Anja Bagus - Ætherresonanz

  • ‚Ætherresonanz‘ ist Teil 2 der Ætherwelt-Reihe von Anja Bagus. Teil 1 hat mir schon sehr gut gefallen und deswegen habe ich mich dafür entschieden, Teil 2 für diese Kategorie zu lesen. Es war großartig.

    In der Ætherwelt-Reihe lernen wir Annabelle Rosenherz kennen. Sie ist eine junge, selbstständige Frau, lebt aber in Baden-Baden in 1912 und hat deswegen nicht so viele Rechte. Nachdem ihr Vater verschwunden ist, seht sie für alles alleine und wird gedrängt zu heiraten. Eine junge alleinstehende Frau wird halt nicht so gerne gesehen. Annabelle ist aber stur und möchte nicht einfach die gesellschaftlichen Konventionen folgen. Sie möchte frei sein.

    Aber nicht nur die ganzen Benimmregeln prägen dieser Welt, sie ist auch von Æther verseucht. Niemand weiß, wo es herkommt, aber alle wissen, dass es gefährlich ist. Wenn man mit dem Æther in Berührung kommt, kann es sein, dass man sich verwandelt. Es gibt Menschen, die gar nichts spüren, es gibt andere, die halb Mensch, halb Tier werden und noch andere, die nur einen kleinen Makel aufzuweisen haben, wie Annabelle. Ein Teil ihres Arms und ihre Hand sind nach einer Berührung mit Æther grün geworden und weisen irgendwie bestimmte Kräfte auf, die Annabelle aber noch nicht ganz verstanden hat und auch nicht kontrollieren kann.

    Menschen, die sich verwandelt haben, werden von der restlichen Gesellschaft als gefährlich und verdorben gesehen. Deswegen versucht Annabelle ihren Makel auch zu verbergen. Im ersten Band aber fliegt sie auf, was ziemlich dramatische Folgen hat.

    Band 2 knüpft mehr oder weniger da an, wo Band 1 aufgehört hat. Das Amt für Ætherangelegenheiten wurde gegründet und Annabelle ist wieder zuhause in Baden-Baden. Die meisten Protagonisten aus dem 1. Band arbeiten jetzt beim Amt. Sie versuchen zu verstehen, was es mit den Verwandlungen auf sich hat und probieren, die Verwandelten und die restliche Gesellschaft vor einander zu schützen.

    Eines Tages bittet einen Kommissar sie um Hilfe. Es gibt eine Serie unergründliche Mordfälle. Die Opfer liegen morgens tot im Bett, weisen Schnittwunden auf, Stücke Haut fehlen und trotzdem hat niemand, auch nicht die Person, die daneben schlief, was gemerkt. Er ist der Meinung, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und möchte, dass das Amt bei den Untersuchungen hilft.

    Zur selben Zeit bekommt Annabelle einen Brief von Rudolf Bader, ein reicher, aber auch sehr kranker Industrieller. Er ist ein alter Freund ihres Vaters und lädt sie ein, ihn und sein Sohn zu besuchen. Er könnte ihr vielleicht noch was über den letzten Besuch ihres Vaters erzählen. Sie willigt ein und entscheidet zusammen mit ihrer besten Freundin Johanna hinzufahren. Sofort merken die beiden aber, dass etwas nicht ganz in Ordnung ist. Das Anwesen sieht ziemlich heruntergekommen aus, alle Fensterläden sind zugenagelt, die Bediensteten sind sehr komisch drauf und auch mit dem Sohn scheint etwas nicht zu stimmen. Bevor Annabelle es sich bewusst ist, steckt sie schon wieder mitten in Schwierigkeiten.


    Das Buch war extrem spannend. Die Autorin schreibt aus verschiedenen Perspektiven und deswegen kriegt man auch als Leser mit, was die verschiedenen Personen denken und fühlen. Man möchte Annabelle und ihre Freunden darauf hinweisen, dass sie sich in großer Gefahr befinden, muss aber trotzdem warten, bis sie es selber herausfinden und hoffen, dass es dann noch nicht zu spät sein wird.

    Der Antagonist, und wie Annabelle mit ihm umgeht, fand ich sehr gut ausgearbeitet. Er ist nicht völlig böse und das versteht sie auch. Sie entdeckt langsam, wie er so geworden ist, und da empfindet man als Leser ganz viel Mitleid. Bis eine Grenze überschritten wird und man weiß, dass er hoffnungslos verloren ist.

    Wieder war ich fasziniert von dieser Welt mit ihren vielen Benimmregeln, und wie unverständlich sie für mich auch manchmal sind, es verleiht auch einen gewissen Charme. Man hat wirklich Lust, auch selber mal im Baden-Baden von 1912 zu flanieren und die ganze Atmosphäre am eigenen Leib zu erfahren. Das Æther, die Verwandlungen und die technischen Spielereien haben mich auch sehr beeindruckt. Die Gesellschaft an sich ist aber sehr hart. Alles was anders ist, wird nicht verstanden und als Böse gesehen. Dazu kommen noch große Unterschiede zwischen Arm und Reich. Diese Reibungen merkt man beim Lesen im Hintergrund und da hat man ständig das Gefühl, dass das Ganze irgendwann explodieren wird.

    Sowohl Band 1 als Band 2 haben mir sehr gut gefallen und kann ich allen weiterempfehlen, die gerne gutgeschriebene, spannende Geschichten lesen, in denen auch gesellschaftliche und ethische Fragen eine wichtige Rolle spielen. Ich freue mich auf Teil 3, der auch schon bei mir im Bücherregal steht.