Robert Aickman

  • auch heute gibt es skeptische Geisterjäger, die sagen, sie suchten eher naturwissenschaftliche Erklärungen und würden erst an Paranormales glauben, wenn sie Beweise dafür fänden.

    Wobei ich die Wissenschaftlichkeit bei solchen Leuten doch sehr in Anführungszeichen setzen würde. Parapsychologen wie Walter von Lucadou kommen zwar ursprünglich aus der Wissenschaft und geben sich gern skeptisch, ignorieren aber theoretische und methodische Argumente von außen meist einfach oder lassen sie nicht gelten.


    Ist also auch interessant, zu sehen, ob sich seine Geschichten dadurch irgendwie von denen seiner skeptischen Kollegen unterscheiden.

    Aber das wäre gewiss eine interessante Fragestellung.

  • Cold Hand in Mine

    Faber & Faber, London, 2014

    Zuerst 1975 in Großbritannien bzw. 1977 in den USA erschienen.

    Heute außerdem in höherwertiger Variante bei der Tartarus Press zu bekommen.




    Der Band versammelt 8 Geschichten Aickmans, die teils vorher schon in Magazinen veröffentlicht worden waren. Den Stories vorangestellt ist eine Einführung des Aickman-Liebhabers Reece Shearsmith, als Abschluss ist ein Bericht der Autorin Jean Richardson beigegeben, die Aickman kennenlernte, als sie zufällig im gleichen Londoner Wohnkomplex residierten.



    The Swords


    Ein junger Handelsvertreter steigt in einem miesen Hotel in Wolverhampton ab. Der schüchterne und wenig weltgewandte Angestellte ist von der prosaischen Welt seines Berufs angewidert und sucht dem durch urbane Streifzüge zu entgehen. In einer verlassenen Gegend der Großstadt stößt er eines Tages völlig unvermittelt auf einen seltsamen kleinen Jahrmarkt...


    Eine irritierende und in Teilen surreal verstörende Story voller sexueller Symbole und psychologischer Metaphern, die vorgeblich im Gewand einer Geistergeschichte daherkommt, durch starke Elemente eines poetischen Realismus und die Gestalt des mental an seine Grenzen kommenden Flaneurs aber weit darüber hinaus weist. :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:



    The Real Road to the Church


    Aickman führt uns hier auf eine einsame britische Insel, deren Atmosphäre voller seltsamer Andeutungen ist und deren BewohnerInnen einen abergläubischen Habitus an den Tag legen. Die Protagonistin der Story wird geschickt mit nur wenigen Beschreibungen als vom modernen Berufs- und Liebesleben ausgezehrte Aussteigerin entworfen, auf deren Seele diverse Schatten lasten. Kann sie ihrer Vergangenheit durch selbstgewähltes Exil entgehen? Ihr neues Heim von kuriosen Mächten beherrscht, die dem entgegen stehen. :thumbup::thumbup::thumbup:



    Niemandswasser


    Hier nutzt Aickman das unterkühlte deutsche Adelsmilieu des 19. Jahrhunderts und die - aus Sicht des Engländers - kantige Fremdheit der deutschen Sprache, um erneut eine Vergangenheitsflucht zu inszenieren. Vom hektischen Berlin geht es an die ruhigen Gestade des Bodensees, wo der Protagonist im Schoße der Familie Ruhe zu finden hofft.


    Erneut spielt Aickman gekonnt mit klassischen Motiven des Genres: Schmerzhafter Einbruch der Vergangenheit in die Gegenwart, seelische Pein, unterdrückte Erotik, Schuld. Besonders hervorzuheben ist hier die Einbindung der lokalen Landschaft, bei der sich mögliche Blackwood-Einflüsse offenbaren. :thumbup::thumbup::thumbup:



    Pages from a Young Girl's Journal


    Für diese in der Spätromantik angesiedelte, im exotischen Milieu englisch-italienischen Adels spielende Delikatesse erhielt Aickman zu Recht 1975 den WFA. Ein subtiles, sprachlich wunderschön schauriges Spiel mit sacht erwachendem, juvenilem Begehren, einer renaissanceartigen Kulisse und einem Rekurs auf italienische und englische Literatur. Wer wissen möchte, welches Maß an Perfektion Aickman erstrebt, wenn er versucht, ein assoziatives Gewebe zwischen Handlung und Motiv zu entwerfen, der und die muss dieses kleine Meisterwerk studieren. :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:



    The Hospice


    Aickmans möglicherweise berühmteste Geschichte um einen Verkäufer, der sich des Nachts mit seinem Dienstwagen verfährt und plötzlich in einer zuvor nicht ausgeschilderten Gegend voller seltsam gebauter Häuser landet. Da sein Benzin zur Neige geht, steuert er am Ort ein Hotel an.


