T.E.D. Klein - MorgenGrauen (The Ceremonies)

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    Manche Bücher müssen reifen wie ein guter Wein. Morgengrauen von Klein habe ich von meinen Eltern 1991 zum Geburtstag geschenkt bekommen, ohne dass ich mir den Roman gewünscht hatte. Seitdem begleitete er mich bei diversen Umzügen und fand sich mal in einem Karton im Keller oder in einem Regal wieder. Die letzten 3 Jahre hatte ich das Buch tatsächlich mit in den Urlaub genommen, aber nicht gelesen. Bis jetzt. Dieses Jahr, schlappe 18 Jahre nachdem ich ihn bekommen hatte, war der Roman fällig. Vorweg: auch Wein kann nach zu langer Lagerung wie Essig schmecken...


    Irgendwie brechen alle Leute die man drauf anspricht in Begeisterungsstürme über diesen Roman aus. Für mich absolut nicht nachvollziehbar. Der Handlungsstrang mit dem Stadtmensch, der für die Sommerferien aufs Land fährt und dann von einer bösen Katze gestalkt wird, war auch das einzig positive. Der Rest? Totaler Quark. Der alte kleine Zauberwichtmensch, der die Jungfrau vollschwallert. Diese Jungfrau Carol übrigens ist eine der debilsten Persönlichkeiten, die mir je in einem Buch untergekommen ist. So behämmert ist kein Mensch, wenn man jetzt von dem blonden Präse aus den USA mal absieht.


    Handlung war eigentlich keine nachvollziehbare vorhanden. Warum musste der Typ über seinen Geburtstag bei den Sektierern im Wald leben? Warum sollte sich die Jungfrau an ihn ranmachen, wenn die doch keine Nummer schieben dürfen? Und überhaupt: Warum?


    Mir ist klar, dass der Roman schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Aber schaut euch im Vergleich mal Kings Werke aus den 80ern an. Oder noch besser dessen Werke aus den 70ern. Qualitativ liegen da Welten zwischen.


    Fazit: Auf 64 Seiten runtergekürzt hätte der Roman vielleicht in den Gespenster-Krimi der 80er gepasst. Ansonsten kann man nur froh sein, dass Klein uns mit keinem weiteren Werk belästigt hat. Das Buch werde ich trotzdem als Andenken behalten.


    Schulnote: 5- (Ohne die Katze wäre es eine glatte 6 geworden)

    • Offizieller Beitrag

    Tja, ich kenne das von meinem Vater, aber langsam kommen wir wohl tatsächlich auch in ein Alter, wo wir zeitliche Abläufe und Zusammenhänge erheblich unterschätzen. Laut deiner Beschreibung befindet sich das Buch sogar schon stramme 28 Jahre in deinem Besitz.:D


    Ansonsten altern manche Bücher wohl wirklich schlecht... manche "Klassiker" würden heute wohl keine Klassiker mehr werden. Im alten Forum hatte ich ja ein ähnliches Erlebnis mit "The Cipher". Wäre mal interessant, ob das wirklich nur am Geschmack und Stil liegt, der sich über die Jahre gewandelt hat oder ob man da früher unkritischer war.

    • Offizieller Beitrag

    Tja, ich kenne das von meinem Vater, aber langsam kommen wir wohl tatsächlich auch in ein Alter, wo wir zeitliche Abläufe und Zusammenhänge erheblich unterschätzen. Laut deiner Beschreibung befindet sich das Buch sogar schon stramme 28 Jahre in deinem Besitz.:D

    Ich kann unmöglich sooooo alt sein. Die 90er waren doch das letzte Jahrzehnt, oder? %X Verdammich!

  • Meine Leseerfahrung zu diesen Buch liegt jetzt wieder schon Jahre zurück, sicher 15 Jahre, aber ich fands doch sehr gut.

    Zumal T.E.D. Klein schon einen sehr guten Ruf hat, im Essay Band "Moderne Horrorautoren" von S.T.Joshi kommt das deutlich zum Vorschein, der Roman basiert auf einer längeren Kurzgeschichte, ist stark gekürzt, weil es wohl immer wieder längere Passagen zur Phantasischen Literatur, und deren Autoren gibt. Ich werds demnächst mal wieder lesen.

  • Mir hat das Buch gefallen, sogar sehr. Dass sich die Hauptfiguren ausgesprochen dümmlich verhalten hätten, ist mir zumindest nicht aufgefallen, die meisten Handlungen fand ich, so meine ich mich zu erinnern, nachvollziehbar. Allerdings liegt die Lektüre auch etliche Jahre zurück, vielleicht wäre ich heute kritischer und habe damals einfach einen guten Zeitpunkt in meiner persönlichen Leseentwicklung erwischt. Mag auch daran liegen, dass mir Figuren und ihre Beweggründe oft weniger wichtig sind, wenn Thema/Setting/Atmosphäre stimmen.

