Die Legende von Arc's Hill - Michael Dissieux


  • 584 Seiten

    KOVD Verlag

    Privatdruck

    Artwork: Björn Craig

    17,99,-


    Klappentext:

    "Man sagt, Arc´s Hill sei verflucht. Tief verborgen in der ungeweihten Erde des kleinen Ortes harrt die Saat der Großen Alten seit Anbeginn allen Lebens ihrer Auferstehung. In den Nächten flüstern sie in den Träumen derjenigen, die empfänglich für die süßen Versprechen des Urbösen sind. Sie regen sich in ihren uralten Gräbern und warten auf den Tag, wenn ihnen das Tor zu den Lebenden geöffnet wird. Dann werden sie auferstehen und wie der Atem des Todes über die Erde streifen. Sie werden sich nehmen, was ihnen seit Anbeginn aller Zeiten zusteht … und die Menschheit wird ihrem Ende entgegentreten.

    Alle fünf Teile der Reihe „Die Legende von Arcs Hill“ sind nun endlich in einem Band vereint! Michael Dissieux wagt sich in lovecraftsche Gefilde und lässt die Hölle über die Erde losbrechen. Alle fünf Werke wurden für diese Gesamtausgabe nochmal vom Autor überarbeitet und redigiert!"


    Gerade begonnen und bisher sehr angetan. Hat das Buch schon jemand gelesen?

  • Inzwischen habe ich die ersten zwei Novellen gelesen.

    Das Ganze ist mein erster Kontakt mit Michael Dissieux, da dessen Bücher (Endzeitdramen) sonst nicht unbedingt mein Fall sind. Für gutgemachte Lovecraft-Pastiches bin ich allerdings immer empfänglich.


    +++


    Die schwarze Stadt:


    "Wenn man alles verloren hat, was man im Leben als wichtig erachtete, ist es kein leichtes Unterfangen, wieder aus den düsteren Tiefen der Verzweiflung heraus zu gelangen. Noch aussichtsloser erscheint der mutlose Versuch, seinen Geist von der wunderlichen und verlockenden Sehnsucht nach dem Tode zu befreien oder gar zu beschützen. In London, jener lauten und grellen Stadt, in der Wahnsinn und Hochgefühl an jeder Ecke Hand in Hand gingen, hatte Mike Osmond diesbezüglich keine Möglichkeit gesehen, den schreienden Schatten der Vergangenheit zu entfliehen und sich aus dem Sumpf von Niedergang und verzehrendem Selbstmitleid zu befreien. Und so zog es ihn nach Arc's Hill, einer kleinen Stadt im Schoße düsterer Gebirge … nicht ahnend, welch dunkle Geheimnisse dort auf ihn warteten."


    Als Osmond nach dem tragischen Tod seiner Tochter nach Arc's Hill reist und dort immer wieder die geisterhafte Erscheinung eines kleines Mädchens sieht, musste ich sofort an "Wenn die Gondeln Trauer tragen" denken. Das verwahrloste Herrenhaus (voller Dreck, Schimmel und Maden) in das er anschließend zieht, entspricht zudem perfekt seinem aktuellen Seelenleben. Spätestens als er sich, trotz diverser Warnungen, dann noch auf ein seltsames Wesen aus seinen Träumen einlässt, wird klar, dass er eigentlich nur sterben will. Dementsprechend geht das Ganze am Ende auch nicht gut für ihn aus - Quelle Surprise!

    Obwohl "Die Schwarze Stadt" sicher keinen Innovationspreis gewinnt und nichts bietet, was man nicht schon mal gelesen hätte, hat mir die Novelle ganz gut gefallen. Ich hab allerdings auch ein starkes Faible für klassiche Weird-Fiction-Geschichten. Da die Handlung immer wieder zwischen Traum, Wirklichkeit und alten Tagebucheintragungen wechselt, las sich das Ganze zudem recht abwechslungsreich und wurde nie langweilig. Auch wenn strenggenommen nicht viel passiert.

    Die etwas altertümliche Sprache mochte ich auch. So etwas kann ja ganz schnell mal aufgesetzt wirken, Dissieux schafft es mMn aber eine wirklich unheimliche Atmosphäre zu schaffen. Das Niveau eines Siefener oder Kleudgen (die thematisch ja recht ähnliche Felder beackern) erreicht er allerdings nicht. Ich habe aber auch schon wesentlich schlechtere Lovecraft-Kopien gelesen.