    Ähnlich wie in The Swords geht es hier psychogeographisch surreal zu. Kafkaeske Dimensionen, fließende Übergänge zwischen Realität und Traum (oder... ? ) und ein unterschwelliges Gefühl dimensionaler Bedrohung wabern durch diese kauzige Story. :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:



    The Same Dog


    Was oberflächlich als eine recht konventionelle Schauermär daher kommt, entpuppt sich bei genauerer Lektüre als eine sensible Parabel über Vergänglichkeit und kindliche Verlusterfahrung, als eine psychologisch einfühlsame Überlegung mit übernatürlichem Bruch, der zu Interpretationen verschiedenster Art reizt. :thumbup::thumbup::thumbup:



    Meeting Mr. Millar


    Eine von vielen Gelegenheiten, in denen Aickman uns recht deutlich über ein alter ego durch die Geschichte führt. Wir begegnen einem jungen Autor von aufstrebender Natur, dem eine Etablierung jedoch nicht recht gelingen will. Er zieht in den Dachboden eines schäbigen Londoner Hauses ein, wo er hauptsächlich davon lebt, pornographische Schundliteratur zu redigieren und andere Hilfstätigkeiten für den Verlag zu erledigen. Im Erdgeschoss lebt eine sechsköpfige Familie, zur Mutter der Kinder unterhält der Autor eine diffuse, feinfühlige Beziehung. Der Autor genießt die Ruhe des Ortes und seine speziellen Arrangements, bis dies alles eines Tages durch den Zuzug einer äußerst merkwürdigen Buchhaltungsagentur gestört wird,


    Erneut spielt Aickman mit surrealen Anordnungen, stiftet Verwirrung und schafft eine im Hintergrund dräuende Drohkulisse, derer man als LeserIn lange nicht HerrIn wird. Die Story ist gewiss ein gutes Beispiel für die hohe Lektürekompetenz, die Aickman von seinem Publikum erwartet. Was passiert hier eigentlich? Mit was für Gestalten hat man es zu tun? Aickman brennt ein multisensorisches Feuerwerk der Unklarheit ab, bei dem man sich entweder als Betrogene/r oder als Zeuge/-in von Meisterschaft vorkommen kann. :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:



    The Clock Watcher


    Den Abschluss macht eine Dahl-Hommage mit erneutem Deutschland-Bezug. Der Protagonist - ein charakterlich äußerst durchschnittlicher Geschäftsmann - lernt im Krieg eine Frau aus dem Schwarzwald kennen, die er nach Kriegsende heiratet und mit nach England nimmt. Die Dame des Hauses pflegt eine Leidenschaft, die der Mann verabscheut: Das obsessive Sammeln von Kuckucksuhren. Als irgendwann das ganze Haus der Eheleute voller tickender Kuckucksuhren hängt und der Mann entdeckt, dass ein seltsamer Mechaniker die Uhren in seiner Abwesenheit in Schuss hält, droht die Lage aus dem Ruder zu laufen.


    Allerlei exzentrische "Englishness" und mysteriöse Vorgänge, die sich subkutan abspielen und schlichte Gemüter zum Wahnsinn treiben; Aickman zeigt auch hier, was er methodisch zu leisten im Stande ist. :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

  • Diese Bücher von Faber & Faber haben einfach so schöne Titelbilder

    Dem stimme ich zu! Eine für Taschenbücher wohl besondere Sache ist auch die geprägte Schrift auf dem Cover. Wirklich ein tolles Design.