  • Falls ich mich noch einmal an "The Ceremonies" geben sollte, dann nur an die ungekürzte Fassung. (Vielleicht findet sich ja endlich mal ein deutscher (Klein-)Verlag, der das Wagnis eingeht.) Die mega-gekürzte deutsche Fassung hinterließ bei mir jedenfalls ein ähnlich negatives Gefühl wie bei Royston. Und was den Herrn Joshi betrifft, so konnte ich über seine Beurteilung diverser Horror-Größen nur schallend lachen. Welchen Narren er an Klein gefressen hat, wird mir immer ein Rätsel bleiben (trotz einiger wirklich toller Erzählungen aus seiner Feder).

  • Danke, Michael ... jetzt bin ich nicht mehr der einzige, dem es so geht [Cof]. Das Buch liegt seit Anfang der 90er auf meinem SUB. Im Abstand mehrerer Jahre nahm ich es immer mal wieder zur Hand, weil es eben einen so guten Ruf hat. Und immer war nach etwa 100 Seiten die Luft raus. Ich konnte den Roman bis heute nicht fertig lesen. Endlich bin ich nicht mehr alleine mit meiner Meinung, hehe.

  • Und was den Herrn Joshi betrifft, so konnte ich über seine Beurteilung diverser Horror-Größen nur schallend lachen.

    Welche z. B. ? Ich habe mir die beiden Bände "Moderne Horrorautoren", die mal bei Festa erschienen, gerade gekauft, bisher aber nicht reingeschaut.

  • In Band 1 war es vor allem die Vergötterung Kleins versus die totale Verunglimpfung des Werkes von Stephen King. Klein, der nicht einmal 1% des literarischen Werkes Kings aufzuweisen hat, auf die gleiche Stufe zu stellen, wäre schon lächerlich genug. Joshi behandelt ihn aber wie einen Messias.
    Ich mag auch nicht alles von Barker, doch auch an ihm lässt Joshi fast kein gutes Haar. Man muss sich wohl mit Joshi beschäftigen, wenn man sich für die Szene interessiert, ihn für voll nehmen muss man allerdings ganz gewiss nicht. Ein stolzer Misanthrop und Nihilist durch und durch (wie übrigens auch sein zweiter "Liebling" Thomas Ligotti), der sich gern schwadronieren hört.

  • Danke für die Einschätzung, ich werde sie bei der Lektüre im Kopf behalten. Ich kenne Joshi bisher nur aus seinen Arbeiten über Lovecrafts Leben und zum Genre allgemein, woraus ich einen anderen Eindruck von ihm bekam, als du. Ich bin gespannt.

  • Also ich habe es, voriges Jahr erst, zwar interessiert und unterhalten gelesen, aber zeitweilig fand ich es schon sehr unsinnig in seinen Entwicklingen. Halt auch auf Deutsch und stark gekürzt, deswegen habe ich mir auch keine endgültige Meinung gebildet. Die Kurzgeschichten waren ja erstklassig und haben mich selbst auch in meinem Schreiben beeinfluß bzw. mir gezeigt, wie man Alltag und Phantastik entsprechend ineinander verweben kann. Zeitgemäß würde ich TED Klein allerdings nicht mehr bezeichnen, für mich persönlich fällt er bereits in die Old School-Phantastik bzw. Klassik. Und ST Joshi ist mir persönlich zutiefst unsympathischer, zumindest den Teil, den ich auf die Entfernung erleben kann. Einer, der halt glaubt, ein großer Gatekeeper zu sein und das bischen lieterarische Macht, das er in gewissen Kreisen zu besitzen scheint, schamlos ausnutzt um seine eigene Position in der entsprechenden Commmunity zu stärken..

  • Und ST Joshi ist mir persönlich zutiefst unsympathischer, zumindest den Teil, den ich auf die Entfernung erleben kann. Einer, der halt glaubt, ein großer Gatekeeper zu sein und das bischen lieterarische Macht, das er in gewissen Kreisen zu besitzen scheint, schamlos ausnutzt um seine eigene Position in der entsprechenden Commmunity zu stärken..

    Wie bist du zu dieser Einschätzung gelangt? Wobei - so langsam wird es offtopic, entschuldigt.

  • Weil ich auf Facebook relativ gut vernetzt bin mit den amerikanischen Weird Fiction-AutorInnen und im regelmäßigen Austausch mit einigen davon stehe. Mit Laird Barron zum Beispiel hat er ja einen regelrechten Kleinkrieg am Laufen, und er schießt einigen von den jüngeren, innovativeren regelmäßig öffentlich vor den Bug, ganz ohne Anlaß, nur um sich selbst zu produzieren, ist immer wieder (sehr glaubhaft dargelegt) Thema.