    +++


    Das Grab des Teufels


    "In dem düsteren Städtchen Arc´s Hill hatte der Verleger und Journalist James Feldman gehofft, der unheimlichen und dämonischen Legende des von der Zeit vergessenen Ortes auf den Grund zu gehen. Als gebrochener Mann kehrt er nach nur wenigen Tagen in den Schoß seiner Familie zurück. Erst neunzehn Jahre später, auf seinem Totenbett, bricht James sein Schweigen und berichtet seinem Sohn Frank von den Ereignissen, die ihn in Arc´s Hill in eine seelenlose Hülle verwandelt hatten. Er erzählt ihm von einem geheimen Raum unter der kleinen Kirche von Arc´s Hill … und davon, was seit Jahrhunderten tief unter der Erde verborgen gehalten wird. Frank macht sich auf den Weg in das düstere Dorf, ohne zu ahnen, dass er schon bald an die Grenzen seines Glaubens geführt wird."


    Sequel und Prequel zu "Die schwarze Stadt", das allerdings auch als völlig eigenständige Geschichte funktioniert. Die Handlung spielt vor, während und nach der ersten Novelle, beantwortet ein paar offene Fragen und lässt den Leser noch tiefer in die Chronik der verfluchten Stadt eintauchen. Die Sprache fällt etwas moderner aus und auch die Lovecraft-Bezüge wurden deutlich zurückgeschraubt. Stattdessen entwirft Dissieux hier eine ganz eigene Mythologie bzw. Dämonologie und baut dabei auch verstärkt religiöse Motive ein.

    Die Handlung ist aber wieder sehr reduziert und bietet recht klassische Schauerliteratur: Zwei Herren sitzen sich gegenüber und erzählen sich eine Gruselgeschichte - M.R. James lässt grüßen. Auch wenn Dissieux den Kamin mit einem Tresen und die Pfeifen durch Whisky ersetzt. Stellenweise war mir das etwas zu wenig, dennoch bietet "Das Grab des Teufels" solide Grusel-Unterhaltung. Zudem endet das Ganze noch mit einem interessanten Cliffhanger.


    Bisher bin ich von den Novellen nicht völlig begeistert, aber ich werde das Buch definitiv zu Ende lesen.

  • ...aber ich werde das Buch definitiv zu Ende lesen.

    Habe das Buch inzwischen abgebrochen ^^. Die ersten zwei Geschichten boten ja noch ganz nette, seichte Unterhaltung, die dritte Novelle gehört aber zum Schlechtesten, was ich seit langem gelesen habe.


    Auferstehung:


    "Vier Jahre sind vergangen, seit Frank Feldman einen Blick in die Hölle warf. Vier lange Jahre, in denen er versucht hatte, seine schrecklichen Erinnerungen in einem Fluss aus Alkohol und Selbstaufgabe hinfort zu spülen. Als ihn eines Tages ein Brief erreicht, in welchem ihn der ehemalige Pater von Arc´s Hill um Hilfe bittet, erkennt Frank jedoch, dass es vor der Vergangenheit kein Entrinnen gibt. Das Böse ist in Arc´s Hill erwacht, und Frank kehrt zurück in das düstere Städtchen, das ihn einst gebrochen hat."


    Dissieux präsentiert uns diesmal zwei Handlungsstränge. Der Erste folgt zwei degenerierten "Zombie"-Kindern, die ein geschlossenes Sanatorium bewohnen und dieses nur verlassen, um auf die Jagd nach Frischfleisch zu gehen.

    Eine extrem banale Aneinanderreihung von Splatter-Szenen, die im Kontext von Arc's Hill völlig deplatziert wirken. Statt kosmischen Schrecken gibt es hier nur stumpfen Kannibalen-Horror voller Klischees. Zudem fällt das Ganze sprachlich teilweise unglaublich trivial aus. Fast jedes zweite Wort ist entweder Blut, Schweiß, Gestank oder Exkremente... wirklich ganz, ganz schlimm. Es wundert mich ehrlich wie diese Textpassagen durchs Lektorat gekommen sind.

    Der zweite Handlungsstrang folgt dann Frank Feldman, dem Protagonisten aus "Das Grab des Teufels". Dessen Geschichte liest sich zunächst noch ganz unterhaltsam. Spätestens als es dann jedoch um das Thema Exorzismus geht und Adolf Hitler ins Spiel kommt, wird es auch hier nur noch albern. Zudem finde ich es recht geschmacklos, dass Dissieux den Fall Anneliese Michel in seine völlig hirnverbrannte Story integriert - Hier ist Anneliese natürlich wirklich von einem Dämon besessen und steht zudem noch mit den Großen Alten in Verbindung. WTF! Spätestens da war es für mich dann auch vorbei.

    "Auferstehung" ist wirklich absoluter Trash, den ich niemanden empfehlen kann. Ob es danach wieder besser wird, kann ich nicht sagen, ich habe aber auch nicht das geringste Interesse es herauszufinden.

  • Oh wow, that escalated quickly! Trotzdem lieben Dank für die interessanten Einblicke und die sehr unterhaltsame Kritik.