  • Aickman macht sehr viel mit mir. Sogar die Bilder aus den Dokus wirken auf mich. Ich hab nämlich manchmal "hypnotische Träume" in denen ich Aickman auf einem der Hausboote endlos und in Zeitlupe durch seine geliebten Kanäle fahren sehe. Keine Albträume. Im Gegenteil. Sehr beruhigend und kontemplativ. Irgendwie quasi ein Bild wie von einem Phantasten der in seiner Phantasie angekommen ist und dort seinen Frieden gefunden hat. Ähnliche Gefühle habe ich nur, wenn ich über J. G. Ballard und die Bilder in seinen Geschichten (z.B. verlassene Flugplätze) nachdenke.


    Darf man Euch fragen, ob Ihr auch schon von Aickman oder anderen Künstlern geträumt habt?

  • Darf man Euch fragen, ob Ihr auch schon von Aickman oder anderen Künstlern geträumt habt?

    Damit kann ich leider nicht dienen …


    Ich habe aber Nils' Vorstellung zum Anlass einer erneuten Aickman-Lektüre genommen. Und es würde mich freuen, wenn darüber ein erweiterter Gedankenaustausch zustände käme.


    Los geht es mit: The Hospice/Das Hospiz (enthalten in: Glockengeläut. Makabre Erzählungen. DuMont Verlag)


    1. Ich sehe in dem Hospiz eine Menschenfalle. Die Gäste werden gemästet und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie auf der Schlachtbank enden. Das Eingangstor erinnert Maybury an ein Viehgatter. Im Boden des Speisesaals befindet sich eine Schiene, an welche einer der Gäste gekettet ist.
    2. Sehr interessant ist das Wechselspiel aus Freiwilligkeit und Zwang, dem der Aufenthalt unterliegt. Maybury sträubt sich dagegen, doch hat er Momente, in denen er (bewusst oder unbewusst) nachgibt. So weiß er auf einmal nicht mehr, wie er seinen Wagen starten soll. Mit der Figur der Cécile Céliména trifft er auf eine erotische Attraktion, die seinen Drang, den Ort zu verlassen, deutlich hemmt.
    3. Das Treiben im Hospiz scheint eine Verwirklichung gewisser "Todsünden" zu sein: Völlerei, Wollust, unziemliches
      Begehren, Trägheit (man beachte die stark geheizten Räume). So sehr das Maybury irritiert, so sehr haben sich die anderen Gäste bereits damit eingerichtet.
    4. Ein komisches Element wird verkörpert mit der Figur von Mayburys Zimmergenossen Bannard. Dieser Bursche schwächt den Effekt des Unheimlich-Bedrohlichen etwas ab zugunsten eines grotesken Zugs.
    5. Der Titel sagt eigentlich alles: Es geht um eine Sterbeeinrichtung. Nicht verwunderlich, dass sich in der Nacht ein Todesfall ereignet. Das Finale, das Maybury neben dem Sarg im Leichenwagen zur Bushaltestelle fahren sieht, ist äußerst gelungen.
    6. Die Frage ist: Wird er wiederkommen?

    Wenn fünf Daumen die höchste Bewertung sind, dann würde ich einen mehr als Nils geben: :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

  • Damit kann ich leider nicht dienen …


    Ich habe aber Nils' Vorstellung zum Anlass einer erneuten Aickman-Lektüre genommen.

    Dito bei beidem.


    Und der Cold Hand in Mine -Band ist ja wirklich wunderschön!


    Ich habe mir Compulsory Games angeschaut und bin tatsächlich etwas erstaunt-verwirrt. Weniger vom Stil her (es liest sich flüssig und hat auch keine ungewöhnlichen Stukturen, ist also nicht 'sperrig') als von der Art, wie hier Weird / Grusel erzählt wird. Insgesamt hat mich das - sehr überraschend - an Jane Austen erinnert: Die Themen, Charakterisierungen, das Banale aber auch die Ironie. Dabei hasse ich Austens Geplapper wie die Pest, habe aber Aickman mit Interesse gelesen.

