Manchmal finden sich darunter ja auch richtige Perlen.

    Aber wie schon gesagt: Auch bei mir gibt es jetzt erst mal wieder ein Original. Ich werde mir heute wahrscheinlich "Die Boote der ›Glen Carrig‹" vornehmen. Neben "HOTB" mMn sein stärkster Roman. Zumindest soweit ich mich erinnere...

    Boats of the Glen Carrig: Lese ich (mal wieder). Was mir früher schon auffiel: Schleim, Pilze, Fäulnis, Matsch, Schaum … ziehen sich als organischer Untergrund wabernd durchs Geschehen; durchaus noch etwas ausgeprägter als bei Lovecraft.

    Möchtest du zu dem Roman eigentlich noch etwas sagen, Axel? Ansonsten würde ich nach meiner Lektüre eventuell ein paar Wort zu "Glenn Carrig" in die Tatstatur hauen. Ich würde dir da aber nicht vorgreifen wollen. Zumal mein Feedback sicher nicht so eloquent und professionell ausfallen würde, wie bei dir.

  • Möchtest du zu dem Roman eigentlich noch etwas sagen, Axel? Ansonsten würde ich nach meiner Lektüre eventuell ein paar Wort zu "Glenn Carrig" in die Tatstatur hauen. Ich würde dir da aber nicht vorgreifen wollen. Zumal mein Feedback sicher nicht so eloquent und professionell ausfallen würde, wie bei dir.

    Ich möchte gerne etwas dazu sagen — lasse dir aber sehr gerne den Vortritt und würde mich dann anschließen; eloquenter oder gar "professioneller" als du bin ich keinesfalls.


    Noch einmal kurz zu Sargasso 1:


    • Always Sea and Sea: The Night Land as Sea-Scape (Emily Alder): Ich haben nun The Night Land zwar noch nicht gelesen, doch leuchtet mir der Ansatz ein. Interessant finde ich, das Meer als "Metapher des Schaurigen" zu erfassen und WHH dergestalt in eine Reihe mit der Gothic Novel zu stellen – die See als Ort der Gefahren und des Leids und das Schiff als beklemmende Behausung.
    • The 'Wonder unlimited' — The Tales of Captain Gault (Mark Valentine): Übersicht mit Kurzzusammenfassungen der Captain Gault-Stories: hilfreich für einen ersten Eindruck. Es geht nicht darum, hochtrabende Theorien aufzustellen, sondern entlang der greifbaren Fakten bzw. Veröffentlichungen ein Bild dieses Produktionszweigs von WHH zu zeichnen. Gut gemacht, wie ich finde.
  • Ich möchte gerne etwas dazu sagen — lasse dir aber sehr gerne den Vortritt und würde mich dann anschließen

    Et voilà!


    +++


    Wenn ich mit dem Lesen hinterherkomme, würde ich an passender Stelle eventuell auch noch ein paar Worte über "Die Geisterpiraten" verlieren. Dass Buch hast du ja gar nicht auf deiner Agenda stehen, Axel.

  • Cheddar Goblin Klasse Vorstellung, vielen Dank! Wie gesagt, äußere ich mich auch gerne noch zu dem Buch – doch wie wäre es, diesem Romanbeitrag einen eigenen Thread zu widmen? Vielleicht steigen dann auch andere (wieder) mit ein. Einzelwerke haben, so finde ich, auch immer einen eigenen Bereich verdient. Wenn du einverstanden bist, ist ein admin sicherlich so freundlich, bei einer Migration zu helfen.


    Wenn ich mit dem Lesen hinterherkomme, würde ich an passender Stelle eventuell auch noch ein paar Worte über "Die Geisterpiraten" verlieren. Dass Buch hast du ja gar nicht auf deiner Agenda stehen, Axel.

    Schon, nur steht es diesmal wirklich hinten an. Gelesen habe ich es natürlich auch (vor einigen Jahren) … aber ich denke, das Night Land wird mich erst einmal auf Trab halten.

  • Auch von mir einen herzlichen Dank, Cheddar Goblin !


    Mensch, ihr bringt mir meine Lektüreplanung ganz durcheinander. Jetzt will ich unbedingt der Hitze entfliehen und mit Hodgson in See stechen. ^^

  • Klasse Vorstellung

    Danke.

    doch wie wäre es, diesem Romanbeitrag einen eigenen Thread zu widmen? Vielleicht steigen dann auch andere (wieder) mit ein. Einzelwerke haben, so finde ich, auch immer einen eigenen Bereich verdient. Wenn du einverstanden bist, ist ein admin sicherlich so freundlich, bei einer Migration zu helfen.

    Okay. Ich hab jetzt einfach mal selbst einen eigenen Thread für das Buch erstellt und meinen obigen Post durch einen Link ersetzt.

    Mensch, ihr bringt mir meine Lektüreplanung ganz durcheinander. Jetzt will ich unbedingt der Hitze entfliehen und mit Hodgson in See stechen.

    :thumbup:Ich hoffe du wirst den Ausflug nicht bereuen.

  • Toller Thread, Tausend Dank, dear Cheddar Goblin , und wunderbare Anmerkungen von allen.

    Das Buch hat ja auch ein wirklich schönes Cover.


    Ich lese sehr interessiert mit, muss allerdings gestehen, dass ich mich mit Hodgson schwertue. Das liegt vor allem an seinen Figuren und auch Erzählern, deren Sicht auf die Dinge finde ich oft ziemlich grob. also nicht unpräzise, sondern eher abschätzig-brutal. Wenn es dann aber phantastisch wird (wie bei den Boats), gefällt es mir aber ganz gut, auch, weil es wirklich sehr haptisch horrorhaft ist, und nicht nur ein bisschen spooky.


    Wegen meinen Eindrücken bez. des Groben bin ich nun - vielleicht ein bissl masochistisch - direkt gespannt, wie sexistisch ich das sexistische Werk fände. Soweit ich mich recht erinnere, hab ich bislang nur homosoziale Geschichten um Männer gelesen.