    Sehr, sehr schade, das klang ja anfangs spannend. Und das Coverdesign / Titelbild finde ich auch richtig schön gemacht.


    Ich muss ehrlich sagen, dass es mir mit dem Autoren ähnlich ging. Richtung Nirgendwo hatte ich - sogar nach ein paar kleinen Leseproben - seit Jahren auf der Liste und schließlich nettwerweise in der Forumsverlosung bekommen. Ein hübsches Buch, und irgendwie möchte ich den Autor mögen, was er sagt klingt recht durchdacht und sympathisch. Ich habe den Roman aber auch abgebrochen, und zwar bereits nach 5 Seiten.

    Zudem fällt das Ganze sprachlich teilweise unglaublich trivial aus.

    Eben deswegen.


    Komisch, wenn man das mal mit Rainer Zuchs Dunklem Horizont vergleicht: Da wird ja auch der Ball niedrig gehalten, sowohl vom Plot-/Spannungsbogen her wie auch stilistisch. Es ist halt recht schlicht, aber liest sich, als sei das Absicht, als wolle sich der Autor nicht soweit fordern, bis es zu gewollt klänge. Es vermittelt aber den Eindruck, da ginge noch was.

    Und bei Richtung Nirgendwo habe ich den nicht.


    Sehr seltsam, denn das Buch hatte bei Erscheinen sich überschlagende Kritiken bekommen.

    Zudem finde ich es recht geschmacklos, dass Dissieux den Fall Anneliese Michel in seine völlig hirnverbrannte Story integriert - Hier ist Anneliese natürlich wirklich von einem Dämon besessen und steht zudem noch mit den Großen Alten in Verbindung. WTF! Spätestens da war es für mich dann auch vorbei.

    Jörks. Das ist ja echt geschmacklos.


    Es wundert mich ehrlich wie diese Textpassagen durchs Lektorat gekommen sind.

    Das wundert mich bereits beim Titel. (Der mich eh von einem Kauf abgeschreckt hätte.)


    Natürlich gibt es Ortsnamen mit XY + Apostroph + Hill. Wenn der Hügel da mit einer Person zusammenhängt (hat man z.B. bei so "Feenhügeln", die nach einem benannt sind, der darin verschwand oder so). Dann hätte man aber vllt. einen Namen nehmen können, der sich nicht so fürchterlich ausspricht (Arx Hill ... naja, Gräte im Hals). Und schön aussehen tut es ja auch nicht grad.


    Falls das ganze auf keine neuere Legende rekurriert, sondern etwas Uraltes oder die Form des Hügels (im Sinne von Arc = Archway etc.) sein soll, ist es sehr vermutlich sogar falsch. Weil es das Apostroph so erst im Mittelenglischen gab, und alteneglische bzw. altnorwegische Namen typischerweise compounds sind oder eben ohne Apostroph: Dunhill ("Hügelhügel" *gn*), Birmingham (Angelsächsisch: der Hof der Birmings), Notting Hill ... und das gibt es ja sogar in moderner Zeit als Hollywood Hills, nicht Hollywood's Hills.


    (Das hat Clive Barker übrigens in "Rawhead Rex" perfekt gelöst, wo der Kopf dieses Gottes den Leuten ja auch wie ein roter Mond erscheint, und das kommt von: "The Old Norse rauthr is believed to have been substituted for Old English read, both of which mean "red", in names like Rawcliffe and Rawmarsh".)


    Erklärt sich der Ortsname im Buch? Das würde mich wirklich interessieren.


    Ich würde meinen Dissieux übrigens auch verschenken, aber das Porto nach DE dürfte zu hoch sein. Ich setze es wohl hier im Book Exchange aus, viele Finnen können ja Deutsch.

  • Vielen Dank für die ausführliche Kritik!

    Nichts zu danken, Axel. Wenn meine banalen Ausführungen ein paar Leute interessiert haben, war die Lektüre wenigstens nicht ganz umsonst.

    Oh wow, that escalated quickly!

    Indeed ^^.

    Und das Coverdesign / Titelbild finde ich auch schön gemacht.

    Das Cover stammt von Björn Craig und sieht wirklich richtig toll aus. Der Inhalt kann damit aber leider nicht mithalten.

    Generell konnte mich bisher noch keine Veröffentlichung aus dem KOVD-Verlag begeistern. Tatsächlich fand ich das meiste sogar ziemlich unterirdisch.

    Das wundert mich bereits beim Titel.

    Ist mir auch sofort ins Auge gesprungen und erscheint mir äußerst seltsam.

    Erklärt sich der Ortsname im Buch? Das würde mich wirklich interessieren.

    Nicht das ich wüsste. Zumindest wurde es in den von mir gelesenen Novellen nicht erläutert.