    Nennt mich sexistisch, aber ich hätte meinen kleinen Finger verwettet, dass die Geschichten von einer Frau geschrieben wurden. Diese Betonung auf (Zweier-)Beziehungen, Gesellschaftskonventionen, Modedetails (!) und die Implikationen des Paranormalen, das auf zwischenmenschliche bzw. psychische Probleme hinweist, kenne ich mehr von Schreiberinnen, auch, wenn das wie ein böses Klischee klingt.


    Da ich Aickman in Verbindung mit Horror sah und ab & zu in Rezensionen online der Name Ligotti fiel, dachte ich beim Lesen erstmal: WTF? Die Geschichten behandeln eindeutig Paranormales, aber bis es dahin kommt, kamen mir die Anfänge einfach zu gewöhnlich vor. Bei näherem Hinsehen / Einlesen sah ich aber, dass es winzige, extrem dezente Hinweise gibt, wo die Story bereits aus dem Realitäts-Gleis läuft. Irritationen und kleine Momente, die man auch leicht überlesen kann. Und die dann im Rückblick, wenn man das Ende gelesen hat, als ziemlich geniale Hinweise erkennt. Das ist einfach extrem gut gemacht und äußerst souverän erzählt.


    Am besten hat mir bisher diese eigenartige Ménage à trois in "Marriage" gefallen. Das ist ein wirklich verstörendes Stück, obwohl ich nicht mal den Finger drauflegen könnte, was daran das Furchtbarste ist. Wie dieser Mann da quasi aus der Geschichte geschrieben wird, wie seine Persönlichkeit zerstört wird (und hatt er überhaupt eine to begin with?). Ein wirklich guter unguter Text, der das ist, was Weird sein soll: transgressiv, verstörend.


    Bei anderen Geschichten, vor allem "Hand in Glove" war mir der Überhang des Gewöhnlichen zu groß, obwohl mir klar ist, dass die Stories ohne dies nicht funktionieren würden.


    Das ist zweifellos ein wirklich interessanter Autor, bei dem ich die Wirkung und das Handwerk der Texte bislang mehr genieße, als dass sie ein tatsächliches durchgehendes Lesevergüngen wären. Einschätzungen in Punkten sehe ich mich außerstande, zu verteilen. Ich bleibe dran.


    Sehr cooler Thread, wirklich anregend.

  • Ich habe aber Nils' Vorstellung zum Anlass einer erneuten Aickman-Lektüre genommen.

    Sehr erfreulich!



    Und es würde mich freuen, wenn darüber ein erweiterter Gedankenaustausch zustände käme.


    Los geht es mit: The Hospice/Das Hospiz

    Danke für deine Eindrücke zur Story! Ich würde mich auch freuen und werde beizeiten mein Bestes geben, um deine Analyse und Gedanken aufzugreifen. Allerdings ist die Lektüre bei mir schon eine ganze Weile her und meine Notizen gehen bei Weitem nicht so in die Tiefe, wie deine. Ich müsste die Geschichte glatt nochmals lesen, um die Debatte vernünftig fortführen zu können. Und es gemahnt einmal mehr daran, sich verdammt noch eins ausführlichere Gedanken aufzuschreiben und jede Beobachtung festzuhalten.


    Katla Wow, da warst du ja richtig schnell. Vielen Dank auch für deine spannenden Gedanken. Ich werde darauf noch antworten.

  • Katla Ja, mit der Definition "Horror" gerät man bei Aickman schnell aufs Glatteis.


    Ich habe im Übrigen die selben "Schwierigkeiten" wie du: das Alltägliche, das bei Aickman den Nährboden bildet – die britische middle class, wie Frank Rainer Scheck im Nachwort des DuMont-Bandes dessen Milieu beschreibt. Bin dann aber doch immer wieder geneigt, den Daumen hoch zu heben.


    Irritationen und kleine Momente, die man auch leicht überlesen kann. Und die dann im Rückblick, wenn man das Ende gelesen hat, als ziemlich geniale Hinweise erkennt. Das ist einfach extrem gut gemacht und äußerst souverän erzählt.

    So ist es!

    Bei anderen Geschichten, vor allem "Hand in Glove" war mir der Überhang des Gewöhnlichen zu groß, obwohl mir klar ist, dass die Stories ohne dies nicht funktionieren würden.

    Diese Story hatte ich schon mal kurz hier angeteasert – und fand sie doch sehr gelungen (hey, ein Friedhof, was kann dabei schon schiefgehen?!):


    Gänsehaut garantiert

  • ist also nicht 'sperrig'

    Freut mich, dass du es so empfindest. Nein, strukturell ist Aickman nicht sperrig - meine Aussage von neulich bezog sich eher auf das, was du hier weiter unten anmerkst:


    der Überhang des Gewöhnlichen

    Das ist zwar bei Aickman oft gängiges Vehikel, aber eben bei weitem nicht immer. Meine Befürchtung war, dass solche Stories in der von dir gekauften Sammlung nun zu reichlich vorhanden wären und die Sache sich mithin als zu "sperrig" präsentiert, also als zu wenig zugänglich in Bezug auf die Erwartung. Du schreibst ja selbst, dass du überrascht warst, wenngleich im positiven Sinne. Auch, wenn Aickman nur sehr selten erkennbare Geistergeschichten fabriziert, so gibt es doch Geschichten, die ihren Reiz zusätzlich aus einem etwas surreal-exotischen Setting beziehen oder greifbar mit klassischem Inventar zumindest spielen (z. B. im Übertrag auf moderne Gerätschaften). Aber es freut mich natürlich, dass meine Bedenken ohne Grundlage blieben und du Aickman genießen konntest.


    ab & zu in Rezensionen online der Name Ligotti fiel,

    Echt? Wo denn das? Ich bin kein Ligotti-Kenner, würde aber doch Zweifel hegen, ob die beiden vergleichbar sind. Intuitiv würde ich sie keinesfalls gemeinsam in eine Sub-Schublade der Weird Fiction packen aus unterschiedlichen Gründen.

  • Ob ich für Aickman eine Ausnahme machen soll?

    Ich würde sagen: ja. :)


    Sekundärliteratur

    Es gibt eine kluge und unterhaltsame Abhandlung über Aickman von S. T. Joshi, auch auf Deutsch: Moderne Horrorautoren. Essays. Bd. 2. Festa 2001


    Joshis Essay unterscheidet sich deutlich von den Nachworten Schecks, welche die DuMont-Bände beschließen. Joshi betont, dass er Aickman nicht kritisieren möchte, – was sich vor allem auf dessen Stil, die besten Geschichten und seine Bedeutung bezieht. Er ist jedoch nicht einverstanden mit Aickmans Theorie der Ghost Story, welcher Aickman Logik und Absicht abspricht. Wer Joshis Ansichten dazu kennt, sieht hier sofort den Knackpunkt: Fauler Zauber, ein unmotiviertes Übernatürliches und fadenscheinige Lösungen lehnt er schlankweg ab. Auf der Handlungsebene legt Joshi sehr wohl Wert auf Schlüssigkeit und Folgerichtigkeit. Nun, unter diesen Gesichtspunkten stößt er bei der Aickman-Lektüre bisweilen an seine Grenzen, wie er auf Seite 153 mitteilt:

    Zitat

    Ich selbst finde solche Erzählungen wie "Meeting Mr. Millar" und "Letters to the Postman" extrem entnervend, […]

    Sehr richtig stellt Joshi fest, dass Aickman – wenn es schlecht läuft – die Unzufriedenheit der Leserschaft schürt (so ging es mir gerade selbst mit dem erwähnten "Mr. Millar"): Rätselhafte Begebenheiten zu sehr in der Schwebe zu halten und bewusst Erklärungen verweigern – das allein ist noch keine Kunst! Weiterhin gerät der Autor in Joshis Ziellinie, wenn jener eine Lanze bricht für Zivilisationskritik und Irrationalismus. Auch solche Dinge können in dem Essay nicht unkommentiert bleiben. Trotzdem: Joshi hält zu Aickman und findet letztendlich lobende Worte (S. 170):

    Zitat

    Aber Aickman ist sicherlich ein Meister der Art von Phantastik, die er sich ausgewählt hat; und sein Werk ist ein wunderbar erfrischender Kontrast zu der Schlamperei, Geschmacklosigkeit und grundlosen Gewalt, die in immer stärkerem Maße heutzutage als Phantastik durchgeht.